E-Mobil Akzeptanz
Attraktivität und Marktpotenzial für Elektrofahrzeuge: Der Frage, wie groß die Akzeptanz für Elektrofahrzeuge und wie hoch ihr künftiges Marktpotenzial ist, gingen Wissenschaftler des ISOE1) im Rahmen des Projekts OPTUM, das zusammen mit dem Öko-Institut durchgeführt wurde, nach2).
Glaubt man den demoskopischen Umfragen, so ist ein nennenswerter Anteil von Autofahrern in Deutschland bereit, sich beim nächsten Kauf ein Elektrofahrzeug anzuschaffen. Denn das Elektroauto ist effizient und bei niedrigen Geschwindigkeiten leise, es erzeugt keine schädlichen Abgase und kann mit Strom betankt werden, den Wind und Sonne erzeugen. Allerdings äußern sich die potenziellen Käufer in diesen Umfragen zu Fahrzeugen, die es in Serie noch gar nicht gibt, die kaum jemand gesehen, geschweige denn gefahren hat und deren technische Eigenschaften noch gar nicht genau bekannt sind.
Noch viel Unkenntnis
Es wundert also nicht, dass nur wenige Autofahrer realistische Vorstellungen vom Elektroauto haben. Viele beispielsweise glauben, dass ein E-Pkw eine ähnlich hohe Reichweite haben wird wie ein Benziner oder Diesel und rund um die Uhr zur Verfügung steht. Tatsächlich werden reine Elektrofahrzeuge aus der Serienproduktion mit einer Batterieladung auf Basis heutiger Technologie wohl maximal 160 Kilometer weit kommen. Danach muss über mehrere Stunden wieder aufgeladen werden. Der durchschnittliche Nutzer ist heute zudem an Klimaanlage und Multimedia gewöhnt. Eine serienmäßige Ausstattung der Elektroautos mit diesem Komfort bedeutet also eine geringere Reichweite.
Elektroautos bescheren aber auch ein neues Fahrgefühl: Ein Elektromotor beschleunigt, anders als der Verbrennungsmotor, ohne Verzögerung. Ein kleiner Tipp auf das Gaspedal genügt und das Auto spricht sofort an. Das Drehmoment, also die Kraft, die zur Beschleunigung gebraucht wird, steht unmittelbar und nicht erst bei einer bestimmten Drehzahl zur Verfügung. Allerdings hängt die Reichweite des Fahrzeugs ganz entscheidend von der Fahrweise ab. Hohe Geschwindigkeiten und häufiges Beschleunigen schlucken viel Energie, die Reichweite pro Batterieladung sinkt deutlich. Das ist bei konventionellen Fahrzeugen ähnlich, fällt bei Elektrofahrzeugen wegen der grundsätzlich kürzeren Reichweite aber deutlich mehr ins Gewicht.
Fragestellungen
Wie kann man möglichst realitätsnah Akzeptanz und Attraktivität von elektrisch getriebenen Fahrzeugen in Erfahrung bringen? Und wie gut oder wie schlecht fällt die Bewertung von Elektroautos im Vergleich zu herkömmlichen Autos mit Verbrennungsmotor aus? Wie groß könnte das Marktpotenzial für Elektroantriebe im Jahr 2020 und 2030 sein, wenn alle großen Hersteller erste Serienmodelle auf dem Markt haben? Diesen Fragen wurde im Rahmen des Forschungsprojektes OPTUM auf den Grund gegangen.
Auswahl aus Fahrzeugen mit unterschiedlichen Fahrzeugeigenschaften
Für die Befragung potenzieller Autokäufer wurde eine so genannte Conjoint-Analyse eingesetzt. Diese Art der Akzeptanzanalyse simuliert Kaufentscheidungen, wie sie auch in der Praxis tatsächlich stattfinden – die Befragten werden zum Beispiel immer auch mit den Kosten ihrer Entscheidung konfrontiert. Im Vorfeld wurde zusammen mit dem Öko-Institut einen Kriterienkatalog entwickelt, der die wichtigsten Eigenschaften des Fahrzeugs beschreibt: von den Anschaffungskosten über Motortyp und Motorleistung, Kraftstoff- bzw. Stromkosten bis hin zu Ladedauer, Reichweite und CO2-Emissionen. Diesen Kriterienkatalog wurde für die Fahrzeugkategorien klein, mittel und groß und für drei unterschiedliche Fahrzeugtypen: Autos mit Verbrennungsmotor, Plug-In-Hybridfahrzeuge und rein batterieelektrische Pkw erstellt.
Der wesentliche Vorteil dieser Methode gegenüber herkömmlichen Umfragen: Das Set aus technischen und ökonomischen Parametern bildet auf einen Blick alle wesentlichen Eigenschaften eines Fahrzeugtyps ab. Die Befragten urteilen also nicht über Autos, von denen sie keine oder falsche Vorstellungen haben. Sie wägen vielmehr anhand von typischen und realitätsnahen Kriterien ab, welche Einflussgrößen bei einem Autokauf für sie persönlich wichtig sind und welche dagegen eher Nebensache. Sie machen sich positive und negative Aspekte eines bestimmten Fahrzeugtyps bewusst und treffen gezielt ihre Entscheidung für das eine oder andere Auto. Damit simuliert die Conjoint-Analyse den Autokauf als das, was er auch in der Realität ist: ein komplexer Abwägungsprozess über eine langfristige und kostspielige Anschaffung. Wer beispielsweise vor allem auf den Kaufpreis achtet, wird von den hohen Kosten eines Elektrofahrzeugs abgeschreckt. Er nimmt den hohen Preis aber womöglich in Kauf, wenn die Kraftstoffpreise und damit die Betriebskosten deutlich steigen. Wem vor allem die CO2-Emissionen eines Autos wichtig sind, akzeptiert dafür unter Umständen die eingeschränkte Reichweite eines Elektroautos. Wer nur größere Autos fährt und das Fahrzeug vor allem für den Urlaub braucht, tendiert zum Verbrennungsmotor oder Plug-In-Hybrid.
Das Auto von heute ist aber nicht das Auto von morgen. Anschaffungskosten, Strom- und Kraftstoffpreise und auch die technischen Eigenschaften werden sich innerhalb der kommenden zehn bis zwanzig Jahre deutlich verändern. Für die Conjoint-Analyse legten die Experten des Öko-Instituts daher ausgehend von heutigen Kosten und derzeitigen technischen Eigenschaften fest, wie sich diese Eigenschaften bis zum Jahr 2020 bzw. bis 2030 entwickeln könnten.
Elektroauto: Je kleiner, umso attraktiver
Es wurden 1487 Personen zwischen 18 und 82 Jahren, die sich in den kommenden zwei Jahren ein neues Auto anschaffen wollen, befragt. Die Auswahl der Teilnehmer erfolgte als repräsentative Stichprobe. Vertreten waren Frauen und Männer, Jung und Alt, Autofahrer mit mehr und mit weniger Umweltbewusstsein, Vielfahrer und solche, die gern auch mal Busse und Bahnen nutzen.
Die Befragten wurden in einem ersten Schritt je nach der Präferenz für eine bestimmte Fahrzeuggröße den Kategorien klein, mittel und groß zugeordnet.
Während der Befragung kombinierte der Computer die Eigenschaften der drei Fahrzeuge (Verbrennungsmotor, Plug-In-Hybrid, E-Pkw) immer wieder neu, um die möglichen Entwicklungen bei Preisen und Technik bis zum Jahr 2030 abzubilden. Bei den Kleinwagen lagen beispielsweise die Kraftstoff- bzw. Stromkosten zwischen zwei und 16 Euro pro 100 Kilometer, in der mittleren und großen Kategorie bei vier bis 20 Euro. Die Anschaffungskosten reichten von 9.000 Euro (Mini) bis zu 62.000 Euro in der oberen Mittelklasse. Die Ladedauer für Elektrofahrzeuge variierte in allen drei Fahrzeugkategorien zwischen fünf Minuten und acht Stunden. Die CO2-Emissionen lagen zwischen fünf und 200 Gramm pro Kilometer. Anhand der unterschiedlichen Eigenschaften der Autos entschieden sich die Befragten jeweils für eines der drei Autos. Aus dieser Variation der Eigenschaften ermittelt der Computer, welche Aspekte für die Kaufentscheidung besonders wichtig sind.
Wie aber lässt sich hieraus die Akzeptanz für zukünftige elektrisch betriebene und konventionelle Fahrzeuge vorhersagen? Dafür entwickelte das Öko-Institut zusammen mit Experten aus der Industrie ein Set von Eigenschaften, die im Jahr 2020 und im Jahr 2030 für das Auto mit Verbrennungsmotor, das Plug-In-Hybridfahrzeug und das Elektroauto typisch sein werden. Die Ergebnisse aus der Befragung wurden dann auf diese Fahrzeuge übertragen. Das heißt, es wurden Marktanteile entsprechend dieser Eigenschaften berechnet, wobei in der Kategorie „groß“ nur Pkw mit Verbrennungsmotoren und Plug-In-Hybride, aber keine reinen Elektroautos berücksichtigt wurden.
Etwa 20% für ein Elektroauto
Die Auswertung der Ergebnisse machte deutlich: Im Schnitt würde sich – je nach Eigenschaften – ein Sechstel bis ein Viertel der potenziellen Autokäufer für ein voll elektrisches Auto entscheiden. Für Autos mit den Eigenschaften wie sie für das Jahr 2020 angenommen wurden gilt: Je kleiner das gewünschte Auto, umso mehr potenzielle Käufer entscheiden sich für ein reines Elektrofahrzeug. So würde bei den Minis jeder Vierte einen E-Pkw kaufen, bei den Kleinwagen knapp jeder Fünfte und in der mittleren Kategorie etwa 12 Prozent.
Im Szenario mit den Auto-Eigenschaften von 2030 wächst – wegen des technischen Fortschritts, der in der Untersuchung hinterlegt ist – in der Kategorie „mittel“ der Anteil der Käufer, die sich für einen rein elektrischen Pkw entscheiden würden, von 12 auf 19 Prozent. Der Anteil der E-Pkw bleibt bei den Minis etwa gleich und bei den Kleinwagen steigt er um drei Prozent.
Bei Minis und Kleinwagen besitzen Verbrennungsmotor und Plug-In-Hybride im Jahr 2020 etwa gleich große Anteile. Im Jahr 2030 ist der Anteil der Plug-In-Hybride um etwa fünf Prozent größer. In der mittleren Kategorie würden sich in beiden Jahren mehr Autofahrer für einen Plug-In-Hybrid als für ein Auto mit Verbrennungsmotor entscheiden. In der Kategorie der größeren Fahrzeuge würde jeweils eine Mehrheit von 60 Prozent ein Plug-In-Modell wählen, 40 Prozent der Befragen ein herkömmliches Auto.
Aus den Kaufentscheidungen der 1.487 Befragten konnte errechnet werden, wie die Neuwagenkäufer auf bestimmte Entwicklungen reagieren.
Beispielsweise verwundert es nicht, dass Autofahrer empfindlich auf weiter steigende Benzinpreise reagieren. Bei einem Preis von 1,52 Euro pro Liter Benzin würden 40 Prozent der Kleinwagenkäufer ein Auto mit Verbrennungsmotor wählen, bei 2,50 Euro pro Liter nur noch 30 Prozent, bei 3,00 Euro pro Liter sinkt der Anteil auf 26 Prozent. Steigt hingegen der Strompreis kommt es zu folgenden Veränderungen: Kostet die Kilowattstunde 15 Cent, würden über 60 Prozent der Kleinwagenkäufer einen Plug-In-Hybrid oder ein Elektroauto kaufen, bei einer Verdopplung des Strompreises sind es immer noch 56 Prozent, bei 50 Cent für die Kilowattstunde noch 46 Prozent.
Eine Erhöhung der Reichweite pro Batterieladung führt erwartungsgemäß dazu, dass Elektrofahrzeuge attraktiver werden. Der Effekt ist aber nicht so bedeutend, wie häufig angenommen wird: Würde die Reichweite von 160 auf 300 Kilometer klettern, wechseln nur sechs Prozent der Kleinwagenkäufer zusätzlich zum Elektroauto, bei 500 Kilometern, also vergleichbar mit der Tankfüllung eines Benziners, knapp 10 Prozent. Gleichzeitig verringert sich der Anteil der Käufer, die sich für einen Pkw mit Verbrennungsmotor entscheiden, mit steigender Reichweite des Elektro-Pkw nur geringfügig. Der Anteil der E-Pkw steigt also in erster Linie auf Kosten des Anteils der Plug-In-Hybride. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Ladedauer: Sinkt sie von 7,5 Stunden auf nur noch fünf Minuten – was etwa der Zeit entspricht, die man an einer Zapfsäule zum Volltanken braucht – würden sieben Prozent der Kleinwagenkäufer vom Plug-In-Hybrid zum Elektroauto wechseln, vom konventionellen Pkw zum E-Auto aber nur zwei Prozent.
Erstaunlicherweise reagieren die potenziellen Käufer auch auf den Anschaffungspreis nicht so sensibel wie erwartet. So verringert sich der Anteil der Elektroautos in der Kategorie „klein“ bei einer Preissteigerung von 2.000 Euro für das Elektrofahrzeug nur um knapp zwei Prozent. Das lässt darauf schließen, dass es einen Stamm von echten Elektroauto-Fans gibt, deren Hauptkriterium nicht der Preis ist. Und es bedeutet auch, dass die Betriebskosten, die beim Elektrofahrzeug deutlich geringer als beim konventionellen Pkw sind, für viele maßgeblich sind.
Die Berechnungen zeigen auch, dass viele Autokäufer am liebsten an ihren Fahr- und Tankgewohnheiten festhalten: In dem theoretischen Fall, dass fünf Minuten Ladedauer ausreichen, um mit einer Batterieladung 500 Kilometer weit zu fahren, würden 41 Prozent der Kleinwagenkäufer ein reines Elektroauto wählen, nur noch 35 Prozent ein Auto mit Verbrennungsmotor.
Fazit
Das Resümee der Käuferanalyse im Projekt OPTUM zeigt: Trotz hoher Anschaffungskosten und technischer Einschränkungen, die Elektrofahrzeuge mit sich bringen, gibt es unter Autokäufern in Deutschland eine große Gruppe, die elektrische Antriebe attraktiv findet. Diese Gruppe, so zeigen weitere Analysen, ist zugleich überdurchschnittlich umweltbewusst. Für die Gestaltung künftiger Angebote bedeutet das: Wirkliche Umweltfreundlichkeit, also Null-Emission, muss über regenerativen Strom garantiert werden.
Das Projekt wurde von Dr. Wiebke Zimmer, Öko-Institut (Berlin) geleitet und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gefördert.
Fußnoten
- Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main
- Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse des Projekts findet sich in der Broschüre des Öko-Instituts (2011): Autos unter Strom - Umweltentlastungspotenziale von Elektromobilität – Integrierte Betrachtung von Fahrzeugnutzung und Energiewirtschaft.
Dipl.-Ing. Christa Friedl und Dr. Konrad Götz