Energieeffizienz: Konsens oder Reizwort
Die zunehmende Zwieschlächtigkeit eines vertrauten Begriff: Das Wort Energieeffizienz als Metapher ist so alt wie die Energiewendebewegung. Es scheint den Konsens auszudrücken, mit fossilen Brenn- und Grundstoffen, wie auch den regenerativen Energien sparsam und bewusst umgehen zu wollen. Aber es existierten immer unterschiedliche Deutungsmuster und Schlussfolgerungen, was den Begriff heute zum Gegenstand kontroverser Debatten werden lässt. Mit einer Artikelserie wollen wir Licht ins Dunkel bringen. Es beginnt mit einer Erörterung über Geschichte und Verwendung im öffentlichen wie politischen Raum.
Bereits Ende der 1960er Jahre waren die ersten Visionen vom 3-Liter-Auto in Umlauf und wurden in Technik- und Jugendmagazinen vorgestellt. Spätestens mit der ersten Ölkrise von 1973 war der Begriff des Energiesparens, gewissermaßen als Vorläufer, in aller Munde. Seinen Stellenwert in der entstehenden Solar- bzw. später Energiewendebewegung erhielt der Begriff im Zusammenhang mit den ersten Solarthermieanlagen. Es waren meist Warmwasseranlagen, mit denen die fossilen Heizkessel in den sonnenreichen Sommermonaten und den Übergangszeiten abgeschaltet werden konnten. Denn Kessel nur wegen des warmen Wassers zu betreiben, war und ist höchst unwirtschaftlich.
Energieeffizienz mittels solarer Technologie zu erreichen, erfreute sich im EFH-Bereich recht schnell einer zunehmenden Beliebtheit. So gewann der Begriff, obwohl terminus technicus und zugleich ein Wortungetüm, schnell an Bekanntheit. Und er erhielt, was noch viel bedeutsamer war, eine positive Konnotation, wie es in der Psychologie heißt. Damit ist eine zusätzliche, umweltfreundliche Bedeutung gemeint, die mitschwingt. Die Energieeffizienz markierte in der Haustechnik einen neuen Fortschrittsbegriff und löste den der Zentralheizung ab. Diese hatte drei Jahrzehnte vorher die Einzelfeuerung verdrängt. Das Schöne an ihr war, nicht mehr täglich mit Kohleeimer oder Ölkanne in den Keller gehen, sowie kein Holz mehr hacken zu müssen. Ein Komfort, der für jeden Anwender spürbar war, gewissermaßen eine "Fire and Forget"-Lösung, welche die Mühsal des Heizens beendete. Sie verbannte die Technik in den Keller und machte sie unsichtbar. Diese Abschiebung raus aus dem Alltag spielt wohl bis heute im Unterbewusstsein der Verbraucher eine Rolle. Heizung ist im Gegensatz zum Auto nicht sexy, am liebsten hat man das Thema, wenn es keines ist.
Solare Wärme und Dämmen
Als dann die solarthermischen Anlagen auch auf die Heizungsunterstützung ausgelegt wurden, erweiterte sich der Effizienzbegriff. Um die Verbräuche zu reduzieren, wurde die (zusätzliche) Wärmedämmung entwickelt. Die Gebäudehülle sollte mit ihrer gedämmten Außenfassade eine Teillast der Einsparleistung tragen. Der "Rest" des Wärmebedarfes sollte mit der Kombination aus fossiler und solarer Technik gedeckt werden. Die Botschaft, ein Haus müsse man warm einpacken, wie sie heute ein Ulrich Wickert in seinen Werbespots in die Wohnzimmer trägt, war geboren und mit ihr entstand eine neue Industrie. Es war aber auch eine neue Verbindung von Haustechnik und Bauphysik hergestellt, die vom Publikum positiv angenommen wurde. Energieeffizienz hatte also etwas mit solarem Heizen und mit Dämmen zu tun. Parallel dazu begann aber auch der Siegeszug der Gasbrennwerttechnik, wie schon davor die Fernwärme, also der Kraft-Wärme-Koppelung. Beide profitierten vom Gedanken der Energieeffizienz, beide galten als Fortschritt.
Konzeptionell existierte in der Solarcommunity keine Priorisierung, weder die Dämmung noch die solare Heizung dominierten. Sie erschienen als zwei Seiten ein und derselben Medaille, mit der Brennstoffkosten und CO2-Ausstoß vermindert werden konnte. Ausdruck dessen sollten auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen, z.B. EnEV und EEWärmeG, sowie die staatliche Förderung sein. So jedenfalls das Verständnis der Solarfreunde, die dieses Konzept der "energetischen Sanierung" so akzeptierten. Im Hintergrund schwang mit, wenn auch unausgesprochen, dass die solare Technik im Laufe der Zeit die fossilen Komponenten überflüssig machen würde.
Mit der neuen Metapher des Klimawandels, welche mit dem Protokoll von Kyoto manifest wurde, setzte sich auch der Begriff der Energiewende durch. Für die Seite des Verbrauchs entstand die Politik der Effizienzlabels. Heute ist es bei Elektrogeräten selbstverständlich auf deren Kennzeichnung zu achten. Auch hier wirkte die positive Konnotation und entwickelte ein entsprechendes Umwelt- bzw. Klimabewusstsein beim Verbraucher. Der Industrie unterstellte man, dass sie im Rahmen ihres Kostenbewusstseins keine solche Hilfestellung bräuchte.
Mit dieser Entwicklung waren die Energiewendefreunde durchaus zufrieden. Die Gesellschaft bewegte sich auf einem Effizienzpfad und der Ökostrom war nach den Erfolgen des EEG die Speerspitze. Dessen Entwicklung übertraf alle Erwartungen. Aber nicht alle sahen das positiv, die Energiewende blieb nach wie vor umstritten. Waren bis zum Fukushima-Gau die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern der Energiewende politisch wie begrifflich klar auszumachen, so veränderte die Katastrophe scheinbar alles. Von der Kanzlerin bis zur Kohle- und Atomwirtschaft waren plötzlich alle Anhänger der Energiewende. Auf Seiten der Befürworter entstand das Gefühl, "Wir haben es geschafft".
Es hat Jahre gedauert - und der Prozess ist nicht abgeschlossen - bis in der Energiewendebewegung der Blick wieder geschärft und hinter die Fassade der scheinbaren Einigkeit - man erinnere sich an die euphorische Zustimmung auch der grünen Opposition im Bundestag zu den Energiewendegesetz des Jahres 2011 - geschaut wurde. Die Interessen der Kohleverstromer und Ölförderer stehen diametral denen der Wind- und Sonnenenergie entgegen und ein Kompromiss lässt sich nicht einfach im Windschatten einer Katastrophe herbeireden. Die Interessengegensätze werden bis heute kleingeredet bzw. aus dem öffentlichen Diskurs über Energiepolitik ausgeblendet.
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Klaus Oberzig