Wir benötigen ein Denken hin zu Strom- Wärmesystemen
Gern wird es als unlösbares Problem betrachtet, dass die unstetige Solarenergie, Wärme wie auch Strom, oftmals nicht zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird. Das sollte jedoch nur der Anlass sein, die erneuerbaren Energiesysteme weiter in Richtung saisonale Speicherung und vermehrt in kombinierte Strom-Wärmesysteme zu entwickeln. Wenn man die Energiewende nur als Stromwende denkt, wird etwa die Nutzung von Solarstrom für Wärmepumpen oft nur eindimensional verstehen. Vielmehr muss die erneuerbare Stromgewinnung mit der regenerativen Wärmetechnik verzahnt werden. Leider denken die einzelnen Branchen der Erneuerbaren Energie jedoch allzu oft nur eindimensional. Von einer 100-Prozent-Versorgung mit Erneuerbaren ist man noch weit entfernt.
Gerne traut man sich zu wenig zu und schaut zu sehr aus der Kaninchen-Schlange-Perspektive auf die konventionelle Energieerzeugung. Dabei wird in den Firmenzentralen der EVUs oft nur auf Zeit gespielt. Auch dort weiß man, die Erneuerbaren lassen sich nicht aufhalten. Erst kürzlich machte das auch Prof. Dr. Klaus Töpfer deutlich, in der er sagte: „Es wird in Zukunft nicht mehr um die Frage gehen, wie sich die Erneuerbaren Energien in das bestehende Strommarktdesign einpassen – sondern darum, wie sich der konventionelle Kraftwerkspark an die Erneuerbaren Energien anpasst!“
Strom-Wärmesysteme
Die Kombinationsmöglichkeiten von Photovoltaik, Solarthermie, Biomasse und Umweltwärme bzw. Wärmepumpe sind enorm, jedoch nur wenn man es schafft den Strom- und Wärmesektor im Gebäude nicht getrennt zu betrachten. Gerade bei der Wärmeversorgung sind für Verbraucher viele neue Möglichkeiten dazu gekommen. Überschüssige Energie aus Wind- oder Sonnenstrom lässt sich in Wärme umzuwandeln und speicherfähig machen, das offenbart auch ein Blick über die Grenze nach Dänemark. Hier wird offensichtlich pragmatischer gehandelt: Die dort wie Pilze aus dem Boden schießenden solarthermisch betriebenen Nahwärmenetze beschränken sich nicht nur profan auf die Bereitstellung von Wärme. Die Wandlung von Wärme in Strom gewandelt ist in den dänischen „Smart District Heating“-Anlagen in Form von Hybridlösungen bereits mehrfach realisiert.
Aber auch in Deutschland gibt es hoffnungsvolle Ansätze. In einem Berliner Projekt der Sanierung von Geschosswohnungsbauten werden beispielsweise Solarthermieanlage, geothermische Energiegewinne, Abluftwärmepumpe aber auch der Stromertrag mittels Photovoltaik miteinander verknüpft. Die Speicherung erfolgt in einen nicht ganz gewöhnlichen Energiespeicher. In ihm werden unstetige Energieerträge mit hohen Schwankungen in eine nach Bedarf abrufbare Energieform überführt. Eine intelligente Leitungsführung und das offene System verhindern ein Überlaufen bzw. Überhitzen sowie eine Entleerung oder Auskühlung.
Da die Menge des in die Netze eingespeisten Ökostroms bislang nur bedingt an den regionalen Bedarf und die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Netze gekoppelt ist, erlangen solche „Power-to-Heat“ Konzepte möglicherweise immer größere Bedeutung. Deshalb hat auch der Nürnberger Energieversorger N-Ergie erst kürzlich auch einen 70 m hohen und 33.000 m3 Wasser fassenden Wärmespeicher in Betrieb genommen. Mit ihm soll ebenso die Stromerzeugung von der Wärmeerzeugung entkoppelt werden. Überschüssiger regenerativer Strom soll darin in Form von Wärme gepuffert werden.
Autark aber auch Integrativ
Weiteres Beispiel: In Freiberg stehen seit dem Sommer 2013 zwei energieautarke Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft. Neben der Wärmeautarkie sind die Gebäude auch auf eine Eigenversorgung mit Solarstrom ausgelegt. Es ist zwar grundsätzlich nicht nötig, solch ein „energieautarkes Haus“ an das öffentliche Stromnetz anzuschließen, aber ein Stromanschluss ermöglicht neue Möglichkeiten. So stellt eines der Häuser dem regionalen Energieversorger sämtlichen Speicherplatz zur Lagerung von Energieüberschüssen zur Verfügung. Ausgestattet mit einer Elektroheizpatrone kann der Wärmespeicher vom EVU für das Energiemanagement genutzt werden. Auch der Elektrospeicher und der Akku des E-Mobils sollen von außen angesteuert werden.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Energieaufkommen und -verbrauch sind häufig antizyklisch. Produzieren fluktuierende alternative Stromerzeuger, wie zum Beispiel Windkraftanlagen, zu viel Strom, bleibt den Versorgungsunternehmen meist nur, diese abzuschalten. Dennoch muss in diesen Fällen die Einspeisevergütung gezahlt werden, obwohl sie keinen Strom für ihre Kunden haben. Das bedeutet für die Versorger „doppelte“ Kosten, ohne jeden Nutzen. Das kann durch innovative Lösungen verbessert werden.
Matthias Hüttmann