Streitfall EEG
Die Weichen für die Zukunft werden in diesem Jahr gestellt: Zwei Ereignisse haben in den letzten vier Wochen die Diskussion um die Zukunft des EEG geprägt. Zum einen die Veröffentlichung des Gutachtens vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung „Wege zur 100% erneuerbaren Stromversorgung“. Zum anderen die Entscheidung des Kabinetts vom 2. Februar, die Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen schon zum 1. Juli bzw. für Freiflächenanlagen zum 1. September 2011 zu kürzen. SRU-Gutachten:
Eine Deckelung könnte katastrophale Folgen haben
Die DGS hat in einem ihrer letzten Newsletter eine Stellungnahme zum SRU-Gutachten veröffentlicht. Zusammengefasst: die DGS begrüßt, dass die Gutachter ein klares Bekenntnis zur Weiterführung des EEG als effektives und vergleichsweise kosteneffizientes Instrument ablegen. Damit ist besonders der Vorrang von Strom aus Erneuerbaren Energien und die Abnahme- und Vergütungspflicht gemeint. Allerdings sagen die Wissenschaftler weiter, dass aus Kosteneffizienzgründen die Einführung eines Deckels für den Zubau an PV-Anlagen zumindest in den nächsten Jahren notwendig sei. Sie legen sich hier mit Zahlen nicht eindeutig fest, doch kann man zwischen den Zeilen lesen, dass an eine Größenordnung von 1 bis 2 GW gedacht wird. Die explizite Festlegung wird der Politik überlassen. Diese Aussage des Gutachtens beruht bei näherer Betrachtung auf überholten Daten zu den augenblicklichen und prognostizierten Kosten von PV-Anlagen in Deutschland. Nicht nur aus diesem Grund ist sie abzulehnen. Man weiß, was die Deckelung des Zubaus für die Volkswirtschaft bedeutet: Abbau von Arbeitsplätzen, Wegfall von Steuereinnahmen und Verunsicherung von Investoren. Die Beispiele in Spanien, Tschechien und zum Teil auch Frankreich sind nicht gerade ermutigend.
EEG-Vergütung:Achtung, der Widerstand wird noch steigen
Zur Kabinettsentscheidung: die schnellere Anpassung der Vergütungssätze an den Markt halten wir für richtig, die Korridorlösung ebenfalls. Dies wird eher zur Erreichung von Systemkosten führen, die einen „normalen“ Handel mit PV-Strom ermöglichen. Erste Ansätze hierzu gibt es bereits. Sehr wichtig erscheint uns die Frage nach der Meinungshoheit zu dem Thema in der Medienlandschaft hierzulande. Meldungen wie „Photovoltaikanlagen treiben den Strompreis in ungeahnte Höhen“ oder „Hartz IV Empfänger finanzieren die PV-Anlage auf dem Zahnarzthaus“ beherrschen die öffentliche Diskussion, ganz abgesehen von Äußerungen des Geschäftsführers der deutschen Energieagentur „Deutschland ist lichtarm“ oder „ein Deckel für PV von 1 GW muss her“. Dies beeinflusst die politische Meinungsbildung erheblich.
Medienarbeit: Auf breiter Ebene informieren und argumentieren
Nun hat die Branche allerdings ein Glaubwürdigkeitsproblem. Nach Warnungen in der Vergangenheit, erhöhte Degressionsraten würden die deutsche PV-Industrie immens schädigen, kam mitnichten der Untergang. Hier ist ein seriöserer Umgang mit Zahlen gefordert. Der Bundesverband Erneuerbare Energien sollte im Verein mit den Solarverbänden seine Medienarbeit ausweiten und die Kontakte zur Presse ausbauen. Hier ist mehr Mitteleinsatz notwendig. Auch muss der Konflikt mit der konventionellen Energiewirtschaft offensiv ausgetragen werden (das SRU-Gutachten gibt dazu einige Argumente). Angesichts der in diesem Jahr anstehenden sechs Landtagswahlen ist der Zeitpunkt günstig, die politischen Entscheidungsträger wachzurütteln und die Weichen für Umwelt und Erneuerbare Energien zu stellen.
Dr. Uwe Hartmann