Ein großer Beitrag zum Klimaschutz
Fortsetzung: „Feldtests Elektro-Wärmepumpen am Oberrhein“. Eine ökologische und ökonomische Bilanz einer CO2-Erdsonden-Wärmepumpe in Offenburg
In einem sechsjährigen „Feldtest Elektro-Wärmepumpen“ untersucht die Lokale Agenda 21 – Gruppe Energie Lahr an rund 50 Wärmepumpen den Stand heutiger Wärmepumpentechnik, deren Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit. Ziel ist es, nicht nur den Teilnehmern der Praxisuntersuchung, sondern auch den Planern, Energieberatern und Handwerkern verlässliche Daten über die energieeffizientesten Wärmepumpensysteme an die Hand zu geben. Die SONNENENERGIE berichtet über die Ergebnisse der besten Wärmepumpe des Feldtests am Oberrhein.
Allgemeine Ergebnisse
Während Erdreich-Wärmepumpen das Energieeffizienzziel der Deutschen Energieagentur (dena) und des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerkes (RWE) mit einer Jahresarbeitszahl von JAZ > 3 mehr oder weniger deutlich übertreffen, erreichen nur zwei von 20 untersuchten Luft-Wärmepumpen diese bescheidene Arbeitszahl. Luft-Wärmepumpen sind deshalb im Hinblick auf den Beitrag zum Klimaschutz kritisch zu bewerten.
Anders dagegen die Erdreich-Wärmepumpen. Deren Mittel liegt zwar nur bei einer Jahresarbeitszahl von JAZ = 3,5, wenn aber alles fachgerecht geplant, eingebaut und betrieben wird, dann sind gemäß der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“ von 2006–2008 Arbeitszahlen bis zu JAZ = 4,4 und in der laufenden Phase 2 sogar von JAZ = 5,4 möglich.
Kohlendioxid/CO2-Erdsonden – Wärmepumpe und Niedrigenergiehaus
CO2-Erdsonde
Um dem Erdreich Wärme zu entziehen, ist entweder ein horizontales Erdregister in etwa 1,2 m Tiefe oder eine vertikale Erdsonde erforderlich. Im vorliegenden Fall handelt es sich um zwei Bohrungen mit einer Tiefe von je 99 m und insgesamt sechs Erdsonden. Normalerweise treibt eine Umwälzpumpe den geschlossenen, mit einem Wasser-Glykolgemisch gefüllten Kreislauf, an. Dieser Wärmeträger dient als Frostschutzmittel und wird oft als „Sole“ bezeichnet. Das ist nicht ganz richtig, denn Sole bezeichnet ein Wasser-Salzgemisch, das den Wärmetauscher der Wärmepumpe bald zerstören würde.
Bei einer CO2-Erdsonde ist es möglich, auf die so genannte Solepumpe zu verzichten, weil der Kreislauf selbsttätig, also ohne elektrische Hilfsenergie, nach dem Wärmerohr- oder Heat-Pipe-Prinzip funktioniert. In der gleichen Weise arbeitet auch ein Teil der Vakuum-Röhren in Sonnenkollektoranlagen.
Wie das Bild 1 zeigt, sammelt sich das flüssige Kohlendioxid am Boden der unter hohem Druck stehenden Erdsonde. Die Erdwärme verdampft es und treibt das Gas in der Mitte des Rohres in die Höhe. Oben angekommen, gibt es seine Kondensationswärme am kühleren Kopf über einen Wärmetauscher direkt an den Kältemittelkreislauf der Wärmepumpe ab. Das CO2-Kondensat läuft an der Innenwand des Rohres wieder zurück in die Tiefe, und der Kreislauf beginnt von neuem.
Weil es sich bei dem Wärmeträger um natürliches Kohlendioxid handelt, das in jeder Sprudelflasche enthalten ist, lässt sich eine solche CO2-Erdsonde auch in Wasserschutzgebieten einsetzen. Auf eine fachgerechte Abdichtung beim Durchbohren einer Grundwasser führenden Schicht ist jedoch nach wie vor zu achten, um einen Austausch von Trinkwasser zwischen den verschiedenen Grundwasser-Stockwerken zu verhindern.
Eine Sommerkühlung des Hauses, wie bei einer Erdsonde mit einem Wasser-Glykolgemisch, ist bei einer CO2-Erdsonde nicht möglich. Dazu wäre die Verlegung eines zusätzlichen, frostgesicherten Kreislaufes im Bohrloch erforderlich.
Wärmepumpe
Die Wärmepumpe hat eine Nennleistung von 13?kW-thermisch und laut Datenblatt eine Leistungsziffer von 5,5. Daraus folgt eine elektrische Leistung von knapp 2,4 kW. Besondere Merkmale sind der Scrollverdichter mit variabler Leistung (modulierend 4 bis 12 kW) und ein elektronisches Einspritzsystem.
Das Besondere: Die Wärmepumpe versorgt die Fußbodenheizung direkt ohne einen Heizungspufferspeicher (siehe Bild 3), einen Notheizstab gibt es nicht. Die Warmwasserversorgung erfolgt mit einer Vorrangschaltung über einen 300 Liter Speicher und einer externen Frischwassereinheit, somit besteht keine Legionellengefahr.
Baukörper
Die Wärmepumpe beheizt ein Einfamilienhaus mit einer Fußbodenheizung in Offenburg am Oberrhein. Es handelt sich um einen Neubau aus dem Jahre 2008 mit dem Niedrigenergiehaus-Standard KfW60 und einer beheizten Fläche von 250 m2. Das Haus bewohnen zwei Erwachsene und zwei Kinder.
Der gemessene Heiz-Wärmeverbrauch über die zwei Messjahre von 2008 bis 2010 betrug 20,5 MWh pro Jahr. Daraus folgt ein jährlicher spezifischer Verbrauch von 82 kWh/m2 für die beheizte Wohnfläche. Die Umgebungstemperaturen wichen in den beiden Heizperioden um –0,1°C bzw. +0,3°C vom langjährigen Mittel ab. Die Familie verbrauchte Warmwasser in Höhe von durchschnittlich 31 Liter pro Person und Tag. Dieser Wert liegt im oberen Bereich einer gemessenen Bandbreite von 17–33 Litern pro Person und Tag in der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“. Der Warmwasseranteil am gesamten Wärmeverbrauch des Hauses beträgt 8%.
Energieeffizienz
Das Bild 4 zeigt die saisonalen Arbeitszahlen. Die günstigeren Erzeuger-Arbeitszahlen, gemessen direkt hinter der Wärmepumpe, lagen in den Wintern 2008/09 und 2009/10 bei 5,2 bzw. 5,4. Die System-Arbeitszahlen, welche auch die Verluste des Warmwasser-Speichers und dessen Ladepumpe berücksichtigen, betrugen 5,0 bzw. 5,2. Die etwas höheren Werte in der zweiten Heizperiode beruhen auf den leicht höheren Umgebungstemperaturen in dieser Zeit.
Über die volle zweijährige Messperiode ermittelte die Agenda-Gruppe eine
Erzeuger-Jahresarbeitszahl: EJAZ = 5,4 und eine System-Jahresarbeitszahl: SJAZ = 5,1.
Die gemessenen System-Jahresarbeitszahl von gut 5 liegt nicht nur beträchtlich über den Mindest-Vorgaben der dena und RWE für eine „nennenswerte Energieeffizienz“ in Höhe von 3,5, sondern auch noch beachtlich über den zwei höchsten Einzelwerten der Erzeuger-Jahresarbeitszahlen von 4,3 bzw. 4,4, die die Lokale Agenda 21 – Gruppe Energie der Stadt Lahr unter 13 Erdreich-Wärmepumpen in der Phase 1 des „Feldtests Wärmepumpen“ ermittelte.
Auch bei der Bewertung gemäß der Klassifizierung von Jahresarbeitszahlen der Agenda-Gruppe, die unabhängig von der Art der Kaltquellen Luft, Grundwasser oder Erdreich erfolgt, lautet das Ergebnis „Ausgezeichnet“ (siehe Schaltfläche unter www.agenda-energie-lahr.de/WP_FeldtestPhase2.html).
Wirtschaftlichkeit
Eine „ausgezeichnete“ Energieeffizienz ist im Allgemeinen nicht zu gleichen Kosten wie bei durchschnittlichen Erdreich-Wärmepumpen zu haben. Die Frage erhebt sich nun, welche Mehrkosten eine CO2-Erdsonden-Wärmepumpe gegenüber anderen Heizwärmeerzeugern verursacht und ob die zu rechtfertigen sind. Wenn nicht: Wie hoch dürfen die Investitionskosten maximal sein, damit die Gesamtkosten mit denen von normalen Erdreich-Wärmepumpen gleich sind (Grenzkostenbetrachtung).
Die Agenda-Gruppe hat zur Beantwortung dieser Frage fünf verschiedene Heizwärmeerzeuger verglichen. Die Tabelle 1 zeigt als Referenz einen Erdgas-Brennwertkessel mit einer Sonnenkollektoranlage für die Brauchwassererwärmung, zwei Luft- und zwei Erdreich-Wärmepumpen. Aus den Investitionskosten in Zeile 1 lassen sich mit Hilfe der Annuitäten-Methode die kapitalgebundenen Jahreskosten in Zeile 2 berechnen. Zusammen mit den Betriebskosten in Zeile 5 ergeben sich dann die Gesamtkosten. Teilt man diese durch einen Jahreswärmeverbrauch in Höhe von 23.280 kWh dann erhält man die spezifischen Wärmekosten in Eurocent pro kWh-thermisch.
Die Ergebnisse: Die geringsten Gesamtkosten mit rund 11,5 ct/kWh verursachen die beste Luft-Wärmepumpe (Phase 2) und das Mittel aller normalen Erdreich-Wärmepumpen (Phase 1). Danach folgt mit knapp 12 ct/kWh der Erdgas-Brennwertkessel mit einer Sonnenkollektoranlage und – deutlich abgeschlagen – die hochenergieeffiziente CO2-Ersonden-Wärmepumpe. Deren Investitionskosten müssten von 36.400 Euro auf 30.500 Euro bzw. 29.000 Euro sinken, um mit normalen Erdreich-Wärmepumpen. bzw. mit dem solarunterstützten Erdgas-Brennwertkessel konkurrieren zu können.
Zusammenfassung
Die untersuchte Kohlendioxid/CO2-Erdsonden-Wärmepumpe erreicht mit einer Erzeuger- und System-Jahresarbeitszahl von EJAZ = 5,4 bzw. SJAZ = 5,1 die bisher mit Abstand höchsten Energieeffizienzen in den Phasen 1 und 2 des „Feldtests Wärmepumpen“. Diese Werte sind gemäß der Klassifizierung der Jahresarbeitszahlen der Agenda-Gruppe, die unabhängig von der Art der Kaltquellen Luft, Grundwasser oder Erdreich ist (siehe www.agenda-energie-lahr.de/WP_FeldtestPhase2.html), ein „ausgezeichnetes“ Ergebnis mit einem großen Beitrag zum Klimaschutz. Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch, dass man auch bei einer so hohen Energieeffizienz immer noch 20% des teuren und hochwertigen Stroms braucht, um zusammen mit 80% Erdwärme das Haus zu beheizen und mit warmem Wasser zu versorgen.
Die hohe Energieeffizienz verursacht in diesem Fall auch erhöhte Kosten. Das ist wie auch im „normalen“ Leben: Qualität ist nicht zum Schnäppchenpreis erhältlich. Wem jedoch der Schutz des Klimas für sich und seine Kinder ein hohes Anliegen ist, der liegt mit einer Jahresarbeitszahl von 5 richtig. Hersteller, Bohrfirmen und Handwerker müssen jedoch noch einiges tun, um von den hohen Kosten herunter zu kommen.
Detaillierte Informationen zu dem Beitrag unter:
www.agenda-energie-lahr.de/Phase2-Berichte.html (Bericht Nr. 2301)
Dr. Falk Auer, Herbert Schote