Erneuerbarer Strom wird immer günstiger
Eine Studie des Fraunhofer ISE beleuchtet die Stromgestehungskosten von verschiedenen Erneuerbaren Energien und zeigt die zukünftige Entwicklung auf.
Was kostet aktuell der Strom einer PV-Anlage bei uns? Und was in Gegenden mit höherer Sonneneinstrahlung? Wie entwickeln sich die Stromkosten verschiedener Techniken in den kommenden Jahren?
Diese Fragen stellten sich Christoph Kost und Thomas Schlegl vom Fraunhofer ISE in Freiburg und erstellten dazu eine wissenschaftliche Studie. Als Grundlage wurden Anlagenpreise des 3. Quartals 2010 herangezogen. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Dezember des vergangenen Jahres.
Neben der Ist-Analyse werden in der Studie Modellrechnungen zur Fortschreibung der Kostenentwicklung entworfen und damit ein wirtschaftlicher Vergleich der verschiedenen Techniken auch für die Zukunft möglich. Die Stromgestehungskosten werden bis ins Jahr 2030 prognostiziert.
Zur Untersuchung stehen die folgenden Techniken: kleine, mittelgroße und große Photovoltaik-Anlagen (bis 10 kWp – zwischen 10 und 100 kWp – Freilandanlagen >100 kWp), solarthermische Großkraftwerke mit und ohne Speicher (an sonnigen Standorten), und Windkraft Onshore (1–2 MW) und Offshore (3–5 MW).
Die Höhe der Stromgestehungskosten bei Erneuerbaren Energien hängt von folgenden Parametern maßgeblich ab:
- den spezifischen Anschaffungskosten für Bau und Installation,
- den Strahlungs- bzw. Windverhältnissen am Standort,
- den Betriebskosten (fix und variabel),
- der Lebensdauer der Anlage,
- den Finanzierungskosten des Projektes.
Dabei legen die Autoren der Berechnung für Photovoltaik-Anlagen einige Eckdaten zu Grunde, darunter eine Betriebsdauer von 20 Jahren, ein Eigenkapital-Anteil von 30% für die Finanzierung, ein Fremdkapitalzins von 5 % und eine Eigenkapitalrendite von 10%. Zu Beginn der Anlagenlaufzeit werden 1,3% der Investition als jährliche Betriebskosten angesetzt und über die Jahre mit einer Preissteigerung von 2% pro Jahr versehen. Eine Absenkung der jährlichen Stromerzeugung wird mit 0,3% p.a. angenommen.
Die Kapitalwertmethode steht als Berechnungsmethode für die Stromgestehungskosten zur Verfügung. Mögliche Rückbaukosten werden mit dem Ansatz eines Restwertes von 10% der Investition zum Ende der Lebensdauer „neutralisiert“. Das Ergebnis der Kostenbetrachtung zeigt Bild 1. In der Grafik werden beim Solarstrom die Standorte nach Einstrahlung (1.100 bzw. 2.000 kWh/qm und Jahr), bei solarthermischen Kraftwerken in Kraftwerke mit und ohne Speicherung und bei Windkraft nach der erreichbaren Volllaststundenzahl unterschieden. Offshore-Anlagen erreichen dabei aufgrund der Standorte längere Laufzeiten als Onshore-Windparks. Als Vergleichswert dient der Referenzwert aus dem BMU-Leitszenario 2009 mit 6,1 EuroCent/kWh für Strom aus konventionellen Kraftwerken nach dem bundesdeutschen Kraftwerksmix.
Die günstigsten Stromgestehungskosten bieten in diesem Vergleich die Onshore-Windkraftanlagen mit rund 7 Cent, die Kosten bei Offshore-Anlagen liegen zwischen 10 und 15 Cent/kWh. Solarthermische Kraftwerke bewegen sich um 20 bis 25 Cent/kWh, PV-Anlagen erzielen 16 bis 32 Cent pro Kilowattstunde, je nach Größe und Standort. Bei großen Freilandanlagen z.B. in Süditalien gehen die Autoren davon aus, dass eine „Grid Parity“ bezogen auf den vom Endkunden zu bezahlenden Preis des Stromes vom EVU bereits erreicht wurde.
Die Entwicklung bis zum Jahr 2030
Für die Fortschreibung wird das mögliche Marktwachstum gemäß verschiedener vorliegender Studien angesetzt und die jährliche Senkung der Investitionskosten – je nach Technik – für die kommenden Jahre fortgeschrieben. Dazu nutzen die Autoren der Studie historische Lernkurven, die sowohl bei der Windkraft wie auch bei der Photovoltaik in den vergangenen 20 Jahren sehr stabile Lernraten aufwiesen. Für Onshore-Wind schreiben die Autoren eine Absenkung der Investitionskosten von 3% pro Jahr fort, den gleichen Wert setzen sie für Offshore-Wind an, da hier noch keine historischen Daten verfügbar sind. Bei Solarstrom wird bis zum 2015 eine Senkung von 20% pro Jahr, anschließen 15% pro Jahr den weiteren Berechnungen zu Grunde gelegt. Es ergibt sich daraus die in Bild 2 gezeigte Entwicklung.
Ab 2020 erwarten die Autoren der Studie auch bei kleinen PV-Anlagen Stromgestehungskosten von unter 15 Cent/kWh, Freilandanlagen an sonnigen Standorten erreichen die Werte des Windstroms von Onshore-Anlagen. Da für Offshore-Wind im deutschen EEG nur eine Vergütungsdegression von 5% pro Jahr vorgesehen ist, sinken die Kosten in dieser Technik nur langsam.
Im Jahr 2030 wird dann für alle betrachteten Techniken erwartet, dass die Stromgestehungskosten unter 10 Cent/kWh liegen und damit den (preissteigernd) fortgeschriebenen Wert der konventionellen Kraftwerke erreichen.
Damit zeigen die Autoren, dass unter den gesetzten Annahmen eine regenerative Stromerzeugung in Europa innerhalb der kommenden 20 Jahre zu konkurrenzfähigen Preisen möglich ist. Eine Sensitivitätsanalyse ist in der Studie ebenfalls enthalten, auf diese soll an dieser Stelle jedoch nicht eingegangen werden.
Die Studie „Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien“ ist im Internet unter www.ise.fraunhofer.de kostenlos abrufbar. Das Fraunhofer Institut ISE in Freiburg gehört zu den renomiertesten Solar-Forschungseinrichtungen weltweit und ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e.V.
Aktuell im April 2011 wurde eine weitere interessante Veröffentlichungen des ISE auf der oben genannten Website eingestellt: Ein Konzeptpapier eines Energieentwicklungspfades für Baden-Württemberg. Dargestellt wird der Ersatz der Kernkraftwerke im Bundesland durch Erneuerbare Energien bis zum Jahr 2020. Es wurde erstellt von Institutsleiter Prof. Eicke R. Weber und Prof. Bruno Burger.
Jörg Sutter