Auslegung von Solarstromanlagen
Lohnt sich ein größerer Wechselrichter? Das Auslegungsverhältnis. Wie groß sollte man den Wechselrichter wählen? Den Wechselrichter richtig zu dimensionieren ist wesentlich. Er ist das Bindeglied zwischen der Photovoltaik-Anlage und dem Stromnetz. Planungsfehler lassen sich nur schwer korrigieren. Gute und erfahrene Planer wissen um die tieferen Zusammenhänge und sind in der Lage, Anlagen so zu planen, dass diese hohe Erträge erwirtschaften.
Ist bei einer Generator-Nennleistung (PPV) ein Wechselrichter mit viel zu kleiner Leistung (PWR) installiert, so bedeutet dies nennenswerte Ertragseinbußen und somit Verluste durch Leistungsbegrenzung: Wenn aufgrund der Einstrahlung die angebotene Leistung das Maximum von dem, was der Wechselrichter noch übertragen kann übersteigt, regelt er ab. Bei zunehmend größerem PWR (und festem PPV) sind (abhängig von Orientierung, Neigung, Einbausituation, Vor-Ort-Gegebenheiten, Modul- und Wechselrichtertyp) zunächst geringere und schließlich keine Ertragseinbußen durch Leistungsbegrenzung mehr zu beobachten. Zu groß sollte man den Wechselrichter allerdings nicht auslegen, denn schließlich steigen bei zu großen Werten für PWR die Investitionskosten durch die anteilig höheren Kosten des Wechselrichters, der Ertrag kann aber nicht weiter relevant gesteigert werden. Die Anlage wird dann teurer, ohne besser zu werden.
Das Auslegungsverhältnis, also die Relation von Modulleistung zur Wechselrichterleistung ist das Ergebnis der Suche nach der optimalen elektrischen Auslegung einer netzgekoppelten Solarstromanlage und bedeutet zunächst im Wesentlichen, wie viele Module eines gewählten Modultyps auf einen ausgewählten Wechselrichter unter konkreten Bedingungen verschaltet werden sollen [3]. Was unter dieser Relation der „Modulleistung“ zur „Wechselrichterleistung“ zu verstehen ist, und was als Ober- bzw. Untergrenze sinnvoll ist, darüber ist sich die Fachwelt keineswegs einig, siehe Bild 2 oberer Teil. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, bei welchem Auslegungsverhältnis ein technisches Optimum im Sinne von maximalem Ertrag und bei welchem Auslegungsverhältnis ein wirtschaftliches Optimum im Sinne von maximalem Kapitalwert vorliegt. Es wird zudem untersucht, in wie weit die beiden Optima deckungsgleich sind. Es zeigt sich, dass bei Anlagen mit guten Standortdaten (Ausrichtung, Neigung, Verschattungsfreiheit, …) der Wechselrichter mit seiner Leistung gute 10 bis 15% größer als die Solarstromanlage ausgelegt sein darf, um maximale Erträge zu erzielen. Das verwundert zunächst. Ist doch die Leistung einer Solarstromanlage, die unter „Standard Test Conditions (STC)“ in kWp (Kilowatt-Peak) gemessen wird, bereits als Spitzenleistung definiert. Man sollte meinen, dass nicht mehr zu erwarten ist als Spitzenleistung. Warum also den Wechselrichter größer auslegen als für diesen Spitzenlastfall?
Spitzenleistung und Einstrahlungsspitzen
Die Nennleistung der Module ist tatsächlich unter Bedingungen definiert, die einer Spitzenleistung nahe kommen. Es gibt aber Wettersituationen, in denen diese Bedingungen über den STC-Bedingungen liegen. Wenn beispielsweise die Einstrahlung bei 25°C Zelltemperatur über 1.000 W/m2 liegt, was gar nicht so selten vorkommt wie man vielleicht annehmen will, steigt die Leistung eines Moduls über die Nennleistung. Um zu wissen, wie hoch nun diese Leistungsspitzen sind und wie lange sie vorherrschen, wie viel Energie also jeweils in ihnen steckt, muss man die Einstrahlung genau und zeitlich hoch aufgelöst messen. Hier setzt Mike Zehner mit seinem Posterbeitrag zum 25. Symposium Photovoltaischer Solarenergie [1] an: Bei der Analyse solcher hochaufgelöster Messdatensätze wurden deutliche und wiederholt auftretende Einstrahlungsspitzen festgestellt (Bild?1). Bei den Einstrahlungsüberhöhungen sind die Werte der Strahlungsdichte sogar größer als die theoretisch berechneten Werte bei klarer Atmosphäre und voller Sonneneinstrahlung. Die erhöhten Einstrahlungswerte werden im Wesentlichen durch Reflexionen an Cumulus Wolken verursacht.
Cumulus Wolken erscheinen als isolierte und durchweg dichte Wolken, die in der Vertikalen blumenkohlartige Formen annehmen. Die von der Sonne beschienenen Teile leuchten meist sehr weiß durch Strahlungsreflexionen. Die Untergrenze verläuft relativ glatt und fast horizontal. Die scharfen Konturen der Wolke am Rand führen zu Strahlungsreflektionen und damit zu den Einstrahlungsüberhöhungen. Zehner hat beobachtet, dass deutliche Einstrahlungsüberhöhungen in München bis zu einigen Minuten dauern. Dazu kommt, dass hohe Werte der Strahlungsdichte auf niedrige Werte der Modultemperatur treffen. Durch die Temperaturkoeffizienten wird ausgedrückt, wie sich die Zellen (Zelltyp) oder das Modul in Abhängigkeit der Temperatur verhalten. Bei kühlen Umgebungstemperaturen, hohen und auch durch Reflektion weiter begünstigten Einstrahlungswerten liegen die maximalen Leistungsspitzen des Generators vor. Zehner kommt zu dem Schluss, dass der Effekt der Einstrahlungsüberhöhungen in der Photovoltaik bislang unterschätzt wird.
Während Zehner die Einstrahlungsereignisse erforschte, untersuchte Georg Wirth, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe des Labors für Solartechnik im Studiengang Regenerative Energien der Hochschule München in seiner Masterarbeit deren Einflüsse auf den Anlagenertrag [4]. Es zeigt sich, dass ein signifikanter Teil des jährlichen Ertrages bei Globalstrahlungsleistungen über 1.000 W/m2 auftritt. An der untersuchten Anlage auf der Messe München Riem waren es im Jahr 2008 8,4% des jährlichen Ertrages. Das kann dazu führen, dass einem Anlagenbetreiber im Jahr 2008 aufgrund der Leistungsbegrenzung einige Prozent des möglichen Ertrags entgangen wären. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es durchaus sinnvoll ist, den Wechselrichter etwas größer auszulegen. Der vermeintliche Spitzenlastfall der STC-Einstrahlung ist nicht unbedingt das Maß aller Dinge.
Lohnt sich ein größerer Wechselrichter?
Wie viel größer soll man den Wechselrichter planen? Lohnen sich damit verbundene Mehrausgaben? Und was verliert man, wenn man nicht entsprechend plant? Die Wirtschaftlichkeit der Investition ist für Anlagenbetreiber meist die maßgebliche Größe. Die Zusammenhänge liegen auf der Hand: Die Nennleistung des Solargenerators ist meist durch die Anzahl der gewählten Module und die Installationsfläche fest vorgegeben. Ein deutlich unterdimensionierter Wechselrichter bedeutet nennenswerte Ertragseinbußen durch Leistungsbegrenzung. Verbunden mit dem Ertragverlust sind Einbußen bei den Einnahmen. Dazu kommt, dass häufiger überlastete elektrische und elektronische Bauteile schneller altern. Die Lebenserwartung der Wechselrichter sinkt, die Reparaturkosten steigen. Ein nicht mehr unterdimensionierter, aber immer noch kleiner Wechselrichter bedeutet etwas geringere, aber immer noch deutliche Ertragseinbußen durch Leistungsbegrenzung. Wieder verbunden mit geringeren, aber eben deutlichen Einbußen bei den Einnahmen. Bei der nächst größeren Leistungsstufe des Wechselrichters sind die vermeidbaren Ertragsverluste im kleinen Prozentbereich immer noch vorhanden. Der Wechselrichter kostet jetzt in der Anschaffung noch etwas mehr als in den Leistungsstufen davor. Die nächst größere Stufe der Wechselrichterleistung geht nicht mehr, oder nur noch selten, in die Leistungsbegrenzung. Trotz teurerer Anschaffung führt sie kaum noch zu höherem Ertrag bzw. höheren Einnahmen. Wenn man die Wechselrichterleistung überdimensioniert, erhöhen sich die Investitionskosten, ohne mit einer weiteren Ertragssteigerung verbunden zu sein. Die Wirtschaftlichkeit verschlechtert sich dadurch wieder. Das Optimum des wirtschaftlich besten Auslegungsverhältnisses ist überschritten.
In Bild 2 wird unter dem Auslegungsverhältnis der Quotient aus PPV und der maximalen Wechselrichter Eingangsleistung (PWR-DC-max) verstanden. Der Abbildung kann man im mittleren Teil entnehmen, dass von links beginnend mit unterdimensionierten Wechselrichtern der spezifische Jahresertrag steigt und ab ca. PPV / PWR-DC-max = (1,0 zu 1,0) in jeder Kurve ein flaches Plateau bildet. Weitere Steigerungen bei PWR bringen kaum noch weitere Ertragssteigerungen. Das Maximum wird abhängig von Ausrichtung und Neigung im relativ engen Bereich zwischen (1,0 zu 1,15) < PPV / PWR-DC-max < (1,0 zu 1,0) erreicht. Der untere Bereich der Abbildung zeigt, dass sich bei einem unterdimensionierten Wechselrichter die Einbußen im Kapitalwert ebenso deutlich bemerkbar machen, wie bei Überdimensionierung. Der maximale Kapitalwert liegt in allen Berechnungen bei PPV / PWR-DC-max = (1,0 zu 1,0). Das Ergebnis überrascht insofern, als sich das Maximum im Kapitalwert immer bei einem Auslegungsverhältnis von (1,0 zu 1,0) bei allen Variationen über Ausrichtung und Neigung einstellt.
„Preisgekrönte“ Auslegung von Solarstromanlagen
„Der Effekt der Einstrahlungsüberhöhung tritt häufiger und länger auf als bisher angenommen, seine Bedeutung für die Solarstromtechnik wird unterschätzt.“ Für Arbeitsergebnisse und seine Darstellung wurde Mike Zehner auf dem 25. Symposium Photovoltaische Solarenergie mit dem zweiten Preis aller eingereichten Poster ausgezeichnet. Die während solcher Wetterereignisse von Solarstromanlagen eingespeiste elektrische Arbeit ist ebenfalls höher als bisher angenommen. Bei Anlagen mit guten Standortdaten deckt sich das technische Optimum beim Auslegungsverhältnis nicht mit dem wirtschaftlichen. Unter reinen Ertragsgesichtspunkten müsste der Wechselrichter 15% größer sein als der Generator. Eine technisch, wie wirtschaftlich optimierte Anlage sollte über einen sehr weiten Bereich von Ausrichtung und Neigung ein Verhältnis von Generatorleistung zu Wechselrichterleistung zwischen (1,0 zu 1,10) und (1,0 zu 0,90) aufweisen. Im Vergleich zur rein technischen Optimierung bleiben die Ertragsverluste hierbei unter 1%.
Für diese Ergebnisse und seine Darstellung wurde Björn Hemmann auf dem 25. Symposium Photovoltaische Solarenergie mit dem dritten Preis unter den Posterausstellern ausgezeichnet.
Quellen
[1] Zehner Mike: Systematische Untersuchung und Auswertung meteorologischer Einstrahlungsereignisse, Staffelstein 25. PV-Symposium, 2010
[2] Hemmann Björn: Ertrag, Performance, Wirtschaftlichkeit – Parametervariationen zu diesen Größen in der Anlagenoptimierung kleiner und mittlerer PV-Anlagen, Staffelstein 25. PV-Symposium, 2010
[3] Hemmann Björn, Zehner Mike: Anlagenauslegung: Die geglückte Beziehung, Sonne Wind & Wärme, Ausgabe 8/2009
[4] Wirth Georg: Masterarbeit Ableitung von Kenngrößen zur Auslegung und Dimensionierung von netzgekoppelten PV-Anlagen, Fachhochschule München Fakultät 04 Elektrotechnik und Informationstechnik, 2010
Standard Test Conditions
Standard Test Conditions, STC-Bedingungen liegen vor, wenn die Einstrahlung auf der horizontalen Fläche 1.000?W/m2 beträgt, die Zelltemperatur bei 25°C liegt und das Licht der Sonne den eineinhalb-fachen Weg durch die Erdatmosphäre zurückgelegt hat wie am Äquator (AM (Air Mass) = 1,5). Wenn diese ganz spezielle Wettersituation vorliegt, hat ein Modul definitionsgemäß seine Nennleistung. Die Leistung von Modulen wird gemessen in kWp (Kilowatt-Peak) denn Einstrahlungsverhältnisse zu STC-Bedingungen kommen Spitzenbedingungen sehr nahe.
Björn Hemmann