Kommt der Palmöl-Premium-Diesel?
Dem Palmöl kommen seine stabilen Lager- und guten Verarbeitungseigenschaften sowie die hohen Hektarerträge von vier Tonnen pro Jahr im Schnitt zugute. Mit einer Weltproduktion von 43 Millionen Tonnen in 2008 ist es zum wichtigsten Pflanzenöl vor Soja- (37 Mio. t) und Rapsöl (20 Mio. t.) aufgestiegen. Mittlerweile ist Palmöl in jedem zehnten Supermarktprodukt zu finden: in Margarine, Süßigkeiten, Kosmetika, Waschmitteln und vielem mehr. Rund vier Fünftel des Weltbedarfs liefern Malaysia und Indonesien zu etwa gleichen Anteilen. Während Indonesien erst den Bedarf der stark wachsenden Bevölkerung decken muss – 240 Millionen Einwohner hat das Inselreich mittlerweile, Anfang der 70er-Jahre waren es noch 130 Millionen – steht für Malaysia (28 Mio. Einwohner) der Export im Vordergrund. Palmöl ist drittgrößter Devisenbringer des Tigerstaats geworden. Die Exporteinnahmen 2008 betrugen rund 13 Milliarden Euro, eine halbe Million Menschen arbeiten im Palmöl-Sektor. Weil die Ölpalme nur in tropischem Klima gedeiht, kommt es zu Nutzungskonflikten mit schützenswerten Regenwäldern. Bisher stand die Neuanlage von Palmplantagen oftmals in Zusammenhang mit illegalem Holzeinschlag und Vertreibung von indigenen Urwaldbewohnern. Die Aussicht, Palmöl künftig verstärkt als Energieträger einzusetzen, ruft weitere Expansionspläne auf den Plan: vor allem in Südamerika, Afrika, Indonesien und Papua-Neuguinea. Nach Angaben der Umweltorganisation Robin Wood besitzt der größte Palmölkonzern Wilmar International mit Stammsitz in Singapur bereits fast eine Million Hektar Land auf Sumatra, Kalimantan und West-Papua (Indonesien). Diese Flächen seien zurzeit nur teilweise mit Ölpalmplantagen bepflanzt.
Ein neuer Biokraftstoff steht kurz vor dem Durchbruch: Als NExBTL-Diesel (Next Generation Biomass-to-Liquid) bezeichnet ihn die größte Herstellerfirma, die finnische Neste Oil. Mit dem neuen Sprit soll alles besser werden als mit dem viel gescholtenen Biosprit „der 1. Generation“, Biodiesel aus Raps, Weizen-, Mais- und Zuckerrüben-Ethanol. Seit 2007 produziert die Aktiengesellschaft Neste Oil mit dem finnischen Staat als Mehrheitseigner in ihrer Raffinerie in Porvoo bei Helsinki den in Fachkreisen auch „hydriertes Pflanzenöl“ genannten Stoff. Im Gegensatz zu dem als Biodiesel bekannten Pflanzenölmethylester, der in Europa hauptsächlich aus Rapsöl hergestellt wird, kommt beim Verfahren der Finnen Palmöl zum Einsatz. Das Heidelberger Ifeu-Institut attestiert dem neuen Dieselersatz trotzdem eine gute Energie- und Klimabilanz. Bis zu 60 Prozent Treibhausgase sollen eingespart werden können.
Zur Herstellung von NExBTL-Diesel wird das Pflanzenöl nicht umgeestert, sondern es reagiert mit Wasserstoff. Dieser wird, ähnlich dem Methanol bei der Biodieselherstellung, in der Regel durch Reformation aus Erdgas gewonnen. Die langkettigen Fettsäuren des Pflanzenöls werden mit Hilfe des Wasserstoffes „gecrackt“, der zudem den Sauerstoff im Öl ersetzt. Man spricht daher von Hydrieren, Hydro-Cracking oder Hydrotreating. Die Wasserstoffbehandlung erfolgt im großindustriellen Maßstab bei Temperaturen über 300 Grad und einem Druck von 80?bar.
Theoretisch können so alle Fette und Öle zu Sprit verarbeitet werden: vom Palm- über Rapsöl bis hin zu tierischen Fetten, altem Speiseöl oder Frittenfett. Das Endprodukt ist eine aus reinen Kohlenwasserstoffen bestehende farblose Flüssigkeit, die in ihrer chemischen Struktur nicht mehr von erdölstämmigen Dieselkomponenten zu unterscheiden ist. Der angelagerte Wasserstoff erhöht den nutzbaren Energieinhalt des Produktes. Die Zündwilligkeit (Cetanzahl 84–99) ist sogar deutlich besser als gefordert und vergleichbar mit dem an der Tankstelle erhältlichem Premium-Diesel á la V-Power oder Ultimate. NExBtL ist praktisch identisch mit BtL-Kraftstoffen, die in wesentlich aufwändigeren Vergasungs- und Fischer-Tropsch-Verfahren aus Holz und Stroh gewonnen werden sollen.
Einen groß angelegten Test führt Neste Oil seit Mitte 2008 unter Beteiligung von Daimler-Benz und dem österreichischen Mineralölkonzern OMV in Stuttgart durch: Fahrversuche mit zehn neuen Lkw und vier Bussen der Stuttgarter Straßenbahnen AG hätten laut Neste Oil gezeigt, dass bis zu 45 Prozent weniger Partikel und bis zu 20 Prozent weniger Stickoxide entstehen, wenn mit NExBtL statt Diesel getankt wird. „Die Ergebnisse nach einem Jahr Testbetrieb zeigen, dass der eingesetzte Kraftstoff einwandfrei in Mercedes-Benz Lkw und Bussen funktioniert und sich sehr gut mit den Motoren verträgt“, sagt Dr. Manfred Schuckert, Konzernstratege für Emissionen und Sicherheit Nutzfahrzeuge bei der Daimler AG: „Das ist sehr wichtig für unsere Kunden, denn bisher verwendeter Biodiesel der ersten Generation führt oft zu kürzeren Wartungsintervallen und somit höheren Kosten für die Fahrzeugbetreiber“.
„Mit diesem neuen Diesel aus erneuerbaren Rohstoffen können wir unseren Kunden schon heute eine umweltfreundliche Lösung anbieten, die auch langfristig zukunftsfähig ist. Das heißt, man kann damit einerseits hohe Biokraftstoffquoten erreichen, andererseits aber auch zukünftige Anforderungen der Motor- und Fahrzeughersteller erfüllen“, meint Walter Böhme, Forschungs- und Entwicklungsleiter bei OMV. Sein Unternehmen hat eine Kooperationsvereinbarung mit Neste Oil zum Bau einer Produktionsanlage für den „Biodiesel der 2. Generation“ in der Raffinerie Schwechat bei Wien geschlossen. Allerdings hat sich die OMV noch nicht zum Bau der Anlage durchringen können, weil die politischen Rahmenbedingungen nicht eindeutig geregelt seien. So lange nicht klar ist, wie viel und welche Biokraftstoffe in Zukunft gebraucht werden, können wir keine seriöse Investentscheidung treffen, begründen die Österreicher.
Begehrt bei Auto- und Mineralölkonzernen
Die politisch unsichere Lage der Biokraftstoffe im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz, Naturschutz, Versorgungssicherheit und verschiedenen Brancheninteressen macht es für Neuentwicklungen nicht eben leicht. Sicher ist jedoch, dass sowohl die Mineralöl- als auch die Automobilindustrie scharf auf hydrierte Pflanzenöle sind. Die Autobauer würden damit gerne den herkömmlichen Biodiesel in der Beimischquote ersetzen. Mit NExBTL-Diesel bekämen sie einen Kraftstoff für ihre CO2-Einsparziele, ohne selbst Technologien entwickeln zu müssen. Vertreter der Autoindustrie werden nicht müde zu lamentieren, dass der gemäß der neuen Kraftstoffnorm erlaubte siebenprozentige Biodiesel an Grenzen der Motorverträglichkeit stößt. NExBTL könnte dagegen problemlos in höheren Mengen beigemischt werden, ohne Anpassungen am Motor zu erfordern.
Ideal sind hydrierte Pflanzenöle jedoch für die Erdölkonzerne: Prinzipiell können Pflanzenöle in bestehenden Raffinerien mitverarbeitet werden (Co-Processing). Extra Produktionsanlagen und damit zusätzliche Investitionskosten würden entfallen. Bestehende Logistiknetze könnten genutzt werden. Die Hydrierung mit Wasserstoff ist nämlich ein seit Langem bekannter Prozess, mit dem Schweröl von Verschmutzungen wie Schwefel befreit wird. Für das Verarbeiten von Pflanzenöl wären in den Raffinerien nur geringe Anpassungen notwendig. Neben Neste Oil und der OMV sind auch BP und Aral stark an der Pflanzenöl-Hydrierung interessiert: BP verfolgt das Co-Processing bereits in der Raffinerie von Bulwer Island/Australien.
Unter allen möglichen Ölen und Fetten für das Hydrocracking hat sich Palmöl wegen des Fettsäuremusters als am besten geeignet erwiesen: Die kurzkettigen und vollgesättigten Fettsäuren von Palmöl haben einen erheblich geringeren Wasserstoffbedarf und sind somit wirtschaftlich sinnvoller als langkettige, teilweise ungesättigte Pflanzenöle wie Rapsöl. Da Palmöl unter den am Weltmarkt gehandelten Pflanzenölen das Billigste ist, sind die Präferenzen klar gesetzt. „Besser wäre es natürlich, einen Rohstoff zu nutzen, der kein Lebensmittel ist“, räumte Neste-Oil-Sprecher Osmo Kammonen gegenüber der Süddeutschen Zeitung ein. Er sehe aber für die kommenden zehn Jahre keine Alternative zum Palmöl.
Gigantische Pläne
Neste Oil setzt bei seiner Strategie, mit dem NExBTL-Verfahren zum weltweit führenden Biodiesel-Produzent zu werden, jedenfalls voll auf das Tropenöl. In strategisch günstiger Lage zwischen den Haupterzeugerländern Indonesien und Malaysia baut das Unternehmen in Singapur eine Produktionsanlage. Dafür investiert es rund eine halbe Milliarde Euro. Ende 2010 soll die mit einer Kapazität von 800.000 Tonnen im Jahr dann größte Biodieselanlage der Welt fertig sein. In Rotterdam haben die Finnen begonnen, eine ähnlich große Anlage zu bauen, die 2011 in Betrieb gehen soll.
Der Ölkonzern hat strenge Regeln für die nachhaltige Produktion des bezogenen Palmöls aufgestellt. „Wir wissen genau, wo unsere Rohstoffe herkommen, wie sie produziert werden und lassen dies ständig von unabhängigen Instituten überprüfen“, sagt Simo Honkanen, Direktor für Nachhaltigkeit bei Neste Oil, das sich zudem dazu verpflichtet habe, bis spätestens Ende 2015 ausschließlich zertifiziertes Palmöl zu verwenden, wenn es in ausreichenden Mengen verfügbar ist. Nachhaltigkeitszertifikate sind das neue Mittel der Wahl, um die Abholzung von Regenwald für Palmölplantagen zu bekämpfen.
Die Europäische Union hat hierzu in ihrer Regenerative-Energien-Direktive präzise Kriterien vorgegeben: Sämtliche flüssigen Bioenergieträger müssen mindestens 35% Treibhausgase gegenüber fossilen Treibstoffen einsparen. Ab 2017 soll der Wert auf 50 Prozent steigen. Außerdem dürfen die Rohstoffe, wie Getreide, Mais, Zuckerrohr und Zuckerrüben, Raps-, Soja- und Palmöl, nicht von sogenannten „No-go-areas“ kommen: Flächen mit hoher Kohlenstoffspeicherung, wie Wälder und Moore, und Gebiete mit hohem Naturschutzwert (High Conservation Value). Bis zum 30.6.2010 müssen die Mitgliedstaaten nationale Aktionspläne zur Umsetzung ihrer Erneuerbare-Energien-Ziele aufstellen. In punkto Nachhaltigkeit marschiert Deutschland vorneweg: Schon Mitte 2009 hat die Bundesregierung die Biomassestrom- und die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung beschlossen. Sowohl Strom aus flüssiger Biomasse, der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet wird, als auch Biokraftstoffe, die auf die Biokraftstoffquote angerechnet werden oder als Reinkraftstoffe von der Steuerermäßigung profitieren, müssen nachhaltig produziert und dieses mit einem Zertifikat bestätigt werden.
Flüssiges zu Kraftstoff, Festes und Gas zu Strom
Beim Import von Flüssig-Biomasse will die Bundesregierung Konkurrenzen von Kraft-Wärme-Kopplung und Kraftstoffmarkt vermeiden. Der Bonus für nachwachsende Rohstoffe wurde deshalb für Pflanzenöl-BHKW über 150 kW elektrischer Leistung im EEG 2009 gestrichen. „Zur Erreichung der anspruchsvollen deutschen Biokraftstoffziele sind kurz- bis mittelfristig Pflanzenöle und Bioethanol unverzichtbar, während für die Stromerzeugung aus Biomasse bereits heute ein weites Spektrum fester und gasförmiger Biomasse zur Verfügung steht“, heißt es deshalb in der Novellierungsbegründung des Gesetzes.
Im Januar wurde mit dem ISCC (International Sustainability and Carbon Certification) das erste Zertifizierungssystem von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zugelassen. Damit hat die Bundesrepublik als erstes Land jetzt ein anerkanntes Instrument zur Biomassezertifizierung. Das ISCC-System wurde von dem Beratungsunternehmen Meó Consult entwickelt und vom Bundeslandwirtschaftsministerium finanziell unterstützt. Norbert Schmitz von Meó will das ISCC als eine Art „Metasystem“ etablieren, mit dem verschiedene Zertifikate, wie die nach Standard des „Round Table on Sustainable Palmoil“ (RSPO), harmonisiert werden. Im RSPO sind Palmölanbauer, -hersteller und -händler sowie Nichtregierungsorganisationen, wie der „World Wide Fund For Nature“ (WWF) beteiligt.
Schwache Nachfrage
Der RSPO bemüht sich zwar schon seit 2004 um eine Zertifizierung. Einzelne Themen, wie Herbizide, Biodiversität oder Treibhausgas-Emissionen (THG) sind aber immer noch umstritten. Die einflussreichen Palmölverbände von Malaysia und Indonesien sprachen sich zuletzt gegen die Einbeziehung von THG-Emissionen in den RSPO-Standard aus. Während das RSPO-Sekretariat Prinzipien und Kriterien für den Standard erarbeitet, ist die Zertifizierung selbst dann Aufgabe von akkreditierten Auditoren privater Unternehmen. „Das ist ein freier Markt“, betont Jutta Mariam vom malaysischen RSPO-Sekretariat nahe Kuala Lumpur. Natürlich verursache die Zertifizierung beträchtliche Kosten. Gemäß RSPO zertifiziertes Palmöl koste in der aktuellen Einführungsphase 9 US-Dollar mehr pro Tonne. Der Preis habe jedoch zuletzt stark geschwankt von 7 bis zu 50 Dollar. Insgesamt ist die Nachfrage nach RSPO-Palmöl noch schwach: Obwohl der Ausstoß Ende 2009 schon bei 1,8 Mio.?t. lag, wurden nur 320.000 Tonnen verkauft. Das liegt überwiegend daran, dass es noch keine gesetzlichen Verpflichtungen gibt. Selbst in Deutschland können noch Übergangsfristen bis Ende 2010 in Anspruch genommen werden.
Enttäuschung macht sich breit, vor allem weil nicht mehr Lebensmittelkonzerne nachhaltiges Palmöl nachfragen. Im Oktober letzten Jahres führte der WWF ein Ranking über das Engagement für Palmöl nach RSPO-Standard durch. 59 europäische Einzelhändler und Palmölverarbeiter wurden untersucht. Unter den im deutschsprachigen Raum tätigen Firmen landeten Unilever (Großbritannien/Niederlande), L’Oreal (Frankreich) und die schweizerischen Einzelhändler Migros und Coop Suisse unter den verantwortlichsten Top Ten. Zu den Firmen, die noch überhaupt kein nachhaltiges Palmöl nachgefragt haben, gehören Aldi, die Metro-Group (beide Deutschland) und Spar International (Niederlande). Während der WWF für das RSPO-Siegel kämpft, wird letzteres von anderen Umweltschutzorganisationen torpediert. Der industrienahe RSPO sei nur dazu da, die verheerenden Praktiken der Palmölkonzerne mit einem grünen Mäntelchen zu verschleiern. Mehr als 250 Umwelt- und Sozialgruppen haben eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der der RSPO als „Greenwashing“ angeprangert wird. Die riesigen Ölpalmen-Monokulturen könnten niemals nachhaltig sein, so das vernichtende Fazit. Vor allem Greenpeace und Friends of the Earth sind entschiedene RSPO-Gegner.
Auch Nahrungs- und Futtermittel zertifizieren
Neben dem „Etikettenschwindel“ befürchtet Greenpeace einen Verlagerungseffekt durch die zusätzliche, zertifizierte Nachfrage aus dem Energiesektor: Demzufolge werden nachwachsende Rohstoffe für Energiezwecke auf alten und damit „sauberen“ Flächen angebaut, während für den Nahrungs- und Futtermittelanbau weiter Urwälder abgeholzt werden dürfen. Zur Einbeziehung dieser indirekten Landnutzungsänderungen soll die EU-Kommission im Laufe des Jahres erst mal einen Bericht vorlegen, der eine Methode zur Berechnung des Effektes aufzeigt. Auf Dauer hätten Nachhaltigkeitsstandards allein für Biosprit kaum Relevanz für den Markt, kritisierte Martin Hofstetter, Agrarexperte bei Greenpeace, in der taz. Nur wenn Futter- und Lebensmittel ebenso nachhaltig produziert würden, könne der Druck auf die Erzeuger so groß werden, dass der Raubbau beendet würde. „Davon sind wir aber noch weit entfernt“, sagt Hofstetter.
Die Dimensionen eines möglichen, künftigen Palmölbedarfs zeigen sich schon an der aktuellen Kontroverse über die hydrierten Pflanzenöle. Mit der „Verordnung zur Anrechnung bestimmter biogener Öle auf die Biokraftstoffquote“ soll in Deutschland die Möglichkeit geschaffen werden, drei Prozent des Dieselbedarfs durch in Raffinerien mitverarbeitete Pflanzenöle zu decken. Die Verordnung würde mit einem Schlag einen Bedarf von etwa 900.000 Tonnen Pflanzenöl auslösen. Würde gemäß der Präferenz von Automobil- und Mineralölindustrie Palmöl verwendet, müssten die Importe von derzeit 1,1 Mio. t fast verdoppelt werden. Eine Übertragung dieses Modells auf die anderen EU-Länder ergibt ein Schreckensszenario!
Mit der „Roadmap Biokraftstoffe“ hat die Bundesregierung zusammen mit Branchenverbänden im Jahr 2007 beschlossen, dass ab 2010 bei einer Verwendung von sieben Prozent Biodiesel zusätzlich drei Prozent co-hydrierte Pflanzenöle eingesetzt werden können. Damit sollte die Beimischung schnellstmöglich auf zehn Prozent kommen. Auch wenn dieser Kompromiss die Oligopolstellung der großen Mineralölkonzerne stärke, will sich der Bundesverband Bioenergie daran halten, beteuert Geschäftsführer Bernd Geisen. Er fordert jedoch, dass die drei Prozent co-hydrierte Pflanzenöle nicht als Einstiegsmenge gesehen werden, sondern dass es dabei bleibt. Außerdem solle die Bundesregierung darauf hinwirken, dass auch heimische Pflanzenöle in den Raffinerien mitverarbeitet werden. Peter Schrum, Präsident des Bundesverbands Biogene Kraft- und Treibstoffe, lehnt hydrierte Pflanzenöle zur Quotenerfüllung dagegen gänzlich ab. Beide wünschen sich lieber eine Wiederbelebung des Marktes mit reinem Raps-Biodiesel durch eine Zurücknahme der Energiesteuer. Die Zukunft der Biokraftstoffe dürfte schon bald zu einer weiteren Belastungsprobe für Schwarz-Gelb werden!
Die Nummer eins – unter den Pflanzenölen und als Regenwaldfresser
Dem Palmöl kommen seine stabilen Lager- und guten Verarbeitungseigenschaften sowie die hohen Hektarerträge von vier Tonnen pro Jahr im Schnitt zugute. Mit einer Weltproduktion von 43 Millionen Tonnen in 2008 ist es zum wichtigsten Pflanzenöl vor Soja- (37 Mio. t) und Rapsöl (20 Mio. t.) aufgestiegen. Mittlerweile ist Palmöl in jedem zehnten Supermarktprodukt zu finden: in Margarine, Süßigkeiten, Kosmetika, Waschmitteln und vielem mehr. Rund vier Fünftel des Weltbedarfs liefern Malaysia und Indonesien zu etwa gleichen Anteilen. Während Indonesien erst den Bedarf der stark wachsenden Bevölkerung decken muss – 240 Millionen Einwohner hat das Inselreich mittlerweile, Anfang der 70er-Jahre waren es noch 130 Millionen – steht für Malaysia (28 Mio. Einwohner) der Export im Vordergrund. Palmöl ist drittgrößter Devisenbringer des Tigerstaats geworden. Die Exporteinnahmen 2008 betrugen rund 13 Milliarden Euro, eine halbe Million Menschen arbeiten im Palmöl-Sektor.
Weil die Ölpalme nur in tropischem Klima gedeiht, kommt es zu Nutzungskonflikten mit schützenswerten Regenwäldern. Bisher stand die Neuanlage von Palmplantagen oftmals in Zusammenhang mit illegalem Holzeinschlag und Vertreibung von indigenen Urwaldbewohnern. Die Aussicht, Palmöl künftig verstärkt als Energieträger einzusetzen, ruft weitere Expansionspläne auf den Plan: vor allem in Südamerika, Afrika, Indonesien und Papua-Neuguinea. Nach Angaben der Umweltorganisation Robin Wood besitzt der größte Palmölkonzern Wilmar International mit Stammsitz in Singapur bereits fast eine Million Hektar Land auf Sumatra, Kalimantan und West-Papua (Indonesien). Diese Flächen seien zurzeit nur teilweise mit Ölpalmplantagen bepflanzt.
Christian Dany