Jammern ist einfacher, als über den Tellerrand zu schauen
2008 haben wir den Landesverband der DGS-Thüringen (LV Thüringen) gegründet. Wir, das waren ein paar DGS-Mitglieder, die in Thüringen lebten und bis dato vorrangig international gearbeitet hatten. Herzstück unserer Arbeit sollte die DGS SolarSchule Thüringen sein. Das Konzept ging auf, allerdings nur so lange, wie es der deutschen Solarbranche gut ging. Seit 2014 läuft der Einsteigerkurs DGS Solar(fach)berater kaum noch. Firmen stellen nicht mehr ein und bilden nicht mehr aus. Die Nachfrage nach Weiterbildung in Deutschland tendiert gegen Null.
Back to the roots
Für uns heißt das, wieder über den Tellerrand zu schauen. Gemeinsam mit Thüringer Firmen und im Auftrag der giz haben wir Projekte in Brasilien, Bolivien, Südafrika, Tansania und Ägypten realisiert. Hierüber haben wir auch immer in der Sonnenenergie berichtet. Dort haben wir aber auch immer wieder auf Veranstaltungen in ganz Deutschland sowie Projekten und Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten für deutsche KMU vorgestellt. Auch haben wir gemeinsam mit der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen einen Infonachmittag nur zum Thema „Brasilien – Neuer Markt für Erneuerbare Energien – Beispiele und Werkzeuge für den Markteintritt“ organisiert. Die Veranstaltung war gut besucht, leider hat sich nur keines der anwesenden Unternehmen tatsächlich auf den Weg nach Brasilien gemacht. Generell sehen viele Firmen die Länder auf der Südhalbkugel immer noch nicht als Markt. Sicherlich sind Südamerika, Afrika und Asien weit weg, aber das Potential für deutsche KMU aus der Solarbranche ist riesig. Natürlich kostet es Geld in einen neuen Markt einzusteigen, aber es gibt viele verschiedene Förderung- und Finanzierungsprogramme. Man sollte sich durchaus auch die Frage stellen, wo das Risiko größer ist: beim Warten und Jammern in Deutschland oder beim Aufbau eines neuen Marktes in Mexiko, Kolumbien, Ägypten, Südafrika, Thailand, um nur einige der interessanten Märkte zu nennen.
Deutsche Subventionen machen PV wettbewerbsfähig
Wir haben die Netzparität in Deutschland erreicht, für die Länder auf der Südhalbkugel mit Erträgen von bis zu 2.000 kWh/kWp und maroden konventionellen Kraftwerken bedeutet das, dass Solarstrom nicht nur eine ökologische, sondern auch eine ökonomische Alternative ist.
In Südafrika und Ägypten zahlt ein ganz normaler Haushalt etwa 10 ct/kWh Strom, Tendenz steigend. Der Verbrauch im Jahr liegt in der Regel deutlich über dem in Deutschland, so um die 8.000 bis 10.000 kWh/Jahr für ein 4-Personenhaushalt der Mittelklasse. Eine 3 KWp Anlage könnte je nach Standort, rund 5.100 kWh pro Jahr produzieren, könnte also den Strom erzeugen, der am Tag, wenn die Sonne scheint, verbraucht wird. Für eine 3 kWp-Anlage bezahlt der Endkunde in beiden Ländern ca. 4.200 EUR (1.400 EUR/kWp). Mit dieser Anlage produziert er dann auf 20 Jahre gerechnet seinen Strom für nur gerade mal 4 ct/kWh. Oder andersrum betrachtet, braucht die Anlage nicht einmal 8,5 Jahre, also 8,5 a x 5.100 kWh x 10 ct, bis sie bezogen auf die eingesparten Stromkosten amortisiert ist.
Noch immer ist Deutschland auf Platz 1.
Neue Märkte
Immer mehr Länder öffnen sich dem Markt der Erneuerbaren Energien mit Einspeisegesetzen oder Ausschreibungsverfahren. Das Ganze passiert nicht immer ganz freiwillig. Doch wenn die maroden Kohle- und Gaskraftwerke nicht mehr stabil arbeiten und es immer wieder zu Stromausfällen kommt, dann muss die Regierung handeln.
In Ägypten zum Beispiel sind Rohstoffengpässe, veraltete Verteilernetze und die ständig steigende Nachfrage die Hauptursache für landesweite Stromausfälle. Der Höhepunkt, war ein landesweiter Stromausfall am 4. September letzten Jahres. Die Regierung möchte in Zukunft auf unterschiedliche Energiequellen setzen und neue Kraftwerke bauen, um durch einen Energiemix und mehr Leistung die Energieversorgung zu stabilisieren. Im ersten Schritt sind bis 2017 4.500 MW aus Erneuerbaren Energien geplant. Nun wird Solarstrom seit September 2014 für 25 Jahre mit bis zu 1,025 EGP/kWh vergütet (ca. 0,10 EUR). Die Einspeisevergütung wird nur für Anlagen ausgezahlt, die durch NREA (New & Renewable Energy Authority) zertifizierte Installateure gebaut wurden. Es sind bereits 36 Unternehmen zertifiziert, was verwunderlich ist, da eine Anforderung ist, dass die Firmen bereits mindestens 3 PV Anlagen mit insgesamt 5 kWp Leistung installiert haben sollen.
5 KWp in 3 Anlagen, das klingt wenig für deutsche Unternehmen, doch in einem Land in dem bis Ende 2014 kaum netzgekoppelte PV installiert wurde und die meisten Anlagen Inselsysteme mit bis zu 1 KWp sind, ist das viel. Kairo ist nur 4 Stunden von Frankfurt entfernt. Dennoch waren auf der Solartec 2014, der ersten Solarmesse nach der Veröffentlichung des Einspeisegesetzes, kaum deutsche Unternehmen. Vor allem war kein Systemanbieter da, wobei genau für diese der Markt gerade ungeahnte Möglichkeiten bietet.
PV Nutzen, aber wie?
Das Problem ist eigentlich in jedem Land gleich. Der Solarmarkt startet, der Ausbau soll so schnell wie möglich beginnen, nur was fehlt, sind die erfahrenen Planer und Installateure. Genau die, die in Deutschland gerade nichts mehr oder viel weniger zu tun haben. 2013 wurde 50% weniger als in den Vorjahren installiert, d.h. 50 % weniger Arbeit für Installateure in Deutschland und kaum einer wagt den Schritt auf einen anderen Kontinent? Wobei doch gerade das eine Möglichkeit wäre, am Ausbau der Solarenergie, die ohne Deutschland nicht möglich gewesen wäre weiter teilzuhaben.
Die Mitarbeiter des BMZ Programms develoPPP.de, die DENA, die EZ Scounts an den IHKs, oder beim BSW (Joscha Rosenbusch) beraten KMU beim Export, vielleicht werden diese Angebote 2015 ja intensiver genutzt.
Antje Klauß-Vorreiter