Solares Bauen

Solares Bauen

Förderpolitik für die Energiewende?!

Neuer Förderansatz für einen klimaneutralen Gebäudesektor

von Jörg Linnig

Seit Jahrzehnten wissen wir, dass wir unseren Planeten übernutzen und auf dem besten Wege in eine Klimakatastrophe sind. Nicht nur Corona oder die geopolitischen Veränderungen machen zudem deutlich, wie fragil unsere Weltwirtschaft ist. Insofern ist es zwingend erforderlich, dass wir den gesellschaftlichen Übergang von einer Wachstumsgesellschaft in eine Kreislaufwirtschaft mit Shared-Economy schaffen.

Seit Jahrzehnten wissen wir, dass wir unseren Planeten übernutzen und auf dem besten Wege in eine Klimakatastrophe sind. Nicht nur Corona oder die geopolitischen Veränderungen machen zudem deutlich, wie fragil unsere Weltwirtschaft ist. Insofern ist es zwingend erforderlich, dass wir den gesellschaftlichen Übergang von einer Wachstumsgesellschaft in eine Kreislaufwirtschaft mit Shared-Economy schaffen.

Unter dem Eindruck der aktuellen Krisen und dem enormen Handlungsdruck, der entstanden ist, weil es uns wider besseren Wissens in den letzten 30 Jahren nicht gelungen ist, hier das Ruder herumzureißen, ist zu befürchten, dass die Akteure in Politik und Wirtschaft möglicherweise in blindem Aktionismus die Chancen für den überfälligen Paradigmenwechsel verpassen.

Politik braucht mehr Eigenständigkeit

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Energiewende und Förderpolitik. Dass sich mit der Energiewende viel Geld verdienen lässt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Das ist grundsätzlich in Ordnung. Wichtig hierbei ist aber, dass alle Beteiligten ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und so handeln, dass die Geschäfte nicht nur den eigenen Interessen, sondern auch dem Gemeinwohl gelten. Die Politik hat hierbei die Aufgabe, als Regulativ zu funktionieren. Dies kann sie tun, indem sie Gesetze erlässt und Verbote ausspricht oder wichtige Entwicklungen fördert. Über allem muss jedoch die Aufklärung und Vermittlung der Ziele stehen. In der Praxis sieht dies leider häufig so aus, dass die Ziele im Wesentlichen aus der Wirtschaft vorgegeben werden. Nicht umsonst finanziert die Wirtschaft eine Heerschar von Lobbyisten, die genau das tun. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung und stellt möglicherweise auch eine Gefahr für unsere Demokratie dar.

So weiß die Politik, dass sie von der Wirtschaft letztlich abhängig ist. Die Wirtschaft wiederum ist abhängig von den Konsumenten, die letztlich über ihr Portemonnaie darüber entscheiden, was in der Wirtschaft funktioniert oder nicht. Deshalb ist das Instrument der Förderung ein wichtiger Hebel, mit dem Politik die Möglichkeit hat zu gestalten. Allerdings sind die Ressourcen für Fördermittel letztlich begrenzt. Da es sich hierbei um unser aller Steuergelder handelt, ist dies ein weiterer Grund, warum es so wichtig ist, die Fördermittel rationell im Sinne der klima- und gesellschaftspolitischen Ziele einzusetzen. Wenn die politischen Ziele durch ein entsprechendes Informationsmanagement, sprich Lobbyismus, jedoch so gestaltet sind, dass die Fördermittel in erster Linie dazu führen, dass Wirtschaftsunternehmen zusätzliche Gewinne generieren können, ist dies bedenklich. Insofern ist es sinnvoll, Förderprogramme so zu entwickeln, dass diese automatisch zu einer Optimierung der klimapolitischen Ziele führen. Technisch betrachtet sollte dies wie ein in sich geschlossener Regelkreis funktionieren. Das würde zudem dazu beitragen, dass Förderungen wesentlich berechenbarer und zielführender wären und weniger Klientelpolitik betrieben würde. Alles in allem könnte diese Form einer ehrlicheren Förderpolitik auch für einen Zugewinn an Vertrauen in die Politik führen.

Neues Fördersystem

Unter dem Eindruck der Entwicklung des BEG und einer teilweisen Überforderung gibt es Überlegungen, wie ein Fördersystem aussehen könnte, um die klimapolitischen und energiewirtschaftlichen Ziele sich selbstregelnd zu erreichen. Der Vorteil eines Regelsystems ist, dass es eine Zielvorgabe gibt, diese Ziele überprüft werden und die Eingangsparameter über den definierten Regelkreis sich automatisch anpassen. Dieses technische Bild auf die Förderpolitik übertragen bedeutet, dass bei einem Heizsystem beispielsweise die abgegebene Nutzenergie ins Verhältnis zur eingesetzten Endenergie gesetzt wird. Nun braucht es lediglich eine Definition, bei welcher Effizienz welche Förderung ausgegeben wird. Eine solche Fördertabelle hat dann sozusagen die Funktion des eigentlichen Reglers – um hier im Bild der Analogie der Regelungstechnik zu bleiben.

Diese Methode hätte eine Reihe von Vorteilen:

  • Alle Akteure vom Hersteller, Planer, Handwerker bis zum Nutzer haben ein Interesse daran, eine möglichst effiziente Anlage zu errichten und zu betreiben.
  • Es entsteht ein Wettbewerb um die effizientesten Anlagen. Hieraus entsteht Innovationsdruck auf die Industrie, immer bessere Anlagen zu produzieren.
  • Es entsteht eine neue Ehrlichkeit, da die Versprechen der Anbieter nun an dem tatsächlichen Nutzen gemessen werden.
  • Es wäre ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil einer baubegleitenden Qualitätssicherung.
  • Der Nutzer wird motiviert, sich mit der eigenen Anlage zu beschäftigen und so möglicherweise motiviert, sich weiter mit der Reduktion seines Energiebedarfs auch insgesamt zu beschäftigen.

Um das Argument, ein solches Verfahren wäre nicht möglich, da das Nutzerverhalten unberechenbar sei, im Vorfeld zu entkräften: Im Gegensatz zu Verbrauchswerten, z.B. beim Pkw, steht nicht der tatsächliche oder spezifische Verbrauch pro Quadratmeter Wohnfläche auf dem Prüfstand, sondern lediglich die Effizienz der Anlage, die in einem Wirkungsgrad oder einer Jahresarbeitszahl zum Ausdruck gebracht wird. Des Weiteren könnten zusätzliche Regelelemente wie zum Beispiel die Klimaschutzwirkung von Schadstoffen, Feinstaub oder die Umweltschädlichkeit von Kältemitteln in das System integriert werden.

Eigentlich ist die Grundidee für ein solches Fördersystem so einfach und nachvollziehbar, dass man sich eigentlich fragen muss, warum es nicht schon längst gelebte Praxis in der Förderlandschaft ist. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass ein solches System von den Akteuren mehr Ehrlichkeit und Engagement in Richtung eines zielführenden Klimaschutzes abverlangt. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand, den man sich gerne erspart, rollt der Rubel – pardon – der Euro doch auch so.

Beispiel Förderhöhe

Da die reale Effizienz einer Anlage bei der Beantragung von Fördermitteln noch nicht bekannt ist, muss sie im Vorfeld zunächst berechnet und später nachgemessen werden. Für reine Wärmepumpenanlagen kann die Jahresarbeitszahl (JAZ) als Kriterium genutzt werden. Bereits heute wird sie über entsprechende Programme und Online-Tools im Vorfeld bestimmt. Das Schönrechnen der Anlage durch die Eingabe unrealistischer Rahmenbedingungen würde sich spätestens nach der Messung rächen.

Neben der Effizienz des Wärmepumpensystems (Elektrowärmepumpe) soll zusätzlich der Einsatz von direkter Solarenergie belohnt werden. Hier können Hybridsysteme, wie z.B. Solarthermie-Wärmepumpen oder Photovoltaik-Wärmepumpen-Systeme über eine im Vorfeld simulierte und im Betrieb entsprechend messbare Systemarbeitszahl (SAZ) bewertet und gestaffelt gefördert werden. Bei Hybridanlagen mit Elektro-Wärmepumpe und Gasbrennwertkessel wird der Gasanteil in der Systemarbeitszahl negativ berücksichtigt.

Ein mögliches Fördermittelszenario zeigt die Tabelle.

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Tabelle 1: Förderung für Systeme mit Elektrowärmepumpe und Gaswärmepumpe

Bei gekoppelten Systemen darf nur der für die Gebäudeheizung und Bereitstellung von Warmwasser nutzbare Ertrag eingerechnet werden. Für die Wärmepumpe darf nur der Anteil an aktiv erzeugter bzw. gespeicherter regenerativer Energie angerechnet werden. Der Anteil an Umgebungswärme aus der Luft, dem Erdreich oder Wasser gehört nicht dazu.

Praxisprobleme

Das zum Teil verschenkte Potential bei den eigenen Energiekosten und dem Klimaschutz ist teilweise eklatant. So kommt es zu taktenden Wärmepumpen, weil bereits das Anlagenschemas des Herstellers mangelhaft ist, oder gemessenen Jahresarbeitszahlen von 1,8 bei gleichzeitiger Vernichtung des Solarertrages – die Wärmepumpe heizte die Kollektoren auf – gar nicht so selten sind. So wurde erst kürzlich bei einem neu errichteten Gas-Brennwert-Kessel mit einer thermischen Solaranlage für ein Mehrfamilienhaus festgestellt, dass der Kollektorfühler gar nicht angeschlossen war, die Heizkreistemperatur bei 23° C lag und die Heizkurve für die Fußbodenheizung viel zu hoch eingestellt war. Dies obwohl die Kunden besonderen Wert daraufgelegt haben, den Werkskundendienst des Herstellers mit der jährlichen Wartung zu betrauen. Es ist durchaus ein Armutszeugnis, wenn selbst der Werkskundendienst die eigenen Anlagen nicht ordentlich in Betrieb nimmt bzw. wartet. Auch für solche Fälle wäre eine Effizienzcheck relativ einfach möglich und sinnvoll.

So wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens ein Wärmepumpensystem untersucht und entsprechend vermessen. Der Wärmepumpenhersteller versprach eine Jahresarbeitszahl von 3,8. Laut Simulation mit den prognostizierten Betriebsparametern konnte jedoch nur eine Jahresarbeitszahl von 3,6 als Erwartungswert nachgewiesen werden. Gemessen dann jedoch nur eine Arbeitszahl von 2,8. Dies ist deutlich weniger als die vom Hersteller versprochenen 3,8. Ist das eine Ausnahme oder die Regel? Daraufhin wurde vom Hersteller der Kälteprozess an der Wärmepumpe optimiert und umprogrammiert. Im Ergebnis konnte nun eine gemittelte Arbeitszahl von 3,4 gemessen werden. Was der Hersteller hierbei anders gemacht hat, wollte er allerdings nicht verraten. Dies sei ein Betriebsgeheimnis. Hierbei stellt sich dann natürlich die Frage, warum er die Anlage nicht gleich von Anfang an ordentlich konfiguriert wurde. Zu vermuten ist, dass die Wärmepumpe nun so auf Effizienz getrimmt wurde, dass sie möglicherweise zwar gute Ergebnisse, auch auf dem Prüfstand bringt, aber aufgrund der hohen Drücke die Lebensdauer der Anlage stark vermindert ist.

Ein weiterer häufiger sehr entscheidender Faktor ist ein gut durchgeführter hydraulischer Abgleich. Auch hier werden allzu häufig Systeme auf dem Papier als abgeglichen bescheinigt, in der Realität lässt sich dieser Abgleich häufig deutlich zu wünschen übrig. Dies ist oft bereits an den nicht plausiblen Angaben auf dem VDZ-Formular zu erkenn. Leider wird dieses Thema auch von vielen Energieberaterkollegen zum Teil sehr stiefmütterlich behandelt. Der Wegfall der Verpflichtung zur Baubegleitung macht die Situation auch nicht besser.

Fazit

Diese Beispiele aus der Praxis zeigen, wie wichtig es ist, dem Verbraucher, die Kontrolle über seine eigene Anlage zu geben. Jede Chance, die wir nicht nutzen, führt uns weiter in die Klimakatastrophe. In diesem Sinne brauchen wir Werkzeuge, mit deren Hilfe wir verlässliche Rahmenbedingungen schaffen und mehr Freiräume und Zeit für das Handeln schaffen und weniger sinnlose Diskussionen führen müssen. In diesem Sinne kann der Vorschlag zur Fördersystematik hier einen wichtigen Beitrag leisten.


Anmerkung: Einen entsprechenden Diskussionsvorschlag für eine derartige Fördersystematik können Sie hier nachlesen: www.eukon.de/beg

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Jörg Linnig

Dipl.-Ing. Jörg Linnig
Ingenieurbüro EUKON
Mitglied des Vorstandes im Sonnenhaus-Institut
info@eukon.de