Energiespeicherung

Energiespeicherung

Sind Pumpspeicher ein Auslaufmodell?

Die Akteure der fossil-atomaren Energiewirtschaft erklären Pumpspeicherkraftwerke zu unersetzlichen Bausteinen der Energiewende. Doch eine systemische Analyse zeigt, dass diese Großtechnologie letztlich keine strategische Bedeutung hat.

von Tomi Engel

Ja, es gibt Nächte in denen kein Wind weht. Neue Stromleitungen helfen hier auch nicht weiter, denn Stromleitungen können keinen Strom produzieren, sondern erlauben lediglich die räumliche Verlagerung der Produktion. Die fossilen Energiespeicher Kohle-Öl-Erdgas scheiden aus den bekannten Gründen „Klimawandel und Verknappung“ als Lösungen aus. Für eine 100%-ige Energiewende braucht man somit zwangsläufig neue Formen der Energiespeicherung.

Ja, es gibt Nächte in denen kein Wind weht. Neue Stromleitungen helfen hier auch nicht weiter, denn Stromleitungen können keinen Strom produzieren, sondern erlauben lediglich die räumliche Verlagerung der Produktion. Die fossilen Energiespeicher Kohle-Öl-Erdgas scheiden aus den bekannten Gründen „Klimawandel und Verknappung“ als Lösungen aus. Für eine 100%-ige Energiewende braucht man somit zwangsläufig neue Formen der Energiespeicherung.

In der letzten Zeit wird verstärkt von der Energiewirtschaft darauf gedrängt zusätzlich zu den 3.600 km neuen Stromleitungstrassen auch ganz viele neue Pumpspeicherkraftwerke zu bauen, da diese für eine Energiewende notwendig seien. Da sich bei den Stromtrassen bereits herumgesprochen hat, dass diese vorrangig zur langfristigen Sicherung des Abtransportes von Braunkohlestrom dienen, lohnt sich auch hier eine genauere Analyse. Was ist an der Behauptung „die Energiewende braucht Pumpspeicher“ dran — beziehungsweise, was und wer steckt hinter dieser Behauptung.

Energiewende = Mobiltätswende

Wer das Energieproblem lösen will, muss immer das ganze Problem im Auge behalten. Es ist nicht zielführend sich nur mit dem Stromnetz zu befassen. Wir brauchen eine fundamentale Veränderung der Strom- und Wärmeversorgung, des Mobilitätssystems, als auch der Rohstoffversorgung unserer Industrie. Bei all diesen Veränderungen gilt es dann noch die Nahrungsmittelversorgung der Menschen sicherzustellen.

Das große Konfliktpotential steckt im Flächenbedarf, da in der Zukunft wieder alle Bedürfnisse über die „Ernte auf der Fläche“ gedeckt werden müssen, und nicht aus „einem ertragreichen Bohrloch“.

Es gibt zwei unübersehbare Problemfelder, denen wir uns offensichtlich und ganz gezielt nicht ernsthaft widmen wollen, weil wir dann irgendein kleines Detail an unserem königlich-verschwenderischen Lebensstil ändern müssten:

  • Exzessiver Fleischkonsum: Der Flächenbedarf für die Produktion der Futtermittel ist gigantisch. Dies ist bereits heute nicht mehr nachhaltig und kann langfristig nicht aufrecht erhalten werden. Fleischkonsum „skaliert“ nicht im globalen Maßstab.
  • „Pyromantische“ Mobilität: Um von A-nach-B zu gelangen ist die Welt heute praktisch zu 100% von Explosionsmotoren und Erdöl abhängig. Erdöl ist (zum Glück?) die knappste fossile Energieressource.

Den Umstieg von „Schnitzel auf Gemüsebrätling“ könnte man mühelos in einem Jahr durchführen. Wir werden diesen Wandel aber vermutlich erst unter dem Zwang einer Hungersnot vollziehen, weil offenbar Massentierhaltung, Gensoja-Urwaldrodung, Tierkadaver und dergleichen einfach so „super lecker“ sind.

Der Weg vom „Benzin-Stinker zum Elektroflitzer“ scheint für den Homo sapiens psychologisch einfacher zu verkraften zu sein; mehr Fahrspaß bei weniger Ökogewissensbissen. Doch leider wird dieser Prozess, bei dem immerhin rund eine Milliarde Fahrzeuge abgeschafft oder ersetzt werden müssen, mehrere Jahrzehnte dauern. Am Ende fahren wir dann elektrisch oder gar nicht. Soviel ist sicher.

Massenprodukt „Stromspeicher“

E-Fahrzeuge sind die einzige Mobilitätslösung, die von ihrem Energie- und Rohstoffbedarf mit einer Energiewende vereinbar ist. Wenn aber die Mobilität auf elektrische Antriebe umgestellt werden muss, weil es nach heutigem Wissensstand keine andere Option gibt, dann wird es auch zwangsläufig „mobile Stromspeicher“ als ein bezahlbares Massenprodukt geben … müssen.

Unser Wirtschaftssystem ist ohne Waren- und Personentransporte nicht aufrecht zu erhalten. Man kann es nicht deutlich genug betonen: Ohne bezahlbare Elektromobilität keine Energiewende!

Wir werden später noch einmal auf diesen Aspekt zurück kommen.

Energiewendespeicher

Um die Relevanz von Pumpspeicherkraftwerken einordnen zu können ist eine Abschätzung des Bedarfs an zukünftigen Stromspeichern erforderlich.

Eine detaillierte Herleitung und Analyse der notwendigen „Energiewendespeicher“ wurde in der SONNENENERGIE 2012-01 veröffentlicht. Dort haben wir vor allem die „100% Erneuerbare“-Studie des Umweltbundesamtes (UBA) aus dem Jahr 2010 untersucht und bewertet. In dem Artikel wurden auch einige kritische Aspekte der Versorgungssicherheit im Detail erläutert (siehe auch Bild 1).

Für die nachfolgenden Betrachtungen legen wir folgende Erkenntnisse zu Grunde, die sich im wesentlichen auch in den Annahmen einer Studie des Fraunhofer ISE vom November 2012 wiederfinden:

  • Der Strombedarf wird in Zukunft durch Effizienzmaßnahmen sinken aber gleichzeitig durch die Abkehr von der Verbrennungstechnik in den Sektoren Mobilität und Wärme wieder deutlich ansteigen. Der Bedarf bleibt also mindestens auf dem Niveau von heute: 600 TWh/a oder mehr.
  • Der tägliche Stromverbrauch wird folglich mit 1.600 GWh abgeschätzt.
  • Die Erneuerbare Stromproduktion basiert maßgeblich auf Wind- und Solarstrom. Echte 100%-EE-Szenarien (Strom, Wärme, Mobilität) lassen erahnen, dass am Ende Wind- und Solarstromanlagen mit jeweils 200 bis 300 GW Leistung am Netz hängen müssen.
  • Kurzzeitspeicher müssen primär die Schwankungen zwischen Tag und Nacht ausgleichen können und sollten deshalb in der Lage sein, mindestens 500 GWh pro Tag zu bewegen.
Um den überschüssigen Solarstrom in der kurzen Mittagsphase aufnehmen zu können, muss hier eine Leistung von mindestens 100 GW in der Fläche verfügbar sein.
  • Langzeitspeicher müssen mindestens die Energie zur Überbrückung einer „Dunklen-Flaute“ von zwei Wochen speichern können (siehe Bild 1) und in dieser Zeit das gesamte Stromnetz aufrecht erhalten können. Daraus resultiert ein Leistungsbedarf von 60 bis 80 GW und ein Energiespeicherbedarf von mindestens 25.000 GWh. In der Realität wird man zur Überbrückung des Winters vermutlich sogar mehr als 100.000 GWh Speicherkapazität anstreben.

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Bild 1: Nach dem UBA-IWES „100%-Erneuerbar“-Szenario von 2010 würde es — ohne die Nutzung von Kohlenwasserstoffen — im Dezember über eine Dauer von gut zwei Wochen zu einer massiven Unterdeckung im Stromnetz kommen. Gleichzeitig gäbe es aber in den Wochen davor und danach ein deutliches Überangebot. © Quelle: Fraunhofer IWES

In der Tabelle 1 werden die obigen Kennzahlen für Leistung und Energiemenge noch einmal zusammengefasst und in den Kontext mit verschiedenen Szenarien für den geforderten Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken gestellt. Bevor wir jedoch auf diese Zahlen im Detail eingehen, sollte das Konzept eines Pumpspeichers kurz erläutert werden.

Technologie

Energie

Leistung

Anmerkung

Windkraft - Ziel 100%EE

657.000 GWh/a

285 GW

laut [ISE-2012] REMax

Solarstrom - Ziel 100% EE

246.000 GWh/a

252 GW

laut [ISE-2012] REMax

Speicher im dt. Erdgasnetz

217.000 GWh

n.a.

laut [ZFES-2012]

Pumpspeicher „Norwegen”

87.000 GWh

1,3 GW

laut [EURELECTRIC-2011]

Langzeitspeicherbedarf - DE

25.000 GWh

60–80 GW

Überbrückung von zwei Wochen „Dunkle-Flaute”

Pumpspeicher „EU” - in 2011

2.500 GWh

40 GW

laut [EURELECTRIC-2011]

Täglicher Strombedarf - 2014

1.600 GWh/d

60–80 GW

gilt vermutlich auch im Jahr 2050

Kurzzeitspeicherbedarf - DE

500 GWh

100 GW

sommerlicher Tag-Nacht Ausgleich

5 Mio. Tesla E-Mobile

350 GWh

> 300 GW

könnten bis 2030 alle Zweitwagen ersetzen

Pumpspeicher - Wunsch 2050

152 GWh

26 GW

laut [Voith-2014]

Pumpspeicher - Wunsch 2030

96 GWh

15 GW

laut [Voith-2014]

Pumpspeicher - in 2014

38 GWh

6 GW

Wikipedia

Pumpspeicher „Atdorf”

13 GWh

1,4 GW

Wikipedia

Pumpspeicher „Goldisthal”

8,5 GWh

1 GW

Wikipedia

Jährliche Zubaurate

Solarstrom - Zubau 2013

40.000 GWh/a

37 GW

weltweiter Zubau laut Analysen der EPIA

Akkus einer „Tesla Gigafab”

35 GWh/a

35–70 GW

für 0,5 Mio Elektrofahrzeuge mit je 70 kWh

Pumpspeicher - Wunsch 2050

3 GWh/a

0,6 GW

jährlicher Zubau auf der Basis von [Voith-2014]

Tabelle 1: Größenordnungen bei Stromspeichern: Anhand einiger Kennzahlen zum Stromspeicherpotenzial ist zu erkennen, dass Langzeitspeicher mit keinem der elektrischen Systeme realisierbar sind. Hier braucht es Kohlenwasserstoffe. Für die Aufgabe der Kurzzeitspeicherung sind die Pumpspeicher in Deutschland um Faktoren zu klein und vor allem viel zu schwach in ihrer Leistung.

Pumpspeicherkraftwerke (PSW)

Wenn man eine Staumauer errichtet und dann das angestaute Regen- oder Schmelzwasser zur Stromproduktion durch eine Turbine leitet, so erhält man ein Speicherwasserkraftwerk. Erweitert man dieses Bauwerk um eine gigantische, elektrische Pumpe, mit der man das Wasser auch den Berg hinauf befördern kann, so erhält man ein Pumpspeicherkraftwerk (PSW). Dieses ist ein Stromspeicher, der elektrische Energie aufnimmt und in potentielle Energie (die Lageenergie der nach oben gepumpten Wassermassen) umwandeln kann. Bei Bedarf wird die Lageenergie des Wassers wieder in Strom gewandelt, in dem man es von dem so genannten Oberbecken in das Unterbecken laufen lässt. Die Verluste liegen bei heutigen Anlagen bei rund 20 Prozent.

Das Prinzip ist banal, weshalb die ersten Energiespeicher dieser Bauart bereits vor über 100 Jahren in Betrieb gingen. Die speicherbare Energiemenge ergibt sich aus dem Höhenunterschied und der Größe der beiden Wasserbecken. Die Leistung der Pumpe und des Generators sind von der im Wasser gespeicherten Energiemenge weitestgehend unabhängig. Meist wird die Pumpe schwächer ausgelegt, als der Generator, was für die „Veredelung“ von Nachtstrom aus Atom- oder Kohlekraftwerke eine sinnvolle Optimierung ist. Für die Energiewende wäre die umgekehrte Auslegung eigentlich sinnvoller, da eine der Aufgabe darin besteht, die Solarstromüberschüsse der kurzen Mittagszeit in die Nacht zu verlagern.

Studien für den Wunschausbau

Dass die Energiewende deutlich höhere, elektrische Speicherkapazitäten benötigen wird ist unumstritten. Gleichzeitig suchen die Akteure der fossil-atomaren Energiewirtschaft händeringend nach neuen, langfristig sicheren Investitionsobjekten. Jedes 1 GW große Pumpspeicherwerk verspricht ein „Geldanlagevolumen“ von grob 2 Mrd. Euro. Es sollte niemanden überraschen, dass die wenigen, großen Baufirmen, die derartige Projekte stemmen können, ebenfalls für diese Form der Energiespeicherung die Werbetrommel rühren. „Pumpspeicher – Partner der Energiewende“ nennt sich die Plattform der dena (Deutsche Energie-Agentur), wo sich zukünftige Investoren und Bauunternehmen zusammengefunden haben.

Weltweit summiert sich heute die Leistung aller Pumpspeicherwerke auf rund 130 GW. In Europa stehen davon ca. 40 GW und auf Deutschland entfallen 6 GW.

In einer der überaus wohlwollenden, von Voith Hydro bezahlten Studien, die Anfang 2014 fertiggestellt wurde, wird für Deutschland ein Potential von 26 GW Leistung und 152 GWh Speicherkapazität für das Jahr 2050 formuliert. Man hofft also in den nächsten 35 Jahren auf einen Zubau von 20 GW und 114 GWh, was einer Investition von rund 25 Mrd. Euro entspricht.

Es benötigt keine aufwendigen Studien um zu erkennen, dass der Beitrag dieser optimistischsten Wünsche für den Ausbau von Pumpspeichern zur Lösung des Langzeitspeicherproblems bei exakt „Null“ liegt. Bei einem Bedarf von min. 25.000 GWh (siehe auch Bild 1 und Tabelle 1) sind 152 GWh belanglos.

Ferner ist offensichtlich, dass man mit „Wasser auf dem Berg“ nicht Auto fahren kann. Der Beitrag von Pumpspeichern zur Energiewende im Bereich der Mobilität ist folglich ebenfalls „Null“.

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Bild 2: In diversen Studien wird versucht die technologische Bedeutung und wirtschaftliche Relevanz von Pumpspeicherkraftwerken mit Zahlen zu belegen. Es wird der Eindruck vermittelt, dass diese Großbauwerke für die Energiewende alternativlos seien. Doch immer dann, wenn eine Industrie eine Studie über die eigene Relevanz erstellen lässt, lohnt sich ein kritischer Blick.

Alternative „Akku-Gigafab“?

Der Elektroautohersteller Tesla Motors aus Kalifornien ist eines der wenigen (das einzige?) großen Unternehmen, das eine Massenproduktion von Elektroautos anstrebt. Die Produktion soll bis 2020 auf jährlich 500.000 Fahrzeuge gesteigert werden. Das Hauptproblem dabei ist, dass die derzeitige, weltweite Akkuproduktion nicht ausreicht um die Akkus für diese Anzahl von Fahrzeugen bereitzustellen.

Da man bei Tesla nicht nach Ausreden, sondern nach Lösungen sucht, war schnell klar, dass man eine eigene Akkufabrik aufbauen muss. Anfang 2014 wurden die Pläne für die „Tesla Gigafab“ verkündet. In einer einzigen Fabrik will man die weltweite Akkuproduktion verdoppeln. Die ersten Zellen sollen 2017 vom Band laufen. 3,6 Mrd. Euro wird diese Anlage kosten und etwa 6.000 Arbeitsplätze schaffen. In der Fabrik sollen nicht nur die endgültigen Akkupacks (mit bis zu 50 GWh/a) produziert, sondern auch ein Großteil der Akkuzellen (35 GWh/a) direkt aus den Rohstoffen hergestellt werden.

Nach Aussagen von Firmenchef Elon Musk strebt Tesla für den normalen Akkupack mit 60 kWh einen Preis von 7.200 Euro an. Dies entspricht einem Systempreis von 120 Euro/kWh.

Ökonomie – Was rechnen wir?

In fast allen Studien steht, dass Batterien zu teuer sind und Pumpspeicher die billigste Form der Stromspeicherung seien. Die Voith-Studie nennt für Pumpspeicher einen Leistungspreis von 1.000 Euro je kW plus weiterer 50 Euro je Kilowattstunden Energiespeichervolumen. Bei der ebenfalls dort genannten System­auslegung von 1-zu-7 (kW-zu-kWh) kann man somit grob einen Systempreis von 190 Euro/kWh ermitteln. Die Akkus von Tesla wären so betrachtet sogar billiger.

In Studien zur Energiespeicherung, z.B. auch der 2012er des ZFES (Zentrum für Energieforschung Stuttgart), werden korrekter Weise jedoch Stromspeicherkosten verglichen, was vereinfacht dem Systempreis bezogen auf die Lebensdauer der Anlage entspricht. Bei Pumpspeichern kalkuliert man ohne mit der Wimper zu zucken mit bis zu 80 Jahren Nutzungsdauer. Wenn man den Speicher einmal täglich be- und wieder entlädt, ergibt dies 29.200 Zyklen. Bei Akkus werden in den Energiespeicherstudien auch in der fernen Zukunft hingegen meist maximal 2.000 Speicherzyklen angenommen.

Lebendauer vs. Innovationszyklen

Gerne wird dabei übersehen, dass die lange Lebensdauer der Pumpspeicher ihr eigentliches Problem ist, denn für einen wirtschaftlichen Erfolg müssen sie über mindestens 40 Jahre wettbewerbsfähig bleiben … und sei es indem man durch Druck auf die Politik den Wettbewerb verhindert. Die aktuellen Bemühungen um „Eigenstrom-Strafsteuer“-Gesetze zeigen eindrucksvoll, wie Fehlinvestition der Energiekonzerne abgesichert werden.

Die Akkutechnik wird keine 40 Jahre brauchen um wettbewerbsfähig zu werden. Bereits im März 2014 verkündete die Firma Toshiba, dass man auf der Basis der erprobten SCiB-Lithium-Titanat Technologie zwei dezentrale Akku-Kurzzeitspeicher mit bis zu 3 MW aufgebaut hat, die auch bei -30 Grad Celsius und extrem hohen Entladeströmen (3C) über 10.000 Ladezyklen überdauern sollen und dann immer noch 90% der ursprünglichen Speicherkapazität aufweisen. Das ist Akkutechnik von heute und nicht erst von 2050! Der Verkaufspreis ist dann nur eine Frage der Stückzahlen und des unternehmerischen Willens. Die Rohstoffe der To­shiba SCiB-Zellen kosten nicht mehr als die der Tesla-Panasonic-Zellen.

Akkutechnik durchlebt derzeit sehr schnelle Innovationszyklen. Langlebige Betonbauwerke haben hier ganz massive strategische Nachteile.

Akkus haben mehr als ein Leben

Bei der Bewertung von Akkusystemen werden heute zudem die gleichen Fehler gemacht wie damals bei der Solarstromtechnik, als sich alle „Experten“ einige waren, dass die Erneuerbaren niemals mehr als 4% an der Stromerzeugung erreichen können. In Deutschland liegen wir heute bekanntlich schon bei etwa 30% Erneuerbarer Energie, in vorwiegend kleinen Anlagen (siehe dazu auch Bild 3).

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Bild 3: Die Grafik von www.energymap.info zeigt das Verhältnis der heute in Deutschland installierten erneuerbaren Kraftwerksleistung für die unterschiedlichen Technologien. Vor allem bei der Solarstromproduktion ist unübersehbar, dass über 90% der Einspeisung dezentral, also im Nieder- und Mittelspannungsnetz erfolgen. Dies wird auch in Zukunft so bleiben.

Man unterschätzt die Dynamik einer wahren Massenproduktion sowohl im Hinblick auf die Geschwindigkeit mit der die Kosten fallen, als auch das Wachstum der jährlichen Zubauraten. Tabelle 1 zeigt im unteren Bereich, dass bereits die eine „Tesla-Gigafab“ pro Jahr zehnmal mehr Speicherkapazität erschaffen wird, als es der gesamten deutschen Betonbauindustrie mit Hilfe von gigantischen Stauseen möglich sein wird.

Die Beurteilung des Preises sieht bei Akkus noch ganz anders aus, wenn man berücksichtigt, dass diese nach ihrem ersten Leben, als Energiespeicher im Auto, nicht „tot“, sondern nur „zu 20% erschöpft“ sind. Der Akku ist dann für lange Reichweiten in einem E-Mobil zwar nicht mehr geeignet, aber die verbleibenden 80% Speicherkapazität kann man bestens im stationären Einsatz nutzen.

Pumpspeicher werden es bald schwer haben mit neuen Akkus aus Massenproduktion mithalten. Den Preiskampf mit „Second-Life“-Akkus haben sie eigentlich schon heute verloren.

Keine Netzbeschränkungen?

Ebenfalls erstaunlich an den Pro-Pumpspeicher-Studien ist, dass diese ein paar der offensichtlichen „Netzbeschränkungen“ ganz bewusst ausklammern.

Wenn man die Energiewende ernst meint, und ein elektrisches Speichersystem schon keinen Beitrag zur Mobilität oder der Langzeitspeicherung beitragen kann, so sollte es zumindest bei der Kurzzeitspeicherung relevant sein. Um eine sommerliche, windstille Nacht zu überbrücken gilt es in Deutschland etwa 500 GWh zu speichern. Diese Energiemenge muss in etwa 5 Stunden aufgenommen werden, was nach einer Leistung von 100 GW verlangt. Diese Größenordnung ergibt sich, wenn 200 bis 250 GW Solarstromproduktion auf maximal 80 GW zeitgleichen Verbrauch treffen (vergleiche auch Bild 3 bis 5).

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Bild 4: Die Transportleistungen unserer Energienetztechnologien zeigen u.a., dass das bestehende Erdgasnetze eine ähnliche Leitungskapazität hat, wie die geplanten Overlay-Gleichstromtrassen. Der überregionale Transport von 100 bis 200 GW PV-Leistung kann von keinem der Stromnetze geleistet werden. Deshalb müssen die Speicher nahe an die PV-Anlagen heran.

Pumpspeicher mit maximal 26 GW können niemals 100 GW Leistung aufnehmen. Und wenn man die Pumpenleistung entsprechend hochschrauben würde, dann würde man zwangsläufig an die Beschränkungen des Netzes stossen.

Pumpspeicher sind zu schwach in ihrer Leistung und vor allem zu weit weg von den Erzeugungsanlagen; zu weit weg, um die Phasenasymmetrien im Niederspannungsnetz auszugleichen, um die Belastung der Nullleiter zu reduzieren; zu weit weg um lokale Lastspitzen abzufangen und die Kosten für den Netzausbau zu reduzieren; zu weit weg, um die Notstromversorgung und Schwarzstartfähigkeit von häuslichen oder regionale Netzen sicherzustellen; zu weit weg von der Realität der „Energiewende in Bürgerhand“.

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Bild 5: Pumpspeicher sind große Kraftwerke und hängen immer am Hoch- oder Höchstspannungsnetz. Bei „100%-Erneuerbar“ gilt es mindestens 100 GW PV-Leistung zu speichern. Doch es wird weder die Netze für diesen Transport geben noch wären die Pumpspeicher je groß genug um die Energie aufzunehmen. Folglich passen Pumpspeicher nicht zur deutschen Energiewende.

Pumpspeicher mögen schnell genug regelbar sein, um ein träges Stromnetz voller Großkraftwerke auszubalanzieren. Aber die Energiewende wird auf Wechselrichtern basieren und dort sind Reaktionszeiten im Minutenbereich eine untragbare Ewigkeit. Die Stromspeicher der Energiewende müssen in Bruchteilen von Sekunden reagieren können.

Nicht Systemrelevant

Die Mobilitätswende treibt die Massenproduktion chemischer Speicher an. Ohne mobile Energiespeicher wird es keine Energiewende geben! Doch mit diesen Speichern haben wir als Abfallprodukt auch die Kurzzeitspeicherung gelöst.

Von den ökologischen Problemen ganz abgesehen ist jeder Neubau eines Pumpspeichers eine strategische und ökonomische Fehlentscheidung, die später der Energiewende angelastet wird.

Pumpspeicher können durchaus zuverlässig Strom speichern, aber daraus ergibt sich noch lange keine Systemrelevanz für eine ernst gemeinte Energiewende. Pumpspeicher sind zu schwach, zu klein, zu langsam und vor alle zu weit weg – sie sind ein klassisches Auslaufmodell.

Tomi Engel
DGS Fachausschuss Solare Mobilität
tomi@objectfarm.org