Energielabel für Sonnenkollektoren?
Ab September werden im Wärmemarkt Effizienzlabel eingeführt. Sonnenkollektoren (SK) werden nicht ausgezeichnet - oder soch?
Sonnenkollektoren: Nur eine Randerscheinung
Moderne Heiztechnik mit Kesseln und Wärmepumpen (WP) erreicht allein mit dem Produktlabel schon mindestens die Klasse A bei der Raumheizung. Effizienzklassen für SK sehen die delegierten Verordnungen (EU) Nr. 811/2013 und Nr. 812/2013 nicht explizit vor, sie finden lediglich bei sog. Verbundanlagen Berücksichtigung. Wer für ein EFH bei den großen Heizungsherstellern nach Solarthermie fragt, wird enttäuscht werden. Denn weil man bereits mit 2 bis 4 m2 SK-Fläche in Kombination mit einem Brennwertkessel im Paketlabel für die beiden Kategorien Raumheizung und WW-Bereitung jeweils schon ein A+ bekommt, wird kaum mehr geboten werden. Gleichzeitig werden dadurch größere Solaranlagen, die sinnvoll für das teilsolare Heizen eingesetzt werden können, verhindert. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass ein weiterer Marktrückgang die Folge sein wird.
ErP-Excluding renewable Products?
Als Erklärung wird angeführt, dass die Energiekennzeichnung nur für primärenergieverbrauchende Geräte gedacht war. Es ist den Solarverbänden zu verdanken, dass sich die Solarthermie überhaupt in der Verordnung wiederfindet. Aber für Biomassekessel wird es auch bald ein Label geben. Sinnvoll ist dann eine primärenergetische Betrachtung, die den Aufwand im Verhältnis zur gelieferten Nutzenergie darstellt, und nicht umgekehrt wie bisher bei den Effizienzklassen. SK zeigen hier, dass im Vergleich zu den anderen Wärmerzeugern (WEZ) mit sehr geringen laufenden Wärmekosten gerechnet werden kann.
Lage der Branche
Bei der Raumheizung kann die Solarwärme nur im Mini-Paket und unter der Regie von konventionellen WEZ einen kleinen Beitrag zur Verbesserung des Labels, z.B. von A auf A+ leisten. Wer keinen Kessel im Programm hat, steht ohne Paketlabel da. Die großen Hersteller werden am ehesten davon profitieren, da sie alles aus einer Hand liefern können. Dennoch werden auch die Vollsortimenter mit ihrem diversifizierten Produktportfolio für den preisbewussten, den qualitätsbewussten und den High-End-Kunden Schwierigkeiten bekommen, wenn sich die SK-Typen für die entsprechenden Sparten und Marken selbst im Verbundlabel nicht voneinander unterscheiden. Die Abgrenzung mit einem eigenen SK-Label kann hier Abhilfe schaffen. Zusätzliche Schwierigkeiten erwachsen den Kesselherstellern durch die Konkurrenz der WP, die für ein A++ bei der Raumheizung gar keine Solaranlage benötigt und im Verbund mit einem Regler schon heute A+++ erreicht.
Echte Solarspezialisten, bei denen der SK den Haupt-WEZ mit über 50% Deckungsanteil darstellt, sind ganz aus dem Rennen. Zwar ist es mit sehr großen SK-Flächen theoretisch möglich, eine Verbesserung der Raumheizungsanlage auf das Label A++ und ab 2019 vielleicht sogar A+++ zu erreichen, aber ohne konventionellen Haupt-WEZ ist das ausgeschlossen und die gern verwendeten Scheitholzkessel scheiden hier aus. Obwohl neue Sonnenhäuser mit großen SK-Flächen und sehr großen Speichern immer populärer werden und auch energetisch sanierte Gebäude heute mit effizienten SK und relativ kleinen Speichern mehr als die Hälfte ihres Bedarfes solar decken können, gibt es offiziell keine Handlungsanleitung, wie der WEZ „SK“ zu klassifizieren ist. Auch die Nachrüstung einer Solaranlage ohne Kesseltausch ist nicht labelfähig. Eine freiwillige Kennzeichnung von SK kann hier Abhilfe schaffen.
Methodik Kollektoreffizienz
Die Verordnung 811/2013 beschreibt ausführlich die Vorschrift zur Bewertung von WP (= Kategorie Heizgeräte ohne Niedertemperatur (NT)-WP) und NT-WP. Dabei kommt für beide Typen je eine eigene Klasseneinteilung zum Einsatz. Bei Heizgeräten ohne NT-WP (normale WP) beginnt der A+++ -Bereich bereits ab 150% (siehe Tabelle 1 gelbes Feld), bei der NT-WP erst ab 175% (siehe Tabelle 1 blaues Feld).
Die unterschiedliche Einstufung lässt sich mit der höheren Exergiebereitstellung der normalen WP, die auch höhere Temperaturen erreicht, erklären. In Anlehnung daran werden auch bei SK zwei unterschiedliche Skalen eingeführt, je nachdem, ob die Bereitstellung höherer Temperaturen (75°C) und/oder mittlerer (50°C) betrachtet wird. Im Sinne einer einfachen Kennzeichnung wird der Jahreswirkungsgrad ha eingeführt. Er wird aus dem Jahresertrag eines SK-Moduls bei einer bestimmten Temperatur, bezogen auf die SK-Bruttofläche und die spezifische Einstrahlungssumme, ermittelt. Mit dem Datensatz zur Beschreibung der SK-Effizienz aus einem Test nach der aktuellen Kollektornorm DIN EN ISO 9806 (bzw. der nicht mehr gültigen Norm EN 12975-2) wird in einem weltweit anerkannten Berechnungsverfahren, das während des europäischen Forschungsprojekts QAiST entwickelt wurde, der Jahresertrag von SK für konstante Arbeitstemperaturen (mittlere SK-Temperaturen) ermittelt. Die Berechnung erfolgt mit einem Excel-Programm (ScenoCalc v4.06 1)), das frei zugänglich ist. Zwei Tabellenblätter daraus werden für die Solar Keymark Zertifizierung (SKZ) herangezogen.
Mit der Solar Keymark Zertifizierung wird für vier Standorte in Europa der SK-Ertrag bestimmt und auf Seite 2 des Datenblattes aufgelistet. Der bei durchschnittlichen Klimabedingungen relevante Jahreswirkungsgrad wird für den Standort Würzburg ermittelt, da er dem Standort Straßburg aus der Verordnung 811/2013 am ähnlichsten ist. Der Jahreswirkungsgrad wird mit ha (xy?°C) bezeichnet und nach folgender Formel berechnet:
Klassifizierung
Aufgrund der Tatsache, dass Kollektoren zwar Nutzenergie liefern dabei aber praktisch keine Primärenergie verbrauchen soll hier im Gegensatz zu den EU- Verordnungen nicht von Effizienzklassen sondern von Ertragsklassen gesprochen werden. Zunächst werden SK für mittlere Temperaturen (50°C) betrachtet. Als Benchmark für die Energieertragsklasse A+++ wurde ein SK-Wirkungsgrad von 52% (siehe Tabelle 1, grünes Feld). festgelegt. Indem man diesen Wert zur NT-WP ins Verhältnis setzt, erhält man den Umrechnungsfaktor für die anderen Klassen. Die Anpassung ist daran zu erkennen, dass sich die relativen charakteristischen Verläufe von NT-WP und SK bei 50°C decken. Die Effizienzklassen für höhere Temperaturen (75°C) orientieren sich an der Klassifizierung der Heizgeräte ohne NT-WP. Auch hier werden die Jahreswirkungsgrade so angepasst, dass der relative charakteristische Verlauf mit dem der entsprechenden Heizgeräte übereinstimmt.
Etikettierungsvorschlag
Prinzipiell kann für einen SK eine Ertragsklasse sowohl für höhere als auch für mittlere Temperaturen bestimmt werden. Der Hersteller entscheidet, ob der SK nur für mittlere oder auch für höhere Temperaturen (Nahwärme, Prozesswärme) geeignet ist und wählt das entsprechende Etikett aus. Im Gegensatz zu EU Verordnungen für Raumheizgeräte ist es für SK sinnvoll, bereits heute die Klasse A+++ zu vergeben, da die Klassen G bis E ohnehin nicht erforderlich sind. Kollektoren sind heute so ertragsstark, dass diese Klassen praktisch nicht auftreten. Zusätzlich zu den Ertragsklassen werden auf den Etiketten explizit die Erträge des SK-Moduls für kältere (Stockholm), mittlere (Würzburg) und wärmere (Athen) Standorte in kWh pro Jahr angegeben. Sie können direkt dem Solar Keymark Datenblatt 2 entnommen werden. Da letztlich das Solar Keymark die Basis darstellt, ist auf dem Etikett das Keymark Logo und die zugehörige Lizenznummer sowie der Hinweis auf die website (www.solarkeymark.org) anzugeben. DIN Certco hat sich inzwischen bereit erklärt, das Label im Rahmen der SKZ zu erstellen und herauszugeben. Eine kleine Marktübersicht repräsentativer Kollektoren zeigt, dass sich die Kollektorindustrie nicht verstecken muss.
Kollektoren mit Identität
Mit eigenem Label erhält der SK die Aufmerksamkeit und Bedeutung, die ihm als WEZ zukünftig zusteht. Erst der faire Wettbewerb zwischen konventionellen und Erneuerbaren Energien wird die Ziele der Verordnung voranbringen. Das vorgestellte Ertragsetikett wäre ein erster Schritt, Lücken in der Verordnung zu schließen und für die zukünftige Überarbeitung eine Basis zu schaffen. Nicht zuletzt liefert das Label im Sinne der Verbraucherverbände für den Endkunden eine einfache transparente Darstellung der Fähigkeiten von Sonnenkollektoren. Übrigens wären Kollektorhersteller nicht die ersten, die auf ein freiwilliges Label setzen. Die Umwälzpumpenindustrie hat sich 2005 ein eigenes Label gegeben, das sehr erfolgreich im Markt etabliert war. Erst 2013 wurde es durch eine eigene EU- Verordnung ersetzt.
Wichtiger Hinweis: Die Idee und die mathematische Methodik für das vorgestellte Kollektorlabel stammen vom Autor. Als Urheber räumt er allen Interessenten, eine kostenlose Benutzung der Methode zur Bestimmung der Effizienzklasse unter Angabe der Quelle ein. Die bildliche Darstellung der gezeigten Etiketten hingegen, soll lediglich beispielhaft zeigen, wie ein Kollektorertragslabel in der Praxis aussehen könnte. Eine Benutzung kann hier ausdrücklich nicht autorisiert werden, da ggf. EU-Rechte berührt sind. Eine Haftung in welcher Form auch immer ist ausgeschlossen. Eine detaillierte Richtlinie, wie ein solches Label erstellt werden könnte, kann kostenlos angefordert werden bei: s.abrecht(at)solar-experience.de
Stefan Abrecht