Kommentar

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Wie viel „Heizung“ schaffen 3-4 Photovoltaikmodule?

Kommentar von Cornelia Daniel-Gruber

Ich fühle mich wirklich privilegiert in manchen Situationen so nah am Kunden zu sein um mitzubekommen, was Menschen so denken. Deshalb auch heute wieder ein Schmankerl aus meinem Leben. Heizungstechniker leben ja oft in Ihrer eigenen Welt und nehmen an, dass jeder etwas mit Kilowattstunden anfangen kann. Ich weiß, dass das bei 90% der Menschen nicht der Fall ist und deshalb den Leuten auch so viel Falsches erzählt wird. Was dabei rauskommt ist folgende Anfrage: Eine Kunde schreibt wortwörtlich: "Gesucht werden 3–4 Photovoltaikmodule. Der produzierte Strom soll das Brauchwasser sowie die Fußbodenheizung unterstützen."

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© Karikatur: Richard Mährlein

Ich fühle mich wirklich privilegiert in manchen Situationen so nah am Kunden zu sein um mitzubekommen, was Menschen so denken. Deshalb auch heute wieder ein Schmankerl aus meinem Leben. Heizungstechniker leben ja oft in Ihrer eigenen Welt und nehmen an, dass jeder etwas mit Kilowattstunden anfangen kann. Ich weiß, dass das bei 90% der Menschen nicht der Fall ist und deshalb den Leuten auch so viel Falsches erzählt wird. Was dabei rauskommt ist folgende Anfrage: Eine Kunde schreibt wortwörtlich:


Gesucht werden 3–4 Photovoltaikmodule. Der produzierte Strom soll das Brauchwasser sowie die Fußbodenheizung unterstützen.

Was sagt uns diese Anfrage?

Sehr interessant. Jemand will mit der Sonne heizen und benötigt dafür 3 bis 4 PV-Module. Es gibt offensichtlich nicht wenige Menschen, die Sonnenenergie mittlerweile so großartig finden, dass sie meinen, mit 1 kWp Photovoltaik (4 Module á 250 Wp), bereits ein Haus mit Trinkwarmwasser inkl. Heizungsunterstützung versorgen kann. Unabhängig davon, dass dieser Kunde sich wohl wenig Gedanken über eine passende Heiztechnik gemacht hat – meint er eine direkte Stromheizung? – freut es mich, dass die Begeisterung so groß ist. Aber es zeigt auch mal wieder, dass sich viele nicht bewusst sind, wie viel Energie für die Wärme eigentlich draufgeht. Auch wenn es sich um „minderwertigere“ Wärmeenergie handelt, sind es trotzdem Kilowattstunden, die erzeugt werden müssen. Insgesamt 5 bis 10mal so viel wie für Elektrizität.

Wann und Wie viel Energie?

Da ich solche Anfragen durchaus ernst nehme und es mich auch persönlich interessiert, wie eine Berechnung für diese Anforderung aussehen könnte, rechne ich es mal kurz mit dem Taschenrechner durch. Wir behalten dafür im Kopf, dass mit 1 kWp Photovoltaik rund 1.000 kWh Solarstrom im Jahr erzeugt werden können und ein gewöhnlicher Haushalt mit 4 Personen etwa 4.000 kWh Strom benötigt. Je nach Gebäude kommen dann noch 20.000 kWh (Baujahr bis 2002) oder 12.000 kWh (kfW-Effizienzhaus Plus 70) an Wärmeenergie hinzu. Rein bilanziell betrachtet kann man sich also entscheiden, mit der erzeugten Energie 25% des Strombedarfs oder 5 bis 8% des Wärmebedarfs zu decken. Da liegt jedoch schon der erste Denkfehler vor: Energiebedarf und Erzeugung sind alles andere als synchron, die errechneten Prozentzahlen sind eine Illusion. Denn betrachtet man Angebot und Verbrauch in einer jährlichen Bilanz, vernebelt das den Blick auf die Wahrheit. In wöchentlichen, täglichen und stündlichen Zahlen sieht es komplett anders aus. Auch wenn man diese Tatsache ignoriert, wird deutlich, wie wenig diese Solarmodule zur Heizung beitragen können. Nicht falsch verstehen: Eine 1 bis 2 kWp Anlage ist in Haushalten, die den produzierten Solarstrom selbst verbrauchen, durchaus sinnvoll. Aber für Warmwasser und erst recht die Heizung sieht es dann schon sehr mau aus.

Typischer Herbst

Um besser zu verstehen, habe ich mir meine 8,75 kWp Anlage angesehen. Vor allem interessant: der November. Der Tagesertrag schwankt in dem Zeitraum zwischen 5 und 30 kWh. Umgerechnet auf 1 kWp bedeutet das eine Bandbreite von 0,57 bis 3,4 kWh. An einem dieser typischen Novembertage, ohne viel Sonne, benötigt besagter Durchschnittshaushalt etwa 10 bis 13 kWh. Es gibt auch Haushalte, die durch intelligente Maßnahmen mit 5 bis 6 kWh auskommen, aber das ist alles andere als die Regel. Hier wird deutlich: Für Warmes Wasser oder gar Heizung ist im November nichts übrig, der tägliche Strombedarf übersteigt bereits die Produktion. Ganz davon abgesehen, dass die aus der Sonne gewonnene Energie an keinem Tag zeitgleich zum Verbrauch erzeugt wird, es muss also noch darüber nachgedacht werden, wie man den Strom bzw. die Wärme speichert.

Wärme und/oder Strom

Möchte man mit dem Strom aus der 1 kWp-Anlage ausschließlich Wärme erzeugen ist zu beachten: Um einen Liter Wasser um 1°C zu erwärmen benötigt man 1,16 Wh. Mit 3,4 kWh kann man also 100 Liter Wasser beispielsweise von 10 auf 40°C erwärmen, bei 0,57 kWh wären keine 5 Grad Temperaturerhöhung mehr möglich. Fürs Warmwasser ist das viel zu wenig, vom Heizen ganz zu schweigen. An schlechten Tagen können wir also gerade mal ein paar Stromverbraucher einschalten. Wir halten fest. Mit 3 bis 4 Modulen lässt sich in Sachen Wärme nicht viel ausrichten.

Das Gefühl für Wärmeenergie fehlt komplett

Ich merke immer wieder, dass es nur wenig Gespür für Wärme im Haus gibt. Beim Strom ist das schon etwas besser. Offensichtlich muss noch viel mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden, damit die Kunden auch wirklich wissen, wofür oder wogegen sie sich eigentlich entscheiden um die Wärmewende wirklich in Gang zu bringen.

Cornelia Daniel-Gruber
Chefredakteurin vom Energieblog Ecoquent-Positions