Nur die halbe Wahrheit
Wir befinden uns im Jahre 2012. Deutschland ist bemüht, seine Energieversorgung ökologisch und ökonomisch unter Kontrolle zu bekommen, die Energiekosten müssen bezahlbar bleiben, schallt es aus den Zentralen der Macht – alle unsere Energiekosten? Nein! Ein kleiner, unwesentlicher Teil ist von der öffentlichen Diskussion nahezu völlig befreit: Der Preisanstieg bei Wärme und Mobilität. Er lässt sich auch durch die bundespolitisch forcierte Stromwende nicht aufhalten. Die Fachminister lassen keine Gelegenheit aus, über unsere zukünftige Energieversorgung zu reden. Die Energiewende soll umweltfreundlich und vor allem kostengünstig sein. Man nimmt die Sorgen der Bürger ernst, sagt man. Das geht so weit, dass der Umweltminister kostenfreie Energieberatung vorschlägt. Mit einer „fachmännischen Suche nach Einsparmöglichkeiten solle den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, den Stromkosten ein Schnippchen zu schlagen“. Damit ist Altmaier allerdings wieder nur beim Strom angekommen. Die Frage, die sich stellt: Will man mit der Diskussion um die Steigerung der Strompreise von anderen Unzulänglichkeiten ablenken, fehlen die Ideen zur Lösung der Probleme, oder hat man schlichtweg keine Ahnung, von dem was sich anbahnt?
Energiepreisentwicklung
Die Agentur für Erneuerbare Energien hat erst kürzlich interessante Zahlen zusammen getragen. Fazit: Die Ausgaben für Haushaltsstrom sind nicht das Problem. Der Rohölpreis belastet den Endverbraucher wesentlich stärker. Schließlich hängen andere Energiepreise wie Kraftstoff, Erdgas oder Fernwärme von ihm ab. Dementsprechend sind die Verbraucherpreise für Heizöl, Benzin und Diesel gestiegen. Ein Haushalt, der mit Öl heizt, muss heute mehr als doppelt so viel für ein warmes Zuhause zahlen als noch im Jahr 2000.
Mit dramatischen Zuwächsen lässt sich gut Stimmung machen, ein schönes Beispiel ist die immer wieder thematisierte EEG-Umlage. Diese stieg im betrachteten Zeitraum um dramatische 900%, der Preisanstieg von Heizöl betrug dagegen gerade einmal knapp 120%. Sieht man sich jedoch die real zu bezahlenden Beträge in Euro an, zeigt sich ein ganz anderes Bild. Die monatlichen Kosten für den Umbau unserer Stromerzeugung kletterten von einem Euro (2010) auf 10 Euro (ab 2012). Betrachtet man dagegen die absoluten Zahlen bei Heizöl, ist das schon etwas anderes. Kam man vor gut zehn Jahren noch mit 48 Euro pro Monat aus, werden heutzutage bereits 105 Euro fällig. Bei Benzin ist es ähnlich. Aus 71 Euro wurden mittlerweile 116 Euro. Der Haushaltsstrom, EEG-Umlage herausgerechnet, kletterte in 12 Jahren von 43 auf 65 Euro. Ein Haushalt benötigt folglich mittlerweile 296 Euro für die Energieversorgung, 133 Euro mehr als im Jahr 2000. 102 der 133 Euro davon (76%) gehen auf Kosten von Heizöl und Benzin. Die EEG-Umlage macht gerade einmal drei Prozent der Gesamtausgaben aus.
Konsequenzen?
Energie ist der Motor unserer Gesellschaft, Lebensstandard und Wohlstand hängen maßgeblich von ihr ab. Steigen die Kosten, drohen vielen ungeahnte Einbrüche im Alltag. Bereits heute fressen Spritkosten für die Fahrten zum Arbeitsplatz oft den kärglichen Lohn auf. Auch von so manch mickriger Rente bleibt dank steigender Heizungskosten immer weniger übrig. Der Cent pro kWh für die EEG Umlage ist sicherlich weniger dramatisch, die Kosten für Wärme und Kraftstoffe sind ein alltäglicheres Problem. Was tut die Politik dagegen, was unternehmen die (noch nicht) Betroffenen? Viel zu wenig! Unsere Heizkessel werden immer älter, der Modernisierungsstau wächst weiter an (Seite 18). Allein auf die Politik zu schimpfen ist hier wohl nicht angebracht. Leider bleiben die Appelle, viele davon wurden auch an dieser Stelle bereits geäußert, oft ungehört. Vielleicht muss man sie noch öfter wiederholen, hier einige Bespiele aus der SONNENENERGIE:
- „Die Einsparung durch eine Solarwärmeanlage hingegen ist eine rein private Angelegenheit und kann durch keine Regierung und kein Gesetz geschmälert werden. Es ist also eine sichere Geldanlage, die nicht von Dritten abhängig ist“.
- „Betrachtet man einen Euro, so wird schnell deutlich: Nach zwanzig Jahren ist die Kaufkraft entsprechend gesunken. Bekam man 1990 für 1.300 € noch 5.000 Liter Heizöl so waren es 2010 nur noch 1.850 Liter“.
- „Wenn die Energiepreise so hoch sind, dass solare Wärmeanlagen auf 10 Jahre wirtschaftlich sind, heißt das noch lange nicht, dass sie dann noch jemand bezahlen kann“.
- „Dass Solarthermie wenig Attraktivität ausstrahlt, liegt sicherlich auch daran, dass sie nur ein Anhängsel der doch recht unattraktiven fossilen Heizungstechnik ist. Und die Heizungsbranche hat sich nicht eindringlich bemüht, den Kunden von der Bedeutung der Effizienz des Wärmeversorgers zu überzeugen“.
Selbst ist der Energiewender
Die vielgepriesene Energiewende von unten fängt oftmals im eigenen Keller an. Wartet man auf neue Emissionsrichtlinien, Kesselabwrackprämien, bessere Förderung ... hat man womöglich einiges noch nicht ganz verstanden. Der wirtschaftliche Umbau der eigenen Wärmeversorgung ist Aufgabe eines Jeden. Zögern und Zaudern schadet der Umwelt. So kann die ganzheitliche Energiewende nicht gelingen.
Matthias Hüttmann