EE-Wärmegesetz: Ziel leider verfehlt
Der Erfahrungsbericht der Bundesregierung ist erschienen: Endlich ist er da, der Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Um knapp ein Jahr hat die Bundesregierung den festgesetzten Termin überzogen. Auf stattlichen 144 Seiten haben die Autoren viele Zahlen zusammengetragen. Die Schlussfolgerungen daraus lassen an Deutlichkeit allerdings zu wünschen übrig. Das wiederum überrascht nicht, wenn man sich den Entstehungsweg vor Augen führt: Federführend für den Bericht ist zwar das Umweltministerium, aber als Bericht der Bundesregierung wurde er im Kabinett abgestimmt. Dem politischen Konsens scheint die Klarheit des Ausdrucks zum Opfer gefallen zu sein.
Ziel wird wahrscheinlich verfehlt
Man könnte annehmen, dass eine klare Antwort auf die Frage, ob ein Gesetz sein Ziel erreicht, im Mittelpunkt eines Erfahrungsberichtes steht. Schafft die Bundesregierung also mit dem Wärmegesetz den Anteil von 14 Prozent Erneuerbarer Energien am Wärmemarkt bis zum Jahr 2020? Als man 2010 den Nationalen Aktionsplan Erneuerbare Energien erstellte sah es gut aus, die Prognose für 2020 lag sogar bei 15,5 %. Doch die Ernüchterung folgt in zwei Schritten: 1. Nach der momentanen Prognose reicht es wohl nicht. 2. Die Antwort auf diese Frage ist im Bericht gut versteckt, in der Zusammenfassung taucht sie überhaupt nicht auf. Die offizielle Sprachregelung – im Bericht ebenso wie mündlich – ist, das Erreichen der Ziele sei „nicht sicher“.
Um die Frage nach der Zielerreichung zu beurteilen, so führen die Autoren aus, müsse man Zähler und Nenner betrachten, namentlich Wärmebedarf und regenerative Wärmeerzeugung. Nach dieser Lektion über das Bruchrechnen führen sie zwei Szenarien ins Feld, die sie anstatt mit Namen mit „A“ für das Weiter-wie-bisher-Szenario und „B“ für das Forcierte-Ökowärme-Szenario bezeichnen. Die Szenarien stammen aus einer leider nicht öffentlich zugänglichen Studie des Fraunhofer ISE im Auftrag der Bundesregierung. Wer sich durch sechs weitere Seiten des Wärmeberichts kämpft, die die Unwägbarkeiten der Zukunft beschreiben, gelangt schließlich zur Auflösung des Rätsels: Ohne weitere Maßnahmen werde man wohl nur 12,2 Prozent Ökowärme bis 2020 erreichen. Erhöht man dagegen die „ordnungsrechtlichen Anforderungen“ und bietet „deutlich höhere wirtschaftliche Anreize für die Gebäudesanierung und den Einsatz von Anlagen zur Bereitstellung erneuerbarer Wärme und Kälte“ werde man wohl bei 14,9 Prozent landen. Ergänzen sollte man an dieser Stelle, dass die im Erfahrungsbericht verwendeten Daten in der Zwischenzeit nach unten korrigiert wurden: Im Jahr 2011 lag der Anteil der Ökoenergien an Wärme und Kälte nicht, wie noch im Juli 2012 gedacht, bei 10,2 %, sondern bei 9,9 %. Alle Unsicherheiten beiseite und gewissenhafte Arbeit des ISE unterstellend kann man daher sagen: Ohne weitere Maßnahmen wird´s wohl nichts mit den 14 Prozent.
Auch die einzige im Kapitel abgedruckte Grafik bringt nicht gerade Klarheit in das Zukunftsszenario. Sie legt eine lineare Trendfunktion durch die Entwicklung der Erneuerbaren Energien im Wärmemarkt und landet so bei 200 TWh Ökowärme im Jahr 2020. Ein ansehnlicher Wert, den zusammen mit entsprechender Einsparung selbst das Forcierte-Ökowärme-Szenario („B“) nur mit Wärme und Kälte zusammengenommen erreichen würde. Das mit „A“ bezeichnete Weiter-wie-bisher-Szenario, das ein unbedarfter Betrachter hinter einer linearen Funktion vermuten würde, kommt allerdings nur auf 170 TWh.
Wärmepumpen sind der Hit im Neubau
Wer nach diesen Zahlen Trost sucht, kann den Neubausektor betrachten. Etwa die Hälfte aller neuen Gebäude nutzen Ökowärme, die andere Hälfte die sogenannten Ersatzmaßnahmen. Der Renner unter den Ökoheizungen im Neubau sind Wärmepumpen. Per Gesetz zählen sie als Erneuerbare Energien, da sie mehr Wärme aus der Umgebung beziehen als aus dem Stromnetz. Gut ein Viertel aller Neubauten zwischen 2009 und 2011 waren mit Wärmepumpen als Hauptwärmequelle ausgestattet. Auf Platz zwei folgen Sonnenkollektoren mit einem Anteil von einem Fünftel der Neubauten. Auf Platz drei kommt die feste Biomasse – also im Wesentlichen Pelletskessel – mit 6 Prozent. Was die produzierte Wärmemenge angeht, dürfte die Rangfolge anders aussehen, denn dem Gesetz ist bereits mit 15 % Solarwärme genüge getan, während Wärmepumpen und Pelletskessel mindestens die Hälfte des häuslichen Wärmebedarfs decken müssen. Hierzu finden sich im Bericht leider keine Zahlen.
Ebenso im Trend liegt ambitioniertes Energiesparen. Mit 40 % (2009) bis 59 % (2010) der neu errichteten Gebäude ist es die beliebteste Ersatzmaßnahme, die Energieeinsparverordnung um mindestens 15?% zu unterbieten. Auf Platz zwei der Ersatzmaßnahmen folgt die Lüftung mit Wärmerückgewinnung mit 26 % (2009) bis 39 % (2010), dann kommen Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme.
Der mathematisch begabte Leser wird bemerkt haben, dass die Summe der Teile mehr als 100 % ergibt. Dahinter verbirgt sich kein Rechenfehler, sondern eine erfreuliche Nachricht: Viele Häuslebauer tun mehr, als sie per Gesetz müssten. Die Bundesregierung führt das vor allem auf die Förderung über die KfW zurück.
Im Neubau steht es also durchaus gut um die Wärmewende. Und im Vergleich zu den vorigen Jahren wird es sogar noch besser, denn seit 2010 ist der Tiefpunkt im Baugeschäft überstanden. Niedrige Zinsen, gestiegene Geburtenraten, Sorgen um den Wert des Euros – all das zeigt Wirkung. Die LBS rechnet aufgrund der im Herbst erhobenen Daten damit, dass 2012 etwa 6 % mehr Wohnungen neu gebaut wurden als im Vorjahr, im Jahr 2013 sollen es noch mal 4 % mehr werden.
Wärmepumpenhersteller dürfen also jubeln, denn neu gebaute Häuser machen 60 % ihres Absatzmarktes aus. Auch Pelletskesselhersteller können sich freuen, denn immerhin jede dritte mit “fester Biomasse” betriebene Heizung wärmt einen Neubau. Wenig Trost dürfte in diesen Zahlen die Solarthermiebranche finden: Nur jede siebte Solarwärmeanlage wird derzeitauf neuen Gebäuden installiert.
Im Altbau bewegt sich wenig
Obwohl der Fokus des Erfahrungsberichts die Nutzungspflicht im Neubau ist, wird der Altbau auch mit betrachtet. Dort sieht es für die Ökowärme leider weniger rosig aus. Ende 2010 bezogen laut Bericht gerade einmal 6 % der bestehenden Gebäude ihre Wärme mehr oder wenige komplett aus erneuerbaren Quellen, 13 % nutzten anteilig Erneuerbare Energien. Der Austausch alter Heizungen lief im betrachteten Zeitraum schleppend. Das MAP habe lediglich einen noch stärkeren Rückgang der Installationszahlen verhindern können, heißt es im Erfahrungsbericht.
Erst mal weiter prüfen
Recht verhalten sehen die Handlungsempfehlungen aus, die die Autoren aus den Erfahrungen ableiten. So richtig deutlich ist nur eine davon, die immer wieder auftaucht, oft sogar fettgedruckt: Das Marktanreizprogramm muss verlässlich laufen. Dafür braucht es nicht nur Geld aus dem Bundeshaushalt, sondern auch aus dem Energie- und Klimafonds.
Für die Nutzungspflicht von Solar- und Biomassewärme im Neubau sieht die Bundesregierung erst mal keinen Handlungsbedarf. Bei den Wärmepumpen empfiehlt man, nach und nach die geforderten Mindestarbeitszahlen zu steigern und sich zu überlegen, wie man sicherstellen kann, dass diese auch eingehalten werden. Auch die Möglichkeit, mit den Wärmepumpen Lastmanagement im Strommarkt zu betreiben, sollte man sich genauer ansehen und möglicherweise ins EEWärmeG einbinden.
Zur Frage, ob man die Nutzungspflicht auf den Altbau ausdehnen sollte, gibt es keine Empfehlung. Die Autoren zählen ein paar Möglichkeiten auf und kommen zu dem Schluss: „Die Bundesregierung wird im Vorfeld der Novellierung des EEWärmeG entscheiden, welche Instrumente oder welche Kombination von Instrumenten den Gebäudebestand wirksam adressieren können.“ Das ist an Empfehlungscharakter schwer zu unterbieten.
Aus der vagen Formulierung, die die Regierung um die ziemlich klaren Zahlen herumdrapiert und daran, dass es bis ins Wahljahr gedauert hat, bis der Bericht veröffentlicht wurde, kann man zumindest eins ableiten: Die Wärmewende steht bestenfalls nicht oben auf der Agenda der Regierung. Neu ist das allerdings auch nicht. Mit Glück geht es nach der Wahl wieder voran.
Eva Augsten