DGS-Rechtstipp

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Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. vertritt die Interessen von Verbrauchern und Anwendern im Bereich Erneuerbaren Energie und der rationellen Energieverwendung.
In der Rubrik "Rechtstipp" veröffentlichen wir Informationen zu aktuellen Rechtsfragen im Bereich Erneuerbare Energien.

Die Autoren dieser Rubrik sind die auf Erneuerbare Energien und gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert Anwälte, beide DGS-Mitglieder, Peter Nümann und Sebastian Lange.

Sie beraten bundesweit Solaranlagenbetreiber bei der Realisierung von PV-Projekten und bei Streitigkeiten mit Netzbetreibern. Weitere Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind Geschäftsmodelle, AGB und Verträge, Werbung und Vertrieb im Bereich Erneuerbare Energien, die Betreuung und Abwicklung von PV-Anlagen- und PV-Modul-Käufen, Gewährleistungsprozesse, Wettbewerbsverfahren oder Marken- und Namensstreitigkeiten. Im Internet zu finden u.a. auf www.mein-pv-anwalt.de, www.green-energy-law.com bzw. www.dgs.de/service/rechtsberatung.

Solaranlagen und Denkmalschutz: Vorrang für den Klimaschutz

Eine Solaranlage1) auf einem denkmalgeschützten Gebäude zu errichten, ist bislang schier unmöglich. Denn der Denkmalschutz genießt im deutschen Recht einen hohen Stellenwert. Doch nun ändern sich die Verhältnisse: Nicht nur, dass den Solaranlagen durch das neue EEG 2023 grundsätzlich Vorrang eingeräumt werden soll. Auch die Rechtsprechung rückt von ihrer strengen Haltung zu Solaranlagen auf Denkmälern ab.

Genehmigungsanforderungen

In den meisten Fällen muss für die Errichtung einer Solaranlage auf einem Dach keine Baugenehmigung beantragt werden. Denn Solaranlagen gelten im Regelfall als sogenannte verfahrensfreie Bauvorhaben. Das heißt allerdings nicht, dass alles erlaubt wäre. Auch wenn das Baurecht auf einen Genehmigungsantrag verzichtet, so können sich aus anderen Gesetzen doch Einschränkungen ergeben. Hier kommt vor allem das Denkmalschutzrecht ins Spiel.

Soll ein Denkmal baulich verändert werden oder soll sich auch nur die Nutzung des Denkmals ändern, so verlangt das Denkmalschutzrecht hierfür eine Genehmigung. Das betrifft auch die Errichtung einer Solaranlage auf einem geschützten Denkmal. Auf einem Denkmal dürfen Solaranlagen also grundsätzlich nicht errichtet werden, solange diese nicht vom Grundstückseigentümer beantragt und von der Denkmalschutzbehörde genehmigt wurde.

Der Denkmalschutz wirkt sogar über das Denkmal hinaus. Denn genehmigungspflichtig ist auch, wenn in der Umgebung von Denkmälern etwas gebaut werden soll, was „das Erscheinungsbild oder die Substanz des Denkmals erheblich beeinträchtigt wird“. Folglich kann auch ein Denkmal in der Nachbarschaft zur Folge haben, dass auf dem eigenen Haus keine Solaranlage errichtet werden darf.

Für Grundstückseigentümer ist der besondere Schutzstatus eines Denkmals mit gravierenden Einschränkungen ihres Eigentums verbunden. Das Denkmalschutzrecht regelt daher auch, unter welchen Voraussetzungen die Denkmalschutzbehörden eine Genehmigung für genehmigungspflichtige Vorhaben zu erteilen haben.

Die denkmalrechtliche Genehmigung ist demnach zu erteilen,

  • wenn „Gründe des Denkmalschutzes“ nicht entgegenstehen,
  • oder wenn ein „überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt“.

Liegt eine dieser Voraussetzungen vor, hat der Eigentümer einen rechtlichen Anspruch auf die denkmalsrechtliche Genehmigung seines Vorhabens.

Sowohl Bauordnung als auch Denkmalschutzrecht sind Sache der Bundesländer. Über die konkrete Ausgestaltung der Regelungen entscheidet das jeweilige Bundesland selbst. Bund und Länder haben jedoch gemeinsame Muster für die betreffenden Gesetze vereinbart, die als Blaupause für die Landesgesetze gelten. Die einzelnen Gesetze der Länder folgen weitgehend diesen einheitlichen Mustern, Abweichungen gibt es in manchen Ländern nur im Detail.

Strenge Auslegung durch Behörden und Gerichte

In der Praxis zeigen sich zwischen den einzelnen Bundesländern gleichwohl Unterschiede. Denn die Voraussetzungen für die Erteilung einer denkmalrechtlichen Genehmigung sind denkbar unbestimmt und konturenlos formuliert. Je nach Bundesland werden die maßgeblichen Begriffe mal strenger oder mal weniger streng ausgelegt. Das betrifft auch die Errichtung von Solaranlagen auf Denkmälern.

In der Regel genießt der Denkmalschutz allerdings einen sehr hohen Stellenwert, gegen den sich das Interesse des Eigentümers an der Errichtung einer eigenen Solaranlage meist nicht behaupten kann. So hat beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen noch im Jahr 2020 entschieden, dass dem Eigentümer eines Denkmals die Genehmigung auf Errichtung einer Solaranlage von der Denkmalschutzbehörde zurecht verwehrt wurde2).

Das oberste Verwaltungsgericht hat insbesondere darauf abgestellt, dass es sich beim Denkmalschutz um eine öffentliche Aufgabe handele, bei der es gelte, die „Zerstörung historischer Substanz“ zu verhindern. Dem Denkmalschutz komme „ein hoher Stellenwert zu, der dem Interesse an einer sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung nicht nachsteht“. Zudem hänge die Energieversorgung nicht davon ab, „ob auf den Dächern einzelner Denkmäler Solaranlagen errichtet werden dürfen oder nicht“.

Aufwertung des Klimaschutzes

Damit war das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen. Denn gut ein Jahr später hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung zum Klimaschutz als „intertemporaler Freiheitsschutz“ den Klimaschutz juristisch deutlich aufgewertet3). Im Wesentlichen besagt dieser wegeweisende Beschluss, dass der Schutz des Klimas aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich geboten ist – auch mit Blick auf die zukünftigen Generationen. Je weniger heute für den Klimaschutz unternommen werde, desto mehr werden spätere Generationen in ihren Freiheiten und Rechten beschränkt sein.

Der verfassungsrechtlich gebotene Klimaschutz genieße zwar keinen „unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen“. Vielmehr sei er im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Dabei nehme jedoch „das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu.“ Kurzum: Je länger wir warten, desto drängender wird der Klimaschutz.

Mit Verweis auf diesen Klimaschutzbeschluss hat das Verwaltungsgericht Braunschweig mit einem aktuellen Urteil die Errichtung einer Solaranlage auf einem Denkmal ermöglicht4). In der Urteilsbegründung führt das Gericht aus, dass die Förderung Erneuerbarer Energien (EE) auch im öffentlichen Interesse liege. Dabei zeigte sich das Gericht sichtlich beeindruckt von den Unwetterkatastrophen in jüngerer Zeit:

„Es muss auch berücksichtigt werden, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen hin zu Erneuerbaren Energien aktuell gesamtgesellschaftlich immer größere Bedeutung gewinnt, gerade angesichts der zahlreichen extremen Wettererscheinungen und Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren, die in besonderem Maße auch Niedersachsen betreffen.“

Aus der Gesamtschau gesetzlicher Regelungen, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der politischen Entscheidungen zum Klimaschutz schließt das Gericht, dass eine Solaranlage auch auf einem Denkmal zulässig sein kann.

Vorrang für Solarenergie im EEG

Bereits diese jüngste verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung lässt hoffen, dass die Errichtung von Solaranlagen auf einem Denkmal oder in der Umgebung eines Denkmals künftig leichter möglich sein wird. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)5) nährt diese Hoffnung noch weiter.

Denn der Gesetzentwurf zum EEG 2023, der sich derzeit im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren befindet, sieht nicht nur vor, dass der Ausbau der EE deutlich beschleunigt werden soll. Er erklärt die Erneuerbaren auch zu einem Anliegen des besonderen öffentlichen Interesses und der öffentlichen Sicherheit. Gleich an den Beginn des Gesetzes soll demnach in § 2 folgender Satz eingefügt werden:

„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“

Mit „Anlagen“ sind alle Anlagen zur Erzeugung von Strom aus EE gemeint, also auch Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass mit dieser Definition des „überragenden öffentlichen Interesses“ ein Vorrang der EE in Abwägungen mit widerstreitenden Interessen und Schutzgütern statuiert werden soll. Das betrifft explizit auch die Abwägung des Klimaschutzes mit dem Denkmalschutz6):

„Die Definition der Erneuerbaren Energien als im überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit dienend muss im Fall einer Abwägung dazu führen, dass das besonders hohe Gewicht der Erneuerbaren Energien berücksichtigt werden muss. Die Erneuerbaren Energien müssen daher nach § 2 Satz 2 EEG 2021 bis zum Erreichen der Treibhausgasneutralität als vorrangiger Belang in die Schutzgüterabwägung eingebracht werden. Konkret sollen die Erneuerbaren Energien damit im Rahmen von Abwägungsentscheidungen u.a. gegenüber […] Denkmalschutz oder […] nur in Ausnahmefällen überwunden werden. […] Öffentliche Interessen können in diesem Fall den Erneuerbaren Energien als wesentlicher Teil des Klimaschutzgebotes nur dann entgegenstehen, wenn sie mit einem dem Artikel 20a GG [= Klimaschutz] vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang gesetzlich verankert bzw. gesetzlich geschützt sind oder einen gleichwertigen Rang besitzen.“

Das würde faktisch zu einer Umkehr der Verhältnisse führen: Ist es bislang so, dass der Denkmalschutz im Zweifel höheren Stellenwert als die Solaranlage auf dem Dach genießt, müssten die Denkmalschutzbehörde nach dem neuen EEG 2023 besondere Gründe anführen können, warum die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ausnahmsweise versagt wird.

Aktuell ist diese Aufwertung der EE jedoch noch nicht Gesetz. Das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren soll vor der Sommerpause abgeschlossen werden und das EEG 2023 dann zu weiten Teilen zum 01.01.2023 in Kraft treten. Der neue § 2 EEG 2023 soll sogar schon unmittelbar nach Verkündung der Gesetzesänderungen im Bundesgesetzblatt in Kraft treten, also früher als die übrigen Regelungen.

Bis zum Beschluss des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag kann allerdings noch vieles passieren. Eine ähnliche Regelung fand sich nämlich schon im Gesetzentwurf zum EEG 2021, wurde dann aber auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen. Bleibt zu hoffen, dass die Regelungen es diesmal bis in das finale Gesetz schafft.

Harmonische Integration

Doch selbst wenn das EEG 2023 den Ausbau der EE nicht zu einem „überragenden öffentlichen Interesse“ erklären sollte, ist hinter der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein Zurückfallen mehr. Denkmalschutzbehörden und Gerichte werden auch ohne diese Gesetzesänderung nicht mehr negieren können, dass auch Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden einem besonderen öffentlichen Interesse dienen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass künftig alles geht. Vielmehr wird bei der geplanten Errichtung einer Solaranlage auf einem Denkmal desto mehr darauf zu achten sein, dass die Solaranlage das Erscheinungsbild des Denkmals nicht übermäßig belastet. Denn der Denkmalschutz verliert durch die Aufwertung des Klimaschutzes nicht gänzlich an Bedeutung.

Die Vereinbarkeit der Solaranlage mit dem Denkmalschutz ist desto leichter gegeben, je harmonischer sich diese in das Gesamterscheinungsbild einfügt . Dabei kann es insbesondere auf folgende Kriterien ankommen:

  • Sichtbarkeit der Solaranlage (Einsehbarkeit des Grundstücks und Sichtbeziehungen);
  • Farbe der Solarmodule;
  • Spiegelungen der Solarmodule;
  • Größe der Solaranlage im Verhältnis zur Gesamtfläche;
  • Vorbelastungen des Denkmales.

Deshalb sollte vor allem für denkmalgeschützte Gebäude sorgfältig geprüft werden, wie sich die Solaranlage bestmöglich in die Gebäudehülle integrieren lässt. Solaranlagen müssen nicht zwangsläufig aus dunkelblauen Modulen bestehen. Solarmodule sind mittlerweile in nahezu allen Farben und Formen erhältlich.

Solarmodule müssen auch nicht unbedingt „auf“ dem Dach integriert werden. „Indach-Lösungen“ sind ebenso möglich. Dabei werden die Module bautechnisch oder zumindest gestalterisch in den Dachaufbau integriert, sodass das Dach ein einheitliches Erscheinungsbild bekommt. Bei schwarzen Dächern bieten sich matte, schwarze Module an. Für rote Dächer gibt es rote, rahmenlose Module. Selbst Module in roter Biberschwanzoptik sind ohne Weiteres erhältlich. Um störende Spiegelungen zu vermeiden, sollten zudem blendfreie Module eingeplant werden.

Für größere Glasflächen kommen semitransparente Glas-Glas-Module in Betracht. Ein Anwendungsgebiet für diese Module könnten beispielsweise denkmalgeschützte Industriehallen sein. Bestimmte Glas-Glas-Module lassen sich zudem mit beliebigen Mustern bedrucken. Damit sind diese Module aus der Entfernung gar nicht mehr als Solaranlage erkennbar.

Allerdings dürften vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Denkmalschutzbehörden die Möglichkeiten der gebäudeintegrierten PV noch gar nicht bekannt sein. Wer eine Solaranlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude plant, sollte daher frühzeitig das Gespräch mit der Denkmalschutzbehörde suchen und die verschiedenen bautechnischen und gestalterischen Möglichkeiten konkret darlegen.

Fußnoten

1) Mit „Solaranlagen“ sind hier entsprechend EEG PV-Anlagen gemeint. Auf Solarthermieanlagen sind diese Ausführungen nicht ohne Weiteres übertragbar.

2) Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 08.01.2020, Az. 10 A 921/19.

3) Bundesverfassungsgericht, Beschl. v. 24.03.2021, Az. 1 BvR 2656/18.

4) Verwaltungsgericht Braunschweig, Urt. v. 10.11. 2021, Az. 2 A 13/21.

5) Bundestags-Drucksache 20/1630

6) Vgl. Bundestags-Drucksache 20/1630, S. 158.

Sebastian Lange
Rechtsanwalt Sebastian Lange berät bundesweit Solaranlagenbetreiber bei der Realisierung von PV-Projekten und bei Rechtstreitigkeiten rund um ihre Solaranlage. Er ist zudem Vorsitzender der Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik e.V.