Gewerbesteuervorteile trotz PV-Anlage?
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Vermietungsunternehmen: Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen des Energierechts kann es für Immobilieneigentümer wirtschaftlich interessant sein über neue Versorgungskonzepte nachzudenken. Neben der "üblichen" Wärmeversorgung im Rahmen des Mietverhältnisses können Mieter bei einer sogenannten "dezentralen Versorgung" vom Vermieter oder einem vom Vermieter beauftragten Energiedienstleister mit Strom, beispielsweise aus einer Kraft-Wärmekopplungs-Anlage oder einer Photovoltaik-Anlage, versorgt werden.
In der Vergangenheit sind solche Modelle durch zusätzliche Kosten für Abrechnung, Vertrieb und Messung für die Vermieter in der Regel nicht lukrativ genug gewesen, dies soll nun durch das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom, welches am 25.07.2017 in Kraft getreten ist, finanziell gefördert werden. Ein neues Versorgungskonzept darf aber die Entlastung des Wohnungsunternehmens von der Gewerbesteuer nicht gefährden.
Wirtschaftliche Vorteile und rechtliche Chancen
Die gesetzlichen Bestandteile des Strompreises, die aufgrund der Nutzung öffentlicher Netze erhoben werden, können im Rahmen einer dezentralen Versorgung eingespart werden. Hierfür muss die im Objekt oder Quartier angelegte Strom-Infrastruktur den in § 3 Nr. 24a EnWG definierten Anforderungen an eine Kundenanlage genügen. Sie muss sich demnach auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden und mit der Erzeugungsanlage oder einem Energieversorgungsnetz verbunden sein. Zudem muss sie für die "Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs unbedeutend" sein. Nach den Angaben der Bundesnetzagentur bedeutet dies, dass die Infrastruktur in ihrer räumlichen Ausdehnung und im Hinblick auf die Anzahl der angeschlossenen Netzbetreiber nicht einem "klassischen" Verteilernetz entsprechen darf. Diese Voraussetzung dürfte in einem einzelnen Objekt und in der Regel auch in einem Quartier mit einer überschaubaren Anzahl an Objekten problemlos erfüllt sein. Zusätzlich muss sichergestellt sein, dass die Stromleitungen jedermann zum Zwecke der Belieferung der an sie angeschlossenen Letztverbraucher diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden. Netzentgelte dürfen deshalb in einer Kundenanlage nicht erhoben werden. Hierin kommt das auf europäischer und nationaler Ebene verfolgte Ziel der Liberalisierung des Strommarktes zum Ausdruck. Das Recht der Mieter, ihren Stromlieferanten am Markt frei auswählen zu können, muss auch bei einem Anschluss an eine Kundenanlage gewährleistet sein.
Darüber hinaus bietet sich die Chance, eine Befreiung von der Stromsteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz zu erwirken, wenn die Mieter den Strom in einem räumlichen Zusammenhang zu der dezentralen Stromerzeugungsanlage (kleiner 2 MW) verbrauchen. Ab 2017 sollen auch Mieter vom erzeugten Strom des Vermieters profitieren, es wurde das sogenannte Mieterstromgesetz verabschiedet.
Folgende Eckpunkte wurden beschlossen:
- bei Photovoltaik muss sich die Anlage in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Gebäude befinden, in dem sich die zu beliefernde Wohnung befindet
- das Gebäude muss mind. 40% Wohnraum aufweisen
- Nachbarschaftsversorgung und Quartierlösungen sind nicht zulässig
- mit den Mietern muss ein näher definierter Mieterstromvertrag abgeschlossen werden
- Mieterstrom muss 10 % günstiger sein als der örtliche Grundtarif
- Die Förderung bei Anlagen bis 10 kW beträgt 3,81 ct/kWh
Hieraus könnte eine Stromkostenersparnis für den Mieter von 10-20% bezogen auf den örtlichen Stromtarif resultieren. Der Vorteil für den Eigentümer besteht in der Möglichkeit der Stromkostensenkung für nicht umlagefähige Stromkosten, bei gleichzeitiger Wertsteigerung des betriebenen Gebäudes.
Vermeidung von Nachteilen bei der Gewerbesteuer
Wohnungsbauunternehmen genießen regelmäßig den Vorteil, die Vorschriften des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung) in Anspruch nehmen zu können.
Die Tätigkeit von Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft gilt stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb und unterliegt somit der Gewerbesteuer. Da Privatpersonen mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht der Gewerbesteuer unterliegen hat man eine Begünstigungsvorschrift im Gewerbesteuergesetz geschaffen, die sogenannte "erweiterte Gewerbesteuerkürzung" für Grundstücksunternehmen. Hierdurch soll der Teil ihrer Einkünfte, der aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes stammt, gewerbesteuerfrei gestellt werden, analog zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei Privatpersonen.
Voraussetzung ist die zumeist historisch bedingte "Nur-Vermögensverwaltung" der Wohnungsbauunternehmen. Nur drei explizit im Gesetz genannte Nebentätigkeiten sind unschädlich.
- Verwaltung und Nutzung eigenen Kapitalvermögens
- Betreuung von Wohnungsbauten
- Errichtung und Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen
Alle anderen Tätigkeiten sind steuerschädlich
Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung führt zu einer Optimierung der Gewerbesteuerbelastung für die Unternehmen, im Idealfall sogar zu einer Vermeidung derselben. Bei der Implementierung einer dezentralen Energieversorgung der Mieter besteht die Gefahr, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung "verloren" geht. Dies hätte zur Folge dass sämtliche Einkünfte des Wohnungsunternehmens, also auch die aus Vermietung der Wohnungen, gewerbesteuerpflichtig werden.
Dies ist immer dann der Fall, wenn durch die Wohnungsbauunternehmen nicht mehr ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet wird. Da eine dezentrale Versorgung der Mieter mit Strom und Wärme nicht als Grundbesitzverwaltung anzusehen ist, muss gut überlegt sein, wer die dezentrale Versorgung durchführt. Dabei sind folgende Konstellationen denkbar, wobei jeweils die gewerbesteuerliche Konsequenz gezeigt wird:
- Versorgung durch das vermietende Wohnungsbauunternehmen
keine ausschließliche Grundbesitzverwaltung mehr -> damit Wegfall der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
- Versorgung durch ein Tochterunternehmen
Die dezentrale Versorgung durch ein Tochterunternehmen führt regelmäßig zu einer sog. steuerlichen Betriebsaufspaltung, in deren Folge das Mutterunternehmen = Wohnungsbauunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt und damit das Privileg der erweiterten Gewerbesteuerkürzung verliert.
- Versorgung durch ein externes Unternehmen (Energiedienstleister)
Da zum externen Energiedienstleister regelmäßig keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen bestehen, wird die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für das Wohnungsbauunternehmen in dieser Konstellation nicht gefährdet.
- Versorgung durch ein Schwesterunternehmen
Wird die dezentrale Objekt- oder Quartiersversorgung durch ein Schwesterunternehmen übernommen (keine direkte Beteiligung zwischen Wohnungsbauunternehmen und Energieversorger, lediglich gleiche Gesellschafter), bleibt das Privileg der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für das Wohnungsbauunternehmen erhalten.
Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung kann sicher für die Wohnungsbauunternehmen erhalten werden, wenn die dezentrale Objekt- oder Quartiersversorgung wahlweise durch ein Schwesterunternehmen oder einen externen Energiedienstleister erbracht wird.
Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zum Mieterstromgesetz wurde auch über den Erhalt der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung diskutiert, wenn die Einnahmen aus Mieterstromverträgen 20% der gesamten Einnahmen nicht übersteigen. Die Idee hat sich jedoch nicht im verabschiedeten Gesetz durchgesetzt.
Fazit und Ausblick
Im Rahmen einer dezentralen Objekt- bzw. Quartiersversorgung können die netzgebundenen Strompreisbestandteile sowie die Stromsteuer eingespart werden. Von Seiten der Finanzverwaltung - bestätigt durch Rechtsprechung - wird der Betrieb von Photovoltaikanlagen zur Energieerzeugung als gewerbliche Tätigkeit und die hieraus resultierende Vergütung als gewerbliche Einnahme qualifiziert. Der Katalog der gesetzlich zugelassenen Nebentätigkeiten wurde nicht um Anlagen zur Energieerzeugung erweitert. Damit verlieren Wohnungsunternehmen, die auch nur eine Photovoltaikanlage betreiben, die Möglichkeit der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für das gesamte Unternehmen. Um die Entlastung von der Gewerbesteuer nicht zu gefährden, muss die Energieversorgung auf ein Schwesterunternehmen oder ein unabhängiges Energiedienstleistungsunternehmen übertragen werden.
Durch das Mieterstromgesetz sollen zusätzliche finanzielle Anreize gesetzt werden, die oben genannten Modelle auch umzusetzen. Für den Mieter selbst ist dies ein zusätzliche Angebot preisgünstigen Strom zu beziehen, er darf jedoch auch weiterhin bei einem öffentlichen Stromanbieter bleiben. Für den Vermieter wird versucht die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
Kathrin Neumeyer