Mehr Förderung für weniger Leistung
Das wieder einmal überarbeitete MAP dürfte der Solarthermie kaum Rückenwind bringen: Peter Altmaier macht seit seinem Amtsantritt lautstark in Energiewende, obwohl diese ihm längst zur Stromwende verkümmert ist. Im Spätsommer hatte ausnahmsweise die Wärmeerzeugung mal wieder einen Auftritt. Zum 15. August 2012 wurden die Förderbedingungen im Marktanreizprogramm (MAP) des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für Investitionen in Heizungen, Warmwasserbereitungsanlagen sowie zur Kälte- oder Prozesswärmeerzeugung aus Erneuerbaren Energien verändert. Wieder einmal. Auch bei großen Gebäuden mit gewerblicher Nutzung gibt es im Programm „Erneuerbare Energie Premium“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Neues. Der Bundesumweltminister hat dem das Etikett „Verbesserung“ angepappt – was denn sonst – und ein Teil des Publikums übernimmt dies gedankenlos. Als ob nach so viel Hin und Her in der Förderpolitik nicht ein kritisches Hinschauen angebracht wäre. Über die Ziele und Absichten, die mit den Veränderungen im MAP-Programm und bei der KfW-Förderung intendiert sind, wird höchst oberflächlich reflektiert. Vielfach wird schlicht unterstellt, dies diene dem Wohle der Anlagenbetreiber, der Industrie und der Solarthermie, egal um welche Interessen es sich da handle.
Bei thermischen Solarkollektoren bis 40 m2 Kollektorfläche sowie Biomasseheizkesseln und Wärmepumpen bis 100?kW Nennwärmeleistung werden Mindestförderbeträge, eingeführt. Zugleich bleiben die Basisfördersätze, die in Abhängigkeit von der Größe der Anlage gewährt werden, unberührt, also bei Solarkollektoren der Satz von 90 Euro pro Quadratmeter. Für alle Anlagen gibt es erst einmal 1.500 Euro Mindestförderung – vorausgesetzt, sie sind nicht kleiner als 9 m2 bei Flachkollektoren bzw. 7 m2 bei Röhrenkollektoren. Über 16 und bis 40 m2 geht es dann mit jeweils 90 €/m2 weiter, über 40 m2 nur noch mit 45 €/m2. Dies gilt nur für Ein- und Zweifamilienhäuser im Bestand und für kombinierte Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung. Deren Besitzer, so der Tenor, könnten eine bis zu 400 Euro höhere Förderung einstreichen. Die Wirkung werden wir uns noch genauer anschauen müssen.
PVT-Kollektoren werden nicht gefördert
Auch die Bonusförderung wird erweitert: 500 Euro gibt es für besonders innovative Techniken oder die Kombination „förderwürdiger“ Techniken, wenn sie gleichzeitig eine Biomasseanlage oder eine Wärmepumpe mit einer Solarthermieanlage zur Warmwasserbereitung nutzen. Die reine Warmwasserbereitung ist also in der Förderung immer noch nicht out. Neu ist dagegen ein Effizienzbonus für den Einsatz von Wärmepumpen in gut gedämmten Gebäuden. Die Förderung pro Anlage beträgt ebenfalls 500 Euro, wenn, ja wenn ein neuer Pufferspeicher eingebaut ist. Neu ist auch die Förderung größerer Anlagen ab 20 m2 bei Neubauten. Bisher war dies nur für bestehende Mehrfamilienhäuser und Nichtwohngebäude mit einer Nutzfläche von mindestens 500 m2 möglich.
Bei solarer Prozesswärme in Industrie und Gewerbe tut sich was. Allerdings wird dies etwas irreführend hinter der Förderung großer Solarthermieanlagen versteckt. Für diese erhöht die KfW den Tilgungszuschuss von bislang 30 auf 50 Prozent, sofern sie der Erzeugung von „überwiegend Prozesswärme oder solare Kühlung“ dienen. Also reine Wohngebäude profitieren davon nicht. Bei großen Solaranlagen, die in Wärmenetze einspeisen, steigt der Tilgungszuschuss hingegen von bisher 30 auf bis zu 40 Prozent.
Völlig neu ist die Förderung großer Solaranlagen bis 1.000 m2 durch das BAFA. Kleine und mittlere Unternehmen können hier einen direkten Zuschuss von bis zu 50 Prozent der Investitionssumme erhalten. Sie haben damit die Wahl zwischen der Darlehensvariante bei der KfW und der Zuschussvariante beim BAFA.
Einfriedung für Kleinanlagen
Diese Auflistung, ließe sich um weitere Details ergänzen, allein an diesen Hauptpunkten lässt sich die Frage festmachen, ob die neuerliche Korrektur in der Förderpolitik dieser krisengeschüttelten Branche wirklich nützt. Führt es zu einem wachsenden Kundenvertrauen, einem Wachstumsimpuls und darüber hinaus zu einer Chancengleichheit zu anderen geförderten Energie-Technologien?
Gefördert wird nach wie vor die Bruttokollektorfläche, bei dieser Prinzipienfrage ändert sich überhaupt nichts. Die Solarerträge, die pro Quadratmeter Bruttokollektorfläche erzielt werden, können für verschiedene Technologien und Anlagenkonzepte stark variieren, die solaren Jahres-Energieerträge und CO2-Einsparungen um den Faktor 5 und drüber. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass einige Kollektorsysteme, wie z.B. die zunehmend aufkommenden, billigen drucklosen Röhrensysteme aus Asien, wenig mehr als die Hälfte der Bruttokollektorfläche (das ist einfach Länge x Breite des Kollektors) zur Wärmegewinnung nutzen, sondern zu einem beträchtlichen Teil aus Rahmen und Absorberlücken bestehen. Das macht deutlich, wie die Fördersystematik das Leistungsprinzip konterkariert, denn es gibt automatisch umso mehr Förderung pro Kilowattstunde, je weniger ein Kollektor zu leisten vermag. Dies ist geeignet, billige und schlechte Kollektorimporte zu Verkaufsschlagern zu machen. Daran ändert auch nichts, dass nur Kollektoren mit Solar-Keymark-Zertifikat förderberechtigt sind. Die hier zu überwindende Leistungshürde ist viel zu niedrig und zudem spielt bei diesem Zertifikat die Bruttokollektorfläche keine Rolle. Stattdessen wird nach der Absorber- bzw. Aperturfläche zertifiziert, so dass hier Äpfel und Birnen vermischt werden.
Betrachten wir die Wirkung der neuen Basisförderung bei Ein- und Zweifamilienhäusern: Gab es bisher 90 € pro Quadratmeter, so sind es jetzt 1.500 Euro für mindestens 7 m2 Röhren- bzw. 9 m2 Flachkollektorfläche. Damit werden alle Kleinanlagen mit 7 m2 bzw. 9 m2 zum billigen Jakob mit der besten Förderquote pro Quadratmeter. Das ist ein super Verkaufsargument für Installateure und prämiengehetzte Vertreter, die vor allem ihren Brennwertkessel mit grünem Mäntelchen an den Mann und die Frau bringen wollen. Dieser Mechanismus wird seine Wirkung entfalten. Als Folge werden zukünftig – und das dürfte wohl die Absicht der hinter dieser Regelung stehenden Lobby sein – viele kleine Kombianlagen mit 7–9 m2 Bruttokollektorfläche entstehen. Das sind bei manchen Röhrenkollektoren nur 3–4 m2 Absorberfläche, die wenig leisten und ihre Besitzer frustrieren, weil die Öl-/Gas-Einsparung kaum messbar ist, die Speicherverluste unverhältnismäßig groß sind und der Warmwasserkomfort unbefriedigend ist.
Nur wer sich nicht von den reinen Investitionskosten und der Geiz-ist-geil-Mentalität blenden lässt, sondern eine Vollkostenrechnung anstellt, wird sich von dieser Benachteiligung ab dem achten bzw. zehnten Quadratmeter unbeeindruckt zeigen. Es ist zu befürchten, dass dies der Minderheit der Investoren nicht gelingt. Aber auch bei Betrachtung der Vollkosten über zwanzig Jahre kommt die neue Förderpolitik nicht wirklich gut weg. Wir haben ein Einfamilienhaus aus dem Bestand mit 150 m2 Nutzfläche und einem Wärmebedarf von 150 kWh/m2 pro Jahr vor der Modernisierung mit Gas-Brennwertkessel und Solar durchgerechnet. Annahme war eine Energieeinsparung von 30 Prozent, eine 100-prozentige Fremdfinanzierung über zwanzig Jahre und ein Anstieg der Brennstoffkosten von 8 Prozent pro Jahr. Im Ergebnis sinken die jährlichen Vollkosten um 37,80 Euro und die Amortisation wird neun Monate früher erreicht. Statt 10 Jahre und 6 Monate sind es mit der neuen Förderung nur 9 Jahre und 9 Monate. Ein Durchbruch würde sich anders darstellen, im Gegenteil, in diesem Marktsegment droht es zu einer zusätzlichen Hypothek zu werden.
Goodwill für Prozesswärme
Es gibt bis heute keine zwei Duzend Beispiele für solare Prozesswärme in Deutschland. Das ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass jede Form der Stromerzeugung gegenüber der solaren Wärmeerzeugung um ein Vielfaches mehr gefördert wird. Bei Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) handelt es sich ca. um Faktor 10 pro Kilowattstunde und bei Photovoltaik um Faktor 15 bis 20, wobei die PV wegen ihres geringen Wirkungsgrades solare Prozesswärme weniger verhindert als KWK. Ohne jede Förderung wäre die Solarthermie von allen „Erneuerbaren“ Technologien bereits am wirtschaftlichsten, KWK ist nicht einmal „erneuerbar“. So steht die Solarwärme im Abseits und ist bedeutungslos, obwohl es schon immer eine Förderung von 30% der Investitionssumme über die KfW gab. Mit dem geänderten MAP sollen es nun 50% werden. Angesichts der Förderübermacht von KWK, die weiterhin im Sommer jede Menge Wärmeüberschüsse erzeugt, sind deshalb nicht plötzlich Prozesswärmewunder zu erwarten. Die Forderung der Industrie und des BSW nach Ertragsgarantien auf der Grundlage einer qualifizierten Systemertragsmessung, was zu mehr Vertrauen und Wettbewerb geführt hätte, wurde vom BMU abgelehnt.
Übrigens, für energetische Sanierungen im Bestand sollen die Eigentümer über die neue EnEV keine zusätzlichen Belastungen zu tragen haben. Und eine steuerliche Abschreibung ist auch nicht in Sicht. In diesem Zusammenhang schaut die Änderungen beim MAP nur noch danach aus, eine seit 2008 darbende Branche irgendwie über Wasser zu halten.
Klaus Oberzig