Irrwege der EEG-Umlage
Die EEG-Umlageforderungen eines Übertragungsnetzbetreibers gegen Photovoltaikanlageneigentümer stiften Verwirrung: Photovoltaik-Eigenversorger haben derzeit einen schweren Stand: Die Stromproduktion zum Selbstverbrauch wurde schon mit dem EEG 2012 nicht mehr gefördert, nach dem EEG 2014 wird sie – bis auf Ausnahmen – sogar mit EEG-Umlage belastet, wenn auch nur anteilig. Wer jedoch Strom an Dritte vor Ort liefert, zahlt laut Gesetz 100% der Umlage. Den Unterschied zu spüren bekamen PV-Eigennutzer aus dem Netzgebiet der TransnetBW: Der Übertragungsnetzbetreiber macht aus der Miete der PV-Anlage flugs einen Rollentausch und erklärte den Vermieter der Anlage zum Betreiber. Dieser überlasse den Strom an den Mieter und müsse die volle EEG-Umlage auf den gelieferten Strom bezahlen. Zu Unrecht, sagt Rechtsanwalt Peter Nümann aus Karlsruhe.
TransnetBW möchte EEG-Umlage bei Vermietern von Photovoltaikanlagen erheben, weil diese laut den jeweiligen Mietverträgen tatsächlich die „Kosten und Risiken“ für den Betrieb der Anlage trügen. Der Vermieter sei damit der wahre Betreiber der Anlage und liefere Strom an den Mieter. Das sei umlagepflichtig, und zwar in voller Höhe.
Auf Anfrage der Sonnenenergie teilte der Netzbetreiber mit, dass nur ganz wenige PV-Mietverträge dazu führten, dass der Mieter Betreiber der Anlage werde. Denn typischerweise müsse der Vermieter die Mietsache in einer zum Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und erhalten, trage also das Risiko der Instandhaltung der Anlage. Das sei aber ein Risiko, dass der Betreiber zu tragen habe. Dass der Mieter das Ertragsrisiko trage, reiche nicht aus.
Diese Auffassung findet keinen Halt im Gesetz.
Eigenversorger ist nämlich nach § 5 Nr. 12 EEG, wer Strom aus einer Erzeugungsanlage im räumlichen Zusammenhang verbraucht und die Anlage „selbst betreibt“. Anlagenbetreiber ist nach Nr. 2 des gleichen Paragraphen, wer „unabhängig vom Eigentum“ die Anlage für die Erzeugung von Strom „nutzt“.
Wie der Netzbetreiber selbst in seiner Stellungnahme feststellt, ist Miete eine „Gebrauchsüberlassung“. „Gebrauchen“ nach Mietrecht ist aber sprachlich im Prinzip das Gleiche wie „Nutzen“. Warum für das „Nutzen“ einer Anlage erforderlich sein soll, dass der Nutzer die Anlage selbst in Stand hält oder das Risiko hierfür trägt, ist überhaupt nicht einzusehen.
Was die Kosten der Instandhaltung betrifft, werden diese doch vom Mieter getragen – denn hierfür zahlt er die Miete. Insofern wälzt der Mieter die Instandhaltung als Voraussetzung für den Betrieb der Anlage lediglich vertraglich auf den Vermieter ab, ganz genau so, wie die meisten PV-Anlageneigentümer Vollwartungsverträge abschließen, um die Instandhaltungskosten und -risiken auf einen technischen Fachbetrieb abzuwälzen. Insofern ergeben sich absurde Konsequenzen, wenn man fordert, derjenige, der die Anlage in Stand halte, müsse Betreiber sein.
Die Einstufung des Vermieters als Betreiber, weil er als Eigentümer naturgemäß unmittelbar für die Instandhaltung seiner eigenen Anlage zuständig ist und auch das Risiko der Verschlechterung des Zustandes der Anlage trägt, kann auch nicht dem Gesetz entsprechen.
Denn dieses stellt ausdrücklich klar, dass die Betreiberstellung „unabhängig vom Eigentum“ ist.
Ein allgemeines Abstellen auf „Kosten und Risiken“ in Bezug auf die Anlage oder deren Betrieb hilft in Bezug auf die Betreiberstellung daher nicht weiter. „Kosten und Risiken“ tragen immer auch Errichter, Wartungsunternehmen und ggf. die Bank – die ganz sicher nicht Betreiber der Anlage sein sollen.
Von Kosten oder Risiken ist auch im Gesetz überhaupt nicht die Rede. Der „Nutzer“ einer Anlage kann also durchaus Kosten und Risiken durch Verträge auf Dritte, z.B. Versicherungen oder Banken, abwälzen oder Wartungsarbeiten und Betriebsführung an ein Fachunternehmen abgeben. Diese werden dadurch nicht „Nutzer“ der Anlage.
Abzustellen ist tatsächlich auf den Ertrag aus der Anlage. Denn es ist ganz offensichtlich, dass derjenige die Anlage im Sinne des Gesetzes „nutzt“, dem unmittelbar der Ertrag aus der Anlage zusteht.
Mit „Kosten und Risiken“ hat dies mittelbar durchaus zu tun, nämlich dem wirtschaftlichen Erfolgsrisiko (und der entsprechenden Erfolgschance) des Anlagenbetriebs: Denn wer die Anlage in dem aufgezeigten Sinne „nutzt“, trägt typischerweise die Kosten, die erforderlich sind, um sich das „Nutzen“ zu verschaffen. Bei der PV-Miete ist das in erster Linie die Miete.
Den Nutzer in diesem Sinne, dem der Ertrag unmittelbar zusteht, trifft damit das grundsätzliche wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebes – aber auch die Chance: Der je nach Sonneneinstrahlung sich ergebenden Stromertrag kann die Kosten rechtfertigen oder auch zu einem Verlust führen. Dass den Betreiber in dieser Weise typischerweise die Kosten des Betriebes als solche treffen, ihm aber im Gegenzug der Ertrag zusteht, definiert den entscheidenden Punkt: Bei dem Betreiber laufen Kosten und Nutzen und damit Risiko und Chance des Anlagenbetriebes zusammen.
Dem Vermieter wegen der ihn als Eigentümer und Vermieter treffenden Kosten und Risiken unterzujubeln, er werde „Energieversorger“ und liefere Strom an den Mieter, ist aber denkbar absurd. Denn der Vermieter hat den Gebrauch der Anlage nach § 535 BGB dem Mieter überlassen und kann so – unabhängig von Kosten und Risiken – die Anlage gar nicht im Sinne des EEG „zur Erzeugung von Strom nutzen“. Der Strom, den er angeblich dem Mieter liefert und für den er EEG-Umlage bezahlen soll, gehört ihm gar nicht. Denn nicht er, sondern der Mieter hat die Anlage vertragsgemäß „gebraucht“ und damit seinen (des Mieters) eigenen Strom selbst erzeugt..
Der Vermieter ist damit definitiv nicht „Betreiber“, sondern der Mieter.
Etwas anderes gilt nur, wenn „Mietverträge“ abgeschlossen werden, bei denen als “Miete” ein Strompreis vereinbart wird und die Leistung des Vermieters nicht in der Überlassung der Anlage besteht, sondern in der Überlassung von Strom. Denn ein solcher Vertrag ist kein Mietvertrag. Er begründet unabhängig von seiner Überschrift keine Überlassung des Gebrauchs der Anlage, und damit Nutzung der Anlage durch den Mieter im wirtschaftlichen Sinne, sondern eine Stromlieferung.
In solchen Fällen hat auch die Heranziehung der Frage eine gewisse Berechtigung, wer Kosten und Risiken des Anlagenbetriebs trägt: Denn typischerweise deutet auf eine Stromlieferung hin, dass der Strombezieher nur für den empfangenen Strom (pro kWh) bezahlt, und mit den Kosten und Risiken des Anlagenbetriebes nichts zu tun hat. In solchen Fällen liegt nahe, dass der Strombezieher die Anlage nicht „selbst nutzt“.
Letztlich entscheidend ist aber dennoch, dass der Strombezieher für den Strom bezahlt, der ihm nicht bereits – als Nutzer der Anlage – zusteht.
Denn auch der Strombezieher trägt letztlich Kosten und Risiken – z.B. bei Vereinbarung einer Mindestabnahmemenge. Dies kann also ohne Weiteres nicht entscheidend sein. Ausschlaggebend ist, dass er diese Kosten und Risiken in Bezug auf den gelieferten Strom hat, nicht aber das Kosten-Nutzen Verhältnis trägt, dass sich daraus ergibt, dass ihm der Erlös aus er Anlage (als deren Nutzer) unmittelbar zusteht.
Abgesehen von solchen Umgehungsfällen „unechter“ Anlagenmiete ist daher die PV-Miete geeignet, dem Mieter für den von ihm selbst verbrauchten Strom die EEG-Umlagebegünstigung zu verschaffen.
Den Irrwegen der TransnetBW sollte man daher entschlossen entgegentreten.
Kein Ausweg ist übrigens ein Umformulieren der Verträge mit dem Ziel, dem Mieter die Instandhaltung der Anlage aufzuerlegen: Denn dies führt letztlich zu einem Verzicht auf die mietrechtliche Gewährleistung und stellt den Mieter rechtlos. Auch das Abtreten der Ansprüche gegen den Verkäufer oder Errichter schließt diese Lücke nur halb. Sinn macht so etwas nur, wenn es eigentlich um eine Finanzierung der Anlage geht. Das aber wäre Leasing – ein zulassungspflichtiges Geschäft unter BaFin-Aufsicht.
Dass die Erhebung der vollen EEG-Umlage auf vor Ort gelieferten Strom aus Erneuerbaren Energien ein Irrweg des Gesetzgebers ist und dem Zweck des EEG zuwiderläuft, und die kaum nachvollziehbare Ungleichbehandlung dieses Stroms mit eigenerzeugten Strom Fragen aufwirft, die sich erledigen würden, würde man nicht Stromverbraucher am selben Anschluss nach dem EEG in mehrere Personen dividieren, obwohl dies stromwirtschaftlich eigentlich keinen Sinn ergibt, ist ein weiteres Thema für einen anderen Artikel.
Verschiedene der DGS zugetragenen Fälle scheinen zu bestätigen, dass die „Umgehung“ der EEG-Umlage mittels „PV-Miete“ eine windige Sache sei. Bei näherer Betrachtung ist jedoch tatsächlich das Vorgehen der Übertragungsnetzbetreiber fragwürdig.
Entscheidend ist in jedem Fall, dass der Mieter die Anlage (selbst) „nutzt“. Der Vermieter, der den „Gebrauch“ der Mietsache nach § 535 BGB an den Mieter abzugeben hat, kann das in aller Regel nicht. Die „Nutzung“ der Anlage steht nämlich nach dem Mietvertrag dem Mieter zu. Er ist daher Betreiber und Eigenversorger nach Maßgabe des EEG.
EEG-Umlage: Neue Zuständigkeit beim Eigenverbrauch
Die am 20. Februar in Kraft getretene neue Ausgleichsmechanismusverordnung bringt eine wichtige Änderung bei der Abwicklung der EEG-Umlage für Strom-Eigenerzeuger. Statt der Übertragungsnetzbetreiber, die an sich die Abwicklung betreuen, sind für die Erhebung der Umlage bei Eigenverbrauchern nun die Netzbetreiber vor Ort zuständig. Die sollten ihre Kompetenz schnell wahrnehmen: Denn bis 31. Mai müssen die Abrechnungen der Eigenversorger eingereicht sein, wenn diese ihre Umlagereduzierung auf derzeit 30% des Umlagesatzes nicht verlieren wollen. Eigenversorger, die schon vor dem 1. August 2014 eigenen Strom produziert und verbraucht haben, müssen sich dagegen keine Sorgen machen: Sie bleiben vorerst von der Umlage befreit und müssen auch keine Abrechnungen einreichen. Dies gilt auch bei anderen Befreiungstatbeständen.
Meldet sich der Netzbetreiber nicht, sollte der umlagepflichtige Eigenversorger selbst aktiv werden: Erfüllt er seine Meldepflicht nicht, verfällt die Umlagebegünstigung. Dann wird die volle EEG-Umlage fällig.
Freiflächen-Ausschreibungsverfahren gestartet
Die Bundesnetzagentur hat am 23. Februar 2015 die erste Ausschreibung für PV-Freiflächenanlagen nach dem in § 55 EEG 2014 vorgesehenen Verfahren eröffnet.
Die Förderung nach den gesetzlichen Sätzen endet damit am 1. September 2015. Freiflächenanlagen werden ab diesem Datum nur noch gefördert, wenn sie einen Zuschlag in einem Ausschreibungsverfahren erhalten haben.
Wer einen Zuschlag im ersten Ausschreibungverfahren erhalten möchte, muss sein Gebot bis 15. April eingereicht haben. Zu bieten ist auf einen „anzulegenden Wert“, der maximal 11,29 Cent pro kWh betragen darf.
Peter Nümann