Erneuerbare Energien "Made in Germany" machen den Unterschied
Der saudi-arabische Energiemix der Zukunft
Saudi-Arabien sieht sich einem ständig steigendem Energiebedarf ausgesetzt. Jedes Jahr steigt der Strombedarf für Privathaushalte, Gewerbe und die in fast jedem Gebäude installierte Raumklimatisierung um 5–10%. Strom wird in Saudi-Arabien fast ausschließlich aus heimischem Öl, Erdgas und importiertem Diesel produziert. Die aktuell installierte Gesamtproduktion liegt bei ca. 30 GW und stößt zunehmend an Grenzen, wobei als Altersgründen davon bis 2020 fast die Hälfte ausgemustert und damit ersetzt werden muss. Zudem wurde vor einigen Jahren erkannt, dass jedes ins Ausland exportierte Barrel Rohöl wesentlich mehr volkswirtschaftlichen Gewinn bringt als es zuhause zum Zweck der Stromerzeugung zu verbrennen. Um dieser Entwicklung etwas entgegen zu setzen werden aktuell verschiedene Strategien entwickelt: So wurden beispielsweise im ersten Quartal dieses Jahres 9,5 Mrd. US$ in den Energiesektor investiert. Innerhalb der nächsten zehn Jahre werden insgesamt 18 Mrd. US$ in die Erschließung Erneuerbarer Energien gesteckt. Bis 2030 plant die saudi-arabische Regierung 20 Prozent des Gesamtenergiebedarfs aus „alternativen“ Quellen (insbesondere Solar- und Windtechnologie, aber auch Atomkraft) zu decken. Dabei nimmt die Solartechnologie eine Schlüsselrolle in der Zukunftsplanung des Königreichs ein. Klassische kristalline und Dünnschicht-PV-Technik sowie CSP (Concentrated Solar Power) sollen gleichermaßen zum Einsatz kommen. Die Roadmap seitens des alleinherrschenden Königshauses bzw. seiner halb-staatlichen Organisationen ist festgezurrt, die Mittel- und Langfristziele sind gesetzt und sie sind ambitioniert. 40 GW PV und CSP gilt es bis 2032 zu installieren.
Konferenz in Riad
Vor diesem Hintergrund hat die Delegation der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien und Jemen am Sonntag, den 13. Mai, eine Konferenz zum Thema „Saudi-Arabien und Deutschland – Gemeinsam zur Erneuerbaren Energie/Photovoltaik“ in Riad organisiert. Die AHK Saudi-Arabien hat eine solche Konferenz bereits zum dritten Mal vor Ort durchgeführt, was Ausdruck des anhaltenden Interesses deutscher Unternehmen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien am Aufbau von Geschäftsbeziehungen mit saudischen Partnern ist. Dr. Kahlid M. Al-Sulaiman, Vize-Vorstand für Erneuerbare Energien der King Abdullah City for Atomic and Renewable Energy (K.A.CARE) hat die Konferenz gemeinsam mit dem Delegierten der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien und Jemen, Andreas Hergenröther, und Sven Portius, Vertreter des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, eröffnet.
Von saudi-arabischer Seite wurde die Konferenz von hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Politik besucht. Unter anderem die Saudi Electric Company, STC und K.A.Care haben den Austausch mit der Delegation deutscher Unternehmer gesucht und sind bestrebt, Geschäftsbeziehungen aufzubauen und zu intensiviert.
„Deutschland genießt aufgrund seiner hochwertigen technischen Produkte sowie des praktischen Know-how weltweit einen hervorragenden Ruf in Bereich der Solarenergie – nach wie vor ist Technologie aus Deutschland führend auf dem Weltmarkt. Die Entwicklung des Photovoltaik-Marktes in Saudi-Arabien befindet sich zwar noch ganz am Anfang, eröffnet aber vielen Unternehmen vielversprechende Aussichten“, sagte Andreas Hergenröther auf der Konferenz. Dass auf der Liste der nach Riad mitreisenden deutschen Firmen nur ein einziger Modulhersteller, ansonsten die Auslandsabteilungen führender deutscher PV-Systemhäuser, Hersteller anderer wesentlicher Solarkomponenten, Projektierungs- und Beratungsfirmen standen, verwunderte angesichts der Ende März im Bundestag beschlossenen drastischen neuen deutschen EEG-Regelungen nicht sehr.
Potentiale und Besonderheiten
In diesem Jahr standen vor allem die Themen der verschiedenen Technologien und Nutzungsmöglichkeiten der Solarenergie sowie die Chancen für Saudi-Arabien im Fokus. Die Erneuerbaren Energien haben in Deutschland 370.000 neue Arbeitsplätze in diesem Sektor entstehen lassen. Im Jahr 2010 wurden Investitionen in Höhe von 26 Mrd. € in dem Bereich getätigt. Die Präsentation zu „Technologie und Wirtschaftlichkeit von PV-Systemen in Deutschland“ wurde vom Vorsitzenden des Landesverbandes Franken der DGS, Michael Vogtmann gehalten. Beginn und Ende des Vortrages nutzte Vogtmann, um die anwesenden saudischen Vertreter zur verstärkten Nutzung der Solartechnik zu motivieren. So machte er anfangs deutlich, dass jeder Quadratmeter im sonnenbegünstigten Wüstenstaat Saudi-Arabien mit 2.000 kWh solarer Strahlungsenergie umgerechnet 200 Liter Rohöl Jahr für Jahr – noch 4 Milliarden Jahre - kostenlos erhält. Am Ende veranschaulichte er die vergleichsweise winzige Fläche Saudi-Arabiens, die – bei einem durchschnittlichen Umwandlungswirkungsgrad Sonne/Strom von 10% – belegt werden müsste um den gesamten derzeitigen Strombedarfs des Königreiches rechnerisch zu decken. Gerade einmal 1000 km2 (32 x 32 km). Und die solare Stromproduktion ginge in Saudi-Arabien ja meist zeitgleich mit der Tages-, ja sogar Jahreslastkurve einher, bedingt durch den sehr hohen Anteil an Klimatisierungsenergie. Tag für Tag: Je höher die Sonne, desto stärker der Kühlbedarf, desto höher die PV-Leistung. Und jedes Sommerhalbjahr: Je länger die Tage, desto heißer der arabische Sommer, desto wesentlich höher der Kühlbedarf, desto mehr Solarstrom kann täglich produziert werden. Und nicht zuletzt, Sand zur Herstellung von Silizium gibt es wahrlich genug. Apropos Sand: Nikolai Dobrott (Geschäftsführer der Fa. Apricum GmbH) wies in seinem hervorragenden Vortrag auch auf die Notwendigkeit der langfristigen Qualitätssicherung von PV-Anlagen in Form von hinreichend ausgestatteten Wartungsverträgen hin. Einprägendes Beispiel hierfür: Eine 50 MW PV-Freiflächenanlage in Saudi-Arabien brächte ohne Reinigungsroutinen alsbald nur noch gut 70 MWh Ertrag pro Jahr – Sandverschmutzung kann dort zu Leistungsverlusten von 20% führen – , bei turnusgemäßer Reinigung (z.B. monatlich und nach Sandstürmen) könnte der Ertrag jedoch auf gut 80 MWh jährlich garantiert werden. Die Zusatzkosten für die sanfte Trockenreinigung (siehe Bild 2) wären im Verhältnis zum anderweitigen Ertragrückgang bei den hiesigen Arbeitslöhnen fast zu vernachlässigen, zusätzliche Arbeitsplätze für Servicetechniker würden geschaffen.
Vor diesem Hintergrund wurden in weiteren Vorträgen von deutschen und einheimischen Firmenvertretern auch lokale Produktionsmöglichkeiten in Saudi-Arabien diskutiert, die das Potential bergen, neue und nachhaltige Arbeitsplätze im Königreich zu schaffen. Immerhin gibt es schon eine kleine aber hochmoderne Solarindustrie im Lande, auf die man kooperativ aufbauen könne.
Fazit
Kleiner Wermutstropfen: Es fehlen „nur“ noch die klaren wirtschaftlich-rechtlichen Voraussetzungen, zu welchen Vergütungskonditionen Regenerativstrom in die hiesigen Stromnetze eingespeist werden soll. Ursprünglich war diese Planungssicherheit versprechende Grundlage schon für 2011 angekündigt worden, aber noch wird leider weiter hin- und herüberlegt, ob es zu „Einspeisevergütungen“ oder zu festen MW orientierten garantierten Kaufpreisen in Verbindung mit Ausschreibungen kommen soll. Dieser Unsicherheitsgrad bremste die anfängliche Euphorie der deutschen Delegationsteilnehmer ein klein wenig. Aber den Optimismus zum baldigen verstärktem Engagement in Saudi-Arabien konnte das kaum schmälern.
Die Konferenz war der Auftakt einer mehrtägigen Delegationsreise. Vom 12.-15. Mai wurden zahlreiche Gespräche zwischen deutschen und saudi-arabischen Unternehmen geführt – auch auf individueller Ebene. Dabei wurden Kooperationschancen ausgelotet und das Fundament für nachhaltige, zukunftsorientierte Geschäftsbeziehungen gelegt.
Michael Vogtmann