Die Netzanbindung von Solarparks wird zur Herausforderung
Erfahrungen mit dem Bau großer Solarparks in Brandenburg: Seit die Bundesregierung im Februar eine erneute Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) vom Zaun gebrochen hat, gleicht der Bau von Solarparks einer Achterbahnfahrt“, sagt Jürgen Will, Vorstand des Berliner Solarunternehmen Parabel AG. Er fasst damit seine Erfahrungen zusammen, die er gegenwärtig beim Bau des Solarclusters Marienfließ macht. Dieser befindet sich im Norden Brandenburgs im Landkreis Prignitz, 155 km von Hamburg und 135 km von Berlin entfernt. Nach den ursprünglich im Jahr 2011 aufgestellten Plänen sollten bis zum Jahr 2013 auf zwei benachbarten Arealen eines ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatzes der Solarpark Jännersdorf mit 40 MWp Leistung und der Solarpark Krempendorf mit 50 MWp Leistung entstehen.
Wettlauf mit der Zeit
Nach dem Vorstoß der Bundesregierung zur EEG-Novelle mussten die Vorhaben überarbeitet werden. Denn beide Solarparks sind von den gekürzten Einspeisevergütungen, aber auch von den im Vermittlungsausschuss bestätigten Übergangsfristen betroffen. Diese engen Übergangsfristen bis zum 30. Juni bzw. 30. September setzten alle Beteiligten seit Bekanntwerden der Novellierungpläne massiv unter Druck. Das gilt nicht nur für die Baumaßnahmen selbst, sondern auch für die als Teil der Genehmigungsverfahren (B-Planung) relevanten Naturschutz und Ausgleichsmaßnahmen. So sind etwa die Umsiedlungsmaßnahmen für bestimmte schützenswerte Tierarten, wie die auf dem Gelände des Solarparks Jännersdorf in großer Zahl vorgefundenen Zauneidechsen, an deren Brutzeiten gebunden und lassen sich an die Novellierungspläne der Bundesregierung nicht einfach anpassen. Die Realisierung des Solarparks Jännersdorf entwickelte sich daher zum Wettlauf mit dem Wetter und der Zeit.
Nach Monaten der intensiven Planung und Improvisation erhielten beide Solarparks die Baugenehmigungen und die Baumaßnahmen konnten in Gang gesetzt werden. Der Solarpark Jännersdorf wurde, gewissermassen just in time, am 30. Juni, und damit nach den „alten“ Förderbedingungen, fertiggestellt. Für den Bereich Krempendorf hofft man bei Parabel die Übergangsfrist bis zum 30. September 2012 einhalten zu können. „Das Verfahren war kompliziert, die Auflagen für die Ausgleichs- und Ergänzungsmaßnahmen waren nicht einfach, und wir mussten das Projektdesign neu aufsetzen,“ so Jürgen Will rückblickend. „Mit der nun gefundenen Form des Clusters erfüllen wir nicht nur alle ökologischen Auflagen, sondern erreichen eine organische Integration der einzelnen Solarfelder in die Landschaft. Darüber hinaus profitieren Gemeinde und Umwelt durch neu entstandene öffentliche Wege, Anpflanzungen wertvollen Mischwalds anstelle vorhandener Monokulturen und Ausweisung neuer Biotope“, zeigt er sich mit dem Zwischenergebnis erst einmal zufrieden.
Eigene Kabeltrassen erforderlich
Neben den planungsrechtlichen Aspekten erweist sich beim Solarpark Krempendorf nicht der Artenschutz, sondern der Netzanschluss als eine Art Nadelöhr. Im strukturschwachen Gebiet des Brandenburger Nordens, mit Sonne und nutzbarer Konversionsfläche zwar ausreichend versorgt, ist der Netzausbau total zurückgeblieben. Die Überlastung der vorhandenen Infrastruktur in dieser Gegend, die bereits über eine Anzahl von Wind- und Solarparks verfügt, ist sehr groß. Der Projektierer Parabel sieht sich daher gezwungen, teilweise über eigene Kabeltrassen direkt in das 110 bzw. 380 kV-Hochspannungsnetz einzuspeisen. Der Weg für die erdverlegten Kabel, etwa von Krempendorf zu einem möglichen Umspannwerk eines Netzbetreibers, könnte bis zu dreißig Kilometer betragen und erfordert, neben den Baukosten, eine aufwändige Planung. Insgesamt, so schätzt man, könnte dies die Kosten um rund 10 bis 15 Prozent zusätzlich belasten. „Diese Infrastruktur macht unsere Investition teurer und das bei sinkender EEG-Förderung“, kommentiert Jürgen Will. „Solche Bedingungen können die Wirtschaftlichkeit gefährden“.
Die Problematik reicht über die reine Fertigstellung des Solarparks hinaus. Dieser Status mag mit dem sogenannten Lampentest die Betriebsfertigkeit im Sinne des EEG feststellen und damit die Höhe der EEG-Vergütung sichern. Der Netzanschluss ist damit nicht zwangläufig hergestellt. Im Gegenteil, dieser kann sich länger hinziehen. Jede Verzögerung beim Bau oder bei Vertragsabschlüssen mit Grundstückseigentümern erweist sich insofern als zeitkritisch, da erst mit erfolgtem Anschluss eingespeist und Geld verdient werden kann. „Längere Projektentwicklungszeiten und sinkende EEG-Vergütung stehen sich im Weg“, so die nüchterne Einschätzung von Jürgen Will. Ein Finanzierungskonzept muss diese Imponderabilien also beinhalten bzw. die kreditgebenden Banken müssen bereit sein, diese langen und komplizierten Wege mitzugehen.
Längere Projektentwicklung bei sinkender Vergütung
Dies wirft zugleich ein Licht auf einen Aspekt der EEG-Novelle, der in der Diskussion noch keine ausreichende Beachtung gefunden hat. In der Einigung im Vermittlungsausschuss wurde die Einspeisevergütung für Solarparks bei einer Größe von 10 MW gedeckelt. Mit dieser Begrenzung, die auf den ersten Blick willkürlich erscheint, wird die Schere bewusst enger gezogen und die wirtschaftlichen Chancen von Solarparks begrenzt. Denn je größer das Solarkraftwerk, desto besser lassen sich die Infrastrukturkosten umlegen. Bei zukünftig projektierten Solarparks dürfte die Herausforderung also noch größer werden, ist sich Jürgen Will sicher. Einen Lösungsanatz sieht man darin, dass neben der Kooperation mit Verteilnetzbetreibern auch die unterschiedlichen Erzeuger im Bereich der Erneuerbaren Energien, also Betreiber von Wind- und Solarparks wie auch Biogasanlagen, in die Realisierung von eigenen Kabeltrassen einbezogen werden. Denn wenn die Übertragungsnetzbetreiber wie auch einige Verteilnetzbetreiber den Ausbau weiterhin schleifen lassen, trifft das alle Erneuerbaren.
Jenseits des Stromverkauf über das EEG werden aber auch Überlegungen zu einer regionalen Direktvermarktung des Solarstroms an regionale EVUs, Kommunen, öffentliche Hand, Bahnunternehmen und/oder Industrie und Gewerbe (nach Gesetzeslage mit Grünstromprivileg / Marktprämienmodell) angestellt. Dies könnte zur Entwicklung und zum Bau von Solarstromkraftwerken für regionale EVUs zur Erweiterung ihres dezentralen Kraftwerksparks inkl. Infrastruktur zum Netzanschluss führen oder auch zu einer Integration in das zukünftige Power-to-Gas-Geschäft. Bei Parabel ist man sich sicher, dass mit der EEG-Novelle kein Ende für Solarparks eingeläutet ist.
Klaus Oberzig