Ressourceneffizienz
Teil2: Wasserressourcen: In Anbetracht der Ereignisse der vergangenen Wochen, müsste man sich eigentlich die Augen reiben oder denken, man befinde sich gerade in einem Traum. Es ist kaum vorstellbar, was in der Welt in kürzester Zeit passiert ist: Innerhalb von zwei Monaten haben Revolutionen die Machtstrukturen in Nordafrika völlig verändert und greifen auf immer mehr arabische Staaten über. Der schrecklichen Naturkatastrophe in Japan könnte die grösste nukleare Umweltkatastrophe der Geschichte folgen. Und durch die Medienberichterstattung ist so auch der gemeine Bürger zu einem vermeintlichen Nuklearexperten geworden. Die Bevölkerung ist aufgrund der offensichtlichen Hilf- und Machtlosigkeit der Regierungen wieder völlig verunsichert und verliert nach der Finanzkrise weiter den Glauben in die politische Führung und deren Handlungsfähigkeit. Zu schnell wurden Aussagen und Meinungen über Nacht revidiert, sodass ein Vertrauen in die Politik und ihre Werte unmöglich erscheint. Der Bürger fängt noch stärker an, Dinge zu hinterfragen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Das Ergebnis spiegelt sich in Umfragen, vor allem aber in den jüngsten Wahlergebnissen wider: Die einzige Partei, die ihrem Profil seit ihrer Gründung treu geblieben ist und somit im Prinzip aktuell überhaupt ein Profil hat, erlebt daher einen durch die Umstände beschleunigten, aber nachvollziehbaren Höhenflug. Unabhängig von politischen Einstellungen identifizieren sich immer mehr Menschen mit einer klaren Linie und sehnen sich nach der wieder gewonnenen ökonomischen nun auch wieder verstärkt nach ökologischer Sicherheit. In den Geschichtsbüchern wird daher neben den Revolutionen in Nordafrika und den bislang hilflosen Versuchen, eine Nuklearkatstrophe zu verhindern, für den März 2011 eines stehen: Im Musterländle Baden-Württemberg hat sich der Wähler zum ersten Mal in der deutschen Geschichte für einen grünen Ministerpräsidenten entschieden.
Lebensgrundlage Wasser
Die Serie Ressourceneffizienz beschäftigt sich in ihrem zweiten Teil mit der Ressource Wasser: Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Ohne die wertvolle Verbindung von einem Sauerstoff- und zwei Wasserstoffmolekülen und die spezifischen kostbaren Eigenschaften könnten Menschen, Tiere und Pflanzen auf der Erde nicht existieren. Der Mensch besteht zu etwa 60 Prozent aus Wasser, andere Lebewesen aus bis zu 90 Prozent. Beim Menschen führt ein Verlust von bereits 15 Prozent dieser Wassermenge zum Tod, und der Wasserbedarf liegt je nach Größe des Menschen und klimatischen Verhältnissen bei 3 bis 5 Litern. Um Leben auf fremden Planetenn nachzuweisen, forscht der Mensch auch dort zuerst nach Wasser in fester, flüssiger oder gasförmiger Form. Ohne Wasser kann ein Mensch nur wenige Tage überleben, während dies ohne feste Nahrung über einen deutlich längeren Zeitraum möglich ist. Der natu?rliche Kreislauf der Wassers ist ebenfalls eine wichtige Lebensgrundlage, ohne Regen würden Pflanzen sehr schnell verdorren. Ohne Wassermoleküle in der Atmosphäre würde die Hitze der Sonne direkt in den Weltraum zurückstrahlen, sodass die Temperatur auf der Erde zu niedrig wäre, um Leben zu ermöglichen. Zu den überlebenswichtigen Eigenschaften des Wassers gehört es außerdem, dass das größte Gewicht nicht im festen Zustand, sondern bei plus vier Grad erreicht wird. Wäre das Wasser im gefrorenen Zustand schwerer, würde sich das Eis auf dem Boden von Meeren und Seen bilden, langsam nach oben wachsen und dabei alles organische Leben zerstören. So aber entsteht innerhalb der Gewässer bei Temperaturschwankungen ein stetiger Wasseraustausch, und zwar sowohl zwischen höheren und niedrigeren Wasserschichten als auch horizontal (z.B. Golfstrom).
Nur 0,02 Prozent für den Menschen nutzbar
Eine exakte Berechnung des auf der Erde vorhandenen Wassers ist nicht möglich, weil vor allem das in der Atmosphäre gebundene Wasser und das Wasser in tiefen Erdschichten mengenmäßig nur geschätzt werden kann. Der weitaus größte Teil allerdings (circa 96,5 Prozent) ist Salzwasser, das ohne Aufbereitung für die Nutzung durch Menschen, durch Landtiere und für die Landwirtschaft nicht geeignet ist. Das Süßwasser ist zu einem großen Teil im Eis der Polarzonen, in Gletschern und in der Atmosphäre gebunden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass große Teile des Süßwassers für die Aufrechterhaltung des pflanzlichen und tierischen Lebens erforderlich sind. Für den menschlichen Verbrauch bleiben deshalb lediglich 0,02 Prozent des Wassers der Erde übrig. Viele Wasserkreisläufe sind sehr komplex und für die Menschen bisher nicht voll durchschaubar, so dass menschliche Eingriffe sehr sensibel vorgenommen werden müssen, um katastrophale Folgen zu vermeiden.
Rund 5.000 Liter Wasserverbrauch pro Person und Tag
Als durchschnittliche Konsumenten trinken wir etwa 1,2 Liter Wasser pro Tag. Weitere 4 Liter benötigen wir zum Kochen, 20 Liter für die Waschmaschine, 30 Liter für die Toilettenspülung, 60 Liter für Duschen und Baden, so dass wir pro Kopf insgesamt auf 126 Liter Trinkwasser täglich kommen. Die meisten Menschen auf der Welt können nicht über einen solchen Verbrauch verfügen. Doch ist das nur ein Teil dessen, was wir tatsächlich pro Tag verwenden. Denn rund vierzig Mal soviel lassen wir zusätzlich verfließen, ohne auch nur einmal den Wasserhahn aufzudrehen. Denn schon die Produktion vieler Konsumgüter verschlingt Unmengen von Wasser.
Durchschnittlich verbraucht jeder Deutsche daher am Tag 5.284 Liter Wasser nur durch den Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs (Quelle: UNESCO-IHE). Das entspricht in etwa 25 Vollbädern. „Virtuelles Wasser“ nennt sich dieses indirekt verbrauchte Wasser. Der Begriff wurde 1993 von dem britischen Geographen Tony Allan geprägt. Allan berechnete den Wasserverbrauch, der durch die Produktion, Lagerung und den Transport verschiedener Konsumgüter entsteht, und machte so erstmals transparent, wieviel Wasser in den Produkten steckt, die Endverbraucher vor allem in Industrienationen konsumieren.
Radelnder Fleischesser versus autofahrenden Vegetarier
In der industriellen Fleischproduktion braucht es beispielsweise drei Jahre, um ein Rind wachsen zu lassen und nach dem Schlachten 200 Kilo Fleisch verwerten zu können. Das Tier konsumiert in dieser Zeit rund 1300 Kilo Getreide und 7.200 Kilo Raufutter, also Gras, Heu und Silofutter. Allein zur Produktion des Futters werden über 300.000 Liter Wasser aufgewendet. Hinzu kommen 2.400 Liter, die das Tier trinkt und 700 Liter, die es für die Reinigung benötigt. Fleisch ist also der Spitzenreiter beim Wasserverbrauch. Als Tony Allan vor zwei Jahren den hochdotierten Stockholmer Wasserpreis für sein Konzept des „Virtuellen Wassers“ verliehen bekam, beschränkte er seinen Kommentar dazu auf die Worte: „Seid vernünftig, esst weniger Fleisch!“. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Berechnung der DGS: Sie ergab, dass ein Fahrradfahrer, der 7 km hin und zurück radelt, um in einem Restaurant ein 250-Gramm-Steak zu essen, mehr CO2 verbraucht, als ein Porsche 911er Fahrer (Annahme: 229 Gramm CO2-Ausstoss pro Kilometer), der bei gleicher Strecke im selben Restaurant ein vegetarisches Gericht verzehrt. Aber auch hinter anderen Lebensmitteln verbirgt sich mehr Wasser, als man zunächst annehmen würde: Bestellt man beispielsweise einen Espresso mit einem großen Glas Wasser, steckt in dem Espresso 280 Mal mehr Wasser als in dem Glas Wasser selber. Man benötigt 21.000 Liter Wasser, um ein Kilo Kaffee herzustellen. Besonders viel Wasser wird für Baumwollprodukte und Papier aufgewendet: Die Produktion eines einzigen DIN-A4-Blattes erfordert zehn Liter. Die 400.000 Liter Wasser, die für die Produktion eines Oberklassefahrzeugs benötigt werden, kommen einem im Vergleich dann schon fast wieder niedrig vor (Quelle: www.waterfootprint.org).
Wasserfußabdruck
Errechnet werden diese Daten regelmäßig vom Unesco Institute for Water Education (UNESCO-IHE) und dem Twente Water Centre in den Niederlanden. Hier wurde das Konzept von Tony Allan weiterentwickelt. „Denn Wasser ist nicht gleich Wasser“ weiß das Forscherteam und hat deshalb das Konzept des Wasserfußabdrucks entwickelt, bei dem der Wasserverbrauch in verschiedene Kategorien eingeordnet wird.
Als „grünen Wasserfußabdruck“ bezeichnet man den Verbrauch des im Boden gebundenen Niederschlagswassers. Der Verbrauch des Oberflächen- und Grundwassers heißt „blauer Fußabdruck“. Dabei wird alles Wasser als „verbraucht“ begriffen, das durch Verdampfung, Abfluss oder Bindung in Konsumerzeugnissen seinem natürlichen Lagerungsgebiet entzogen wird, da diese Wassermenge der lokalen Vegetation und Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung steht. Die oben angegebenen Beispiele beruhen alle auf einer Kombination des verbrauchten Grund- und Niederschlagswassers, sind also so genannte „grün-blaue Wasserfußabdrücke“.
Ein grauer Wasserfußabdruck beschreibt die Menge des Wassers, die im Laufe des Produktionsprozesses verunreinigt wurde. Besonders Agrarprodukte haben oft einen signifikant hohen grauen Wasserfußabdruck. Insektizide und Pestizide, die bei der Produktion ins Grundwasser gelangen, verunreinigen manchmal mehr Wasser als an Niederschlags-, Grund- und Oberflächenwasser für das Wachsen aufgewendet wurde.
Globaler Wasserhandel
„Wasserfußabdrücke sind allerdings immer relativ zu verstehen“, sagt Mesfin Mekonnen vom UNESCO-IHE, „denn sie sind immer räumlich gebunden und sagen deshalb zunächst einmal nichts darüber aus, wie gravierend die Folgen des Wasserverbrauchs im Endeffekt sind.“ Weinanbau in wasserreichen Alpenregionen sei beispielsweise nicht so problematisch wie Tomatenanbau im trockenen Süden Spaniens.
Doch bislang wird nur wenig auf solche regionalen Gegebenheiten Rücksicht genommen. Die wasserintensive Baumwollproduktion ist beispielsweise oft in sehr wasserarmen Regionen angesiedelt. So auch in Usbekistan, aus dem ein Großteil der europäischen Baumwollimporte stammt. Nach einer UNESCO-IHE-Studie tragen die EU-Importe zu einem Fünftel dazu bei, dass der Aralsee austrocknet. Denn seine Zuflüsse werden zur Bewässerung der Baumwollfelder genutzt.
Das UNESCO-IHE berechnet auch Wasserfußdrücke für ganze Länder und Unternehmen. Der Wasserabdruck eines Landes zeigt an, wieviel Wasser aufgewendet wurde, um alle im Land konsumierten Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Dabei zeigen sich zwischen den einzelnen Ländern signifikante Unterschiede.
Während die deutschen Konsumenten jährlich 159 Billionen Liter Wasser verbrauchen, was bei 82,2 Millionen Einwohnern 1,93 Millionen Liter pro Kopf ausmacht, verbraucht ein durchschnittlicher indischer Konsument im selben Zeitraum 0,98 Millionen Liter Wasser. Allerdings greift Indien dabei weitestgehend auf eigene Ressourcen zurück, während Deutschland vor allem außerhalb seiner Grenzen Wasser verbraucht. Denn die Deutschen exportieren zwar viele Industriegüter, doch die wasserintensiven Agrarprodukte werden zum größten Teil aus dem Ausland importiert.
1,4 Milliarden Menschen mit Wassermangel
Diese Zahlen sind beunruhigend und sorgen gerade vor dem Hintergrund einer steigenden Weltbevölkerung und verändertem, proteinreicherem Essverhalten in den aufstrebenden Wirtschaftsnationen China und Indien für Zündstoff; denn der virtuelle Wasserverbrauch offenbart, wie töricht vielerorts mit der kostbarsten aller Ressourcen umgegangen wird. Durch den globalen Handel mit wasserintensiven Produkten fließen gewaltige Ströme virtuellen Wassers um die Welt, und ein großer Teil strömt in die falsche Richtung – nämlich aus wasserarmen in wasserreiche Regionen. Vor allem geht es um Lebensmittel, Biosprit und Baumwolle; denn 70 bis 80 Prozent des Wassers, das weltweit verbraucht wird, versickert in der Landwirtschaft.
So trägt die Europäische Union etwa zu 20 Prozent zum Austrocknen des Aralsees bei, indem sie Baumwolle aus jener Region importiert. Und wenn die Deutschen Schinken aus Spanien oder Orangen aus Israel kaufen, verschlimmern sie die dortige Wasserknappheit. Überhaupt gehört Deutschland, ein Land mit reichlichen Wasserressourcen, zu den großen Importeuren virtuellen Wassers auf der Welt (siehe Grafik).
Schon heute leben 1,4 Milliarden Menschen in Gebieten mit Wassermangel. Klimawandel, das Bevölkerungswachstum und der virtuelle Wasserstrom verschärfen dieses Problem noch: „Wir stehen vor der paradoxen Situation, dass wir bis 2050 mit deutlich weniger Wasser zusätzliche 2,5 Milliarden Menschen ernähren müssen“, sagt Colin Chartres, Generaldirektor des International Water Management Institute.
Ausweg: keine Landwirtschaft in trockenen Regionen
Wissenschaftler fordern daher schon länger, dass es in trockenen Regionen keine Landwirtschaft mehr geben sollte. Die Menschen müssten den virtuellen Wasserhandel dazu nutzen, den gestörten Wasserhaushalt der Erde auszugleichen. Ägypten etwa solle statt Wasser für seine Wüstenfelder lieber gleich Bohnen oder Hirse aus Äthiopien importieren. Und Australien, dessen Inland zu den trockensten Zonen der Welt gehört, müsse am besten ganz aufhören, virtuelles Wasser in Form von Fleisch, Obst und Wein zu exportieren.
Ähnliches gelte für den gesamten Nahen Osten, den Norden Chinas, den Nordwesten Indiens, den Süden Kaliforniens und all die anderen Trockengebiete der Erde, so Arjen Hoekstra (UNESCO-IHE Institute for Water Education). Sie alle könnten ihre Wassernot lindern, indem sie ihre Felder verdörren lassen und stattdessen mehr virtuelles Wasser importieren. „Wie die Ölstaaten, denen das Öl ausgeht, müssen auch die wasserarmen Regionen eine neue Zukunftsvision entwickeln.“
Ausweg: Entsalzung und Recycling
Doch was könnte Staaten bewegen, ganz oder teilweise auf Landwirtschaft zu verzichten? Tony Allan sieht in Singapur zum Beispiel ein interessantes Modell: „Die haben weder Wasserquellen noch Landwirtschaft im Land. 90 Prozent ihres Wasserbedarfs decken sie über den Import von virtuellem Wasser. Der Rest kommt aus Entsalzungs- und Recyclinganlagen.“
Zwar weiß auch Allan, dass Singapur nicht als Modell für die Welt taugt. Kein Land der Welt, so räumt er ein, werde wohl in absehbarer Zeit freiwillig seine Landwirtschaft abschaffen. „Aber immerhin ist es heute kein Tabu mehr, darüber zu diskutieren.“
Experten sind sich einig darüber, dass angemessene Preise für Wasser den Handel in die richtige Richtung steuern würden. Doch die werden verfälscht, weil viele Regierungen das Wasser für ihre Bauern subventionieren. Täten sie das nicht, würden sich Ackerbau und Viehzucht in vielen Trockenregionen nicht mehr lohnen. „Rainfed agriculture“ - Regenfeldbau wäre alternativ eine nachhaltige Form der Landwirtschaft, die dank intelligenter Sortenauswahl ohne künstliche Bewässerung auskommt. Oft aber entscheiden nicht die Bauern alleine, was sie anpflanzen.
Staaten wie China und Saudi-Arabien kaufen unterdessen statt Nahrungsmittel lieber gleich große fruchtbare Flächen in Afrika, Asien und Lateinamerika - und sichern sich so den Zugriff auf die Wasservorkommen. Dabei konkurrieren sie mit Lebensmittelgiganten wie Nestlé und Coca-Cola, die seit Jahren ebenfalls Nutzungsrechte für Wasserreservoirs auf der ganzen Welt erwerben.
Die Debatte um den Wasser-Fußabdruck ist diesen Konzernen durchaus willkommen. Denn sie bietet ihnen Gelegenheit, etwas fürs Image zu tun. Einige Unternehmen entsenden daher ganze Delegationen zur jährlichen Weltwasserwoche nach Stockholm, die auf verschiedenen Workshops stets dasselbe beteuern: dass ihr Arbeitgeber sehr darum bemüht sei, kleinere Wasser-Fußstapfen zu hinterlassen.
Ausweg: Effiziente Wasserversorgung
Auch eine zuverlässige und effiziente Wasserversorgung gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung. In einigen Regionen der Welt sind die verfügbaren Wasserressourcen wie oben beschrieben bereits deutlich zurückgegangen. Aufgrund der erwarteten weiteren Zunahme der Weltbevölkerung und des Anstiegs des globalen Wasserverbrauchs um bis zu 30 Prozent bis zum Jahr 2025 gehen Experten davon aus, dass sich die Lage in Zukunft deutlich zuspitzen wird1). Diese Situation wird durch den Klimawandel weiter verschärft und führt zusätzlich zu einer Verknappung der lokalen Wasserressourcen. Gleichzeitig haben Wasserversorger in Industrieländern Leckage-Verluste von durchschnittlich 15 und in Entwicklungsländern von durchschnittlich 35 Prozent der transportierten Wassermenge2).
Diese sind meist auf veraltete und löchrige Rohrleitungsnetze zurückzuführen und stellen die Wasserversorger weltweit vor große Herausforderungen. Insbesondere die frühzeitige Erkennung der zu Beginn kleinen Verlustflüsse und deren Lokalisierung im unterirdischen Leitungsnetz als auch die Bestimmung ihrer Auswirkung auf die Wasserversorgung gestalten sich schwierig. Für eine Optimierung der Netzinstandhaltung und Reduktion der Wasserverluste sind sie jedoch unerlässlich.
Transport und Verteilung des (Trink-)Wassers erfordern eine Vielzahl energieintensiver Pumpensysteme. Ungu?nstige Pumpenarbeitspunkte oder die den Pumpen nachgelagerte Drosselung des erzeugten Pumpendrucks durch Druckregelventile können zu einem ineffizienten Betrieb, unnötig hohem Energieverbrauch und damit einhergehend erhöhtem CO2-Ausstoß fu?hren. Auch sorgen festgelegte, auf simplen Regeln beruhende Pumpenfahrpläne für unnötig hohe Drücke im gesamten Wasserversorgungsnetz, was wiederum höhere Wasserverluste im Netz bedeutet. Die energieeffiziente Verteilung der Ressource Süsswasser wird daher sicherlich eine der grossen Aufgaben der Zukunft sein.
Aber auch der Aufbereitung von Wasser kommt neben dem Recycling eine immer wichtigere Bedeutung zu.
Ausweg: Wasseraufbereitung
1968 erkannte Wolfgang Eichler, ein junger Diplom-Ingenieur, dass der Aufbereitung von Wasser eine immer wichtigere Rolle zukommt. Er gründete die Alldos Eichler KG in Pfinztal bei Karlsruhe. Für sein junges Unternehmen wählte er den Namen Alldos, da er „alles dosieren“ wollte. Schon 1970 erhielt Wolfgang Eichler sein erstes Patent. In den folgenden Jahren wurde die Produktpalette kontinuierlich erweitert. Zusätzlich zu Dosierpumpen und Desinfektionssystemen entwickelte man eigene Mess-und Regeltechnik-Produkte. Nach einer erfolgreichen, weltweiten Expansion wurde Alldos 2005 Teil der dänischen Grundfos-Gruppe.
Im Zuge dieser Integration wurde Alldos zur Grundfos Water Treatment GmbH. Deren Geschäftsführer Poul Madsen formuliert den Nachhaltigkeitsansatz folgendermaßen: „Die globale Notwendigkeit für sauberes Trinkwasser sowie Wasserrecycling wächst täglich durch Bevölkerungswachstum, Industrialisierung, Urbanisierung sowie das Bedürfnis nach einer Verbesserung der Lebensqualität. Da die Menge an natürlichem Frischwasser begrenzt ist, werden Wasseraufbereitung, Desinfektion sowie die Entsalzung von Meerwasser immer wichtiger. Weltweit sterben ca. zwei Millionen Menschen jährlich, weil ihnen sauberes Wasser fehlt. Die Grundfos Water Treatment GmbH ist in der glücklichen Lage, Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser mit seinen Produkten und Lösungen helfen zu können.“
Innerhalb der Grundfos-Gruppe ist die Grundfos Water Treatment GmbH das Kompetenzzentrum für Wasseraufbereitung - ein Bereich, der weltweit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Grundfos sieht sich als Vorreiter im effizienten Umgang mit Energie und unterstreicht diesen Anspruch durch die Entwicklung hocheffizienter Pumpen und innovativer Technik, was durch Kampagnen wie „Meet the Energy Challenge“ unterstrichen wird. Zahlreiche erfolgreiche Projekte zur Wasseraufbereitung können Sie auf der Homepage der Grundfos Water Treatment GmbH unter „Referenzen“ nachlesen: www.grundfosalldos.com.
Auch die Firma Autarcon sorgt mit ihrem System SuMeWa (SunMeetsWater) schon heute in vielen Teilen der Erde für nachhaltig sauberes Wasser insbesondere in Entwicklungsregionen. SuMeWa ist ein System zur energieautarken dezentralen Trinkwasseraufbereitung von Süßwasser. Es ist in einer Kooperation der Universität Kassel mit der Universidade Federal do Ceará entwickelt, getestet und optimiert worden. Als Ausgründung ist Autarcon weltweit für den Vertrieb und erfolgreiche Implementierung des Systems zuständig und wird in der nächsten Ausgabe der SONNENENERGIE genauer vorgestellt.
Ausblick
Die nachhaltige Versorgung der Menschheit mit sauberen Trinkwasser ist eine der großen Zielstellungen für die nächsten Jahrzehnte. 2010 wurde daher von den Vereinten Nationen das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung auch als Grundrecht anerkannt. Dies zeigt, welch enorme Bedeutung der Lösung dieser Herausforderungen zukommt. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern besteht die Gefahr, dass durch einen rapiden und teilweise unkontrolliert anwachsenden Urbanisierungsprozess sowie Raubbau durch nicht nachhaltige Landwirtschaft die Wasserbilanz der jeweiligen Regionen dauerhaft gestört werden könnte. Hinzu kommt der steigende Bevölkerungsdruck und unser Konsumverhalten. Weitere Risiken ergeben sich zudem aus den Folgen des Klimawandels. Früher gab es Völkerwanderungen, wenn eine Region ihre Bevölkerung nicht mehr ernähren konnte. Dies ist im 21. Jahrhundert nicht mehr möglich. Wir müssen neben dem effizienten Umgang mit Energie und Rohstoffen daher auch vermehrt auf unseren virtuellen, versteckten Wasserverbrauch achten, der in den Industrieländern um ein Vielfaches über dem offensichtlichen Verbrauch aus dem Wasserhahn liegt. Jeder Einzelne sollte Verantwortung übernehmen und seinen Teil dazu beitragen, ein rasantes Ansteigen des weltweiten Wassermangels zu reduzieren.
Fußnoten
1) Quelle: IZT Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (2009): ZVEI - Integrierte Technologie-Roadmap AUTOMATION 2020+ Wasser und Abwasser
2) Quelle: Liemberger: A Look at Performance-Based Service Contracting - Water Supply and Sanitation Sector Board Discussion Paper Series, Paper No. 8.
Gunnar Böttger