Auf ein Wort: „Von nun an ging´s bergab!“
Es ist soweit: „A holy shit moment for global warming“, so klang es Anfang November aus der Fachwelt, nachdem der Befund deutlich wurde: Das Abschmelzen des westantarktischen Schildes ist nicht mehr aufzuhalten, unumkehrbar, irreversibel, egal was wir tun. Eine Zäsur in der Geschichte der globalen Erwärmung. Ein Anstieg des Meeresspiegels um einige Meter damit unaufhaltsam, alles nur eine Frage der Zeit. Was tut die Welt, was tun wir? Nun gut, die Zeiten sind stürmisch, von Veränderungen geprägt, China will seine CO2-Emissionen senken – ab 2030 – immerhin. Ab wann will das Deutschland tun? Dank Rebound-Effekt und Kohlekraft steigen sie seit 2013 – wer hätte das gedacht? Noch nie hat Deutschland soviel Energie importiert wie heute – Tendenz steigend.
Es wird noch spannend
Wir sind allerdings auch Zeitzeugen von ganz erstaunlichen Ereignissen: Vattenfall soll sich aus dem Geschäft mit der fossilen Energieträgern verabschieden. Sind sie die ersten, die das Ende der fossilen Sackgasse sehen? In Dänemark werden bei Heizungsmodernisierungen Öl- und Gaskessel nicht mehr zugelassen. Erneuerbarer Strom aus PV und Wind ist erstmals in der energiepolitischen Geschichte günstiger als konventioneller Strom. Energieeffizienzlabel sollen die Produktqualität von Heizkessel & Co für den Verbraucher transparenter machen. Die PV wird für den Hausbesitzer in erster Linie keine Geldanlage sondern Einsparmöglichkeit, in der Solarthermie verheißen Konzepte hohe Deckungsanteile. Mithilfe von Eisspeichern, eTanks, Sonnenhäusern und Biomasse möchte man der Phasenverschiebung von solarem Angebot und Wärme-Nachfrage beikommen. Letzte kann sich da ganz entspannt geben, da sie weiß, dass sie dann ihren Einsatz haben wird, wenn sich Sonne und Wind verweigern, sie wächst auch ohne staatliche Subventionen weiter.
100% erneuerbar schon heute
Die gute Nachricht kommt vom nördlichsten Bundesland, aus Schleswig-Holstein: „Strombedarf rechnerisch zu 100 Prozent durch Erneuerbare gedeckt“. Wie das zuständige Ministerium mitteilt, kann der dortige komplette Stromverbrauch aktuellen Berechnungen zufolge alleine aus Sonnen-, Wind- und Bioenergie gedeckt werden kann. „Wenn das Windjahr mindestens durchschnittlich wird, können wir mit den 2014 installierten Anlagen die 100-Prozent-Marke erreichen. Dann sind wir im Strombereich zumindest rechnerisch voll mit Erneuerbarer Energie versorgt“. Neben zahlreichen Energiedörfern hat es nun erstmals ein Bundesland geschafft, zumindest im Strombereich die numerische Autarkie zu erreichen.
Wie entscheidet der Mensch?
Die Sanierungsrate liegt in Deutschland unter 0,8 %! Der Großteil des Energieeinspar-Eisbergs, die Modernisierung im Bestand, bleibt unangetastet. Woran liegt das? Daran, dass das Thema „Heizen“ immer komplizierter wird? Was einst die Schwerkraftheizung und ein paar Schippen Kohlen erledigt haben, wird heute in Hybridlösungen abhängig von Volumenströmen, Temperaturdifferenzen, unterschiedlichen Wärmequellen und -senken, über eine Regelung hydraulisch gesteuert, nach Möglichkeit noch fernsteuerbar und dann als Sahnehäubchen mit einem Energieeffizienzlabel versehen. Oft sind alle Akteure, von der qualifizierten Fachkraft bis zum verunsicherten Verbraucher überfordert. Man findet kaum Zeit, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen. Hinzu kommt häufig das Vorurteil: Es funktioniert nicht und ist viel zu teuer und dann ist da noch die kognitive Resonanz (was nicht passt wird passend gemacht) und zeitliche Diskontierung (kleine Verluste jetzt wiegen geringer als große Verluste in der Zukunft). Vermutlich handelt der Mensch erst, wenn es darum geht, Schmerz zu vermeiden oder Lust und Freude zu gewinnen.
Problem Informationsbeschaffung
Bewusste Informationsbeschaffung ist in der heutigen Zeit recht vielfältig und aufwändig. Die Welt der Ratgeber wird größer aber wie wahr sind diese Informationen, was sind sie wert? Meist geht es nur um Vertrauen zum Gesprächspartner. Und dieser hat eine anspruchsvolle Aufgabe zu meistern: So wie jede Solaranlage individuell auf die Gegebenheiten und Bedürfnisse des Nutzers zugeschnitten sein sollte, muss die Information und Aufklärung zielgruppenspezifisch erfolgen.
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie
Wir als größter Solarverband des Landes müssen uns dieser Aufgabe stellen, mit Falschinformationen aufräumen, viele gute Beispiele zeigen und Vertrauen in die Solartechnik, insbesondere die Solarwärme schaffen. Wir werden hierbei stärker mit Handwerk, Energieberatern und Architekten zusammenarbeiten, um auf die in den Interessenskonflikten häufig begegneten Hemmnisse gemeinsam entwickelte Antworten und Lösungen zu finden. Dies ist eine unserer zentralen Aufgaben, damit wir unseren Teil dazu beitragen, dass die Wärmewende ebenso erfolgreich wie die Stromwende wird. Wir sehen hier die Notwendigkeit des Verbündens mit anderen Umweltverbänden. Durch die Kooperation mit dem Bund der Energieverbraucher potenzieren wir gemeinsam unsere Reichweite und Erreichbarkeit. Wir sind auf dem Weg. Gehen Sie den Weg gemeinsam mit uns!
Bernhard Weyres-Borchert
Bernhard Weyres-Borchert