Die Energieeffizienz von Wärmepumpen
Praxistest: drei Kompakt-Luft-Wärmepumpen mit kontrollierter Wohnraumlüftung, Wärmerückgewinnung und Warmwasserbereitung
Einführung und Aufgabenstellung
Im Hinblick auf die zunehmenden Anforderungen an den Klimaschutz arbeiten zur Zeit viele Firmen daran, die nur mäßigen bis fehlenden Energieeffizienzen von Luft-Wärmepumpen zu verbessern. Die Gründe für den Leistungsmangel liegen in einer nicht-optimalen Auslegung, unzureichender Anpassung der Kaltquellen und Wärmesenken an die Wärmepumpe und deren nicht fachgerechter Einbau und Betrieb; näheres dazu auf den Seiten 18, 19 und 30 des Schlussberichtes der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“ [1]. Mit neuerer Technik und verbessertem Fachwissen könnte es jedoch gelingen, die Jahresarbeitszahl auch von Luft-Wärmepumpen auf über JAZ = 3,0 anzuheben, um sie aus Sicht der Deutschen Energieagentur und des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes als „energieeffizient“ bezeichnen zu können (siehe Infokasten „Jahresarbeitszahl“).
Ob und gegebenenfalls in welchem Maße noch Energieeffizienzsteigerungen möglich sind, hat die Lokale Agenda 21 – Gruppe Energie der Stadt Lahr (Schwarzwald) im Rahmen der Phase 2 „Innovative Wärmepumpensysteme“ des „Feldtests Wärmepumpen“ an einer Kompakt-Luft-Wärmepumpen am Oberrhein untersucht. Der Hersteller bewirbt sie als ein „Heizsystem, bei dem noch viel Luft drin ist“, das besonders für Niedrigenergiehäuser geeignet sei und umweltfreundlich arbeite. Und das lokale Elektrizitätswerk behauptete in seiner Kundenzeitschrift, dieses Heizsystem „schont die Umwelt, spart Geld und Energie“. Darüber hinaus attestierte der Stromversorger einem solchen Wärmepumpensystem anlässlich einer VDI-Podiumsdiskussion in Lahr ein hohes Energieeinsparpotential.
Solche Vorschusslorbeeren machen natürlich neugierig. In der Tat: Der Charme der Kompakt-Luft-Wärmepumpe besteht darin, dass sich Heizung und kontrollierte Lüftung sowie die Warmwasserbereitung mit nur geringem Aufwand verbinden lassen.
Kompakt-Luft-Wärmepumpe und Niedrigenergiehaus
Das in der Phase 2 untersuchte Wärmepumpensystem vereint eine zentrale, kontrollierte Wohnraumbe- und entlüftung, die Wärmerückgewinnung und die zentrale Warmwasserbereitung in einer Einheit. Die Bereitstellung der Wärme erfolgt aus der Abluft der Wohnräume über einen Kreuzgegenstrom-Wärmetauscher und der Luft-Wärmepumpe selbst. Die Fortluft, abgekühlt durch den Wärmetauscher und Verdampfer der Wärmepumpe, geht ins Freie. Zwei vergleichbare Abluft-Wärmepumpen sind mit einem hydraulischen Schaltplan in dem schon erwähnten Schlussbericht auf den Seiten 12 und 14 bei einem Niedrigenergiehaus und einem Passivhaus zu finden [1]. Ein Elektro-Heizstab deckt schließlich bei tieferen Außentemperaturen den Restwärmebedarf des Hauses.
Die Wärmepumpe hat eine Wärmeleistung von 4,2 kW und eine elektrische Leistungsaufnahme von 1,3 kW (A2/W35). Der Elektro-Heizstab kann zusätzlich mehrstufig bis zu 8,8 kW bereit stellen. Das Volumen des Warmwasserspeichers beträgt 200 Liter.
Das Niedrigenergiehaus stammt aus dem Jahre 2004. Es verfügt über eine Fußbodenheizung mit einer Fläche von 160 m² und hat rechnerisch eine Heizlast von 7 kW bei einer Außentemperatur von -12 °C. Der gemessene Heizwärmeverbrauch betrug von Oktober 2009 bis September 2010 12,2 MWh entsprechend 76 kWh/m² Wohnfläche und der Warmwasserverbrauch 52 Kubikmeter bei knapp 50°C. Das entspricht bei dem 4-Personen-Haushalt 37 Liter pro Tag und Person, ein Wert der im oberen Bereich der im Schlussbericht der Phase 1 ermittelten Bandbreite der Warmwasserverbräuche liegt (Seiten 18 und 19).
Ergebnisse
Bild 2 zeigt den monatlichen Verlauf der System-Jahresarbeitszahlen (siehe auch Infokasten) von Oktober 2009 bis November 2010. Sie variieren zwischen 1,4 und 2,7. Das ist deutlich zu wenig. Das Mittel in Höhe von 2,3 liegt noch unter dem Mittel von 12 Luft-Wärmepumpen in der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“ [1].
Die Agenda-Gruppe hat deshalb schon gleich nach dem ersten Monat den Betreiber und den Hersteller über die ungenügende Energieeffizienz informiert. Der Hersteller untersuchte daraufhin Ende November 2009 die Wärmepumpe und stellte fest, dass die Heizkurve zu hoch eingestellt und ein Rückschlagventil defekt war. Immerhin erhöhten sich dann ab Dezember 2009 die Arbeitszahlen auf über zwei.
Trotz dieser Verbesserungsmaßnahmen bewegen sich aber ab Dezember 2009 die monatlichen Arbeitszahlen in den Wintermonaten nur zwischen 2,2 und 2,7. Ob eine weitere Ertüchtigung möglich ist, steht auch heute noch in den Sternen, weil sich der Hersteller nicht mehr bewegt. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, dass in diesem Heizsystem „nicht mehr viel Luft drin“ ist (siehe Werbung in der Einleitung). Die Wärmepumpenfirma sollte deshalb mit ihren Aussagen vorsichtiger sein. Das gleiche gilt auch für das lokale Elektrizitätswerk: Es sollte zukünftig besser Behauptungen wie „Schonung der Umwelt und Einsparung von Geld und Energie“ und „Ein Wärmepumpensystem mit hohem Energieeinsparpotential“ unterlassen.
Werbung und Verkauf sind das eine, Dienstleistung („After-Sales-Service“) und Kundenzufriedenheit das andere. Diese Feststellung betrifft auch andere Wärmepumpenfirmen.
Bewertung
Die Energieeffizienz der Kompakt-Luft-Wärmepumpe ist auch unter Berücksichtigung der Verbesserungen im November 2009 ungenügend. Die System-Arbeitszahlen liegen zwischen 2,0 und 2,6 und übertreffen damit bei weitem nicht die Mindest-Arbeitszahl von 3,0 für die Energieeffizienz von Elektro-Wärmepumpen.
Die viel beworbene Luft-Wärmepumpe mit kontrollierter Wohnraumlüftung hat sich auch in der Phase 2 des „Feldtests Wärmepumpen“ nicht bewährt. Zur Erinnerung: Die Agenda-Gruppe untersuchte bereits in der Phase 1 zwei vergleichbare Kompakt-Luft-Wärmepumpen, und zwar beim
- Sonderfall 1 (Niedrigenergiehaus): Abluft-Wärmepumpe mit integrierter Warmwasserbereitung und Vorerwärmung der Umgebungsluft durch die Wohnräume: [1], Seiten 12 und 13.
Ergebnis: In den zwei Heizperioden betrug die System-Jahresarbeitzahl 2,6 bzw. 2,8.
- Sonderfall 3 (Passivhaus): Luft/Luft-Kompakt-Wärmepumpe mit Vorerwärmung der Umgebungsluft durch einen 100 m - Erdkollektor und Wärmerückgewinnung: [2], Seiten 14-16.
Ergebnis: Die System-Jahresarbeitszahl betrug 2,8; nur der Erdkollektor verbesserte die Energieeffizienz auf 3,3.
Offensichtlich haben Niedrigenergiehäuser immer noch einen zu hohen Wärmebedarf, so dass eine Überlüftung und ein damit verbundener Wärmekurzschluss stattfindet. Die im Schlussbericht erwähnte Veröffentlichung von Schiefelbein [3] deutet darauf hin. Und beim Passivhaus ist die kleine Luft-Wärmepumpe selbst das Problem: Je geringer die Anschlussleistung (500 Watt-elektrisch), desto geringer die Energieeffizienz. Das gilt auch für die kleinen energieineffizienten Warmwasser-Wärmepumpen mit einer elektrischen Anschlussleistung von nur 300 Watt [4].
Literatur
[1] F. AUER und H. SCHOTE (2008). Schlussbericht der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“: Nicht jede Wärmepumpe trägt zum Klimaschutz bei. www.agenda-energie-lahr.de/WP_FeldtestPhase1.html
[2] F. AUER (2010). Klimafreund Wärmepumpe? Luft/Luft-Kompakt-Wärmepumpe für ein Passivhaus. SONNENENERGIE, Heft 5/2010, S. 32 und 33.
[3] K. SCHIEFELBEIN (2004): Die Abluft-Wärmepumpe – der „unbekannte“ Wärmeerzeuger. KI Luft- und Kältetechnik Heft 7/2004, S. 1-8.
[4] F. AUER und H. SCHOTE (2010). Warmwasser-Wärmepumpen auf dem Prüfstand, SONNENENERGIE, Heft 5/2009, S. 68 und 69.
Jahresarbeitszahl
Die Jahresarbeitszahl JAZ einer Wärme-pumpe ist definiert als das Verhältnis von jährlich erzeugter Wärme am Ausgang zum notwendigen Strom an deren Eingang.
Laut der Deutschen Energieagentur (dena) in Berlin und des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes (RWE) in Essen muss die Jahresarbeitszahl größer als JAZ = 3 sein, um Wärmepumpen als „energieeffizient“ und größer als JAZ = 3,5 sein, um sie als „nennenswert energieeffizient“ bezeichnen zu können.
Die günstigere Erzeuger-Jahresarbeitszahl EJAZ wird direkt hinter der Wärmepumpe gemessen und berücksichtigt die Wärme am Ausgang der Wärmepumpe sowie den Strom für die Wärmepumpe selbst und für die Erschließung der Kaltquellen.
Die für die Energieeffizienz und den Klimaschutz maßgebliche System-Jahresarbeitszahl SJAZ berücksichtigt auch noch die folgenden Verlustquellen: Heizungspuffer- und Warmwasserspeicher, Abtauenergie des Lamellenverdampfers bei Luft-Wärmepumpen, Notheizstab und Speicher-Ladepumpen. Die SJAZ bilanziert also die Nutzenergien des Wärmepumpensystems.
Dr. Falk Auer