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Erneuerbare Energien für den Iran

Optimale Bedingungen und große Chancen für einen Wandel

von Assghar Mahmoudi

Der Iran zählt mit seiner sehr hohen Bevölkerungsdichte zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde. Das hat auch Folgen auf den Energiebedarf des Landes. So wurden innerhalb des Iran in den letzten Jahren mehr als 1,5 Millionen Barrel Erdöl täglich konsumiert, größtenteils zur Energieerzeugung. Rein rechnerisch entspricht das gemessen am aktuellen Ölpreis einem Wert von rund 150 Millionen US-Dollar täglich. Auch wenn der Iran über die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt verfügt und sein inländisches Gaspipelinenetz erheblich ausgebaut, einen Großteil des Wärmebedarfs für Haushalte und den Handel sowie für die Industrie auf Gas umgestellt hat, verringern der hohe Verbrauch im Land dennoch die notwendigen Deviseneinnahmen. Würde beispielsweise der Eigenverbrauch an Erdöl um die Hälfte reduziert werden, könnte man gemäß dem aktuellem Rohölkurs jährlich mehr als 25 Milliarden US-Dollar einnehmen.

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Bild 1: Im Iran bestehen beste Voraussetzungen zur Nutzung der Solarenergie © Quelle: GeoModel Solar, www.solargis.info

Voraussetzungen und Energieverbrauch

Der Iran zählt mit seiner sehr hohen Bevölkerungsdichte zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde. Das hat auch Folgen auf den Energiebedarf des Landes. So wurden innerhalb des Iran in den letzten Jahren mehr als 1,5 Millionen Barrel Erdöl täglich konsumiert, größtenteils zur Energieerzeugung. Rein rechnerisch entspricht das gemessen am aktuellen Ölpreis einem Wert von rund 150 Millionen US-Dollar täglich. Auch wenn der Iran über die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt verfügt und sein inländisches Gaspipelinenetz erheblich ausgebaut, einen Großteil des Wärmebedarfs für Haushalte und den Handel sowie für die Industrie auf Gas umgestellt hat, verringern der hohe Verbrauch im Land dennoch die notwendigen Deviseneinnahmen. Würde beispielsweise der Eigenverbrauch an Erdöl um die Hälfte reduziert werden, könnte man gemäß dem aktuellem Rohölkurs jährlich mehr als 25 Milliarden US-Dollar einnehmen.

Zählt man die beiden für den globalen Handel und die internationale Energiepolitik wichtigsten Energieträger Erdöl und Erdgas zusammen, so nimmt der Iran mit seinen Reserven in Höhe von 370 Milliarden Barrel Öläquivalenten (bboe) den zweiten Platz hinter Russland (383 bboe), aber noch vor Venezuela (333 bboe) und Saudi Arabien (320 bboe) ein. Der Iran ist nach Saudi Arabien der zweitgrößte Ölexporteur der OPEC und der drittgrößte Exporteur weltweit. Längerfristig erhöhen sich die strategischen Bedeutungen von Irans Erdgasreserven. Als zweitgrößtes Reserveland der Welt (16% der Weltreserven) nimmt der Iran deshalb eine so wichtige Bedeutung ein, da Erdgas in den bevorstehenden Jahrzehnten eines globalen Umbaus der Energieversorgung von einer überwiegend fossilen zu einer emissionsärmeren, verstärkt erneuerbaren Energieversorgung eine Brückenfunktion zufällt.

Bevölkerung und Veränderung

Die iranische Gesellschaft ist sehr jung, über 70% der Einwohner sind unter 30. Auch das macht eine nachhaltige Energieversorgung für das Land unumgänglich. Als wachsendes und aufstrebendes Land bietet der Iran besonders gute Vor­aussetzungen für den Einsatz Erneuerbarer Energien in Form von Photovoltaik und Windenergie. Der spezifische Ertrag der Photovoltaik ist aufgrund der geografischen Lage und den klimatischen Bedingungen im Vergleich zu Deutschland etwa doppelt so hoch. Zudem verfügt das Land über sehr große Flächenpotenziale außerhalb der dicht besiedelten Gebiete. Dort könnten große Wind- und Solaranlagen realisiert werden. Ähnlich wie in Deutschland gibt es im Iran eine Nord-Süd-Komplementarität bezüglich hoher Windenergie-Potenziale im Norden (Kaspisches Meer) und hoher Solar-Potenziale im Süden. Zusätzlich sind am südlichen Persischen Golf große Windenergie-Potenziale vorhanden. In den östlichen Wüstenregionen (in der Region um Yazd) sind die Einstrahlungswerte besonders hoch. Im Westen, Richtung Kurdistan gilt vergleichbares.

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Bild 2: Assghar Mahmoudi (2.v. links) bei einem Besuch einer Solarproduktion in Yazd (Iran)

Vorteile und Chancen durch Erneuerbare Energien

Eine Steigerung des Anteils Erneuerbarer Energien im Energieversorgungssystem des Iran ist mit enormen Vorteilen und Chancen für den Iran verbunden:

  • Je größer der Anteil von regenerativen Energiequellen für die Versorgung des Irans ist, desto geringer ist der Verbrauch von devisenträchtigen Ressourcen wie Erdöl und Erdgas, welche vorzugsweise exportiert werden können.
  • Mit Erneuerbaren Energien ist eine Dezentralisierung der Energieversorgung möglich, was eine bessere Energieversorgung für die viele ländliche und entlegene Regionen des Iran ermöglicht.
  • Durch die höhere Verfügbarkeit von dezentraler Energie kann die Trinkwasserversorgung und deren Qualität erhöht werden. Ebenso würde die landwirtschaftliche Produktion, die Gesundheitsversorgung, u.v.m. davon profitieren.
  • Klimaschutzziele können durch den Einsatz Erneuerbarer Energien verwirklicht werden.
  • Der Iran kann sich international als Nutzer Erneuerbarer Energien definieren, obwohl fossile Ressourcen vorhanden sind, und somit ein gutes Vorbild abgeben.
  • Die Erhöhung der lokalen Wertschöpfung durch dezentral erzeugte Energie bewirkt überaus positive Impulse für die Entwicklung des Arbeitsmarktes. So führt beispielsweise die Zertifizierung lokaler Installationsbetriebe zu einer höheren Ausbildungsqualität.
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Bild 3: Anteil Erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch im Iran in den Jahren 1990 bis 2011 © Quelle: © Statista 2014

Im Iran gibt es sehr große Wüstenflächen. Diese können, außer zum Bergbau, kaum etwas zur wirtschaftlichen Nutzung beitragen. Aufgrund der Erderwärmung breiten sich die Wüstenflächen zunehmend aus und zerstören fortlaufend vor allem agrarische Nutzungen und damit Lebensgrundlagen. Mit Hilfe einer Verbundstrategie ist es dann auch möglich die landwirtschaftlichen Erträge der ariden Flächen zu erhöhen, die Wüstenausbreitung teilweise zu stoppen und sogar Wüstengebiete wieder der landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen.

Mit der Umstellung der Iranischen Stromversorgung auf die heute unschlagbar günstige Solar- und Windenergie würde auch der geplante Ausbau der Atomkraft überflüssig gemacht werden, was den Boden für die Aufhebung der Wirtschaftsboykotte liefern könnte, ohne das Recht Irans auf Nutzung der Atomenergie zu tangieren. Eine Offensive für diese Strategie würde dem Iran nicht nur Wohlstand für die Bevölkerung geben, sondern auch eine enorme wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen. Der Iran könnte zu einem Vorreiter einer neuen weltweiten Klimaschutzbewegung werden.

Mit Solaranlagen iranische Atommeiler ersetzen

Der Photovoltaikexperte Stefan Krauter hat Yousof Armoudli, dem Vorstand der iranischen Regierungsorganisation für Erneuerbare Energie (SANA), in Teheran ein neues Einspeisekonzept für Solarstrom vorgestellt. Der Professor für Nachhaltige Energiekonzepte forderte den Minister auf, die aktuelle Einspeisevergütung von 0,11 Euro pro Kilowattstunde von fünf auf 20 Jahre zu verlängern und statt der geplanten Atommeiler Photovoltaikkraftwerke zu errichten. Die Kosten könne die iranische Regierung durch wegfallende Subventionen für fossile Energiequellen decken. Krauters Vorschlag wird derzeit von der iranischen Regierung diskutiert, eine Entscheidung soll in Kürze fallen.

„Eine längere Einspeisevergütung macht die Photovoltaik für Investoren interessant und bietet dem Iran die Möglichkeit, einen gigantischen Photovoltaikmarkt aufzubauen“, erklärt Krauter. Außerdem könne das Land mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien das umstrittene Atomprogramm einstellen und dazu beitragen, dass die lähmenden Sanktionen aufgehoben werden. Ein weiterer Pluspunkt: Weil die Stromgestehungskosten im Iran derzeit bei 0,19 Euro pro Kilowattstunde liegen, könnte die Volkswirtschaft durch eine Energieversorgung mit Photovoltaik viel Geld sparen.

Optimale Bedingungen für Erneuerbare Energien

Die Stromversorgung basiert im Iran zu 94 Prozent auf fossilen Energiequellen, die von der iranischen Regierung jedes Jahr mit rund 13 Milliarden Euro subventioniert werden. Dabei bieten die hohe Sonneneinstrahlung von jährlich bis zu 2.200 Kilowattstunden pro Quadratmeter, das konstante Windaufkommen und die gut regelbaren Gaskraftwerke nach Einschätzung von Krauter optimale Bedingungen für den Ausbau und die Integration Erneuerbarer Energien. „Fünf solare Kraftwerke mit Leistungen von jeweils 23 Gigawatt würden ausreichen, um den Energiebedarf des gesamten Landes mit Photovoltaik zu decken“, sagt Krauter. Um den bestehenden und die drei geplanten Atommeiler durch Photovoltaik zu ersetzen, ist nach Krauter Berechnungen ein Zubau von lediglich 13,4 Gigawatt erforderlich.


Prof. Dr. Stefan Krauter

Universität Paderborn | Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik

stefan.krauter@upb.de

Dipl.-Ing. Assghar Mahmoudi
Vorsitzender der DGS Sektion Kassel
as.mahmoudi@solarsky.eu

Assghar Mahmoudi entwickelt große Solarkraftwerke im Iran. Für ein aktuelles Projekt ist er auf der Suche nach weiteren Investitionen