Solarstromlieferung vor Ort
Konzepte zur wirtschaftlichen Optimierung von Eigenverbrauchsanlagen auf fremden Dächern: Hundert Prozent Vergütung für Anlageneigentümer, 20 Jahre Strompreisgarantie für Gebäudeeigentümer, ist das möglich – zumal unter dem Vorzeichen des neuen EEG 2012? Neue Betreiberkonzepte, die von DGS Franken entwickelt wurden, helfen die Abzüge durch das Marktintegrationsmodell zu vermeiden. Das Konzept „Dritte vor Ort beliefern“ erlaubt dem Anlagenbetreiber über den Solarstrom-Lieferpreis rechnerisch eine „EEG-Volleinspeisung“ zu realisieren. Allerdings ist für den selbst verbrauchten Strom eine verringerte EEG-Umlage zu berücksichtigen. Um die EEG-Umlage gänzlich zu vermeiden, wurden im Besonderen die Konzepte zur „ideelle Teilmiete“ und zur tatsächlichen Miete der Gesamtanlage entwickelt.
Ausgangslage
Durch die Einführung des Marktintegrationsmodells wird der wirtschaftliche Betrieb von Photovoltaikanlagen vor neue Herausforderungen gestellt. In den Leistungsklassen zwischen 10 und 1.000 kW werden nur noch 90% der Erträge vergütet. Können Anlagenbetreiber den verbleibenden Anteil nicht selbst verbrauchen, erhalten Sie lediglich den Strombörsenpreis. Eine Direktvermarktung – ein möglicher Ausweg für Großanlagen – macht im Bereich der „mittleren Anlagen“ unter 250 kW wenig Sinn. Der zusätzliche Kostenaufwand ist zu hoch. Da auch die Vergütung insgesamt stark reduziert wurde, sinken die berechneten Renditen oftmals unter die Marken, die eine Investitionsbereitschaft auslösen. Welche Möglichkeiten stehen Investoren noch offen, die ihre Anlagen insbesondere auf fremden Dächern realisieren? Können angesichts der Kürzungen und Beschränkungen im aktuellen EEG noch ausreichend hohe Dachmieten gezahlt werden, um Gebäudeeigentümer zu überzeugen, in Gestattungsverträge einzuwilligen?
„PV mieten!“ 2011
Bereits im vorausgegangenen EEG 2011 waren die Kürzungen der Einspeisevergütungen drastisch. Fu?r Anlagenbetreiber mit eigenem Dach gab es zumindest noch eine Vergu?tung fu?r selbst genutzten Solarstrom. Die Akquise fremder Dächer gestaltete sich allerdings schwierig, da ohne eine Anpassung der Dachmieten ein Anreiz für die Bereitstellung eines Daches kaum noch gegeben war.
Die DGS Franken legte 2011 mit dem Konzept „PV mieten!“ einen Ansatz zur Minderung des Strombezugs aus dem öffentlichen Netz vor, der finanzielle Anreize jenseits der Dachmiete setzen konnte (siehe: Sonnenenergie 2011/2). Nicht „Vermieten Sie Ihre Dachfläche“, sondern „Mieten Sie eine PV-Anlage“ sollte die Losung der Zukunft sein. Die Mietung der Photovoltaikanlage war dabei nur in einem übertragenen Sinne gemeint. Genau genommen ging es um einen Stromliefervertrag, bei dem der Investor Anlagenbetreiber blieb: Die „PV-Miete“ entsprach rechnerisch der Differenz zwischen einer gedachten Vergütung bei Volleinspeisung und der Vergütung mit Eigenstromregelung. Nach EEG §33 Abs. 2 besteht ein Anspruch auf Vergütung, „soweit die Anlagenbetreiberin, der Anlagenbetreiber oder Dritte den Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage selbst verbrauchen und dies nachweisen.“
Stellt man die Einnahmen der beiden Vertragsparteien gegenüber, so erhält der „Vermieter“ der PV-Anlage mit Überschusseinspeisung den gleichen Betrag wie für eine identische PV-Anlage mit Volleinspeisung. Der „Mieter“ der PV-Anlage hingegen zahlt keine Mehrkosten im Vergleich zu einer Gebäudenutzung ohne PV-Anlage. Bereits bei konstanten Strompreisen reduziert er seine Kosten. Das bedeutet eine win-win-Situation für beide Parteien.
Dieses Konzept ist für Bestandsanlagen nach EEG 2011 noch immer anwendbar, auch wenn hier die Frage noch ungeklärt ist, ob denn für den Strom, der durch einen Dritten verbraucht wird, EEG-Umlage zu zahlen ist. Ein Hinweisverfahren der DGS Franken bei der EEG-Clearingstelle ist noch anhängig. Für Anlagen nach dem EEG 2012 ist diese Frage immerhin beantwortet. Letztverbraucher müssen EEG-Umlage zahlen; jedoch durch die Ermäßigung des „Grünstromprivilegs“ gemindert.
Dritte vor Ort beliefern
Überzogene Förderkürzungen, Streichung der Vergütung für selbst genutzten Solarstrom, Marktintegrationsmodell, EEG-Umlage, … die DGS Franken hat ihr Konzept „PV mieten!“, das bisher an der Vergütung für selbst genutzten Solarstrom ausgerichtet war, nun zu einem frei kalkulierbarem Stromliefervertrag umgewandelt, der an dem Ziel der „100% rechnerischen Vergütung“ festhält.
Der Betreiber beabsichtigt, auf dem Gebäude des Grundstückseigentümers eine netzgekoppelte Solarstromanlage zu errichten. Nach Fertigstellung der gesamten Solarstromanlage wird der erzeugte Strom vorrangig auf dem Grundstück bzw. in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht und vom Grundstückseigentümer ein Nutzungsentgelt gezahlt. Der nicht genutzte Strom wird in das öffentliche Netz des zuständigen Netzbetreibers eingespeist und gemäß § 32 EEG vergütet. Hierdurch kann der Grundstückseigentümer vom Betreiber kostengünstig den mit der Solaranlage produzierten Strom beziehen und seinen Strombezug aus dem öffentlichen Netz verringern. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit besteht für den Grundstückseigentümer die Option, die Solarstromanlage zu dem jeweiligen Restwert vom Betreiber zu erwerben.
Als Nutzungsentgelt wird ein Stromlieferpreis gezahlt, der entweder frei kalkuliert wird und über die Vertragslaufzeit konstant bleibt, oder der EEG-Vergütung entspricht. In beiden Varianten besteht jedoch eine Mindestabnahmepflicht, die sich an der Strommenge bemisst, die vom Marktintegrationsmodell (§ 33 EEG) von der vollen Vergütung ausgenommen ist, nämlich 10%. Anstelle des Grundstückseigentümers kann auch ein anderer Dritter (z.B. ein Pächter) den Vertrag mit dem Betreiber abschließen, der den Strom „in unmittelbarer räumlicher Nähe“ verbraucht. Der Grundstückseigentümer muss jedoch einverstanden sein.
Der Ansatz verschafft dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit, den von der Solarstromanlage erzeugten Strom im Wege des „Eigenverbrauchs durch Dritte“ in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Anlage zu beziehen, ohne das Betriebsrisiko der Anlage tragen zu müssen.
Anlagenteilmiete
Auch bei der Teilanlagenmiete beabsichtigt der Anlageneigentümer, auf einem fremden Grundstück eine netzgekoppelte Solarstromanlage zu errichten. Allerdings soll in dieser Variante der „Stromlieferung“ neben den Abzügen des Marktintegrationsmodells auch die EEG-Umlage vermieden werden.
Der Anlageneigentümer vermietet dem Grundstückseigentümer einen ideellen Anteil der Anlage, der seinem prognostizierten Eigenverbrauchsanteil entspricht, zur Mitnutzung. Hierdurch kann der Grundstückseintümer kostengünstig den mit der Solaranlage produzierten Strom beziehen und seinen Strombezug aus dem öffentlichen Netz verringern. Der dem Anlageneigentümer zustehende Teil des Stroms wird in das öffentliche Netz des zuständigen Netzbetreiber eingespeist. Der Anlageneigentümer bezieht Vergütung nach EEG unter Vermeidung von Abzügen durch das Marktintegrationsmodell. Auch EEG-Umlage fällt nicht an, da diese grundsätzlich zu Lasten des Endverbrauchers geht. Der Grundstückseigentümer ist jedoch (Teil-)Mieter der Anlage und dadurch selbst (Mit-)Betreiber der Anlage, so dass der Strom nicht an Dritte geliefert, sondern im Wortsinne „selbst“ verbraucht wird.
Der Grundstückseigentümer darf die bezogene Elektrizität allerdings nur für den Eigenverbrauch in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage nutzen. Die Miete für die Mitnutzung der Anlage entspricht der rechnerischen EEG-Vergütung für die selbst genutzte Strommenge. Sämtliche vom Netzbetreiber gezahlten Vergütungen stehen im Innenverhältnis allein dem Anlageneigentümer zu.
Wirtschaftlich ratsam ist die Miete mindestens des Teils der Anlage, der dem vom Marktintegrationsmodell von der vollen Vergütung ausgenommenen Teil der erzeugten Strommenge entspricht, sowie der Eigenverbrauch der entsprechenden Teilmenge des erzeugten Stroms. Nicht ratsam ist die Miete eines vom tatsächlichen Verbrauch stark abweichenden, z.B. sehr geringfügigen ideellen Teils der Anlage und weitgehende Abrechnung über eine Ausgleichsregelung, weil dies letztlich als EEG-umlagepflichtige Stromüberlassung aufgefasst werden könnte. Wenn jedoch ein dem Eigenverbrauch weitgehend entsprechender Teil der Anlage gemietet wird, gilt der Grundstückseigentümer als „eigenverbrauchender Mitbetreiber“, denn er trägt das Risiko, dass die auf seinen Anteil entfallende Strommenge seiner Miete nicht entspricht.
Der vom Grundstückseigentümer aus der Anlage bezogene Strom wird jeweils zum Ende des Kalenderjahres mit dem insgesamt von der Anlage erzeugten Strom abgeglichen. Unterschreitet der bezogene Strom seinen ideellen Anteil, wird für den vom Anlageneigentümer eingespeisten Teil die von diesem erlangte Vergütung abgezogen. Überschreitet der bezogene Strom seinen ideellen Anteil, so ersetzt der Grundstückseigentümer dem Anlageneigentümer die ihm hierdurch entgangene Einspeisevergütung.
PV-Anlage mieten
Für das Konzept „PV-Anlage mieten“ gilt ebenfalls das Ziel der „rechnerischen Volleinspeisung“ unter Vermeidung der EEG-Umlage. Anders als bei dem ähnlich lautenden Konzept aus dem Jahr 2011 ist die Mietung der PV-Anlage hier nicht mehr in einem übertragenen Sinn als „Werbeaussage“ zu verstehen, sondern wörtlich. Die tatsächliche Miete der Anlage findet ihre deutlichste Konsequenz in der Tatsache, dass der Anspruch auf EEG-Vergütung nunmehr dem Gebäudeeigentümer zufällt.
Der Anlageneigentümer vermietet dem Grundstückseigentümer eine netzgekoppelte Solarstromanlage mit dem Zweck, den von der PV-Anlage erzeugten Strom im Wege des „Eigenverbrauchs“ in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage selbst zu verbrauchen und für den Rest des Stroms Einspeisevergütung zu erlangen. Der Anlageneigentümer sichert dem Grundstückseigentümer einen Mindestertrag zu. Der Grundstückseigentümer wird durch diese Konstellation „Betreiber“ der Anlage im Sinne des Energierechts und muss für die entsprechenden Anmeldungen bei der Bundesnetzagentur und beim Netzbetreiber sorgen, einschließlich der verschiedenen Pflichten des EEG. Intern wird das Betriebsrisiko der Anlage jedoch zwischen den Parteien so geteilt, dass der Grundstückseigentümer nur das wirtschaftliche Betriebsrisiko – auch bei wetterbedingtem Minderertrag bis zum zugesicherten Mindestertrag – trägt. Der Anlageneigentümer trägt dagegen das technische Risiko sowie das Risiko der korrekten Kalkulation und Durchführung des Projektes.
Als erfahrenes Solarunternehmen übernimmt er die Verpflichtung zum technischen Betrieb und zur umfassenden Unterstützung des Grundstückseigentümers bei allen notwendigen Anmeldungen und behördlichen Verfahren im Sinne eines „full service“. Der Grundstückseigentümer soll also faktisch von den Pflichten und Risiken, die den Betreiber treffen, soweit möglich entlastet werden. Der Grundstückseigentümer trägt gleichwohl das Risiko, dass der Anlageneigentümer diese Verpflichtungen nicht oder schlecht erfüllt und sich Schadensersatz – zum Beispiel bei einer Insolvenz – nicht durchsetzen lässt. Der Grundstückseigentümer muss als Betreiber auch entsprechende Versicherungen (z.B. Haftpflichtversicherung) prüfen.
Die Miete für die Nutzung der Anlage („PV-Miete“) entspricht der EEG-Vergütung bei Volleinspeisung. Der vom Anlageneigentümer nach Maßgabe der Anlage dem Grundstückseigentümer zugesicherte Stromertrag wird jeweils zum Ende des Kalenderjahres mit dem insgesamt von der Anlage erzeugten, teilweise selbst verbrauchten und teilweise eingespeisten Strom abgeglichen. Unterschreitet der erzeugte Strom den zugesicherten Ertrag, so ersetzt der Anlageneigentümer dem Grundstückseigentümer den Verlust in Höhe der entgangenen Einspeisevergütung nach § 32 EEG.
EEG-Umlage fällt nach diesem Konzept nicht an, solange der Grundstückseigentümer den Strom selbst verbraucht und nicht wiederum an Dritte liefert.
Besondere Anwendungsfälle
Es ist grundsätzlich möglich (d.h. unter technischem und wirtschaftlichem Vorbehalt im Einzelfall), die oben beschriebenen Konzepte „PV Anlage Mieten“, „PV Anlage Teilmieten“ und „Dritte vor Ort beliefern“ ganz oder teilweise zu kombinieren. Die in der Tabelle unten genannten Fallbeispiele von „kaskadenartig“ aufgebauten Anlagenvertragsverhältnissen sind nicht vollständig. Insgesamt sind an die 20 verschiedene Fallvarianten denkbar. Bei den hier ausgewählten Anwendungsfällen wurde im Besonderen an Mietshäuser, Gewerbeimmobilien und Nachbargebäude gedacht. Bei Wohngebäuden mit vielen Mietparteien bzw. Teileigentümern scheint vorzugsweise die Stromlieferung empfehlenswert.
Fallbeispiel: Wohngebäude mit 15 Mietparteien
Für den Fall 4 soll hier ein Zahlenbeispiel gegeben werden, das noch einmal die Vorteilhaftigkeiten für die einzelnen Vertragspartner (Anlageneigentümer, Gebäudeeigentümer, Letztverbraucher) veranschaulicht.
Wohngebäude mit 15 Mietparteien
Stromverbrauch gesamt: 50.000 kWh; Strombezugskosten (netto): 21 Cent / kWh; Strompreissteigerung: 5% / Jahr; Eigenverbrauchsanteil Solarstrom: 60%
Photovoltaikanlage
Inbetriebsetzung der Anlage: Sept. 2012; Installierte Leistung: 50 kW; spezifischer Solarertrag 950 kWh/kWp; Solarstrom-Jahresertrag: 47.500 kWh
Vertragsverhältnis 1: Fremdinvestor errichtet die PV-Anlage und vermietet diese an den Gebäudeeigentümer
Der jährliche Mietpreis beträgt 8.265 € (monatliche Miete: 689 €) und entspricht „rechnerisch 100% EEG-Vergütung“.
Vertragsverhältnis 2: Gebäudeeigentümer liefert Solarstrom an die Mietwohnungen (mehrere Lieferverträge)
Die Mieter zahlen dem Gebäudeeigentümer einen Solarstromlieferpreis von netto 21 Cent / kWh. Diesen bekommen sie auf 20 Jahre „eingefroren“ (Strompreisgarantie). Sofern der Gebäudeeigentümer die Mieter begünstigt und die für die Mieter anfallende EEG-Umlage im Lieferpreis berücksichtigt, beträgt der Preis netto 19,4 Cent / kWh.
- Der Vorteil des Gebäudeeigentümers: Er muss für die Photovoltaikanlage auf seinem Dach kein Eigenkapital einsetzen. Sein „Solarstromeinkaufspreis“, das meint die PV-Miete an den Anlageneigentu?mer, beträgt rechnerisch netto 17,4 Cent/kWh. Der Reingewinn beträgt damit 3,6 Cent/kWh bzw. 2 Cent/kWh. Bei einem Solarstromverbrauch im Gebäude von insgesamt 30.000 kWh (Eigenverbrauchsquote: 60%) ergibt sich daraus im ersten Jahr ein Betrag von 600 € bzw. 1.080 €, in 20 Jahren ein Betrag von 12.000 € bzw. 21.600 €.
- Der Vorteil der 15 Mietparteien: Die Mieter profitieren von den vermie-enen Strombezugkosten. Bei 5% Strompreissteigerungen sind dies für jeden Mieter jährlich 230 € bzw. 261 €. In 20 Jahren summiert sich dieser Vorteil auf 4.609 € bzw. 5.217 €/Mieter.
Musterverträge
Im Auftrag von DGS Franken und mit Unterstützung des Solarenergieförderverein Bayern e.V. wurden von der Kanzlei NÜMANN + LANG Rechtsanwälte drei Musterverträge zu den vorgestellten Konzepten erarbeitet, die der weiteren Umsetzung von Eigenverbrauchsanlagen auf fremden Dächern dienen sollen. Die Vertrage und ein Excel-Berechnungstool zur Veranschaulichung können unter www.dgs-franken.de/pvmieten.html. bestellt werden. Anwendungsbeispiele, Kritik und Verbesserungsvorschläge werden von DGS Franken gerne entgegengenommen.
Stefan Seufert