Was sind eigentlich Hochleistungsmodule?
Wer braucht so etwas eigentlich, Versuch einer Bestandsaufnahme (keine Marktübersicht): Hochleistungssolarmodule: In den letzten Monaten verging kaum eine Woche, in der nicht der eine oder andere Photovoltaik-Modulproduzent ein neues Produkt als „Hochleistungssolarmodul“ anpries. Doch was ist eigentlich ein Hochleistungssolarmodul?
Ein Quantum mehr„Mit unserem neuen Q.Antum-Zellkonzept für Hochleistungssolarzellen ist dem Unternehmen Q-Cells ein großer Schritt in die Zukunft gelungen. In der Vergangenheit konnte der Wirkungsgrad durchschnittlich um 0,3 Prozent pro Jahr gesteigert werden. Wir sind dieser Entwicklung voraus: Durch das innovative Zellkonzept konnte der Wirkungsgrad der Solarzellen von Q-Cells um rund zehn Prozent erhöht werden“, klang Peter Engelhart von Q-Cells im August 2011 mehr als begeistert. Hatte doch die Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland der Solarfirma aus Bitterfeld-Wolfen für genau diese Technologie den IQ-Preis Mitteldeutschland 2011 verliehen.
„Ein Quantum Sonne: Q-Cells hat den Wirkungsgrad seiner Hochleistungszelle fortlaufend gesteigert. Aktuell hält Q-Cells mit einem Wirkungsgrad von 19,5 Prozent bei multikristallinen Solarzellen und 18,1 Prozent bei den daraus hergestellten Solarmodulen die jeweiligen Bestmarken“, jubelten die Laudatoren dazu lautstark. Das war wie gesagt im August 2011.
Doch wer heute bei Q-Cells anruft und nach Quantum-Zellen oder -Modulen fragt, erntet nur hörbares Stirnrunzeln. Q.Antum-Datenblätter hält das Unternehmen im Internet keine bereit. Und stichpunktartig befragte Vertriebspartner müssen auch passen, wenn man sie nach dieser Technologie fragt. Die ist zwar offenkundig innovativ und bei Mehrkristall-Zellen unerreicht, doch nicht gerade leicht zu haben.
Definition: Nein danke!
Hochleistungsmodul: Ein Wort ohne klare Definition. „Im Prinzip ist jedes Modul, das am Markt ist, ein Hochleistungsmodul“, erklärt ein deutscher Modultester, der nicht genannt werden will. „Viele Hersteller meinen: Die Module am oberen Ende des möglichen Wirkungsgrads einer Charge sind Hochleistungsmodule. Die lassen sich das dann aber auch gut bezahlen.“ Manche Kunden sind dazu quasi gezwungen, denn bekanntlich „brauche ich einen hohen Wirkungsgrad, wenn ich nur wenig Platz zur Verfügung habe, zum Beispiel wenn das Dach begrenzt ist. Und dann muss ich für den höheren Wirkungsgrad eben auch mehr berappen.“
Hochleistungsmodul: Die Definition verschiebt sich laufend. „Früher war beispielsweise die Saturn-Technik von BP Hochleistung (etwa 16% Modulwirkungsgrad um 2005; d.Red.). Doch mittlerweile gibt es viele Module mit 16 Prozent Wirkungsgrad. Ist das dann immer noch Hochleistung?“ fragt ein Sanyo Europe-Sprecher, um aus Firmensicht die Antwort selber gleich nachzuschieben: „Nein!“
Effizienz für kleine Flächen
Doch das sehen nicht alle so. So stellte beispielsweise Aleo Solar auf dem 26. Europäischen Solarkongress PVSEC diesen September in Hamburg ihr „neues Hochleistungsmodul: Mehr Effizienz und höhere Erträge“ vor. Die Firma aus Oldenburg „zeigt erstmalig ihr zukunftsweisendes Solarmodul: Das Aleo S_19 mit einer Nennleistung von 260 Watt steht für Hochleistung mit Qualität. Im kommenden Jahr wird das Modul das Portfolio der Aleo Solar AG ergänzen.“
Aber was genau bedeutet Hochleistung bei Aleo? 260 Watt holt man aus 60 monokristallinen Zellen des Herstellers Bosch. „Die neuartige Zelltechnologie ermöglicht Spitzenerträge. Mit dem neuen Modul kann auf einer Fläche von nur 6,5 Quadratmetern mehr als ein Kilowatt Nennleistung installiert werden“, tönt man im Werbe-Stil. „Je höher die Leistung eines Solarmoduls, desto geringer sind die Systemkosten – wozu beispielsweise auch Kosten der Montage zählen“, weiß Aleo-Vertriebsvorstand Norbert Schlesiger. Die Module preist er so an: „Insbesondere für kleine Dachflächen lohnt es sich, die effizientesten Solarmodule zu verwenden. Dies nutzt den Platz optimal aus und ermöglicht mehr Stromertrag bei gleichem Planungs- und Installationsaufwand.“ Doch wer nachrechnet, kommt bei dem 260 Spitzen-Watt-Modul der Größe 1660 x 990 mm2 gerade mal auf einen Wirkungsgrad von knapp 16 Prozent. Datenblatt im Internet? Fehlanzeige. Man werde aber bald eines nachsenden, verspricht die freundliche Dame am Telefon. Ein Foto kommt zwar. Aber sonst passiert: Nichts.
Es scheint also was dran zu sein, wenn der Sanyo-Sprecher meint: „Hochleistung ist eine reine Marketingsache. Man muss über Technologien reden. Wir sind bei 22 Prozent Wirkungsgrad bei der Zelle und zwischen 18 und 19 Prozent am Modul“, nennt er Werte für die HIT-Module des Herstellers aus Japan. Dabei steht das Kürzel „HIT“ für „Heterojunction with Intrinsic Thin Layer“. Die Zellen „aus monokristallinen Hybrid-Wafern sind mit dünnem, amorphem Silizium beschichtet.“ So „können Solarzellen mit höchstem Wirkungsgrad und optimalen Energieerträgen gefertigt werden“, erklärt das Unternehmen.
In HIT-Module werden sowohl quadratische als auch (aus runden Wafern gefertigte) sechseckige Solarzellen eingebaut, um den verfügbaren Platz optimal auszunutzen. Und außerdem bewirke die Kombination aus kristalliner und amorpher Zelle, dass „bei sehr hohen Modultemperaturen die HIT-Solarzellen im Vergleich zu monokristallinen Zellen deutlich mehr Leistung erzeugen.“
Forschung und Entwicklung
Aber wie können Firmen ihre Module eigentlich besser machen? Beim Fraunhofer-Solarinstitut ISE in Freiburg gibt es dafür das Programm „Modulanalyse und Optimierung. Zelle, Verbinder, Rückseitenfolie und mehr werden dabei betrachtet. Heraus kommt eine detaillierte Verlust-Gewinn-Analyse mit den einzelnen Parametern. Man kann an jeder Stufe sagen, was bleibt da hängen“, erklärt Harry Wirth, der ISE-Bereichsleiter „Photovoltaische Module, Systeme und Zuverlässigkeit PMZ“. Denn immerhin „bestimmt die Modultechnologie über 15% der Produkteffizienz“, weiß der ISE-Mann mit „viel Verständnis von Moduleffizienz.“
Schott Solar scheint selbst einige Ideen gehabt zu haben, wie der Modulwirkungsgrad zu verbessern ist. Laut Stefan Hergott ist „das neue Schott Perform Mono das beste Beispiel dafür, dass Forschung und Entwicklung und Produktmanagement bei uns Hand in Hand gehen.“ Der Leiter Produktmanagement erklärt, der Schott Solar AG sei es „als erstem Hersteller weltweit gelungen, eine monokristalline Siebdruck-Solarzelle im Industrieformat 156 x 156 Millimeter mit 20,2 Prozent Wirkungsgrad herzustellen.“ Nun werde mit dem neuen Modul „dieser Forschungserfolg in die Praxis umgesetzt.“
Aber schon das Wort „nun“ hat es in sich: als Zeitpunkt der „Markteinführung mit Leistungsklassen bis 280 Watt-Peak ist in Europa das zweite Quartal 2012 geplant“, hieß es Anfang November.
Laut eigenen Angaben habe sich das Entwicklerteam „auf die Optimierung der Zellenvorderseite fokussiert, um den Sprung über die 20-Prozent-Marke zu schaffen.“ Mit dem Partner Schmid Group aus Freudenstadt wurde „die produktionstechnisch etablierte selektive Emittertechnologie mit der passivierten Rückseiten-(PERC)-Technologie kombiniert“, die Schott bereits länger anwendet.
Doch wer nach Datenblättern der neuen Hochleistungs-Technologie fahndet: Fehlanzeige. Nur ein Foto gibt es bereits vom Schott Perform Mono.
Halt, fast hätten wir es vergessen: Es gibt scheinbar neben dem HIT doch noch ein Modul zu kaufen, das den Begriff „Hochleistung“ berechtigt trägt. Doch dafür hat der Hersteller gleich ein eigenes Superlativ geprägt: „The World`s Standard for Solar“, nennt Sunpower die Module der Serie E20. „Die Module mit dem derzeit höchsten auf dem Markt erhältlichen Wirkungsgrad erzeugen bei gleichen Abmessungen mehr Strom“, zumal „die gelieferte Leistung immer über der Nennleistung liegt“, wie der US-Konzern Sunpower verspricht.
Den „Wirkungsgrad von bis zu 20,4 Prozent erzielt die E20-Serie mit der Zellentechnologie MaxeonTM“; außerdem sei „ein niedriger Spannungs-Temperaturkoeffizient, antireflexbeschichtetes Glas und ein außergewöhnliches Teillastverhalten bei schwacher Lichteinstrahlung“ vorhanden.
Die schwarzblaue Maxeon-Zelle schaut auf den ersten Blick ungewöhnlich aus: Vorne ist sie unstrukturiert, denn es gibt ausschließlich Rückkontakte. Ansonsten macht Sunpower ziemlich viel Geheimnis um die Mono-Silizium-Zelle, die 22,4 Prozent Wirkungsgrad aufweist.
Getestet und veröffentlicht
Im „PV+Test“ des TÜV Rheinland spielt übrigens der Wirkungsgrad von Zelle und Modul keine wesentliche Rolle. Zurzeit elf Produkte umfasst die „Positivliste“, die immer mehr erweitert werden soll. Auftraggeber für den Modultest ist jeweils der Hersteller, der am Ende auch bestimmen kann, ob die Ergebnisse publiziert werden oder nicht. Wesentliche Bewertungskriterien: Die Leistungs-Messwerte dürfen nicht außerhalb der Toleranz liegen, und die Hersteller müssen auch sonst die Wahrheit sagen bei ihren Datenblattangaben.
Von den elf bereits getesteten sind zurzeit nur sieben Module in ihrer Punktbenotung nachzulesen – wohl auch, weil der TÜV eines nur befriedigend, ein anderes gar nur ausreichend bewertet hat. Die hier beschriebenen Hochleistungsmodule sind übrigens nicht darunter.
Heinz Wraneschitz