Erneuerbare-Energie-Lügen haben lange Beine
Die Medien sind voll mit falschen und verzerrten Berichten über Erneuerbare Energien: April 2011: Die Fukushima-Atomkraft-Katastrophe schockt auch die Deutschen, die Diskussion über das Ende der Kernenergie spitzt sich zu. In den Medien mehren sich aber auch die Berichte über die teuren Erneuerbaren Energien. Nachricht über Nachricht, in den Zeitungen, im Radio, im Fernsehen: Strom wird teuer. Wegen der Erneuerbaren. Eine Verdoppelung sei zu erwarten – mindestens. Sogar der gesamte Industriestandort Deutschland sei gefährdet. Die Fakten, Gründe, Argumente sind verdreht oder fehlen ganz. Wie haben die Erneuerbare-Energie-Gegner das geschafft?
Die Recherche eines Journalisten
Ich habe damals überlegt, wo ich selbst recherchieren würde, wenn ich in einer Redaktion einer Tageszeitung sitzen würde, nicht auf Erneuerbare Energie spezialisiert wäre und wieder einmal eine Pressemeldung über die Strompreissteigerungen bekommen würde. Nun – wahrscheinlich hätte ich kaum Zeit, zu recherchieren. Also würde ich Daten einfach ungeprüft übernehmen müssen. Da aber die meisten Meldungen über die angeblich so kostentreibenden Erneuerbaren auf „Studien“ basieren (zwar bezahlt durch Wirtschaftsverbände, aber wer schaut da schon genau hin…), würde ich wohl die Nicht-Recherche rechtfertigen können. Und wenn ich doch mehr wissen wollte? Natürlich! Als Wirtschaftsjournalist hat man eine Grundregel gelernt: Das Thema Energie gehört zum Wirtschaftsministerium.
Das Wirtschaftsministerium informiert
Also habe ich 2011 die Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums angewählt. Damaliger Chef: Rainer Brüderle, FDP. Ich war erstaunt: Eine gut gemachte Seite, übersichtlich, bürgerfreundlich. Und alles top-aktuell. Erst bei den Vergütungen für Strom aus Erneuerbare-Energie-Kraftwerken stutzte ich: Da stand beispielsweise als Vergütung für Solarstrom: 54,6 Cent. Erschreckend hoch, wo doch der Strom für private Verbraucher nur 22 bis 26 Cent kostet. Nur: Die Vergütung von 54,6 Cent war eine etwa sechs Jahre veraltete Angabe. Schon im April 2011, als Brüderles Ministerium diese Zahl nannte, lag die wirkliche Vergütung nur bei knapp 29 Cent. Erste Erkenntnis also: Journalisten, die wenigstens stichprobenartig die Flut der Falschmeldungen zu den „teuren Erneuerbaren Energien“ prüfen, werden auf solche Art weiter falsch informiert. Zweite Erkenntnis: Die Methode, mit der gearbeitet wird, ist nicht die direkte Lüge, sondern die „halbe Wahrheit“ – mittels veralteter Zahlen, Weglassungen oder anderem. Aber insgesamt werden aus diesen Halbwahrheiten dann fette Lügen.
Brüderles Nachfolger als Bundeswirtschaftsminister ist Dr. Philipp Rösler, Vizekanzler und FDP-Bundesvorsitzender. Erschütternd ist auch bei ihm nicht so sehr, wie er die Fakten verdreht, sondern dass er damit in den Medien durchkommt – denn Widerspruch ist in den meisten Fällen nicht zu vernehmen. Ein Beispiel: Im Januar 2012 sank die Vergütung für Solarstrom drastisch. Kaum drei Wochen, nachdem die Kürzung galt, meldete sich Rösler schon wieder: Der Solarstrom sei zu teuer, die deutsche Wirtschaft und der Verbraucher könnten das nicht mehr bezahlen. Nun ist selbst der Betreiber einer kleinen privaten PV-Anlage Stromerzeuger, also Unternehmer. Das ist eine Liberalisierung der Energiewirtschaft. Eigentlich etwas, was jedem Liberalen gefallen müsste. Rösler findet es jedoch furchtbar. Er fordert, die Solarstromvergütung zu kappen und verlangt gleichzeitig den Ausbau der Windkraft auf dem Meer. Das hört sich plausibel an, wenn man weiß, dass Windkraft an Land mittlerweile die billigste Art der Stromerzeugung ist. Nur: Windstrom vom Meer ist eben nicht billig. Das immerhin ist auch Rösler bewusst, und er fordert erfolgreich, die Vergütung für Strom aus Windkraftanlagen auf dem Meer zu erhöhen. Auf 15 Cent, in vielen Fällen sogar auf etwa 19 Cent. Wie passt Röslers Argumentation zusammen: 19 Cent für Solarstrom ruinieren die Kassen der Deutschen, 19 Cent für Windstrom vom Meer sind die Rettung? Auch hier: Die großen Medien gehen auf diesen Widerspruch nicht ein.
Subvention oder Vergütung?
Stattdessen arbeitet die Meinungsmacher-Maschine gegen die Erneuerbaren munter weiter nach dem immer gleichen Muster: Erneuerbare Energie wird gleichgesetzt mit „teuer“, „subventioniert“ und „gefördert“. Es muss sich dem Bürger einbrennen ins Gehirn, so oft ist es zu lesen, zu hören, zu sehen in den Medien: Erneuerbare Energien sind „gefördert“ und unterliegen nicht dem Wettbewerb. Was so oft gesagt wird, muss richtig sein – sonst würden es ja nicht hunderte Journalisten Woche für Woche weiterverbreiten? Noch dazu sprechen selbst manche Erneuerbare-Energie-Unternehmer von „Förderung“, wenn sie die Einspeisevergütung meinen. Nur: Das ist schlichtweg Quatsch. Die Einspeisevergütung ist keine Förderung oder Subvention. Denn dann würde der Staat die Kosten tragen. Tatsächlich handelt es sich bei der Einspeisevergütung um einen vom Staat festgesetzten Preis. Der im Übrigen, was die Medien aus Platzgründen oder Nichtwissen immer verschweigen, stetig sinkt. Darf der Staat in einer freien Marktwirtschaft Preise festlegen? Gegenfrage: Darf es den Klimawandel geben, den die konventionellen Kraftwerke verursachen? Darf es das Atommülllager Asse geben, wo Atommüll nahezu kostenlos von Konzernen entsorgt wird, also subventioniert? Dürfte die Bundesregierung die Benzinpreise an den Tankstellen regulieren?
Die wichtigste Frage ist allerdings wohl eine andere: Wie lange schaut die Erneuerbare-Energie-Branche noch zu, was ihre Gegner in den Medien treiben, ohne sich zu wehren?
Jörg Weber