Turbulente Märkte
Erdöl, Erdgas, Strom und die Folgen für den Pelletsmarkt. Sanierungsstau in deutschen Heizungskellern: Nur jede achte Heizungsanlage entspricht dem Stand der Technik. Und fast 90 Prozent der neuen Heizkessel werden nach wie vor mit Öl und Gas befeuert. Dabei zeigen die Preissteigerungen der letzten Jahre schon jetzt die absehbare Knappheit der fossilen Rohstoffe. Holzpellets sind dagegen als Heizstoff derzeit vergleichsweise günstig.
Mehr als ein Drittel des deutschen Endenergieverbrauchs dient Raumheizung und Warmwasser. Doch nur jede achte Heizungsanlage ist auf dem aktuellen Stand der Technik. Alle anderen sind älter als 10 Jahre und fast ein Fünftel der Heizungen sind sogar älter als 24 Jahre (Stand Oktober 2009). Allein durch den Austausch von 15 Millionen veralteter Heizungsanlagen durch moderne Technik lässt sich laut Bundesverband Erneuerbare Energien der Heizenergieverbrauch der privaten Haushalte um 30 Prozent reduzieren.
Neben erhöhten gesetzlichen Klimaschutzauflagen werden auch Verknappung und Preissteigerungen bei den fossilen Energieträgern Erdöl und Erdgas in den nächsten Jahren den Modernisierungsdruck weiter verstärken. Im Jahr 2010 trugen die Erneuerbaren erst knapp 10 Prozent zur gesamten Wärmeversorgung Deutschlands bei – gut die Hälfte davon aus Holz und Pellets in Privathaushalten.
Ein Drittel aller Heizungsanlagen wird bislang mit Heizöl betrieben. Marktbeobachtern zufolge ersetzen neu installierte Pelletsheizungen vor allem diese: alte Heizölkessel. Wie beim Öl wird auch bei Pellets für den Brennstoff Raum für einen Lagertank benötigt. Befüllt werden die Lager mit Fahrzeugen und auf eine Weise, wie man es von der Ölheizung kennt. Beim Ersatz von Ölkesseln konkurriert die Pelletsheizung neben dem Erdgas vor allem mit der Wärmepumpe, also Strom als Energieträger. Immer noch werden aber jährlich fast Hunderttausend neue Ölkessel gekauft. Es lohnt sich deshalb, die Märkte dieser drei Energieträger genauer unter die Lupe zu nehmen: Heizöl, Erdgas und Strom.
Heizöl
Im Jahr 2007 hatte die Energy Watch Group (EWG) in ihrer Erdölstudie analysiert, dass die weltweite Ölförderung ihren Höhepunkt erreicht und bald überschritten haben könnte. Im vergangenen Jahr bestätigte die bisher eher optimistische Internationale Energieagentur IEA, dass die Förderung des konventionellen Erdöls ihren Höhepunkt erreicht hat und prognostiziert, dass dessen jährlich geförderter Menge nie wieder den Wert von 2006 erreichen würde (World Energy Outlook 2010). Zwar skizziert die IEA dennoch eine weitere Steigerung des Erdölverbrauchs aus unkonventionellen, teueren, schwer erschließbaren und ökologisch fragwürdigen Lagerstätten. In der näheren Analyse zeigt sich dann aber eine tiefgreifende Skepsis, ob das eigene Szenario realisierbar sei. Mehrere Saudi-Arabien müssten demnach in den nächsten Jahren gefunden und erschlossen werden. Wie und wo, bleibt der Report aber schuldig.
So könnte das Szenario der EWG-Wissenschaftler die Zukunft des Erdöls plausibler beschreiben: Am Ende es aktuellen Förderplateaus schon in den nächsten Jahren ein rasche Rückgang der Verfügbarkeit von Erdöl weltweit. Schon jetzt zeigt sich die Verknappung gegenüber der weltweit steigenden Nachfrage im hohen Ölpreis der letzten Jahre. Gegenüber dem Durchschnittspreis der 90er Jahre hat sich der Ölpreis in den letzten Jahren mindestens vervierfacht. Experten schließen eine weitere Verdreifachung auf bis zu 200 Dollar in den nächsten Jahren nicht mehr aus.
Vor allem aber wird Erdöl schon bald nur noch für Einsatzzwecke zur Verfügung stehen, die unbedingt auf diesen universellen Rohstoff angewiesen sind. Die chemische Industrie, der Luft-, Schiffs- und Schwerlastverkehr werden auch höhere Preise akzeptieren müssen. Für den privaten Individualverkehr und das Heizen stehen aber andere, preiswertere Alternativen zur Verfügung. Heizöl dagegen wird vermutlich in einigen Jahren gar nicht mehr angeboten, vielleicht das private Heizen damit sogar gesetzlich verboten, weil der Rohstoff für die Wirtschaft zu wichtig ist.
Selbst die Bundeswehr hat sich in einer internen Studie bereits ernsthaft mit dem „Peak Oil“ beschäftigt und datiert den wahrscheinlichen weltweiten Förderhöhepunkt um das Jahr 2010. Die Konsequenz beschreiben die Bundeswehr-Autoren so: „Bei der drohenden Gefahr geht es nicht um das Ende des Öls, sondern das Ende des billigen Öls, und damit gleichzeitig um das Ende unserer Gesellschaft, die auf der Verwendung billigen Öls beruht.“
Erdgas
Auch wenn wir von Knappheit bei diesem Rohstoff noch nicht viel spüren, lassen sich schon mit wenigen Fakten Parallelen zur Erdölversorgung ziehen:
- Das Fördermaximum der weltweiten Gasförderung („Peak Gas“) auf Basis heute bekannter und im Trend zu erwartender Funde ist zwischen 2020 und 2030. Regionale Versorgungsprobleme werden bereits wesentlich früher einsetzen.
- Die eigene Gasförderung in Europa hat ihren Höhepunkt bereits überschritten und geht seit Jahren zurück. Um den Bedarf oder sogar steigenden Verbrauch zu decken, müssten erheblich mehr neue Lieferkapazitäten gebaut werden, als bislang geplant. Woher das Gas kommen soll und was es kosten wird, ist völlig unklar.
- Auf nur drei Länder konzentrieren sich rund 60 Prozent der weltweit verbleibenden Reserven, nämlich Russland, Iran und Katar.
- Um das Erdgas aus diesen Ländern werden künftig neben Europa auch China, Indien und andere asiatische Länder mit steigendem Bedarf konkurrieren. Ob der steigende Bedarf überhaupt und sogar kurzfristig gedeckt werden kann, ist unsicher.
- Die Nachfrage wird durch die Verknappung beim Erdöl zusätzlich steigen, weil Erdgas das Erdöl am einfachsten ersetzen kann. Dazu notwendige zusätzliche Versorgungs-Infrastruktur (Pipelines und Kapazitäten für Flüssig-Erdgas-Transporte) wird das Gas zusätzlich verteuern.
- Auch politische Krisen, insbesondere in Russland, könnten die Preise stark in die Höhe schnellen lassen. Gas wird genauso wie Erdöl zunehmend aus politisch instabilen Regionen kommen, was Versorgungsrisiken erhöht.
- Hoffnungen auf unkonventionelles Erdgas wie in den USA dürften sich in Europa kaum erfüllen. Der Landverbrauch, die dabei notwendige Materialschlacht und die ökologisch fragwürdigen Mitteln und Methoden werden den notwendigen großflächigen Einsatz hierzulande wohl auf ein Minimum beschränken. Im Gespräch sind derzeit verschärfte Auflagen oder gar ein völliges Verbot dieser Fördermethode, wie vom französischen Parlament bereits beschlossen.
Ähnlich wie beim Erdöl gibt es nicht genug einfache und günstig erschließbare Lagerstätten, um auch in Zukunft Erdgas so billig liefern zu können wie bisher. Und in spätestens zehn bis zwanzig Jahren könnte auch das Erdgas nicht mehr für alle Verwendungsarten ausreichen. Vielleicht gilt dann auch hier: „Heizen verboten“. Schon viel früher werden all diese Faktoren das Gas weiter verteuern, schon weil Erdgas in vielen Fällen ein einfacher Ersatzstoff für Erdöl ist und in nächster Zeit aus vermeintlichen Klimaschutzgründen und anstatt neuer Atomkraftwerke verstärkt für die Stromerzeugung eingesetzt werden dürfte.
Deutschland ist heute bereits zu vierzig Prozent von russischem Gas abhängig. Und gerade drohte Gazprom-Chef Alexej Miller in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung ganz offen: „Wenn in Europa die Preise nicht stimmen, liefern wir eben nach Asien“. Von einem „goldenen Zeitalter des Erdgases?“, wie die IEA in einer aktuellen Analyse hinterfragt, kann also allenfalls für die Gasförderer die Rede sein. Prompt haben nach einer Übersicht des Verbraucherportals Verivox für Spiegel Online 115 Anbieter Preiserhöhungen für den Herbst 2011 angekündigt: um durchschnittlich mehr als 10 Prozent.
Strom
Heizen mit Strom erlebt in Form der Wärmepumpe derzeit eine Renaissance. Zwar soll die Wärmepumpe aus jeder eingesetzten Strom-Kilowattstunde mindestens die dreifache Menge Wärmeenergie gewinnen. Wirtschaftlich macht diese Art der Heizung bisher aber vor allem der besonders günstige Stromtarif, den die Energieversorger für Wärmepumpen und Elektroheizungen bisher anboten. Damit könnte es aber bald vorbei sein. Kürzlich erhöhte der Baden-Württembergische Versorger EnBW seine Wärme-Stromtarife um bis zu 56 Prozent. Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher sieht inzwischen sachlich gar keinen Grund mehr für die Begünstigung von Heizstrom.
Begründet wurde der billige Strom zum Heizen in der Vergangenheit mit der geringen nächtlichen Auslastung der Großkraftwerke. Für die gleichmäßigere Auslastung der Kraftwerke und den damit günstigeren Betrieb bot man den Kunden günstigere Tarife. Doch die Stromversorgung befindet sich längst in einem radikalen Umbau. Schon heute liefern die Erneuerbaren mehr als ein Fünftel des Stroms und ein gleichmäßiger Betrieb von Kraftwerken wird bald der Vergangenheit angehören. Welche Preismodelle als Konsequenz daraus entstehen werden, ist heute noch nicht absehbar.
Der Umbau der Elektrizitätsversorgung wird aber gewaltige Investitionen erfordern, die kaum Spielraum für vergünstigte Stromtarife lassen dürften. Auch der fehlende Wettbewerb im konventionellen Strommarkt verteuert die Preise für Endverbraucher. Seit Jahren begründen die Versorger immer neue Erhöhungen mit den Förderkosten für die Erneuerbaren Energien. Dabei lassen sich die zehn Cent Preiserhöhung für Haushaltskunden in nur zehn Jahren nur zum kleinen Teil mit der EEG-Umlage begründen. Vielmehr haben die großen vier, RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall in Jahren des Strommarkt-Wettbewerbs Gewinne eingefahren, wie sie es nicht einmal zu Monopolzeiten konnten.
Jetzt, wo zusätzlich zum Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten auch noch der Netz- und Speicherausbau zu finanzieren ist, darf kaum mit sinkenden Preisen gerechnet werden. Der Forschungsverbund Erneuerbare Energien (FVEE) skizziert in seinem Umstiegszenario auf eine Vollversorgung mit Erneuerbaren, dass für einen Zeitraum von 15 bis 25 Jahren Geld investiert werden muss, dass langfristig in Form günstiger heimischer Energieversorgung mehrfach wieder eingespart werden kann. Bis dahin dürften die Strompreise aber erst einmal weiter steigen.
Was auch die Wirtschaftlichkeitsrechnung des IER Stuttgart zu Ungunsten der Wärmepumpe verschieben würde: In einem Vergleich verschiedener Heizungssysteme betrugen die gesamten kalkulierten Wärmekosten mit Wärmepumpe 19,5 bis 23 Cent je Kilowattstunde (Luft bzw. Erdwärme) und die einer Pelletheizung 20,3 bis 23 Cent (ohne bzw. mit Solaranlage).
Zusammenfassung und Ausblick
In den letzten Jahren waren die Brennstoffpreise für Pelletheizungen vergleichsweise stabil und sind im Vergleich zu Heizöl, Erdgas und Strom nur wenig gestiegen. Der Preisabstand zwischen Heizöl und Pellets hat beispielsweise kontinuierlich zugenommen. Kann die Branche diesen Trend fortsetzen und kann sie sicherstellen, dass die Versorgung mit Holzpellets auf ökologisch und sozial nachhaltige Weise geschieht? Dann wären Pelletheizungen für Endverbraucher auch langfristig eine erneuerbare und nachhaltige Heizenergiequelle.
Heizöl und Erdgas dagegen sind keine nachhaltigen Energiequellen. Ihre Rohstoffe stoßen bereits heute an Versorgungsgrenzen und werden wahrscheinlich in absehbarer Zukunft nicht mehr für Heizzwecke zur Verfügung stehen. Schon heute sind die mittelfristigen Heizkosten mit diesen Energieträgern kaum mehr kalkulierbar.
Für Stromheizungen und Wärmepumpenstrom zeichnen sich ebenfalls grundlegende Marktveränderungen ab. Ob dies das Heizen mit Strom verbilligen oder verteuern wird, lässt sich derzeit kaum abschätzen. Die hohen Investitionen in Erzeugung, Netze und Speicher dämpfen aber auch hier die Aussicht auf niedrige Preise.
Thomas Seltmann