Die Wärmewende ist überfällig
Symposium Thermische Solarenergie in Kloster Banz: Ende April traf sich die deutschsprachige Solarwärmebranche im Kloster Banz. Zum mittlerweile 23. Mal fanden sich Wissenschaft und Forschung, wie auch Industrie und Handwerk auf dem OTTI-Symposium ein um sich über die neuesten Entwicklungen, Trends und Rahmenbedingungen auszutauschen. Die Stimmungslage war wenig euphorisch, die Marktentwicklung hinkt nach wie vor den Erwartungen hinterher. Leider ist die solare Wärmegewinnung, so die einhellige Meinung, weder bei politischen Entscheidungsträgern, noch bei den möglichen Anwendern sehr präsent. Dies hat aus Sicht des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) fatale Auswirkungen, schließlich sei die Wärmewende anspruchsvoller als die Stromwende. Viele Teilnehmer befürchten gar, dass durch eine weitere Forcierung stromlastiger Wärmeerzeugung die Solarthermie, in Deutschland gar bedeutungslos werden könnte.
Rahmenbedingungen
Aus Sicht der Politik, vertreten durch Berthold Goeke, dem Leiter der Unterabteilung Klimaschutz des Bundesumweltministeriums, ist der „Stellenwert der Solarthermie ausbaufähig, eine steigende Rolle wünschenswert“. Um dies zu untermauern, präsentierte er gleich zu Beginn seine „frohe Botschaft“: Im Marktanreizprogramm (MAP), dem zentralen Instrument der Bundesregierung zur Förderung von Erneuerbaren Energien im Wärmebereich, liegen 2013 satte 380 Mio. zum Abrufen bereit.
Klingt viel, könnte jedoch auch wieder deutlich weniger werden. Denn die Mittelausstattung, das musste Goeke einräumen, basiert im erheblichen Maße auf Einnahmen durch den Emissionshandel, sprich den CO2-Zertifikaten. Deren Preis ist maßgeblich für die Ausstattung des Energie- und Klimafonds. Das Problem: Zum Zeitpunkt der Etatfestlegung ging der Finanzminister von einem Zertifikatspreis von 4,20 € aus. Mittlerweile, das Europäische Parlament hatte Anfang April die Vorschläge zur Stützung des europäischen Emissionshandels zurückgewiesen, lag der Kurs bereits bei unter drei Euro. Jedoch ist, so die offizielle Verlautbarung, die Finanzierung nicht gefährdet, ein Förderstopp nicht zu erwarten. Woher die Mittel dann kommen könnten blieb unklar. Ein wenig bizarr klang in dem Zusammenhang eine Äußerung des Bundeswirtschaftsministers. Er begrüßte die Brüsseler Entscheidung mit den Worten: „Eine Verknappung der Emissionszertifikate wäre ein Eingriff in ein funktionierendes Marktsystem.“ Eine durchaus bezeichnende Äußerung des FDP-Vorsitzenden, für die er im Übrigen mit dem Blackout des Monats April der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft „energie neu denken“ ausgezeichnet wurde.
Unabhängig vom Budget hat das MAP noch mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen: Es ist weitgehend unbekannt! Gemäß einer aktuellen Umfrage des BSW ist diese Möglichkeit der finanziellen Unterstützung gerade einmal 1,4 % der Endkunden geläufig. Ohnehin werden aktuell nur noch 25 % aller Anlagen gefördert. Ob das auch etwas damit zu tun hat, dass viele Menschen den Unterschied zwischen Photovoltaik und Solarthermie nicht kennen und aufgrund der Senkung der Einspeisevergütung verunsichert sind ist schwer zu beurteilen. Die Politik hat auf jeden Fall auch mit zur Verunsicherung beigetragen.
Die aktuelle Entwicklung hat die auf der Tagung geäußerten Befürchtungen bestätigt. Im kürzlich vorgestellten Haushaltsentwurf für den Bundeshaushalt 2014 wurden die finanziellen Mittel für Solarwärme zurück geschraubt, die Förderung der Erneuerbaren Wärme im kommenden Jahr wurde um 8 Prozent gekürzt, da von einem weiteren Rückgang der Mittel aus dem Energie- und Klimafonds auszugehen ist.
Markt wächst (in China)
Im Vergleich zu 2011 hat der Inlandsmarkt um knappe 10 % abgenommen, 115.000 m2 im Vergleich zu 127.000, das gibt zu denken. Die Analyse der Branche: Das Marktvolumen der freiwilligen Modernisierung sinkt. Ein erzwungener Wechsel, beispielsweise bei einem Kesseltausch, hat in der Regel keinen Brennstoffwechsel zur Folge. Der Trend im Neubau geht zudem klar zur Wärmepumpe.
Dass das nicht zwingend so sein muss zeigt unser nördlicher Nachbar Dänemark. Dort ist im Neubau seit Anfang dieses Jahres der Einbau von Öl- und Erdgasheizungen untersagt. Ab 2016 werden auch Altbauten umgestellt. Zu dem nationalen Masterplan gehört der massive Ausbau der Solarwärmenutzung. Um bis 2050 komplett auf fossile Energie verzichten zu können, soll der Heizwärmebedarf bis 2050 um 40 % zurückgefahren werden. 80 % davon soll dann aus solarer Fern- bzw. Nahwärme kommen. Die Folge der Anstrengungen: Bereits 2012 wuchs der dänische Solarwärmemarkt um 81 % auf 113.000 m2. Das alles ist nichts gegen China: Dort wurden 2012 64 Mio. m2 installiert.
Konkurrenz der Schwestertechnik?
Möglicherweise entwickelt sich die Kombination aus Wärmepumpe und Solarstrom zu einer ernsthaften Konkurrenz. Auch wenn diese Variante oftmals energetisch schlechter abschneidet, kann sie unter den aktuellen Rahmenbedingungen rein wirtschaftlich betrachtet durchaus interessant sein. Würde die Entwicklung so weitergehen, so Dr. Harald Drück vom Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW), wird die Solarthermie massive Probleme bekommen. Einen anderen Aspekt gibt Helmut Jäger vom BSW zu bedenken: Die Netzbelastung durch Stromheizungen muss künftig eine größere Bedeutung erhalten. Solarwärmeheizungen würden in dem Fall auch das teure Vorhalten von Netzkapazitäten reduzieren helfen.
Kostendegression?
Der Absatz von solarthermischen Anlagen krankt zunehmend an den, im Gegensatz zur PV, nicht fallenden Systempreisen. Der Solarthermie werden, das ist nun auch keine Neuigkeit, riesige Potentiale nachgesagt. Um diese nutzen zu können muss jedoch, so beispielsweise Werner Weiss von AEE INTEC, in den nächsten zwei bis drei Jahren eine Preissenkung von 50 % beim Endkunden ankommen. Davon ist man, so zeigen mehrere Darlegungen (siehe Bild 1 und 2), jedoch weit entfernt. Gerhard Striyi-Hipp kommt hier allerdings zu einem ganz anderen Ergebnis. Seiner Ansicht nach ist das Preissenkungspotential im Bereich der Kollektoren (2,2 bis 2,5 m2) „im Plan“. Wie in Bild 3 dargestellt ist, sind die Kollektorproduktionskosten seit 1995 nahezu halbiert worden. Erstaunt ob dieser Berechnung fragte Prof. Timo Leukefeld, weshalb er seit 10 Jahren dann die gleichen Preise für seine Kollektoren zahlen müsse. Diese durchaus widersprüchlichen Einschätzungen passen durchaus zu der Marktlage. Exemplarisch verdeutlichte dies Jörg Mayer vom BSW. Die nachlassende Bedeutung der Thermie kann man auch an dem Anteil der Solarspeicher am Gesamtmarkt erkennen. Von 38 % (2008) ist er 2012 auf mittlerweile 28,6 % zurück gegangen.
Einen Lichtblick in Sachen Kostenreduktion bietet der Luftkollektor-Anbieter Grammer aus Amberg. Hier hat man es geschafft, die Preise um bis zu 40 Prozent zu reduzieren. Durch das Optimieren der Fertigungsprozesse konnte man die Herstellkosten deutlich senken. Durch die gesunkenen System- und Installationskosten kommt man auf einen solaren Wärmepreis von unter 10 Cent, auch bei Kleinstanlagen – und das bei einer Fertigung in Deutschland.
Fazit
Zur Senkung der CO2–Emissionen im Gebäudebereich ist Solarwärme unentbehrlich. Neben dem mittel bis langfristigen Markt der Prozesswärme gibt es aber auch andere Bereiche, die interessant werden könnten.
So erhielt eine Kooperation der Unternehmen Solvis und Miele den Innovationspreis. Bei diesem Gerät gelingt die direkte Nutzung der gewonnenen Solarwärme - Wäsche trocknen mit Wärme aus der Solarheizung. 2013 sollen bereits 3.000 Geräte abgesetzt werden.
Das Projekt „Wäschetrocknen mit Solarwärme“ wurde mittlerweile auch bei den GreenTec Awards 2013 in der Kategorie „Bauen & Wohnen“ nominiert. Die GreenTec Awards verfolgen das Ziel, ökologisches und ökonomisches Engagement sowie die nachhaltige Kombination von Innovation, Technologie, Effizienz und Ökonomie in den Fokus zu rücken.
Matthias Hüttmann