Die Energiewende wird 2017 zum Topthema
Nachdem die Bundesregierung ihre großen Gesetzesvorhaben zur Einfriedung der Erneuerbaren Energien bis zur Sommerpause recht problemlos durch das Parlament gebracht hatte, wäre es ihr am liebsten gewesen, das Thema Energiewende wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Doch das ist erkennbar nicht gelungen. Die UN-Klimakonferenz COP 22 in Marrakesch und der aufkommende Wahlkampf machten ihr da einen dicken Strich durch die Rechnung. Es liegt aber nicht einfach an ungünstigen Terminen. Die Freunde der Erneuerbaren Energien, die seit den Energiewendebeschlüssen der damaligen schwarz-gelben Koalition auf Konsens gesetzt hatten, sind von der Energiepolitik der Bundesregierung inzwischen tief enttäuscht. Die Hoffnung, in Regierung und Energiemonopolen Verbündete gefunden zu haben, ist der Erkenntnis gewichen, dass das Gegenteil der Fall ist. Seither formiert sich der Widerstand - und die DGS ist mittendrin.
Die DGS ist die älteste NGO in Deutschland, die sich für Erneuerbare Energien und Energiewende einsetzt. Sie ist jetzt besonders gefordert, nicht nur, um mit ihrer Publizistik Klarheit über die aktuelle Situation zu verbreiten, sie wächst auch in eine aktive Rolle bei der organisatorischen Stärkung der Bürgerenergie-Bewegung. Überhaupt sollten wir uns diesen Begriff angewöhnen um deutlich zu machen, dass es zwei gegensätzliche Modelle von Energiewende gibt: Das der Energiemonopole, welche die fossilen Technologien als Kern ihrer Geschäftsmodelle noch mindestens eine Generation erhalten möchten und auf der anderen Seite die Vielzahl der Bürger, die längst zu Prosumern geworden sind und diesen Weg weiter gehen möchten.
Nach der Sommerpause versuchte die Regierung ihre nächsten Schritte mit einem Grünbuch Energieeffizienz vorzubereiten, dem in diesem Jahr noch ein Weißbuch folgen soll. Die Benutzung des Begriffes Energieeffizienz stellt den Versuch dar, die Energiewendebewegung weiterhin auf einen Konsens einzuschwören, den es so gar nicht gibt. Natürlich ist jeder für Energieeffizienz, nur versteht eben jeder was anderes darunter. Soll man sich darauf einlassen, fossile Technologien effizienter zu machen? So wie VW es beim "sauberen Diesel" gemacht hat? Kann man so dekarbonisieren? Oder sind die Erneuerbaren das erste Mittel der Wahl? Diese Auseinandersetzung hat die DGS von Anfang an geführt und sie führt sie noch. Dazu gibt es in diesem Heft nochmals zwei Artikel, die das versuchen darzustellen. Denn das Thema ist nicht banal. Was sich auf der Ebene von Formulierungen vielleicht noch vereinbaren lässt, stellt sich bei genauerer Betrachtung der physikalischen wie der ökonomischen Tatsachen anders dar. Der Parole "Energy Efficiency First" stellt die DGS die Forderung nach dem "Vorrang für Erneuerbare" entgegen.
Dass es sich hier nicht um semantische Kleinigkeiten handelt, zeigt die Auseinandersetzung um den Klimaschutzplan 2050. Steckengeblieben war er im Kabinett, weil vom Umweltministerium u.a. eine Terminierung von Öl- und Gasheizkesseln reingeschrieben worden war. Dies ist ein Thema, das nahe beim Ausstieg aus der Kohleverstromung liegt. Wirtschaftsministerium und Verkehrsministerium liefen Sturm und waren sogar bereit, die Umweltministerin mit leeren Händen zur COP 22 fahren zu lassen. Machtpolitik pur. Der sogenannte Kompromiss, den das Kabinett Barbara Hendricks nun mit auf den Weg gegeben hat, "entlastet die Industrie"; sie soll demnach bis 2030 nur noch 140 bis 143 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid einsparen. Das sind etwa 10 Millionen Tonnen weniger als von der Umweltministerin vorgesehen. Ausgeglichen werden soll das vor allem bei der Gebäudeenergieeffizienz. Ein reiner Formelkompromiss also, der kein konkretes Datum für das Ende der Kohleverstromung enthält. Das Wirtschaftsministerium versteht sich trefflich darauf, mit dem Begriff der Energieeffizienz zu jonglieren.
Doch was setzt man dem entgegen? Die Erneuerbaren müssen konsequent weiter entwickelt werden. Sie sind es, die effizienter gemacht werden müssen und nur sie. Da darf es kein Verwischen geben. Die einzelnen Technologien der Erneuerbaren, egal ob PV, Solarthermie, Wind, sind technologisch reif. Das weiß man nirgends besser als in der DGS, darüber schreibt die SONNENENERGIE in jeder Ausgabe. Ihre nächste Effizienzstufe erreichen die Erneuerbaren dadurch, dass man sie miteinander verknüpft. Erneuerbare im Verbund oder als EE-Hybride, darum geht es. Nur damit gelingt der Ausstieg aus der Kohleverstromung und die Wärme- und die Mobilitätswende. Vorrang für die Erneuerbaren, das ist das Gegenmodell zur Bundesregierung.
Klaus Ooberzig