Sonnige Aussichten für den Balkan
Neue Investitionsmöglichkeiten in Europas Sonnengürtel: Mit Einstrahlungswerten von 1.240 kWh/ m² im Landesinneren und bis zu 1.800 kWh/ m² an der Adriaküste und den südlichen Gebieten Serbiens und Bosnien-Herzegowinas bieten die Balkanstaaten am Mittelmeer beste Bedingungen zur Erschließung des solaren Potenzials. Dieses ist enorm, wird bisher aber weder durch Photovoltaikanlagen noch durch Solarkollektoren hinreichend genutzt. Dabei wurden in den letzten Jahren, besonders auch im Rahmen der EU Annäherung, investorenfreundliche Anreizprogramme initiiert.
Mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von ca. 6% gehört die Region zu einer der am schnellsten wachsenden Regionen Europas. Demgegenüber steht ein hoher Pro-Kopf-Energieverbrauch, der in bestimmten Ländern fast an den einiger EU-Mitglieder heranreicht. Der durchschnittliche Energieverbrauch gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt in Bosnien-Herzegowina (BiH) um 10% und in Serbien um 40% höher als im Durchschnitt der OECD Europa Staaten (vgl. IEA). Ursächlich hierfür ist unter anderem die Nutzung von Strom auch zu Heiz- bzw. Kühlzwecken. Als Konsequenz ergibt sich eine Versorgungskrise im Stromsektor, die nur noch durch Energieimporte aufgefangen werden kann. Besonders deutlich wird dies in den Sommermonaten, in denen die erhöhte Nutzung von Klimageräten zu regelmäßigen und großflächigen Stromausfällen führt. Um der Problematik zu begegnen, haben einige Staaten Südosteuropas diesbezüglich bereits nationale Strategien mithilfe von Gesetzesänderungen verabschiedet. Zudem wird die Erschließung der Solarenergie zusätzlich durch internationale Fonds und Programme abgesichert.
Attraktiver Markteintritt durch eine Kombination aus nationalen und internationalen Fördermechanismen
Ein Investitionsvorhaben in Südosteuropa ist tendenziell mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden. Die Anleger müssen bei der Kontaktaufnahme mit lokalen Behörden Geduld aufbringen, da die Beantragung aller erforderlichen Genehmigungen und Lizenzen sehr viel Ziel in Anspruch nehmen kann.
Dennoch haben die meisten Staaten einen institutionellen Rahmen etabliert, um die Prozesse so einfach wie möglich zu gestalten. Die ganze Region Westbalkan verfügt über investorenfreundliche Steuersysteme. In Albanien und Mazedonien wurden Einheitssteuersätze eingeführt, um die administrativen Prozesse im Rahmen der Genehmigungsverfahren zu vereinfachen. Aber auch in den anderen Staaten liegen die Raten deutlich unter denen der EU (siehe Tabelle 1, Einkommen/Körperschaftsteuer für ein mittelständisches Unternehmen in Südosteuropa).
Serbien
In Serbien wurden zudem seit 2009 eine Energieagentur und ein Ministerium für Erneuerbare Energien gegründet. Im März 2011 verkündete das Ministerium für Energie (MME) zudem, dass der Anteil Erneuerbarer Energien am Energiemix um 7,4% im Vergleich zu 2007 steigen soll. Ende des Jahres wurde ein Gesetz verabschiedet, dass die privilegierte Nutzung der Erneuerbaren Energien vorschreibt und eine Einspeisevergütung von 0,23 € für Photovoltaikanlagen über eine Dauer von 12 Jahren bei einem maximalen Zubau von 5MW reglementiert.
Kroatien
Auch in zwei Nachbarländern kann die Finanzierung einer PV-Anlage über eine Einspeisevergütung erfolgen. In Kroatien wurde die Investitionsumgebung im Bereich der Solarenergie in den letzten Monaten reformiert. Die Einspeisevergütung beträgt über einer Dauer von 12 Jahren zurzeit 0,52 € für Anlagen unter 10 kWP, 0,46 € für Anlagen von 10–30 kWP und 0,32 € für Anlagen über 30 kWP. Der Zubau wurde im Jahr 2011 bei 1 MWP gedeckelt, Anträge werden jedoch seit Anfang 2012 wieder genehmigt. Nach der Neukonsolidierung der kroatischen Regierung Ende 2011 und der daraus resultierenden Kompetenzteilung im kroatischen Wirtschaftsministerium, wird die Energiepolitik zur Förderung der Solarenergie zurzeit optimiert.
Mazedonien
In Mazedonien wurden im Zuge der Marktliberalisierung Einspeisetarife für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen eingeführt. Der Marktbetreiber ist verpflichtet, die gesamte Menge des durch den privilegierten Produzenten generierten Stroms vorrangig einzuspeisen. In dem kürzlich erschienenen Regelwerk der mazedonischen Regulierungsbehörde wurde die Einspeisevergütung über einer Dauer von 15 Jahren auf 0,45 € für Anlagen bis 45 kWP und 0,40 € für Anlagen ab 45 kWP (und bis maximal 1 MWP) festgelegt.
Tabelle 2 gibt weitere Informationen zu bestehenden Energiestrategien und Anreizmechanismen in den Balkanstaaten. Spezifische Informationen zu Tarifen, laufender Gesetzgebung und der Investitionsumgebung können auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.
Finanzierung
Seit 2009 haben internationale Geberorganisationen Fonds zur Finanzierung von Projekten aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien in Südosteuropa etabliert, die zusätzlich zu den nationalen Anreizprogrammen finanzielle Stabilität gewährleisten.
Die KfW bietet Langzeitdarlehen für Investitionen in Erneuerbare Energien. Der Fonds für ausländische Kooperationen wird mit Mitteln aus dem Kapitalmarkt ergänzt. Dieser Finanztopf wird zusammen mit den Haushaltsmitteln der einzelnen südosteuropäischen Staaten an lokale Banken verteilt. Damit wird gewährleistet, dass für Investoren eigens zugeschnittene Finanzierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Zuschüsse, Darlehen oder Anlagenfonds, angeboten werden können. Die KfW hat die “Regional Facility for Renewables and Energy Efficiency in SEE” gegründet, die die Zuschüsse für lokale Empfänger verwaltet. Lokale Partnerbanken, Versorgungsunternehmen und Energieagenturen wiederum sind für die Ausschüttung vor Ort zuständig. Internationale Unternehmen können sich mit Vertriebspartnern vor Ort um die jeweilige Förderung bewerben. (Weitere Informationen unter: www.ggf.lu)
Die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) hat seit 2009 insgesamt 100 Millionen Euro für die Förderung von erneuerbaren Energien in den Balkanstaaten in Form von Kredit- und Beteiligungsfinanzierungen, sowie unterschiedlicher Anreizprogramme – je nach Bedarf des Staates – zur Verfügung gestellt. Der Fonds wendet sich zu 50% an Privatunternehmen und zu 50% an den Bankensektor, der die Finanzmittel über Kredite auszahlt. Die Förderhöhe der Western Balkans Sustainable Energy Direct Financing Facility (WeBSEDFF) variiert von einer Million Euro bis maximal sechs Millionen Euro für Privatunternehmen, die Kredite über den Bankensektor sind auf zwei Millionen Euro begrenzt. (Weitere Informationen unter: www.webseff.com)
Insgesamt haben die Balkan-Staaten in den letzten beiden Jahren den Weg für Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien geöffnet. Die Mechanismen zur Förderung der Solarenergie wurden im Besonderen hinsichtlich des regulatorischen und genehmigungsrechtlichen Anspruchs optimiert. Durch eine Kombination aus internationalen Mitteln sowie nationalen, politischen und ökonomischen Anreizprogrammen ist der Markteinstieg attraktiv geworden.
Diese Daten wurden während eines Forschungsaufenthaltes in Sarajevo, Bosnien-Herzegowina, erhoben. Informationen hinsichtlich der Gesetzgebungsverfahren, Anreizprogramme und rechtlicher Besonderheiten, sowie detaillierte Quellenangaben können auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.
Jessica Klein