Benötigen globale Veränderungen immer erst Katastrophen?
Eigentlich ist alles so gekommen, wie es die Wissenschaft seit Jahren vorhersagt: Die Umgebungstemperaturen nehmen zu und Extremwerte treten häufiger auf, insbesondere auch bei Niederschlägen. Und jetzt ist genau das passiert.
Mehr als die üblichen WaldbrändeAustralien erlebt den wärmsten und trockensten Sommer seit Menschengedenken. 170.000 km2 Wald, eine Fläche so groß wie Österreich und Ungarn sind schon verbrannt. Mehr als 1 Milliarde Säugetiere, Vögel und Reptilien wurden Opfer der Feuer, ebenso 33 Menschen, darunter viele freiwillige Feuerwehrleute. Aber offenbar braucht es solche Katastrophen, um die Bevölkerung und, meist im Nachgang, auch die Politik wachzurütteln. Tschernobyl und Fukushima haben die Diskussion um die nukleare Sicherheit auf die Tagesordnung gebracht, viele Länder haben einen Ausstieg beschlossen. Sind die Waldbrände in Australien jetzt der oder zumindest ein Wendepunkt in der globalen Klimadiskussion?
Zumindest in Australien scheint einiges in Bewegung zu kommen. Und das ist gut so, immerhin ist das Land der global größte Kohleexporteur und bezieht auch seine Elektrizität fast ausschließlich aus Kohle. Australien hat momentan einen Anteil von 1,6% an der globalen CO2-Emission, bezieht man exportierte Kohle und Gas mit ein sind es schon 5,2%, und inklusive aller Ausbauziele der Förderung könnte der Anteil 2030 auf bis zu 17% steigen, und das mit 0,3% der Weltbevölkerung!
Dabei ist Australien nicht nur ein wunderschönes Land, es ist mit natürlichen Ressourcen zur Nutzung von Wind- und vor allem Solarenergie geradezu überreichlich gesegnet. Australien könnte den eigenen Energiebedarf vergleichsweise einfach rein regenerativ produzieren. Überschüsse könnten in Form von Wasserstoff exportiert werden, die Einnahmen blieben bestehen, aber die Kohle bliebe im Boden. Die positiven Klimawirkungen gingen sogar noch darüber hinaus, könnte eine solche Entwicklung doch Multiplikatoreffekte in vielen äquatornahen Ländern auslösen.
Umkehr in Down Under?
Nachdem es vier Wochen vorher noch vehement geleugnet wurde erkennt die australische Regierung auf Druck der Bevölkerung inzwischen den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Waldbränden an. Premierminister Scott Morrison erklärte allerdings, dass sich die zu ergreifenden Maßnahmen nicht auf die Verminderung des Klimawandels durch eine Reduzierung der australischen Treibhausgasemissionen konzentrieren sollen (Mitigation), sondern auf die Abmilderung der Folgen des Klimawandels (Adaption). Eine solche Politik ignoriert Australiens Verantwortung für die Umweltwirkungen der Kohleexporte. Vor allem aber müssten andere Länder auf ihren Mitigations-Pfaden dann umso mehr leisten. Zudem steht Entwicklungsländern der Adaptions-Pfad meist gar nicht zur Verfügung, sie sind auf hinreichende Mitigationsaktivitäten der Industrieländer angewiesen.
Notwendig wäre also, auch den Zusammenhang zwischen eigenem politischem Handeln und dem Klimawandel anzuerkennen und ambitionierte Ausbauprogramme für regenerative Energien zu starten. Australien verfügt, neben der starken Kohlelobby, über viele hervorragende Solar-Wissenschaftler und -Ingenieure. Die Pläne liegen vor, sie müssten jetzt nur umgesetzt werden. Die Buschfeuer wird man nicht rückgängig machen können, aber die Menschheit könnte zumindest daraus lernen.
Prof. Dr. Klaus Vajen