Gebäude oder bauliche Anlage?
Vergütung nach §33 EEG in Grenzfällen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das gilt nicht für Photovoltaikanlagen, die Vergütung nach dem EEG beziehen. Allerdings sind hier die Kleinen im Vorteil. Die Vergütung ist aber auch von einem weiteren „kleinen Unterschied“ abhängig: Sie ist höher, wenn die Anlage mit einem „Gebäude“ liiert ist. Nimmt sie mit einer „baulichen Anlage“ vorlieb oder liegt sie gar allein auf der Freifläche, muss Sie mit weniger Vergütung auskommen. Diese Ungleichbehandlung wird auch das EEG 2012 nicht beenden – aus gutem Grund.
EEG bevorzugt Gebäude
Das EEG privilegierte von Beginn an Photovoltaikanlagen auf Gebäuden – um die dort vorhandenen Flächen zu erschließen und die Neuversiegelung von Bodenflächen für die Sonnenstromerzeugung zu begrenzen. EEG 2009 wie EEG 2012 regeln in § 33 EEG erhöhte Vergütungssätze für Anlagen auf oder an „Gebäuden“. Was „Gebäude“ sind, wird mitgeliefert: „selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und vorrangig dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.“
Anlagen auf Wohngebäuden sind damit auf der sicheren Seite, ebenso wie Lagerhäuser, Produktionshallen, Garagen und Stallungen. Auch Carports – in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/2864, S. 44) ausdrücklich erwähnt – sind trotz Fehlens von Außenwänden für die Vergütung nach § 33 EEG geeignet, denn sie sind überdeckt, können von Menschen betreten werden und dienen vorrangig dem Schutz von Sachen.
Lagerplätze ohne Lagerung
Grenzfälle ergeben sich, wenn Photovoltaikanlagen als integraler Bestandteil eines Bauwerks geplant werden und für dessen Errichtung (mit) ausschlaggebend sind. Natürlich kann und soll ein modernes Gebäude bereits auf die darauf zu errichtende Photovoltaikanlage hin geplant werden. Problematisch sind jedoch solche Fälle, in denen der Eindruck entsteht, dass die Planung einer Freiflächenanlage in die eines Gebäudes mündete, weil die Voraussetzungen für die Vergütung als Freiflächenanlagen nach §32 EEG (z.B. mangels eines Bebauungsplans) fehlten oder die Differenz der Vergütungen nach § 32 EEG und § 33 EEG ausreicht, um das Gebäude zu finanzieren – das man sonst nicht gebaut hätte. In einem Fall, der zu arg danach roch, gab das Oberlandesgericht Brandenburg dem Stromnetzbetreiber Recht, der die Vergütung des eingespeisten Stroms nach § 33 EEG verweigerte. Die Photovoltaikmodule bildeten in einfachster Konstruktion „überdachte Lagerplätze“, die wohl nicht den Eindruck machten, dass dort wirklich Waren lagern sollten, sondern das Zweck der Konstruktion war, die höhere Vergütung zu bekommen. In anderen Fällen wurde um weitaus weniger „riechende“ Konstruktionen gefochten und unter verschiedensten Argumenten die Vergütung abgelehnt, z.B. weil die Module auf einer eigenen Tragekonstruktion montiert waren, die man vom vorhandenen Gebäude wieder trennen konnte. Eine fragwürdige Herangehensweise.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 17.11.2010 „Schattenhallen“ schließlich die Kriterien geordnet, die den „kleinen Unterschied“ ausmachen: Er stellt dabei in doppelter Weise auf den Zweck ab, nämlich den Zweck des Gesetzes, ohnehin versiegelte Flächen an oder auf Gebäuden zu erschließen und – wie im Gesetz vorgesehen – den Zweck des Bauwerks bei seiner Errichtung. Wenn nämlich bei der Errichtung ein anderer Zweck als der der Stromerzeugung im Vordergrund stand, wäre das Gebäude ohnehin errichtet und die Fläche versiegelt worden. Dieser Umstand ändert sich auch nicht dadurch, dass das Gebäude in seiner Konstruktion auf die Photovoltaikanlage abgestimmt ist oder sogar von den Modulen gebildet wird.
Wenn PV nützlichen Schatten spendet
Dementsprechend sprach der Bundesgerichtshof dem Betreiber einer Photovoltaikanlage die Vergütung für Anlagen auf oder an Gebäuden zu, deren Module zusammen mit der speziellen Unterkonstruktion so angeordnet waren, dass sie Schatten auf eine Tierzucht warfen. Nicht verschweigen darf man allerdings, dass dieser Schattenwurf für die Zuchtanlage objektiv erforderlich war und sich an gleicher Stelle zuvor entsprechende „Schattenhallen“ (ohne PV-Anlage) befunden hatten. Die im Wesentlichen durch die Photovoltaikanlage und Unterkonstruktion gebildeten neuen „Schattenhallen“ ließ der Bundesgerichtshof noch als Gebäude durchgehen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist eine gute Nachricht für die Errichter von Gebäuden, deren integraler konzeptioneller Bestandteil (auch) die Photovoltaikanlage ist, wie z.B. von Bedachungen über Solartankstellen. Auch wenn es außerordentlich nahe liegt, diese Dächer direkt aus Photovoltaikmodulen zu bilden, dürfte die Errichtung des Daches als solchem vorrangig dem Zweck dienen, dem mit Strom hantierenden Fahrzeugbesitzer und dem Fahrzeug selbst Schutz gegen die Witterung zu geben. Dass der auf dem Dach erzeugte Strom (theoretisch) auch gleich getankt werden kann, ist dagegen nicht vorrangiger Zweck der Errichtung des fahrzeuggerechten Daches – und der Tankstelle als solcher. Denn die kann ihren Strom auch aus dem Netz beziehen und benötigt jedenfalls nicht eine Photovoltaikanlage, die ein Dach über dem betankten Fahrzeug bildet. Und eine herkömmliche Tankstelle hat schließlich auch ein Dach.
Weitere Informationen und Link zur besprochene Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.11.2010, Az. VIII ZR 277/09 unter: www.green-energy.nuemann-lang.de
Peter Nümann