Ausgabe 2012/1
Kategorie: EEG
Die Energiewende schlingert
„Mit der Energiewende bleibt Deutschland führend bei Energie- und Umwelttechnologien.“ Mit diesem Slogan wird derzeit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in Zeitschriftenanzeigen für den neuen Weg geworben.
Doch die Energiewende kommt ins Schlingern:
- Wirtschaftsminister Rösler und Kollegen verlangen einen Deckel von einem Gigawatt für Photovoltaikanlagen. Sie ignorieren dabei, welche enorme Kostensenkung die PV in den vergangenen Wochen und Monaten durchlaufen hat. Die beschlossenen Absenkungen sind nicht ausgewogen. Sie bergen die Gefahr, dass es zu Neiddebatten innerhalb der Erneuerbaren kommt. Man kann gar den Eindruck gewinnen, dass man die Branche untereinander ausspielen möchte. Die im neuen EEG zum 1.1.2012 festgelegten Vergütungsabsenkungen der Wasserkraft (1 Prozent), bei Deponie- und Klärgas (1,5 Prozent) und Biomasse (2 Prozent) wirken aus Sicht der 15 Prozent Absenkung bei der Photovoltaik grotesk. Es bedarf aller Technologien, die Zerschlagung einer Branche ist dabei sicherlich nicht ziel führend.
- Das Unterstützungspaket zur Ankurbelung der energetischen Gebäudesanierung, das die Regierung auflegen wollte, ist im Bundesrat durchgefallen und seither umstritten. Beide Seiten begrüßen zwar das Ziel gleichermaßen, beide lehnen jedoch den Einsatz eigener Finanzmitteln ab. Das Politik heute noch derart kurzsichtig agieren kann ist eigentlich nicht nahvollziehbar. Bedenkt man dass beispielsweise für jeden Euro, der 2010 in die Förderung des energieeffizienten Bauens und Sanierens geflossen ist, die öffentlichen Haushalte zwischen 4 und 5 Euro eingenommen haben, so erscheinen die vorgebrachten Argumente nur noch absurd.
- Einer der vier großen Netzbetreiber, die Tennet, hat Mitte November in einem Brandbrief an die Bundesregierung angekündigt, dass der Netzausbau insbesondere der großen Windparks im der Nordsee an technischen und finanziellen Problemen zu scheitern droht. Bei sämtlichen Projekten gibt es laut Tennet erhebliche Schwierigkeiten im Planungs- und Baufortschritt. Nötig sei vielmehr ein geordneter Offshore-Netzausbau- und Entwicklungsplan. Auch müsse die Finanzierungslast auf mehr Schultern verteilt werden.
- Die Bundesregierung hat ohne Zwang eine große Zahl von Firmen von der Mitfinanzierung des EEG´s befreit – damit steigen die Kosten für Bürger und Kleingewerbe. Die Last der Energiewende muss damit von weniger Schultern getragen werden. Somit macht der Bau neuer Anlagen nur einen Teil des zu erwartenden Preisanstiegs aus. „Nicht der Bau neuer Anlagen, sondern die Privilegien der Industrie sind der wahre Preistreiber“, so der Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE).
Kurz nach Fukushima wurde die Energiewende mit Ausstieg aus der Atomkraft in kurzer Zeit mit viel Elan politisch beschlossen. Aktuell ist die Umsetzung – weg von großen Beschlüssen – im politischen Tagesgeschäft angekommen.
Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass die große Energiewende nicht an vergleichsweise kleinen Umsetzungsproblemen scheitert.
Jörg Sutter