Sonnenenergie gewinnbringend nutzen
Tipps zum Kauf der eigenen Photovoltaikanlage: Voraussichtlich Ende 2011 werden in Deutschland schon eine Million Photovoltaikanlagen installiert sein, die aus Sonnenlicht Strom erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen. Allein im Jahr 2010 wurden mehr als 200.000 neue Anlagen angeschlossen. Mindestens jede zweite ist auf einem privaten Dach oder wird von Privatpersonen, Freiberuflern oder kleinen Gewerbetreibenden betrieben.
Bei keiner anderen Energiequelle sinken die Kosten schneller: In nur fünf Jahren fielen die Preise für Solarstromanlagen um mehr als die Hälfte. Inzwischen kosten Anlagen fürs Einfamilienhaus weniger als ein Kleinwagen. Die erfolgreiche Markteinführung der Photovoltaik in den letzten zehn Jahren hat zu einem unerwartet großen Boom der Installationen geführt. Deshalb senkt die Politik zurzeit die Einspeisevergütung für die Betreiber, um indirekt die Hersteller zu weiteren schnellen Preissenkungen zu drängen. Für private und gewerbliche Betreiber sind Photovoltaikanlagen aber noch immer und mehr denn je interessant:
- Für Bauherren, die ihre Häuser damit aufwerten wollen.
- Für Privatanleger, die lieber in sicheres Sacheigentum als in abstrakte Geldanlagen der Banken oder riskante Unternehmensbeteiligungen investieren.
- Für Anleger, die überschaubare Geldsummen zur Verfügung haben und deshalb eher an Sicherheit als an hoher Rendite interessiert sind.
- Für Haushalte und Gewerbetreibende, die in der Energieversorgung unabhängiger werden wollen und auf Versorgungssicherheit Wert legen.
- Für ökologisch orientierte Verbraucher, die selbst an der Umstellung der Energieversorgung auf umweltfreundliche und klimaschonende Erneuerbare Energien mitwirken wollen.
Die Photovoltaik erlebt mit ihrer schnellen Verbreitung eine rasante technische Entwicklung, damit ändern sich auch häufig wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen. Umso wichtiger ist ein verständlicher Kompass.
So funktioniert Solarstrom
Ohne Sonne kein Solarstrom: Solarzellen erzeugen elektrische Energie aus dem einfallenden Licht. Die natürliche Sonneneinstrahlung schwankt nach Jahreszeit und Wetter. Solaranlagen müssen darauf eingestellt sein und unter verschiedenen Bedingungen optimale Erträge liefern. Dabei ist die Photovoltaik ideal für das wechselhafte und manchmal sonnenarme mitteleuropäische Klima.
Solarmodule erzeugen Gleichstrom, wie man ihn von Batterien kennt. Damit der Strom im Haushalt genutzt und ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden kann, wandelt ihn ein Wechselrichter in netzüblichen Wechselstrom.
Den kann man dann im Haus verbrauchen und den Überschuss ins Netz einspeisen. Für beides gibt es eine gesetzliche Vergütung aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Meistens ist der Eigenverbrauch sogar etwas lukrativer als die Einspeisung, so dass es sich lohnen kann, Stromverbrauch in sonnige Mittagszeiten zu verlagern.
Technik und Planung
Photovoltaik ist ausgereift und wird heute standardmäßig installiert. Optimale Erträge liefert Ihre Solarstromanlage aber nur, wenn sie gut an den Standort angepasst wurde und die Bauteile perfekt aufeinander abgestimmt sind. Das erfordert Entscheidungen, die nachher nicht mehr zu ändern sind und die viele Jahre lang die Wirtschaftlichkeit der Anlage bestimmen.
Wir sind es heute vielfach gewohnt, Konsumgüter nach wenigen Jahren durch neue Produkte auszutauschen. Fehlentscheidungen oder Spontankäufe lassen sich so relativ schnell wieder revidieren. Bei einer Photovoltaikanlage ist das anders: Sie kann zwanzig, dreißig Jahre oder länger zuverlässig arbeiten. Selbst Autos nutzen wir nur über einen Bruchteil dieser Zeiträume. Es gibt wohl kaum eine Investition im privaten Bereich, bei der die Qualität für den wirtschaftlichen Nutzen eine so große Rolle spielt. Bis zur Unterschrift unter den Kaufvertrag sollte Ihnen diese Tatsache immer bewusst sein.
Jede Entscheidung bei der Planung einer Photovoltaikanlage und bei der Auswahl der Bauteile beeinflusst den Ertrag und damit die Wirtschaftlichkeit. Wer dem Installateur blind vertraut, kann nicht nur viel Geld verlieren, sondern auch die langjährige Freude am eigenen Solarkraftwerk riskieren. Die wenigsten Anbieter machen sich die Mühe, jede einzelne Anlage im Detail zu optimieren. Nicht selten wird technische Perfektion durch Verkaufsgeschick ausgeglichen.
Photovoltaikanlagen werden heute nicht nur von Solarfachfirmen und Elektroinstallateuren angeboten, sondern auch von Internethändlern und Handelsvertretern verkauft. Eine wahre Goldgräberstimmung hat in den letzten Jahren auch viele unseriöse Anbieter auf den Plan gerufen. Viele nutzen die fehlende Fachkenntnis der Kunden aus, um schnelle Geschäfte zu machen. Die wenigsten Verkäufer sind Gutmenschen und selbst die sind nicht unfehlbar.
Den Unterschied zwischen einer durchschnittlichen Anlage und einer mit besten Erträgen macht deshalb oft weniger die höhere Investitionssumme, sondern ein wenig Detailarbeit bei der Planung und Auswahl der Komponenten. Dieser Unterschied kann über finanziellen Gewinn oder Verlust entscheiden und schützt Sie vor bösen Überraschungen. Suchen Sie sich deshalb einen Anbieter, dem Sie vertrauen können, weil er sie gut berät und Ihnen Kundenreferenzen aus der näheren Umgebung nennen kann. Sprechen Sie vor dem Kauf mit Anlagenbetreibern über ihre Erfahrungen mit Technik und Installateur.
Von der Idee bis zum Auftrag können Wochen oder Monate vergehen. Die Installation der Anlage selbst braucht dagegen nicht so viel Zeit: Auf einem Einfamilienhaus ist sie oft schon nach ein bis zwei Tagen betriebsbereit. Hektik bei Planung und Angebotsvergleich ist also nicht nötig. Sie sollten sich in Ruhe informieren, den richtigen Anbieter wählen und das für Sie beste Angebot finden. Außerdem gibt es schon vor Auftragsvergabe einige Dinge zu klären. Welche Schritte Sie wann am besten gehen sollten, zeigt Ihnen unsere Checkliste (siehe Heft).
Qualitätssicherung auch bei kleinen Anlagen
Viele Hersteller lassen ihre Produkte beim TÜV prüfen und nach dort festgelegten Kriterien zertifizieren. Alle angebotenen Anlagenkomponenten sollten solche Prüfsiegel tragen.
Die Abnahme der einzelnen Anlage durch einen unabhängigen Gutachter, wie bei großen Photovoltaikanlagen durchaus üblich, ist bei kleinen Dachanlagen nicht realistisch. Hilfsweise haben die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie DGS und der Bundesverband Solarwirtschaft BSW zwei verschiedene Qualitätssicherungsinstrumente entwickelt:
- Der „RAL Güteschutz Solar“ der DGS basiert auf einem Regelwerk, das durch Zertifizierung und stichprobenartiger Kontrolle sicherstellt, dass die gebauten Anlagen den anerkannten Regeln der Technik und der guten fachlichen Praxis entspricht. www.gueteschutz-solar.de.
- Der „Photovoltaik-Anlagenpass“ von BSW gemeinsam mit dem Zentralverband des Elektrohandwerks ist ein Formular, in dem der Installateur die Anlage umfassend dokumentiert. Der Pass soll ebenfalls die fachliche Qualität der Anlage dokumentieren, unterliegt jedoch anders als das RAL-Gütezeichen keiner unabhängigen Kontrolle. www.photovoltaik-anlagenpass.de.
Wichtig auch für spätere Reklamationen ist, dass die Anlage bei der Inbetriebnahme genau gecheckt wird und die volle Leistungsfähigkeit dokumentiert wird, zum Beispiel durch eine „Peakleistungsmessung“. Die genauen Gewährleistungs- und Garantiebedingungen entscheiden darüber, was diese Versprechen wirklich wert sind. Sie gehören auch zu einer detaillierten technischen Dokumentation der Anlage.
Rechtsfragen bei Anlagenbetreibern
Technik ist aber nicht alles. Dem künftigen Solarkraftwerksbetreiber bleibt auch die Klärung manch rechtlicher Frage nicht erspart. Unproblematisch ist in der Regel die Baugenehmigung. Gerade bei Photovoltaikanlagen auf privaten Gebäuden entfällt ein formelles Antragsverfahren in den meisten Fällen.
Zu den recht vielfältigen Steuerfragen und der Versicherung von Photovoltaikanlagen sind in den letzten Ausgaben dieser Zeitschrift bereits ausführliche Beiträge erschienen, die auf der Internetseite www.sonnenenergie.de auch zum Download angeboten werden (Steuerrecht in den Ausgaben 5 und 6/2010, Versicherung in Ausgabe 2/2011).
Bankkredite
Wenn technisch alles gut geht, sind Solarstromanlagen eine recht sichere Investition. Viele Banken bieten deshalb spezielle Kreditangebote zu vereinfachten Konditionen. Bei kleinen Anlagen werden oft weder besondere Sicherheiten noch Grundbucheinträge verlangt und es ist die Finanzierung bis zur gesamten Investitionssumme möglich.
Je nach Finanzierungsumfang und Laufzeit kann sich zwischenzeitlich eine Finanzierungslücke ergeben, wenn die Tilgungsraten höher sind als die regelmäßige Einspeisevergütung. Gleichen Sie deshalb die verschiedenen Konditionen mit den eigenen finanziellen Zukunftsplänen ab.
Viele regionale Sparkassen und Genossenschaftsbanken bieten eigene Solarkredite an. Über die eigene Hausbank kann man bundesweit Kredite der KfW („Erneuerbare Energien – Standard“) sowie der Landwirtschaftlichen Rentenbank („Energie vom Land“) bei Anlagen auf landwirtschaftlichen Gebäuden in Anspruch nehmen. Als Direktbanken bieten daneben u. a. die Umweltbank, GLS-Bank und die Ethikbank eigene Solarkredite an.
Wartung heißt vor allem Kontrolle
Solarstromanlagen laufen meist zuverlässig und fehlerfrei. Kleine Probleme lassen sich in der Regel schnell beheben. Wichtig ist vor allem eine regelmäßige Kontrolle der Anlage, damit die Erträge stimmen und die Kalkulation aufgeht.
Weil Photovoltaikanlagen in der Regel völlig störungsfrei arbeiten, ist die Versuchung groß, das eigene Kraftwerk irgendwann nicht mehr zu kontrollieren. Tritt dann aber doch einmal ein Fehler auf, können unbemerkte Mindererträge und Anlagenausfälle viele hundert Euro Ausfall bedeuten und jede Wirtschaftlichkeitsrechnung durchkreuzen.
Die wichtigste Empfehlung lautet deshalb: Einmal im Monat die Anlage kontrollieren und die Zählerstände ablesen. Kontrollieren Sie dabei auch die Fehlermeldungen des Netzeinspeisegerätes und weitere Einrichtungen wie Sicherungen und Überspannungsschutz (diese besonders auch nach Gewittern!).
Betriebserfahrungen
Der Aachener Solarenergie-Förderverein hat im Internet eine bundesweite Betreiberdatenbank eingerichtet und erinnert registrierte Teilnehmer jeden Monatsanfang per E-Mail an die Ablesung. Wenn Sie Ihre monatlichen Erträge in die Datenbank eintragen, können Sie dort sehr einfach mit anderen Anlagen aus der Region vergleichen.
Nach einer Daumenregel produziert jedes Watt installierter Spitzenleistung im Jahr eine Kilowattstunde Solarstrom. In der Praxis ist das ein Spitzenwert, den nur die besten Anlagen an optimalen Standorten erreichen. Durchschnittlich gute Anlagen erreichen je nach Lage Jahreserträge von 860 (Nordwest-Deutschland), 920 (Ostdeutschland) bis 970 Kilowattstunden (Süddeutschland) pro Kilowattleistung – bezogen auf den langjährigen Durchschnitt der Sonneneinstrahlung, der in den letzten Jahren häufig übertroffen wurde.
Neuer Ratgeber erschienen
Im Verlag der Stiftung Warentest erscheint am 24. Mai ein neuer Ratgeber fu?r Verbraucher. „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“ erklärt auf über 200 Seiten alles, was man wissen muss, wenn man eine netzgekoppelte Solarstromanlage anschaffen und betreiben will. Neben Technik und Planung sind
Wirtschaftlichkeit und Steuerfragen wichtige Themenschwerpunkte.In dem Buch finden sich wichtige technische Details, praktische Tipps für Planung und Betrieb sowie Antworten auf rechtliche und finanzielle Fragen wie zum Beispiel der steuerlichen Behandlung von Solarstromanlagen. Konkrete Beispiele, nützliche Checklisten und zahlreiche Bilder veranschaulichen das Wissen aus der Praxis.
Im umfangreichen Anhang finden sich zahlreiche Internetadressen, die weitere Hilfestellung bei konkreten Fragen versprechen. Auch der Autor liefert zusätzliche aktuelle Informationen und beantwortet Leserfragen auf der Ratgeberseite zum Buch unter www.photovoltaikratgeber.info.
Das Buch eignet sich bestens auch als Handbuch für Vertriebsmitarbeiter und Bankkundenberater. Es kostet 24,90 Euro und ist im Buchhandel oder direkt bei der Stiftung Warentest erhältlich: www.test.de/shop
Thomas Seltmann