Vorsprung verspielt
Nicht erst die aktuelle Verabschiedung der „EEG-Deform“, sondern bereits die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt: Wir haben den Vorsprung verspielt. Europa hat dank EEG und ähnlicher Regelung in unseren Nachbarländern in den vergangenen Jahren Milliarden Euro in Photovoltaik investiert. Diese Mittel, die in neue Energieanlagen investiert wurden sind letztendlich dem Klimaschutz zugute gekommen. Aber es ist auch Geld in den Aufbau einer neuen Industrie, in Forschung, Entwicklung und Know-How des Handwerks geflossen. Haben wir den Vorsprung hier nun verspielt?
Nachhaltige Abschwächung
Hierzu reicht ein kurzer Blick in den „Global Market Outlook“ vom europäischen PV-Verband EPIA. In Europa hat sich der Zubau von PV-Anlagen seit 2011 halbiert (2011: 22,4 GW, 2012: 17,7 GW, 2013 nur noch rund 11 GW). Allein China hat das gesamte Europa im vergangenen Jahr mit rund 11,8 GW überholt.
Und die Auswirkungen? Sie sind drastischer als es auf den ersten Blick aussieht. So gibt es nahezu keine deutschen Modulhersteller mehr. Es besteht auch die Gefahr, dass die Technologieentwicklung weiter abwandert. Vor einigen Jahren war Europa und insbesondere Deutschland der Preistreiber: Die Marktpreise – auch von asiatischen Anbietern – passten sich der EEG-Vergütungsabsenkung an. Und heute? Chinesische und amerikanische Komponentenhersteller haben gerade genug damit zu tun, ihre Heimatmärkte zu bedienen, da spielt der Export und der Preis hierzulande keine große Rolle mehr. Wir sind für PV-Hersteller nicht mehr der Nabel der Welt.
Noch haben wir Einfluss auf Forschung, Technologieentwicklung und Qualitätsbewusstsein der Firmen. Aber wie lange noch?
EPIA rechnet damit, dass der PV-Markt in Europa ab 2015 wieder moderat wächst. Weltweit wird erwartet, dass die Installation von Dachanlagen annähernd bei jährlich stabilen Zubauzahlen verharrt und das Wachstum von den PV-Großanlagen kommt. Ausgerechnet von dem Segment, das wir in Deutschland bereits vollständig „abgeschossen“ haben.
Wir müssen weitermachen
Und sei es „nur“, um dem Klimaschutz weiterzuhelfen. 6 % Solaranteil an der Stromerzeugung in Europa ist gut, aber bei weitem noch nicht ausreichend für Klimaschutz, Unabhängigkeit und langfristig günstige Preise. Deshalb muss das Projekt der deutschen Energiewende gelingen, denn nur dann wird es im Ausland Nachahmer finden und zu einem europäischen Projekt gedeihen.
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss dynamisch fortgesetzt werden. Parallel dazu müssen Netzausbau und Speichermöglichkeiten vorangebracht werden. Bürger und Investoren benötigen klare und stabile Rahmenbedingungen für Energieinvestitionen.
Das Allensbach-Institut hat im Juni 2014 von einer stabile Zustimmung zur Energiewende bei 70 % der Bevölkerung berichtet. Diese hohe Zustimmung in Zukunft zu erhalten, muss eines der wichtigsten Ziele der Energiewendesteuerung in Berlin sein.
Jörg Sutter