Umweltminister im EEG-Dialog
DGS beteiligt sich an politischer Diskussion: Nachdem die in der Öffentlichkeit scharf geführte Diskussion über die EEG-Umlage und die Zukunft des EEG etwas abgeklungen war, hatte Bundesumweltminister Peter Altmaier Ende November wichtige Akteure der Solarbranche, darunter auch die DGS, in sein Ministerium eingeladen.
Zur Reform des EEG führt Peter Altmaier eine Reihe von fünf öffentlichen Dialogveranstaltungen durch. Die erste Veranstaltung fand am 28. November zum Thema „Photovoltaik auf dem Weg zur Marktfähigkeit“ in Berlin statt. Weitere ähnliche Termine werden in den kommenden Monaten zu den Themen Biogas, Windkraft, Speicherung und Ausbauperspektiven veranstaltet. Dann sollen bis Frühjahr 2013 Handlungsoptionen für eine Reform des EEG aufgezeigt werden.
BMU treibt EEG-Reform voran
Als Vorbereitung wurde vom Ministerium ein Thesenpapier erstellt und mit Bitte um Stellungnahme versendet. Das Präsidium der DGS hat gemeinsam mit dem Fachausschuss Photovoltaik darauf geantwortet. Für die DGS hat der Autor an der Veranstaltung in Berlin teilgenommen.
Drei große Themenbereiche wurden dabei angesprochen: Zum einen das spannende Thema „Photovoltaik auf dem Weg in die Wettbewerbsfähigkeit“, die Zukunft der deutschen Solarindustrie und die „Rolle der PV im zukünftigen Energiemix“. Umweltminister Altmaier betonte in seiner Einführungsrede, dass es ihm beim EEG-Dialog um die gemeinsame Entwicklung von Antworten für zukünftige Herausforderungen, zum Beispiel für die Integration der PV in das zukünftige Energiesystem, geht. Es muss klar sein „dass die Photovoltaik auch in der Zukunft ein ganz zentrales Element einer erfolgreichen Energiewende ist“, so Minister Altmaier.
Als Ziele der kommenden EEG-Reform wurden u.a. definiert:
- die Umsetzung einer nationalen Ausbaustrategie für EE
- die Gewährleistung eines kosteneffizienten Ausbaus
- Markt- und Wettbewerbsfähigkeit möglichst rasch herstellen
- Abstimmung mit den konventionellen Energien ermöglichen
Laut Minister Altmaier soll das EEG möglichst für 15 bis 20 Jahre Planungssicherheit bieten und zentrales Steuerungselement der Energiewende sein.
PV auf dem Weg zum Wettbewerb
Im ersten Themenblock wurde der Weg der PV in die Wettbewerbsfähigkeit diskutiert. Derzeit können Kleinanlagen bereits so ausgelegt werden, dass ein hoher Eigenverbrauch erreicht wird. Auch im gewerblichen Bereich gibt es schon gute Beispiele (Kühlhäuser, Lebensmittelmärkte), für die der selbst erzeugte PV-Strom wirtschaftlich ist. Die weitere Entwicklung in dieser Richtung kann in nächster Zeit unter den Randbedingungen der aktuellen EEG-Novelle erfolgen, weitere Korrekturen sind hier derzeit nicht nötig. Die Attraktivität steigt alleine durch die Steigerungen der Strombezugspreise. Wichtig ist vielmehr, dass für Unternehmen stabile Rahmenbedingungen gelten, die nicht nur für einige Monate Bestand haben.
Die Weiterentwicklung der technischen Lösungen zur Erhöhung des Eigenverbrauches wurde als wichtig eingeschätzt. Gleichzeitig betonte Stefan Kohler von der Dena, dass der zukünftige PV-Ausbau in das Energiesystem integriert werden muss. Seine Forderung: Die PV-Betreiber müssen sich an den Netzstrukturkosten beteiligen. Die Gefahr: Immer mehr Eigenverbrauch heißt, dass der Strombezug vermindert wird, dadurch verkleinert sich auch die Basis für die EEG-Umlage. Im Auge behalten werden muss auch die Zukunftsperspektive der größeren PV-Kraftwerke, die nur selten als Eigenverbrauchsanlagen eingesetzt werden können.
Die DGS hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Thema darauf hingewiesen, dass der Eigenverbrauch bereits heute sowohl juristische als auch steuerliche Fragen aufwirft. Diese, wie im Fall einer Anlage auf einem fremden Dach, müssen zeitnah geklärt werden. Die DGS erwartet die Wirtschaftlichkeit in 2–3 Jahren bei gewerblichen Anlagen mit hohem Tagstromverbrauch, bei kleinen PV-Anlagen mit Speicher im EFH-Einsatzgebiet in 5–8 Jahren. Weiterhin wurden etliche Hemmnisse aufgelistet, die derzeit PV-Projekte belasten.
Die Zukunft der deutschen Solarindustrie war das Thema des zweiten Themenblockes. Neben dem aktuellen Konsolidierungsdruck bei den Herstellern aufgrund der Wettbewerbssituation wurde im Vorfeld auch die Frage formuliert, ob ein ausreichender Zugang zu Kapital gegeben ist, das notwendig in Forschung, Entwicklung und Innovationen eingesetzt werden muss.
Solarindustrie in der Krise
Zu Beginn ging es in dieser Diskussionsrunde um den aktuellen Markt, die derzeitigen Modul-Überkapazitäten und den aktuell Verkaufpreis, der bei den meisten Modulherstellern derzeit zu roten Zahlen führt. Das BMU betonte in seinem Thesenpapier, dass als Vorraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit (neben der Kapitalbereitstellung), die Qualität und der Innovationsvorsprung der deutschen Technologien gesteigert werden müssen.
Kontrovers wurde das Thema Schutzzölle betrachtet: Während Milan Nitzschke (Pro Sun, SolarWorld) betonte, dass es in dem aktuellen Verfahren nur um die Umsetzung geltendes Rechts ging und Hersteller derzeit unter den Herstellkosten verkaufen würden, betonte Ewald Schindlbeck (Wacker Poliysilikon), dass es durchaus derzeit chinesische Hersteller gibt, die bei den jetzigen Kosten wirtschaftlich arbeiten können. Ein Grund dafür: In China besteht bei den Zulieferern der Modulhersteller ein hoher Wettbewerb und Preisdruck.
Seitens der KfW wurde die Auffälligkeit geäußert, dass die PV-Branche im Vergleich zu anderen Branchen gerade einmal nur 1/3 der Summen für Forschung und Entwicklung einsetzt. Dies könnte auch ein Grund sein, warum die Branche in den vergangenen Jahren ins Hintertreffen geraten ist. Die DGS hat in Ihrer Stellungnahme gefordert, dass die F&E-Aktivitäten gerade auch im industrienahen Bereich wie beim ZSW und Fraunhofer ISE ausgebaut und die Ergebnisse noch mehr in die Öffentlichkeit getragen werden müssen. Für eine tragfähige Solarindustrie – die ja nicht nur Modulhersteller, sondern auch die ganze Kette von Wechselrichtern bis Kabeln und Elektrotechnik umfasst – sind stabile Rahmenbedingungen notwendig. Auch beim Ausbau der technischen Lösungen im Bereich Speicherung und Systemintegration hat aus Sicht der DGS die deutsche Industrie viele gute Grundlagen gelegt und eine reelle Chance, mit innovativen Produkten auf dem Weltmarkt zu überzeugen.
Nicht überzeugt ist die DGS von der Idee, im Bereich der Gebäudeintegration die Lösung für weltmarktfähige Produkte zu suchen. Dazu fiel bei der Veranstaltung auch noch die wichtige Bemerkung eines Teilnehmers, dass auf dem Weltmarkt derzeit PV-Großanlagen im Kraftwerksmaßstab und weniger Kleinanlagen mit Eigenverbrauchslösungen dominieren.
Das Fazit zu diesem Themenkomplex: Es kann keine trivialen Lösungen geben, da das Problem der deutschen Solarindustrie sehr vielschichtig ist. Hier gibt es in den nächsten Monaten weiteren Gesprächsbedarf.
Zukünftige Rolle der PV im Energiemix der Zukunft
Der dynamische Ausbau der PV in den vergangenen Jahren führt zukünftig zu neuen Anforderungen und Fragestellungen: Während aktuell die EEG-Umlage öffentlich diskutiert wurde, werden zukünftig auch die indirekten Kosten zum Problem: PV-Anlagen, die einen großen Teil als Eigenverbrauch erzeugen, bezahlen nur wenig EEG-Umlage, Netzgebühren und Stromsteuer. Wer finanziert dann zukünftig die Infrastruktur? Und es stellt sich auch die Frage, wir die PV in die Netze und die konventionelle Energieversorgung eingebunden werden kann.
Ganzheitliche Betrachtung notwendig
Beim EEG-Dialog waren sich die Teilnehmer einig: In Zukunft wird eine ganzheitliche Betrachtung notwendig, PV-Anlagen können nicht mehr einzeln als Baustein getrennt vom System betrachtet werden.
Clemens Thomas vom Energieversorger REWAG aus Regensburg verglich den PV-Ausbau mit dem Strombedarf: Während aktuell rund 30 GW Photovoltaik-Leistung in Deutschland gebaut sind, liegt die Höchstbedarf in Deutschland bei rund 70 bis 80 GW. An sonnigen Tagen kann also bereits ein großer Anteil des Verbrauches durch PV-Anlagen bereitgestellt werden.
Die Stromnetze in Städten und auf dem Land waren jedoch über Jahrzehnte als Verteilnetze konzipiert: Der Strom wurde nur vom Kraftwerk zum Verbraucher geleitet. Jetzt muss das Verteilnetz immer häufiger auch in die Gegenrichtung funktionieren, was neue technische Herausforderungen mitbringt. Neben dem Netzausbau der Hochspannungstrassen (Stromautobahnen) schätzt Thomas auch einen Finanzbedarf von rund 15 Mrd. Euro für den Aus- und Umbau der Verteilnetze.
Als Vertreter des Öko-Institutes lenkte Dr. Felix Matthes den Blick auf die Struktur des Energiesystems und betonte, dass der Ausbau der Infrastruktur (mit Blick auf die langen Lebensdauern) immer volkswirtschaftlich die billigste, Speicherung hingegen mit Abstand die teuerste Lösung ist.
Die DGS hat das Speicherthema in seiner Stellungnahme folgendermaßen beurteilt: Zunächst muss zwischen Kurzzeitspeicherung (Stunden, Tage, Wochen) und saisonalen Speicherung unterschieden werden. Kurz- und mittelfristig können Kurzzeitspeicher die Netzausbaukosten deutlich verringern. Bei den Kurzzeitspeichern sehen wir die dezentralen Lösungen (mit insbesondere Lithium-Ionen-Akkus) als Alternative. Längerfristig sehen wir den Bedarf an saisonalen Speicher wie Power-to-Gas, bei der zwar derzeit die Kosten zu hoch und die Wirkungsgrade noch zu gering sind, die jedoch eine große Chance hat, da die notwendige Infrastruktur (Gasleitungen und –Speicher) bereits in ausreichendem Maße vorhanden sind. Hier sehen wir zunächst auch dezentrale Einheiten mit einigen 100 kW-Leistung in Kombination mit Biogasanlagen als die kostengünstigere Lösung zur zentralen großindustriellen Lösung an.
Speicherprogramm kommt
Umweltminister Altmaier machte in seinen Abschlussworten der Veranstaltung noch die Bedeutung der Speicherung deutlich, wenngleich die konkrete Umsetzung derzeit noch nicht wirtschaftlich ist. „Es besteht Konsens darüber, dass die Speicherforschung vorangetrieben werden soll“, so Altmaier. Es sei ein uraltes Grundbedürfnis des Menschen, Vorräte anzulegen, das muss neben den finanziellen oder technischen Hintergründen auch in der Diskussion der Speichertechnik berücksichtigt werden.
Er betonte auch, wie wichtig es ist, dass der zukünftige Ausbau in ungefährer Höhe des EEG-Korridors (also 2,5–3,5 GW pro Jahr) bleibt, um nicht weitere Diskussionen und Angriffe auf das EEG zu provozieren. Ein zu hoher Ausbau könnte die gewünschte Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen des EEG leicht gefährden. „Wir müssen die volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung immer mitdenken“, so Altmaier. Dazu gehört bei der PV nicht nur die Kosten pro kWh der Solaranlage, sondern auch die Kosten der Reservekapazität, die als Backup dafür notwendig ist.
Angekündigt wurde von ihm das neue Marktanreizprogramm für Stromspeicher, das Anfang des kommenden Jahres mit einem Volumen von 50 Mio. Euro aufgelegt wird. Nach Vorbild des 100.000-Dächer-Programmes soll hier ein verbilligter Kredit der KfW angeboten werden, der voraussichtlich mit einem Restschulderlass versehen wird und für den Einsatz von Batteriespeichern bei PV-Anlagen genutzt werden kann.
Minister Altmaier betonte, dass der EEG-Dialog nun begonnen wurde und in den kommenden Wochen um viele Gespräche ergänzt werden soll. Die DGS steht für diesen Dialog – auch mit Ihnen, lieber Leser der SONNENENERGIE, gerne zur Verfügung. Die Stellungnahme der DGS kann bei sutter@dgs.de angefordert werden.
Jörg Sutter