Erneuerbare Energien sichtbar machen
Schlafende Solaranlagen für den Unterricht nutzen: Schul-Solaranlagen können mehr, als nur Strom erzeugen: Nach der atomaren Katastrophe in Fukushima und auf Grund des stärker werdenden Klimawandels verstehen immer mehr Menschen, dass die atomare und fossile Energieerzeugung keine nachhaltige Lösung, sondern ein Irrweg ist. Nahezu alle Menschen in Deutschland haben zu den Erneuerbaren Energien eine positive Einstellung und wissen, dass diese die Energieformen der Zukunft sind.
Deshalb ist dieses Thema im Unterricht oder im Rahmen von Projekten in den Rahmenlehrplänen von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II vorgesehen. Viele Schulen haben hierfür eigentlich gute Voraussetzungen. So gibt es zum Beispiel auf dem Schuldach eine Photovoltaikanlage, die ideal geeignet ist in den Unterricht einbezogen zu werden.
Leider nutzen nur wenige Schulen diese guten Voraussetzungen. Dabei hat eine Solaranlage auf dem Schuldach viele positive Eigenschaften:
- Sie erzeugt umweltfreundlichen Strom.
- Sie spart der Schule einen Teil ihrer Stromkosten.
- Sie kann als Anschauungs- und Lehrobjekt für praxisnahen Unterricht zu Erneuerbare Energien und Klimaschutz genutzt werden.
- Sie ist Vorzeigeobjekt für eine klima- und umweltbewusste Schule.
Leider verschenken die meisten „Solar-Schulen“ die beiden letztgenannten Vorzüge, obwohl diese häufig den Ausschlag zur Anschaffung der Schulsolaranlagen gegeben haben. Denn nur in wenigen Schulen werden die Solaranlagen tatsächlich pädagogisch sinnvoll genutzt, selten finden sie Eingang in den Unterricht. Dabei könnte eine Anzeige- und Infotafel im Schulfoyer zumindest informieren als auch die Außendarstellung der Schule steigern.
Um dieses Manko zu beheben, hat der Landesverband Berlin-Brandenburg der DGS zusammen mit dem unabhängigen Institut für Umweltfragen (UfU) e.V. und dem Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) Ende 2006 das Vorhaben „Solar Support für Schulen / Schlafende Photovoltaikanlagen für die Umweltkommunikation nutzen“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Pilot-Forschungsvorhabens, das vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördert wurde, wurden an 15 ausgewählten Schulen in den Regionen Berlin-Brandenburg und Mittelfranken die Schul-Solaranlagen technisch für die pädagogische Nutzung optimiert. Die Ergebnisse der Optimierung und guter Beispiele darüber hinaus wurden in einer „Good-Practice-Broschüre“ zusammengestellt. Sie zeigt u.a. welche Hemmnisse bei der Nutzung der Solaranlage bestehen und wie sie beseitigt werden können. Diese Broschüre und die für die pädagogische Nutzung der Solaranlage entwickelten Unterrichtseinheiten können über die Internetseite www.solarsupport.org kostenfrei heruntergeladen werden.
Nach der positiven Resonanz des Pilot-Forschungsvorhabens bei den Schulen und mit dem Rüstzeug in der Tasche wurde von der DGS und dem UfU Mitte 2008 ein Folgeantrag beim BMU zur bundesweiten Nachrüstung von 400 Schulsolaranlagen gestellt. Nach Bewilligung des Antrags Ende 2008 wurden im großen Maßstab die schlafenden PV-Anlagen geweckt. Basierend auf den Erfahrungen des Vorgängerprogramms wurde ein Gerätesatz zur Nachrüstung der Schulsolaranlagen entwickelt und großflächig eingesetzt. Dieser besteht im Wesentlichen aus einer Anzeigetafel, einem Datenlogger, einer Sensorik und einem Internetportal.
Anzeigetafel
Die Anzeigetafel dient zur Sichtbarmachung der solaren Erträge. In Echtzeit werden die aktuelle Leistung, der Gesamtenergieertrag und die vermiedenen CO2-Emissionen der Solaranlage über eine dreizeilige Anzeigetafel dargestellt. Zur öffentlichkeitswirksamen Präsentation wurde die Anzeigetafel in den Schulen an publikumsträchtigen Orten, z. B. im Schulfoyer oder Eingangsbereich installiert. Die zur Anzeige gebrachten Leistungsdaten werden aus digitalen Impulsen, die vom Datenlogger generiert werden, ermittelt.
Datenlogger
Der Datenlogger erfasst die Betriebswerte der PV-Anlage und überträgt sie mittels Ethernet ins Internet. Um der großen Zahl von verschiedenen Bestands-Wechselrichtern gerecht zu werden, wurde bei der Nachrüstung darauf Wert gelegt, einen Datenlogger vorzusehen, der mit den meisten Wechselrichtern kompatibel ist. Für die Erfassung der Betriebswerte wurden drei Varianten entwickelt, die der großen Anzahl von verschiedenen an Schulen errichteten Bestandsanlagen gerecht werden.
Variante: Direkte Auslesung des Wechselrichters
Unter der Voraussetzung, dass der Wechselrichter bzw. die Kommunikationsschnittstelle des Wechselrichters über den Datenlogger ausgelesen werden kann, wird der Wechselrichter direkt über eine Kommunikationsschnittstelle, die im Einzelfall ggf. im Bestands-Wechselrichter nachgerüstet wurde, ausgelesen. Bei dieser Variante werden die vom Wechselrichterhersteller freigeschalteten Betriebswerte (z. B. DC-Ströme und -Spannungen, Netzfrequenz, AC-Ströme und -Spannung, aktuelle Leistung, etc.) über den Datenlogger ausgelesen und auf das Internetportal zur Darstellung der erfassten Betriebswerte übertragen.
Variante: Direkte Auslesung des Wechselrichters und Erfassung von Umweltdaten
Die zweite Variante sieht zusätzlich die Erfassung von Umweltdaten über den Datenlogger vor. Diese sind die solare Einstrahlung auf die Modulebene, die Außentemperatur und die Modultemperatur. Mit den zusätzlichen Daten kann eine umfangreiche Untersuchung und Bewertung der PV-Anlage durchgeführt werden. Dieses System wurde insbesondere weiterführenden oder besonders engagierten Schulen zur Verfügung gestellt.
Variante: Erfassung der eingespeisten Energie über separaten Energiezähler
Ist die Auslesung des Wechselrichters über die Kommunikationsschnittstelle aus Kompatibilitätsgründen nicht möglich, so wurde die elektrische Leistung mit einem zusätzlichen Energiezähler, der in Reihe vor dem Bestands-Einspeisezähler geschaltet wird, gemessen. Über den S0-Impulsausgang des Energiezählers erfasst der Datenlogger die eingespeiste Energiemenge auf der AC-Seite und überträgt nach interner Auswertung die Daten über das Ethernet auf das Internetportal.
Sensorik
An vorwiegend weiterführenden Schulen wurde die zusätzliche Erfassung von Umweltdaten umgesetzt, um den Schülern eine umfangreiche Untersuchung und Bewertung der PV-Anlage zu ermöglichen. Die Sensorik besteht aus einem Einstrahlungssensor zur Erfassung der solaren Einstrahlung auf die Modulebene und aus einem Außen- und Modultemperaturfühler.
Internetportal
Für die Sichtbarmachung und pädagogische Nutzung der PV-Anlage wurde neben der Anzeigetafel ein Internetportal eingerichtet. Über dieses Internetportal haben die Schüler und Lehrer die Möglichkeit, ihre Solaranlage zu überwachen und umfangreich für den Unterricht zu nutzen. Der Datenlogger übermittelt alle 15 Minuten die erfassten Betriebsdaten inklusive der Daten vom Einstrahlungssensor und von den Temperaturfühlern. Über eine Software werden diese gelieferten Rohdaten ausgewertet und auf dem Internetportal dargestellt. Die Schüler haben damit die Möglichkeit, die Funktionsweise der PV-Anlage ihrer Schule detailliert kennenzulernen. Es können zum Beispiel die Tages-, Monats- und Jahresgänge der eingespeisten Energie, die eingesparten CO2-Emissionen und das monetäre Solarkonto dargestellt werden. Auch detaillierte Untersuchungen der elektrischen Kennwerte des Wechselrichters (z. B. DC- und AC-Ströme und –Spannungen, Netzfrequenz, Gerätetemperatur, etc.) und komplexe Analysen wie zum Beispiel die Bestimmung der Performance-Ratio und des Wirkungsgrades der Solaranlage sind möglich. Die Onlinedaten der Schulsolaranlagen sind frei zugänglich und können über die Internetseite
(www.klimaschutzschulenatlas.de) aufgerufen werden.
EE sichtbar machen 2
Nach erfolgreicher „Sichtbarmachung“ von bundesweit 400 Schulsolaranlagen wurde das Förderprogramm Anfang 2011 erfreulicherweise vom BMU um 3 Jahre verlängert. Im Rahmen von „EE sichtbar machen 2“ können weitere 400 Schulsolaranlagen nachgerüstet werden. Interessierte Schulen können sich über einen Online-Fragebogen unter www.klimaschutzschulenatlas.de bewerben.
Martin Dinziol