Recht

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DIE VERNACHLÄSSIGTEN PARAGRAFEN

HAFTUNG, GEWÄHRLEISTUNG UND GARANTIE BEI PHOTOVOLTAIKANLAGEN

von Thomas Seltmann

Betreiber von Photovoltaikanlagen kennen ihre Verbraucherrechte oft nur mangelhaft. Welche Ansprüche sie aus Haftung, Gewährleistung und Garantien gegenüber Herstellern, Installateuren und Lieferanten haben, ist nur wenig bekannt. Wir geben einen kurzen Überblick über wichtige rechtliche Zusammenhänge und Ansprüche.

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Bild 1: Mangel: Steckverbinder im Morast, Schaden vorprogrammiert © Quelle: Solare Dienstleistungen GbR Nürnberg

Betreiber von Photovoltaikanlagen kennen ihre Verbraucherrechte oft nur mangelhaft. Welche Ansprüche sie aus Haftung, Gewährleistung und Garantien gegenüber Herstellern, Installateuren und Lieferanten haben, ist nur wenig bekannt. Wir geben einen kurzen Überblick über wichtige rechtliche Zusammenhänge und Ansprüche.

Dass es nicht bei viel mehr Photovoltaikanlagen zu Auseinandersetzungen zwischen Lieferant und Betreiber kommt, liegt offenbar daran, dass nur wenige Bauherren Mängel frühzeitig entdecken und beim Installateur reklamieren. Oft fallen sie dem Betreiber überhaupt nur dann auf, wenn die Anlage zu wenig Leistung oder Ertrag bringt oder wenn Mängel wie undichte Dächer oder verschmorte Kabel zu Folgeschäden führen.

Mangelfreie Anlagen

Zu einer nicht mangelfreien Anlage gehört schon die oft fehlende detaillierte technische Dokumentation, sagt die Rechtsanwältin Christina Bönning, die seit vielen Jahren PV-Betreiber berät und vertritt. Gerade die Betreiber kleiner und mittlerer Anlagen verlassen sich oft allzu gutgläubig auf die Kompetenz und Sorgfalt des Installateurs, die sie selbst im Detail meist gar nicht beurteilen können. Und für die Begutachtung durch einen Sachverständigen ist im Investitionsbudget in der Regel kein Spielraum.

Mangelfrei bedeutet, dass die Sache alle Eigenschaften aufweisen muss, die zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart wurden. Nach dem neueren Kaufrecht können zu diesen Eigenschaften auch Werbeaussagen des Herstellers gehören und die Angaben in Datenblättern. Gerade bei Photovoltaikanlagen gehört dazu aber die Einhaltung einschlägiger technischer Normen und die sogenannten „anerkannten Regeln der Technik“, auf die sich insbesondere Gutachter und Richter in Streitfällen berufen.

Oft wissen die Bauherren noch nicht einmal um ihre Rechte. Bei Photovoltaik­anlagen geht es um Fragen der Haftung, Gewährleistungen und Garantien. Gewährleistung ist die gesetzliche Frist für die verpflichtende Mangelfreiheit von Produkten. Dagegen sind Garantien freiwillige Zusicherungen von Produkteigenschaften durch den Hersteller nach dessen Bedingungen – soweit diese nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen, dazu später mehr. Manches ist gesetzlich geregelt, einiges lässt sich durch vertragliche Vereinbarung festlegen oder abändern.

Gewährleistungsansprüche

Zunächst einmal hat der Kunde im Rahmen der Gewährleistung gesetzlichen Anspruch auf eine mangelfreie Sache. Der Rechtsanwalt Ulrik Gollob erklärt das so: „Bei einem Mangel der Kaufsache spielt es keine Rolle, ob den Verkäufer am Entstehen des Mangels ein Verschulden trifft. Der Verkäufer kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Hersteller den Mangel verursacht habe. Der Verkäufer trägt das volle Beschaffungs- und Gewährleistungsrisiko.“

Bei Solarmodulen betrifft das beispielsweise auch die Leistung der einzelnen Solarmodule. Wenn von 20 Solarmodulen mit einer Nennleistung von 150 W plus/minus 5 Prozent die meisten Module am unteren Rand des Toleranzbereichs leisten, ist die Lieferung mangelhaft. Bei einem „Gattungskauf“ müssen die gelieferten Komponenten „mittlerer Art und Güte“ entsprechen. Auch hier ist zunächst einmal der Lieferant oder Installateur in der Pflicht.

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Bild 2: Mangel: Steckverbinder „steckbar“ aber nicht kompatibel: Brandschaden © Quelle: Solare Dienstleistungen GbR Nürnberg

Bei einem Mangel kann der Käufer zwischen Nacherfüllung in Form von Nachlieferung oder Nachbesserung wählen. Gelingt das innerhalb einer angemessenen, vom Kunden gesetzten Frist nicht, kann der Käufer zwischen Rücktritt oder Preisminderung wählen. Im für den In­stallateur schlimmsten Fall könnte also ein Bauherr verlangen, die bereits montierte Solarstrom­anlage zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten.

Schadenersatz

Anders verhält es sich mit dem Schadenersatz. Führt ein Mangel an der Solarstrom­anlage für den Betreiber zu einem Schaden außerhalb der Anlage, beispielsweise durch Ertragsausfall und einem daraus folgenden Verlust von Einspeisevergütung, so muss der Verkäufer dafür nur geradestehen, wenn er den Mangel verschuldet hat. Das wäre beispielsweise nicht der Fall, wenn ein Wechselrichter ausfällt. Dann muss der Lieferant zwar für ein funktionierendes Gerät sorgen, jedoch nicht grundsätzlich den Ertragsausfall ersetzen. Anders wäre das aber, wenn der Installateur Termine zusagt und nicht einhält.

Führt das mangelhafte Produkt aufgrund von Sicherheitsmängeln am Produkt selbst und nicht durch die Ausführungen des Installateurs zu einem Schaden am Eigentum des Betreibers, zum Beispiel indem es einen Brand auslöst oder Personen verletzt, so greift die Produkthaftung des Herstellers. Dafür ist dann weder eine Vertragsbeziehung zwischen dem Geschädigten und dem Hersteller noch dessen Verschulden notwendig.

Gewährleistungsfrist bei PV-Anlagen 2 Jahre

Auch unter Juristen war bisher oft strittig, ob nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die gesetzliche Gewährleistungsfrist für bewegliche Sachen (2 Jahre) oder für Bauwerke (5 Jahre) gilt. Für eine Aufdachanlage, die nicht notwendiger Bestandteil des Gebäudes ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Oktober 2013 erstmals höchstrichterlich geurteilt und sich auf 2 Jahre festgelegt.

Das Urteil bestätigt die Erfahrungen der Anwältin Christina Bönning: „In all meinen bisherigen Verfahren vor zahlreichen Gerichten ergab sich eine Gewährleistungsfrist von 2 Jahren.“ Bönning verweist aber auch darauf, dass es zu zwei anderen Varianten noch keine BGH-Urteile gebe: Freiflächenanlagen und gebäudeinte­grierte Module. Wenn beispielsweise Freiflächenanlagen mit Betonfundamenten verbunden wären oder Solarmodule an Gebäuden die wasserführende Schicht bilden, dann könnten Gerichte auch anders entscheiden und 5 Jahre Gewährleistungsfrist annehmen. Entscheidend sei, ob die Photovoltaikanlage als Gebäude angesehen werde oder ein für die Nutzung des Gebäudes notwendiger Bestandteil werde.

PV-Betreiber Verbraucher oder Unternehmer?

Für Verwirrung sorgt gelegentlich auch die steuerliche Einstufung von PV-Anlagen als Gewerbebetrieb. Zivilrechtlich bedeutet das aber nicht, dass der Betreiber nun kein Verbraucher mehr ist und Verbraucherrechte für ihn nicht mehr gelten würden. Die Anwältin Muna Reichelt betont: „Im rechtlichen Sinn bin ich Unternehmer erst dann, wenn ich handelsrechtlich wie ein Unternehmer auftreten muss, Geschäftsräume habe, bilanziere, usw.“ Auf die Betreiber kleiner und mittlerer Photovoltaikanlagen trifft das nicht zu, nach den Kriterien eines BGH-Urteils handelt es sich hierbei eher um eine „Vermögensverwaltung“. Ein PV-Betreiber, der steuerlich gesehen Gewerbetreibender ist, bleibt als Käufer also trotzdem Verbraucher. Das schränkt Anbietern die Möglichkeiten ein, bei vertraglichen Vereinbarungen von gesetzlichen Regelungen abzuweichen. Solche für Verbraucher nachteilige Vereinbarungen sind dann schlicht unwirksam.

Garantieversprechen

Während Anlagenbetreiber die Gewährleistung oft stiefmütterlich behandeln, lassen sie sich von den Garantieversprechen der Hersteller leichtfertig in Sicherheit wiegen. Dabei handelt es sich um freiwillige Erweiterungen der gesetzlichen Gewährleistung zu den Bedingungen des Garantiegebers. Auch dafür macht der Gesetzgeber Vorgaben. „Eine Garantieerklärung muss einfach und verständlich abgefasst sein. Sie muss den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Name und Anschrift des Garantiegebers, enthalten, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind“, erklärt Ulrik Gollob. „Der Verbraucher kann verlangen, dass ihm die Garantieerklärung in Textform mitgeteilt wird.“

Die Garantie begründet ein Vertragsverhältnis zwischen dem Hersteller und dem Endkunden. Aus Dusseligkeit übernehmen manche Installateure durch ungeschickte Formulierungen in Angeboten und Rechnungen die Garantieversprechen der Hersteller selbst und müssen dann auch einstehen, wenn ihre Gewährleistungsfrist bereits abgelaufen ist, der Hersteller aber wegen Insolvenz nicht mehr greifbar, oder weil es sich um ein Unternehmen in Übersee handelt und die Garantie für den deutschen Anlagenbetreiber rechtlich nicht durchsetzbar ist.

Wie wenig dem Anlagenbetreiber die Garantieversprechen bei Solarmodulen bringen, hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Jahr 2011 untersucht. Bei jedem der 30 Hersteller fand sie in den Garantiebedingungen abmahnungswürdige Klauseln.

Verbraucherzentrale kritisiert Garantiebedingungen

Die Verbraucherschützer kritisierten vor allem die Nichtübernahme von Kosten im Garantiefall, die Erstattung lediglich des Restwertes von Modulen und das freie Ermessen des Herstellers über das Vorliegen eines Garantiefalls. Derzeit dürfte Bauherren aber vor allem beunruhigen, dass bei einer Insolvenz des Herstellers die Garantien in aller Regel verfallen.

Der neueste Clou sind deshalb Versicherungen der Garantie auch für den Insolvenzfall des Unternehmens, also eine Art „Garantie für die Garantie“. Die unklaren und für den Kunden wenig transparenten Bedingungen und zusätzlichen Einschränkungen lassen derzeit aber noch keine Einschätzung darüber zu, ob das dem Anlagenbetreiber mehr Sicherheit bringen wird.

Der trockene Kommentar eines Teilnehmers im photovoltaikforum.com fasst die Lage treffend zusammen: „Es ist wie es ist – der Betrieb einer PV-Anlage stellt ein unternehmerisches Risiko dar. Es bleibt immer ein Restrisiko, das nicht völlig ausgeschaltet werden kann. Deshalb ist die Rendite auch etwas höher als die Zinsen am Sparbuch.“ Oder sie müsste es zumindest sein.

Thomas Seltmann
beschäftigt sich seit zwanzig Jahren mit technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen bei Solarstromanlagen. Er hält auch Vorträge und Seminare zu den Themen dieses Beitrags.
www.photovoltaikratgeber.info