Muss EEG Strom erneuerbar sein?
Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien spielt für die Höhe der Vergütungssätze eine erhebliche Rolle. Dieser Zeitpunkt hängt davon ab, wann die Anlage die gesetzlichen Anforderungen an eine Inbetriebnahme erfüllt. Der Inbetriebnahmebegriff des EEG unterlag jedoch seit Inkrafttreten des EEG einem Wandel und wurde durch die Neufassung des EEG wieder geändert.
Einführung
Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), trat in seiner ursprünglichen Fassung am 01.04.2000 in Kraft. Es löste das seit 1991 geltende Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien, das Stromeinspeisungsgesetz, ab. Dem folgten die Neufassung des EEG vom 21.07.2004 und die derzeitige Fassung, die am 01.01.2009 in Kraft getreten ist.
§ 1 Abs. 1 EEG bestimmt u.a. den Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dergestalt, die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern. Um diese Förderung zu realisieren und einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen zu gewährleisten, wird den Betreibern der zu fördernden Anlagen über einen bestimmten Zeitraum ein fester Vergütungssatz für den erzeugten Strom bezahlt.
Um die Förderung umzusetzen, sind die Netzbetreiber verpflichtet, die Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unverzüglich vorrangig an ihr Stromnetz anzuschließen, den gesamten angebotenen Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und zu vergüten.
Vergütungssätze und Preisgarantie
Die Höhe des Vergütungssatzes richtet sich gemäß § 20 EEG nach dem jeweiligen Inbetriebnahmejahr der Anlage. Der in dem Inbetriebnahmejahr geltende Vergütungssatz unterliegt einer Preisgarantie, die gemäß § 21 Absatz 2 EEG für das Inbetriebnahmejahr und 20 weitere Jahre gilt. Bei Strom aus Wasserkraft, der in Anlagen mit einer Leistung über 5 Megawatt erzeugt wird, gilt die Preisgarantie 15 weitere Jahre. Das bedeutet, dass für den gesamten Zeitraum der Preisgarantie der Vergütungssatz gezahlt wird, der im Inbetriebnahmejahr für die Anlage gilt.
Der für die erstmalige Inbetriebnahme von Anlagen maßgebliche Vergütungssatz sinkt gemäß § 20 EEG jährlich um einen bestimmten Prozentsatz. Demnach ist der der Preisgarantie unterliegende Vergütungssatz für jedes Jahr, das eine Anlage später in Betrieb genommen wird, degressiv prozentual niedriger im Vergleich zum Vorjahr.
Zum Jahreswechsel 2009/2010 hat sich für Anlagenbetreiber die Frage gestellt, ob sie mit ihrer Anlage, die erst kurz vor Jahresende fertig gestellt wurde, noch den Vergütungssatz, der im Rahmen der Degression für das Kalenderjahr 2009 vorgesehen war, erhalten oder sich auf den niedrigeren Vergütungssatz für das Kalenderjahr 2010 verweisen lassen müssen.
Dagegen kann es bei Vergütungserhöhungen oder gleichbleibender Vergütung im nächsten Kalenderjahr für Anlagenbetreiber interessant sein, die Vergütungssätze für das nächste Kalenderjahr zu erhalten. Ebenso können die für das nächste Kalenderjahr festgelegten Vergütungssätze vorteilhafter sein, wenn die Vergütung im Verhältnis zum Vorjahr nur geringfügig abgesenkt wird und der Anlagenbetreiber durch die Inbetriebnahme der Anlage im neuen Kalenderjahr nahezu ein zusätzliches Betriebsjahr mit einem garantierten Vergütungssatz hinzugewinnt, anstatt im alten Kalenderjahr nur noch einige Tage oder Wochen vergütungsrelevant nutzen zu können und so fast das gesamte Einstiegsjahr zu verlieren.
Für die Wahl des Inbetriebnahmejahres der Anlage ist zu beachten, dass der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage entscheidend ist. Wurde die Anlage erst im Kalenderjahr 2010 in Betrieb genommen, erhält der Anlagenbetreiber den Vergütungssatz für 2010, wurde die Anlage dagegen noch im Kalenderjahr 2009 in Betrieb genommen, kann er den Vergütungssatz für 2009 beanspruchen. Insofern ist darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt eine Anlage nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung des § 3 Ziffer 5 EEG als in Betrieb genommen gilt.
Inbetriebnahmebegriff
Die Clearingstelle EEG, die gemäß § 57 EEG als neutrale Clearingstelle durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit errichtet wurde, hat zum Inbetriebnahmebegriff in einem Beitrag vom 04.01.2010 mitgeteilt, dass nach ihrer Einschätzung noch nicht abschließend geklärt sei, was unter der erstmaligen Inbetriebsetzung im Sinne des EEG im Einzelfall genau zu verstehen ist.
Der Begriff der Inbetriebnahme ist zwar gesetzlich definiert. Allerdings hat die Begriffsbestimmung mit der Neufassung des EEG Änderungen erfahren, die bisher nur in die Meinungen in der juristischen Literatur eingeflossen ist, eine Rechtsprechung hat sich bisher noch nicht gebildet.
Nach dem Wortlaut der Begriffsbestimmung des § 3 Ziffer 5 EEG ist die Inbetriebnahme “die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft, unabhängig davon, ob der Generator der Anlage mit erneuerbaren Energien, Grubengas oder sonstigen Energieträgern in Betrieb gesetzt wurde“.
Nachdem der Inbetriebnahmebegriff in der ursprünglichen Fassung des EEG nicht definiert gewesen ist, wurde der Inbetriebnahmebegriff mit Inkrafttreten der derzeitigen Fassung im Vergleich zur vorhergehenden Fassung des EEG so geändert, dass nunmehr auch die Inbetriebsetzung des Generators Voraussetzung ist. Allerdings muss dieser nicht zwangsläufig mit erneuerbaren Energien oder Grubengas in Betrieb gesetzt werden, sondern die Inbetriebsetzung ist auch mit konventionellen Energieträgern möglich.
Anforderungen an die Inbetriebnahme
Die Inbetriebnahme wird nach der neuen Gesetzesfassung in der juristischen Literatur davon abhängig gemacht, dass die Anlage neben der technischen Betriebsbereitschaft tatsächlich in Betrieb gesetzt wurde. Dies erfordert, dass tatsächlich Strom in der Anlage erzeugt wurde. Der Generator muss gerade nicht mit erneuerbaren Energien oder Grubengas, sondern kann auch mit konventionellen Energieträgern in Gang gesetzt werden. Die Begriffsbestimmung in der neuen Fassung des EEG hat demnach die Rechtsansicht zur alten Gesetzesfassung überholt, nach der die Anlage nur auf Basis erneuerbarer Energien in Betrieb gesetzt werden konnte.
Alte Gesetzeslage: Hier hatten sich verschiedene Meinungen gebildet. So wurde in Literatur und erstinstanzlicher Rechtsprechung vertreten, dass eine Inbetriebnahme schon dann vorlag, wenn die Anlage mit konventionellen Energieträgern in Betrieb gesetzt wurde.
Eine andere Meinung in der Rechtsprechung stellte für die Inbetriebnahme jedoch auf die technische Betriebsbereitschaft zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ab. So vertrat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21.05.2008, Az. VIII ZR 308/07, dass die technische Betriebsbereitschaft der Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien gegeben sein musste. In dem entschiedenen Fall machte er zur Voraussetzung, dass der Fermenter in einer Biogasanlage betriebsbereit war, damit der Begriff der Inbetriebnahme erfüllt war. Die vorherige Erzeugung von Strom aus konventionellen Energieträgern reichte zur Inbetriebnahme nicht aus.
Neue Gesetzeslage: Die Literaturmeinung lässt es nunmehr ausreichen, dass der Generator der Anlage mit konventionellen Energieträgern erstmalig, etwa auch im Probebetrieb, Strom erzeugt hat. Dabei wird auf die Gesetzesbegründung abgestellt, die ausführt, dass bei einer späteren Umstellung des Generators auf erneuerbare Energieträger die vorherige, erstmalige Inbetriebnahme, auch mit konventionellen Energieträgern, maßgeblich sei. Sie verwendet als Beispiel einen zunächst mit Erdgas betriebenen Generator, dessen spätere Umstellung auf Biogas nichts an der früheren Inbetriebsetzung mit Erdgas ändere.
Nach dem neuen Inbetriebnahmebegriff des § 3 Ziffer 5 und § 21 Absatz 2 EEG liegt eine Inbetriebnahme demnach auch dann vor, wenn der Generator der Anlage mit fossilen Brennstoffen in Betrieb genommen und erst viel später für den Einsatz mit erneuerbarer Energie umgerüstet wird. Die Vergütungszahlung beginnt gemäß § 21 Absatz 1 EEG allerdings erst dann, wenn der Generator Strom aus erneuerbaren Energien oder Grubengas erzeugt und der Strom in das Netz eingespeist oder als Eigenbedarf verbraucht wird.
Die Anlage ist somit unzweifelhaft in Betrieb genommen, wenn von dieser Strom in das Netz eingespeist oder der Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage selbst verbraucht und dies nachgewiesen wurde, erforderlich ist dies jedoch gerade nicht. Vielmehr reicht es bereits aus, dass die Anlage erstmals Strom erzeugt hat.
Netzanschluss
Allerdings ist davon auszugehen, dass der Anlagenbetreiber dann, wenn er seine Anlage in Betrieb nehmen will, auch beim Netzbetreiber sein Verlangen auf einen Netzanschluss kund tut, denn ansonsten könnte der Netzbetreiber einwenden, dass der Anlagenbetreiber seiner Pflicht gemäß § 5 EEG nicht genügt, an der Herstellung des Anschlusses mitzuwirken. Dies könnte eine Schadensersatzpflicht des Anlagenbetreibers auslösen oder den Netzbetreiber berechtigen, seine Leistung zurück zu halten.
Der Anlagenbetreiber muss demnach die für den Netzanschluss erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die Anlage an das Netz angeschlossen werden und der Netzbetreiber den gesamten angebotenen Strom abnehmen kann. Dazu gehört etwa die Errichtung der Anschlussleitungen zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt. Die Anlage muss umfassend betriebsbereit sein. Die technischen Voraussetzungen für die Einspeisung in das Netz und den Dauerbetrieb nach den anerkannten Regeln der Technik müssen erfüllt sein und die erforderlichen Genehmigungen vorliegen.
Diesbezüglich ist auf die Formulierung in der Gesetzesbegründung zum EEG hinzuweisen. Diese stellt für die Inbetriebnahme auf den Zeitpunkt ab, an dem erstmalig Strom zur Einspeisung in das Netz aufgrund der technischen Betriebsbereitschaft des Generators tatsächlich zur Abnahme angeboten wird und ist wohl so zu verstehen, dass bereits ohne Anschluss eine Inbetriebnahme vorliegt.
Das bloße Vorliegen technischer Betriebsbereitschaft reicht allerdings nicht aus, weil es sich schon nach dem Gesetzeswortlaut nur um eine notwendige, nicht aber hinreichende Bedingung zur Inbetriebnahme handelt. Allerdings bringt die Formulierung der Gesetzesbegründung zum Ausdruck, dass der Anlagenbetreiber den Zeitpunkt der Inbetriebnahme frei bestimmen können und eine Mitwirkung des Netzbetreibers nicht erforderlich sein soll, um willkürliche Verzögerungen beim Netzanschluss auszuschließen.
Fazit
Nach der Ansicht in der Literatur zur neuen Fassung des EEG liegt eine Inbetriebnahme der Anlage dann vor, wenn die Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft erstmalig in Betrieb gesetzt wurde und Strom erzeugt hat, unabhängig davon, ob der Generator mit konventionellen Energieträgern oder erneuerbarer Energie oder Grubengas in Betrieb gesetzt wurde.
Die dargestellte Ansicht der Literatur, die sich aufgrund der letzten gesetzlichen Änderung des Inbetriebnahmebgriffs gebildet hat, lässt sich gut vertreten, da sich diese am Wortlaut des Gesetzes orientiert und so zu einer nachvollziehbaren Darstellung der Anforderungen an die Inbetriebnahme einer Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und Grubengas kommt.
Allerdings ist zu beachten, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur alten Gesetzeslage voraussetzte, dass die technische Betriebsbereitschaft der Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien gegeben war.
Diese Ansicht hat die Literatur in ihren Ausführungen zur neuen Gesetzeslage nicht übernommen, da Anhaltspunkte sowohl im Gesetzeswortlaut, als auch in der Gesetzesbegründung dafür zu finden sind, dass eine technische Betriebsbereitschaft der Anlage zur Erzeugung von Strom aus konventionellen Energieträgern ausreicht. Ausdrücklich wird die Verwendung der konventionellen Energieträger dort jedoch nicht auf die Betriebsbereitschaft, sondern nur auf die Inbetriebsetzung bzw. Inbetriebnahme des Generators bezogen.
Insofern ist darauf hinzuweisen, dass sich für den neuen Inbetriebnahmebegriff noch keine Rechtsprechung gebildet hat. Selbst die Clearingstelle EEG des zuständigen Bundesministeriums sieht den Inbetriebnahmebgriff als noch nicht abschließend geklärt an, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Rechtsprechung von der hier dargestellten Ansicht abweichen und etwa auch die technische Betriebsbereitschaft der Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zur weiteren Voraussetzung des Inbetriebnahmebegriffs machen könnte.
Im Übrigen ist anzumerken, dass dieser allgemeine Überblick keine einzelfallbezogene Prüfung ersetzen kann, da im Einzelfall Umstände zu berücksichtigen und zu prüfen sind, die sich hier nicht abschließend darstellen und behandeln lassen.
Martin Feige