Innovationen

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Überschüssiger Netzstrom kostenlos

Mit Photovoltaik-Stromspeicher von Schwankungen im Netz profitieren

von Rico Kleindienst

Die Energiewende führt bisweilen zu einem unerwünschten Effekt: Erneuerbare Energien produzieren an sonnigen und windigen Tagen mehr Strom, als das Netz aufnehmen kann. Damit die Stromversorgung im europäischen Verbundnetz gesichert ist, müssen Stromerzeugung und -verbrauch allerdings immer im Gleichgewicht zueinander stehen. Dafür sind in Deutschland die vier Übertragungsnetzbetreiber (Tennet, Amprion, Transnet BW und 50hertz) zuständig. Um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, benötigen sie Regelleistung. Sie sorgt dafür, dass kurzfristig Strom ins Netz gespeist- oder aus dem Netz entnommen wird.

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Bild 1: Die Netzfrequenz muss immer bei 50 Hz gehalten werden. Eine Überproduktion gefährdet die Netzstabilität.

Die Energiewende führt bisweilen zu einem unerwünschten Effekt: Erneuerbare Energien produzieren an sonnigen und windigen Tagen mehr Strom, als das Netz aufnehmen kann. Damit die Stromversorgung im europäischen Verbundnetz gesichert ist, müssen Stromerzeugung und -verbrauch allerdings immer im Gleichgewicht zueinander stehen. Dafür sind in Deutschland die vier Übertragungsnetzbetreiber (Tennet, Amprion, Transnet BW und 50hertz) zuständig. Um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, benötigen sie Regelleistung. Sie sorgt dafür, dass kurzfristig Strom ins Netz gespeist- oder aus dem Netz entnommen wird.

Aufgrund des starken Zubaus an Erneuerbaren Energien, die wetterbedingt in ihrer Leistung schwanken, wird heute immer mehr Regelleistung benötigt. Vor allem die unbeständige Einspeiseleistung von Windkraftanlagen belastet die Netze immer stärker. So wird häufig mehr Windstrom produziert, als die Netze aufnehmen können, wodurch ein Strom-Überangebot entsteht. Dieses Überangebot muss durch negative Regelleistung – also der Abnahme von überschüssigem Strom – ausgeglichen werden. Der überschüssige Strom kann aber nicht produktiv verwendet werden und wird in den meisten Fällen sprichwörtlich verbrannt. Wenn der Strom nicht in Deutschland verbraucht werden kann, muss er kostenlos oder sogar zu Negativpreisen ins Ausland verschenkt werden. Die wesentlich wirtschaftlichere Variante wäre, den überschüssigen Strom zur späteren Verwendung zu speichern oder Haushalte mit diesem Strom direkt zu beheizen. Genau das schafft der Energiespeicher Senec.Home des Herstellers Deutsche Energieversorgung GmbH aus Leipzig.

Stromspeicher liefert Regelleistung

Wer sich zu seiner PV-Anlage einen Speicher zulegt, möchte möglichst viel seines selbst erzeugten PV-Stroms auch selbst nutzen. Das rechnet sich, denn die so vermiedenen Strombezugskosten schlagen mit bis zu 30 Cent/kWh zu Buche – während für die eingespeiste kWh nur noch etwa 12 Cent gezahlt werden. Als erster Speicher seiner Art bietet der SENEC.Home nun die Besonderheit, dass er überschüssigen Strom aus dem Netz zum Null-Tarif bekommen kann. Dazu werden alle SENEC.Home zu einem virtuellen Großspeicher zusammengeschaltet. Dieser Großspeicher nimmt an den Ausschreibungen der Übertragungsnetzbetreiber für Regelleistung teil. Fällt überschüssiger Strom im Netz an, werden die Speicher mit freien Akkukapazitäten automatisch angesteuert und über das vorhandene öffentliche Stromnetz beladen. So kann jährlich etwa 800 kWh Strom kostenlos bezogen werden. Diese vorsichtige Prognose basiert auf 80 Aufrufen im Jahr, bei denen der SENEC.Home für 4 Stunden 2,5 KW Leistung aus dem Netz bezieht.

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Bild 2: Datenübertragung und Weiterleitung von überschüssigem Netzstrom zwischen den Übertragungsnetzbetreibern (links) und den SENEC-Speichern (rechts). Die Speicher bilden gemeinsam einen virtuellen Großspeicher.

Strom und Wärme im Winter

In den Herbst- und Wintermonaten ist die Leistung von Windparks am größten. Somit belastet Windstrom die Übertragungsnetze in der dunklen Jahreszeit häufiger und es wird mehr negative Regelleistung benötigt. Besitzern einer Photovoltaikanlage mit SENEC.Home-Speicher kommt dieser Umstand sehr gelegen, denn in den Wintermonaten können sie den Hausverbrauch nicht vollständig aus Solarstrom decken. Der SENEC.Home hilft dann die Bezugskosten zu senken, indem er sich mit dem überschüssigen Netzstrom kostenlos auflädt und diesen Strom anschließend zur Verfügung stellt. Wenn zusätzlich ein elektrischer Heizstab verwendet wird, kann mit dem überschüssigen Strom auch parallel geheizt werden, denn überschüssiger Strom kann bis zur maximalen Leistung des Hausanschlusses bezogen werden. Auf diese Weise kann in der kalten Jahreszeit zusätzlich bis zu 2.500 kWh Wärmeenergie genutzt werden.

Technische Umsetzung

Um den kostenlosen Netzstrom nutzen zu können, erhält jeder Besitzer eines SENEC.Home, der an Econamic Grid teilnimmt, einen zusätzlichen Lastgangzähler (Econamic Grid-Stromzähler), der parallel zum Hausstromzähler geschaltet wird. Dieser Zähler führt eine Viertelstunden-Lastgangmessung durch, die Voraussetzung für den Regelleistungsmarkt ist. Wie in Bild 3 dargestellt, wird Econamic Grid mit dem Lastgangzähler parallel zum Hausanschlusszähler geschaltet. Für die Kommunikation mit dem Datenserver der Deutsche Energieversorgung GmbH wird neben dem zusätzlichen Stromzähler ein RS485-Umsetzer benötigt, der die Relais ansteuert. Durch die Relais kann der SENEC.Home zwischen normalem Solarbetrieb und dem Econamic Grid-Modus wechseln. Die erfassten Daten des Lastgangzählers werden durch die Software des Speichers verarbeitet und an die zentrale Datenerfassung der Deutsche Energieversorgung GmbH gesendet. Über VPN werden die Daten über einen sicheren Kanal übertragen. Wenn negative Regelleistung benötigt wird, erhält der RS485-Umsetzer ein Signal und versetzt den Senec.Home in den Econamic Grid-Modus. Der ggf. vorhandene Heizstab ist parallel zum SENEC.Home geschaltet und kann gleichzeitig angesteuert werden. Eine Powerreducer-Box, die sich derzeit noch in der Entwicklung befindet, kann später die Aufnahmeleistung des Heizstabs stufenlos steuern. Die Powerreducer-Box wird Anfang 2015 verfügbar sein. Ohne sie kann der Heizstab dennoch durch Econamic Grid angesteuert werden. Dies geschieht dann mit einer simplen Ein-/Aus-Schaltung.

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Bild 3: Über den Econamic Grid-Stromzähler fließt überschüssiger Netzstrom zum SENEC.Home und ggf. zum Heizstab.

Strom und Wärme nach Aufruf

Wird der Haushalt für den Empfang von überschüssigem Strom aufgerufen, wird über den Stromkreis von Econamic Grid der Senec.Home aufgeladen und ggf. der Heizstab angesteuert. Für die Dauer des Aufrufs wird der Speicher mit seiner maximalen Leistung von 2,5 kW aufgeladen. Der Heizstab kann ebenfalls bis zu seiner maximalen Leistung überschüssigen Strom beziehen und für Wärme im ganzen Haus sorgen. Ein Aufruf kann bis zu 6 Stunden dauern. Während dieser Zeit kann der SENEC.Home keinen PV-Strom aufnehmen oder abgeben, daher wird der Hausstromverbrauch in dieser Zeit durch das öffentliche Netz bereitgestellt und erzeugter PV-Strom entweder direkt verbraucht oder ins Netz gespeist. Der Eigenverbrauch des selbst erzeugten PV-Stroms wird hierdurch aber kaum eingeschränkt, denn Econamic Grid wird vorwiegend in der ertragsarmen PV-Zeit (September bis März) und in den Nachtstunden aktiviert.

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Bild 4: Technische Komponenten des Econamic Grid

Teilnehmerzahl begrenzt

In der Anfangsphase des Projekts werden maximal 5.000 Teilnehmer für Econamic Grid zugelassen. Seit Februar 2014 konnten sich neue Besitzer eines SENEC.Home für Econamic Grid anmelden. Mittlerweile sind etwa 2.700 Plätze belegt. Mathias Hammer, Geschäftsführer der Deutsche Energieversorgung GmbH, schätzt, dass bis März/April 2015 wahrscheinlich alle Plätze belegt sein werden. Auf der Hersteller-Homepage www.senec-ies.com kann sich jeder Besitzer eines SENEC.Home einfach mit seiner Geräte-Seriennummer für Econamic Grid registrieren.

Rico Kleindienst
Marketingmanager Deutsche Energieversorgung GmbH
r.kleindienst@deutsche-energieversorgung.de
www.senec-ies.com



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In dieser Rubrik stellen wir Ihnen aktuelle Entwicklungen aus Wirtschaft und Forschung vor: Neue Produkte und Ideen aus dem Bereich Erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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