Geht es noch ein bisschen billiger?
Was Photovoltaikanlagen wirklich kosten: Die Stiftung Warentest hat in einer Umfrage unter Betreibern kleiner Photovoltaikanlagen erstmals die Kosten ermittelt. Ergebnis: Große Preisunterschiede, wenig Transparenz. Unser Autor Thomas Seltmann hatte den Anstoß gegeben und an der Auswertung der Daten mitgewirkt. Er beschäftigt sich auch mit der Frage, was für eine Art von Geldanlage eine private Photovoltaikanlage eigentlich ist und rät zur Skepsis bei Renditeberechnungen.
Im April 1993 veröffentlichten Bayernwerk (heute E.ON), Siemens und RWE eine Studie, nach der die Kosten für Strom aus Photovoltaikanlagen von damals 1,93 D-Mark je Kilowattstunde bis zum Jahr 2010 auf 47 bis 66 Pfennig sinken könnten. Wohlgemerkt keine Großanlagen, sondern 3-Kilowatt-Dachanlagen. Berücksichtigt man die Inflation, entsprechen den 47 bis 66 Pfennig damals heute etwa 31 bis 44 Eurocent. Angesichts einer EEG-Vergütung für solche Anlagen im Jahr 2010 zwischen 33 und 39 Cent hätte die Prognose vor 18 Jahren kaum zutreffender sein können.
Nach dem Preisindex des Bundesverband Solarwirtschaft haben sich die Anlagenkosten im Leistungsbereich bis 100 Kilowatt allein in den letzten drei Jahren mehr als halbiert, sie fielen von rund 4.200 Euro auf etwa 2.000 Euro pro Kilowatt. Doch der Preisverfall hat auch seine Schattenseiten. Denn trotz dieser Entwicklung erklärt die deutsche Bundesregierung seltsamerweise nicht die Marktausweitung des immer günstigeren Solarstroms zum Ziel, sondern eine massive Schrumpfung auf einen Bruchteil der zuletzt installierten Leistung.
Preise sinken derzeit schneller als Kosten
Dabei lobte der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jürgen Becker, die Solarwirtschaft in seiner Rede beim Berliner Forum Solarpraxis im letzten November in höchsten Tönen: „Keine andere Branche kann solche Kostensenkungsraten vorweisen wie die Photovoltaik.“ Und er zeigte sich besorgt: „Die Preise liegen bereits unter den Herstellungskosten. Deshalb sind bereits viele Firmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.“
Dennoch stranguliert die Politik die Photovoltaikunternehmen mit einer beschleunigten Vergütungsreduzierung für die Anlagenbetreiber. Damit die Hersteller weiterhin verkaufen können, müssen sie zwangsläufig die Anlagenpreise entsprechend senken. Selbst die FAZ kommentierte die prekäre Lage der Photovoltaikhersteller mit den Worten, „mit Marktwirtschaft hat dieser Förderwettlauf inzwischen eher wenig zu tun“.
Freuen kann sich über den Preisverfall einzig der Solarkunde. Zugleich erfordert es bei ihm aber auch mehr Wachsamkeit, um mit günstigeren Preisen nicht gleichzeitig einen Mangel an Service, Qualität und Zuverlässigkeit einzukaufen. Dabei scheint der Preisdruck zumindest bei den kleineren Anlagen nicht immer beim Installateur anzukommen. Die in der Zeitschrift Finanztest veröffentlichten Umfrageergebnisse zeigen jedenfalls, dass sich beim Endverbraucher ungewöhnlich oft auch Preise durchsetzen lassen, die weit über dem Durchschnitt liegen.
Ausgehend von Durchschnittspreisen bleibt die Rentabilität der Anlagen nach Angaben der Stiftung Warentest weiterhin hoch, trotz aller Vergütungsreduzierungen. Der wirtschaftliche Nutzen ist also weit größer als es nach der allgemeinen Berichterstattung den Anschein hat. Das gilt aber nur für den, der nicht beim erstbesten Angebot zugreift, sondern vergleicht und die aktuellen Marktpreise kennt. Das war bislang schwierig, schon weil sich der Markt so schnell entwickelt. Aber auch die bisher in Fachmedien veröffentlichten Preisindizes helfen eher Herstellern und Händlern oder allenfalls den Investoren in größere Anlagen und Solarparks.
Mit ihrer Umfrage sorgt die Stiftung Warentest jetzt erstmals auch für Transparenz auf dem Markt der kleineren Dachanlagen bis 30 Kilowatt Leistung. Anders als bei anderen Preisanalysen beruhen die Angaben auf den tatsächlich von Endverbrauchern gezahlten Kosten für fertig installierte Anlagen.
Für den Photovoltaik-Preisindex des BSW, der einmal im Quartal veröffentlicht wird, befragt der Marktforscher EuPD einhundert Installateure und auch die Fachzeitschrift Photon wertet nur die Angebote aus, die von Lesern vor dem Kauf der Anlage an die Redaktion geschickt werden. Während der BSW nur einen Wert pro Vierteljahr veröffentlich, der für das gesamte Leistungsspektrum von 1 bis 100 Kilowatt einen Anhaltspunkt liefert (obwohl genauere Daten ermittelt werden), differenziert Photon wenigstens nach Monaten und Leistungsklassen bis 10 kW, 10 bis 30 kW und 30 bis 100 kW. Die überschaubare Datenmenge lässt dabei nur einen ersten Anhaltspunkt dafür zu, auf welchem Niveau sich die Preise derzeit bewegen, gibt Photon zu.
Trotz umfangreicher Daten hilft auch der Preisindex des Spotmarkt-Händlers pvXchange dem Endverbraucher nur wenig, weil dabei außer den Solarmodulen keine weiteren System- und Installationskosten erfasst werden. Aufschlussreich sind allenfalls die Preisunterschiede zwischen mono- und multikristallinen Solarzellen sowie verschiedenen Dünnschichtmodularten.
Umfrage der Stiftung Warentest
Seit August 2011 fragt die Stiftung Warentest bundesweit bei Betreibern kleiner Photovoltaikanlagen nach den Kosten der fertig installierten Anlagen. Wer ab Januar 2011 eine Anlage bis 30 Kilowatt gekauft hat, kann auf einer Internetseite sechs einfache Fragen beantworten, was nur zwei Minuten dauert, wenn man sich die notwendigen Daten zuvor bereitgelegt hat. Abgefragt werden:
- Postleitzahl des Anlagenstandorts,
- Aufdachanlage oder Dachintegration,
- installierte Leistung,
- Inbetriebnahmemonat,
- Preis netto (ohne Umsatzsteuer),
- Preis brutto (mit Umsatzsteuer).
Zusätzlich bittet die Stiftung Warentest die Teilnehmer, Kopien der Rechnung einzuschicken (per Post, Fax oder E-Mail). Aus deren Auswertung lassen sich Rückschlüsse ziehen, worauf Preisunterschiede zurückzuführen sind, und wie detailliert, sorgfältig und verständlich die Installateure abrechnen. Welche Extras sind in Pauschalpreisen enthalten und welche überteuerten Zusatzleistungen werden verlangt? Sind für Garantien und Gewährleistungen sowie steuerlich alle notwendigen Angaben enthalten?
Die Umfrage wird über Newsletter, auf der Internetseite und in den Zeitschriften der Stiftung Warentest beworben. Auch die DGS hat in ihrem Newsletter zum Umfragestart darauf hingewiesen. Schon nach wenigen Tagen hatten einige hundert Teilnehmer ihre Daten eingegeben. Aus über 80 eingesandten Rechnungen konnten interessante Zusatzinformationen gewonnen werden. Eine erste Auswertung erschien in der Novemberausgabe der Zeitschrift Finanztest.
Große Preisunterschiede
Ob sich die Anlage wirtschaftlich lohnt, hängt vor allem vom Gesamtpreis der fertig installierten Anlage ab. Aber welche Preise sind realistisch? Wie schütze ich mich vor überteuerten Angeboten und wie erkenne ich möglicherweise mangelhafte Billigware? Für Bauherren war es bisher schwer, Angebote richtig einzuschätzen.
Vielleicht ist das der Grund für die enorme Streuung bei den Kilowattpreisen. Unterschiede von mehreren Tausend Euro für vergleichbar ausgestattete Anlagen sind keine Seltenheit. Dabei lassen sich weder regionale Unterschiede noch Tendenzen aufgrund der Stellung des Herstellers erkennen. Zu haben waren billige Markenmodule ebenso wie teure „No-Name“-Produkte. Einzelne Anlagen scheinen schlicht überteuert gekauft worden zu sein, da aus den Rechnungsunterlagen kein zusätzlicher Aufwand hervorgeht, der die Preise von bis über 3.000 Euro pro kW rechtfertigt.
In jeder zweiten der vorliegenden Rechnungskopien waren Zusatzkosten wie Gerüste, Zählerschränke, Datenlogger, Garantieverlängerungen oder Feuerwehrschalter ausgewiesen. Diese schlugen mit bis zu 3.000 Euro, durchschnittlich mit 880 Euro zu Buche. Auffällig sind große Unterschiede bei den Gerüstkosten, beim Netzanschluss und Zählerplatzumbau. Hier lässt sich durch Angebotsvergleich und Verhandlungsgeschick offenbar viel Geld sparen.
Fragwürdige Rechnungsgestaltung
Viele Abrechnungen machen einen unübersichtlichen oder gar schlampigen Eindruck. Das ist angesichts der Rechnungssummen nicht zu rechtfertigen. Bei einzelnen Rechnungen fehlte beispielsweise die Angabe der Gesamtleistung der Photovoltaikanlage oder es wurden Solarmodule als „Kollektoren“ bezeichnet.
Fehlerhafte Angaben sind nicht auszuschließen. Der Kunde sollte deshalb prüfen, ob die Rechnungsangaben mit dem Angebot, dem Kaufvertrag und dem Lieferschein übereinstimmen und schon bei der Montage stichprobenartig die Typangaben der Module mit den vereinbarten Produkten vergleichen.
Oftmals wird auf die Aufbewahrungspflicht der Rechnung hingewiesen, allerdings in irreführender Weise. Zwar müssen auch Privatpersonen Rechnungen über Bauleistungen drei Kalenderjahre aufbewahren (2 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Rechnungsstellung). Da es sich bei der Photovoltaikanlage steuerlich aber um eine gewerbliche Investition handelt, müssen die Rechnungen 10 Jahre aufbewahrt werden.
Nur ein Rechnungssteller wies darauf hin, dass der Anlagenbetreiber die Anlage versichern sollte. Bei sieben Anlagen soll eine solche Versicherung für ein bis fünf Jahre allerdings bereits im Preis enthalten sein – hoffentlich liegt der Versicherungsvertrag der Rechnung dann auch bei. Nur ein Installateur wies auf die Bauabzugsteuer hin, die auch für Photovoltaikanlagen gilt. Er erklärte auch, über eine Freistellung zu verfügen und bot eine Kopie der Bescheinigung an.
Die Auflistungen in den Rechnungen folgen keinen Standards. Wie detailliert die Rechnungsangaben aufgeschlüsselt werden ist völlig unterschiedlich. Der häufigste Fall ist die Zusammenfassung von Solarmodulen und Netzeinspeisegerät(en), teilweise einschließlich Montage und Installation, zu einer Gesamtposition. Offenbar verwenden die Installateure oft Anlagenpakete von den Herstellern, für die sie selbst keine Einzelpreise der Einzelkomponenten erhalten. Die übrigen Kosten (Montage, Installationsmaterial und Zusatzaufwand) werden dann als weitere Rechnungspositionen aufgeführt.
Es ist offenbar unüblich, Seriennummern der Module und Netzeinspeisegeräte anzugeben. Empfehlenswert wäre eine beigefügte Liste mit Lieferdatum und Seriennummern, auf die in der Rechnung verwiesen wird, auch als Nachweis für spätere Reklamationen. Angaben über Garantien und Gewährleistungsfristen sind nicht die Regel und machen, wenn sie vorhanden sind, nur vage oder allgemeine Angaben. Wichtig wäre der Verweis beispielsweise auf die Garantiebedingungen des Herstellers, die beiliegen müssen. In einer Rechnung wurde sogar weder der Modultyp noch der Wechselrichter angegeben. Abgerechnet wurde lapidar „1 Stück Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 8,68 kWp (fertig montiert auf dem Dach)“ – nicht gerade eine kleine Anlage.
Welche Art von Geldanlage?
Wirtschaftlich betrachtet ist eine Photovoltaikanlage für den Privathaushalt eine Investition, wie man sie sonst nicht kennt. Eine Konsumausgabe ist es nicht, weil die PV-Anlage Erträge bringt. Ein mehr oder weniger unverzichtbares Gebrauchsgut wie ein Auto ist es auch nicht, weil das Auto einen sonst nicht vorhandenen Nutzen (Mobilität) bringt, aber dabei nur Kosten verursacht. Eine übliche Geldanlage wie Sparbuch oder Festgeld ist die PV ebenso wenig, schon wegen der langen Laufzeit von 20 Jahren und mehr. Selbst mit Wertpapieren wie Staatsanleihen oder Aktien ist sie nicht vergleichbar, denn die lassen sich jederzeit wieder verkaufen, was bei einer Photovoltaikanlage zwar theoretisch denkbar, aber doch kaum praktikabel wäre.
Die Anschaffung einer Photovoltaikanlage ist im Prinzip – steuerlich gesehen sogar tatsächlich – die Gründung eines eigenen Gewerbebetriebs. Nur ist das eben ein ungewöhnlich kleiner. Das übliche Geschäftsrisiko, Kunden zu finden, entfällt zwar aufgrund des EEG und selbst ein Preisrisiko gibt es wegen gesetzlicher Vorgaben nicht. Alle anderen unternehmerischen Risiken bleiben für den Betreiber jedoch bestehen. Am ehesten lässt sich eine Photovoltaikanlage also mit der finanziellen, nicht handelbaren Direktbeteiligung an einem Unternehmen vergleichen, also stille Teilhabe, Genussschein oder Direktkredit. Das sind Formen von Geldanlagen, bei denen Zeitschriften wie Finanztest regelmäßig zur Vorsicht mahnen, denn es droht im schlimmsten Fall Totalverlust.
Der Solarenergie-Förderverein kritisiert seit längerem, dass in der öffentlichen und politischen Diskussion und bei Wirtschaftlichkeitsrechnungen die individuellen Betreiberrisiken übersehen werden. Dass eine Solarstromanlage eben kein Sparbuch ist, sondern eine Investition, um die man sich vor, während und nach der Installation kümmern muss, liegt auf der Hand. Erfahrungen wie die des Sachverständigen Christian Keilholz zeigen aber auch, dass selbst bei sorgfältiger Planung und trotz aufmerksamer Angebotsvergleiche Produkt- und Installationsmängel optimistische Wirtschaftlichkeitsrechnungen obsolet machen können. So fürchtet Keilholz, dass kaum eine Anlage voll und ganz den technischen Vorgaben und Normen entspricht und viele sogar Mängel haben, die über kurz oder lang zu Ertragseinbußen oder teuren Schadenskosten führen.
Gerade die Bauherren kleiner Photovoltaikanlagen können es sich nicht leisten, die Installation und Inbetriebnahme der Anlage standardmäßig von teuren Fachleuten überwachen und prüfen zu lassen. Und selbst wenn, blieben Risiken aus zunächst nicht erkennbaren Herstellfehlern und schwer einzutreibenden Garantieansprüchen bestehen. Diese können den Ertrag reduzieren, zu Ausfällen oder sogar zum Totalschaden führen, was weder durch Gewährleistungsansprüche noch durch Versicherungen abgedeckt wird.
In Renditeberechnungen lassen sich solche Risiken kaum beziffern, weil es sich nicht um regelmäßige, kalkulierbare Betriebs- oder Wartungskosten handeln. Stattdessen sind es seltene, mögliche, aber nicht statistisch vorhersehbare Ereignisse. Hilfsmittel wie der Renditerechner der Stiftung Warentest (siehe Link) sind durchaus nützlich, um einen Eindruck vom wirtschaftlichen Nutzen einer eigenen Photovoltaikanlage zu bekommen. Irreführend wäre es aber, die errechneten Renditen mit Zinserträgen von banküblichen Geldanlagen oder festverzinslichen Wertpapieren zu vergleichen.
Bericht über die Umfrage der Stiftung Warentest in der Novemberausgabe der Zeitschrift Finanztest, auch als kostenpflichtiger Download (1,50 Euro) unter
Solarstrom-Renditerechner (Finanztest):
Photovoltaik-Preisindizes:
BSW (EuPD) http://www.solarwirtschaft.de/preisindex
PV-Exchange http://www.pvxchange.com/joomla/de/unternehme/news/preisindex
Thomas Seltmann