Leere Versprechungen
Verbesserung der Energieeffizienz von Wärmepumpen durch Erneuerbare Energien - eine Stellungnahme zu einer Studie der technischen Universität München
Eine im Auftrag des Bundesverbandes für Wärmepumpen (BWP) verfasste Studie des Lehrstuhls für Energiewirtschaft der Technischen Universität München (TUM) macht derzeit Furore. Sie spricht sich für einen vermehrten Einsatz von Elektro-Wärmepumpen in Deutschland aus. Diese seien technisch zuverlässig, preiswert und schon heute konventionellen Heizwärmeerzeugern primärenergetisch und vom CO2-Ausstoß her überlegen. Diese Aussagen widersprechen jedoch allen bisherigen Studien des Umweltbundesamtes, der Technischen Universität Dresden und des Bremer Energie-Institutes sowie den Ergebnissen von vier Feldtests. Lesen Sie hier den Kommentar zum Gutachten der TUM über die „Energiewirtschaftliche Bewertung der Elektro-Wärmepumpe in der Gebäudeheizung“.
Wärmepumpen sind eine ausgereifte und preiswerte Technik zur Nutzung erneuerbarer Energien
- „Ausgereift“: Der Feldtest der Agenda-Gruppe und anderer Forscher bestätigt das nur bedingt. Während Grundwasser- und Erdreich-Wärmepumpen das Energieeffizienzziel der Deutschen Energieagentur und des RWE übertreffen (siehe InfoBox und www.agenda-energie.lahr.de), trägt keine der untersuchten Luft-Wärmepumpen zum Klimaschutz bei. Außerdem erreichten nur 10% der Wärmepumpen die neuen staatlichen Förderziele auch in der Praxis. Ob die aktuelle Generation mit neuester Technik und einer Systemoptimierung besser ist, das erforscht die Agenda-Gruppe zur Zeit in der Phase 2 „Innovative Wärmepumpensysteme“.
- „Preiswert“: Stimmt nur für die laufenden, quersubventionierten Energiekosten. Berücksichtigt man noch die recht hohen Investitionskosten, dann relativiert sich diese Feststellung. Während Erdreich-Wärmepumpensysteme bei einer Gesamtkostenbetrachtung wegen ihrer relativ hohen Energieeffizienz und längeren Lebensdauer ganz vorne liegen im Vergleich zu sechs anderen Heizwärmeerzeugern, landen die energieineffizienten Luft-Wärmepumpen nur auf einem mittleren Platz.
- „Wärmepumpe = Erneuerbare Energie“: Stimmt beim derzeitigen deutschen Strommix von 0,6 kg CO2/kWh–Ausstoß übers Jahr und den in der Praxis erzielbaren Leistungen für einen beachtlichen Teil der Wärmepumpen nicht. Rechnet man mit dem ebenfalls diskutierten Wert von rund 0,9 kg CO2/kWh für Steinkohle-Mittellastkraftwerke während der Heizperiode, dann haben fast alle Elektro-Wärmepumpen Probleme mit der Energieeffizienz gegenüber konventionellen Heizkesseln.
Wärmepumpen sind technisch besonders zuverlässig
Die Praxis sieht anders aus. Bei 9 von 38 untersuchten Wärmepumpen, die zu Beginn des zweijährigen Feldtests der Agenda-Gruppe nicht älter als vier Jahre waren, gab es Ausfälle, davon fünf gravierende (Verdichter kaputt). Die Handwerker waren vielfach überfordert und durchblickten die teilweise zu komplexen Anlagen nicht. Es gab Ärger bei den Kunden. Zwei von ihnen mussten 5 bzw. 8 Wochen (!) lang mit dem Not-Heizstab heizen, weil der Monteur nicht weiter wusste und der Hersteller sich nicht bewegte.
Wärmepumpe ab Jahresarbeitszahl von JAZ = 2,0 besser als
Gasbrennwertkessel
Diese Feststellung steht zwar so nicht direkt in der TUM-Studie, wohl aber benutzt sie der Auftraggeber BWP für Werbezwecke bei Pressemitteilungen und auf Fachtagungen. Basis für diese Behauptung ist in der Studie die Angabe einer Bandbreite zwischen JAZ = 2,0 und 2,6 im Jahre 2008 für den günstigsten bzw. ungünstigsten Fall bei der Berechnung der CO2-Emissionen. Eine grobe Gegenrechnung zeigt jedoch, dass diese Werte zu optimistisch sind. Teilt man nämlich die Emissionen des deutschen Strommixes durch die von Erdgas, dann ergeben sich laut GEMIS 4.5 (0,60 kg/kWh) / (0,22 kg/kWh) = 2,7, was einer Grenz-Jahresarbeitszahl von etwa 2,5 entspricht.
Die Deutsche Energieagentur und das RWE haben jedoch die Messlatte für die Mindest-Jahresarbeitszahl von 2,5 auf 3,0 erhöht (siehe InfoBox), weil den Bauleuten sonst schwer zu erklären ist, warum sie 8–15.000 Euro mehr gegenüber einem Gas-Brennwertkessel ausgeben sollen, wenn sie bei einer JAZ = 2,5 keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Szenarien über Jahresarbeitszahlen und CO2-Ausstoß bis 2030
Mit Hilfe eines Rechenprogramms versuchen die Autoren der Studie den Beitrag von Wärmepumpen zum Klimaschutz bis zum Jahr 2030 vorauszusagen. Das Programm ist in der Kraftwerkswirtschaft bekannt, Außenstehenden verschließen sich jedoch die Inhalte. Somit verbleibt nur die Bewertung von Annahmen:
- Wahl der Eingangsparameter am Beispiel der Luft-Wärmepumpen: Die heute in der Praxis erzielbaren System-Jahresarbeitszahlen betragen gemäß der Felduntersuchungen der Agenda-Gruppe bei Fußbodenheizungen im Mittel rund 2,3 (siehe Bild 1). Die Annahme der TUM-Autoren lautet für 2008 aber 3,4! Und für das Jahr 2030 sogar 3,8. Somit sind schon die Eingangswerte für das Rechenmodell viel zu hoch gewählt.
- Eine solche Vorgehensweise erinnert an das bekannte Motto: Die Vergleichssysteme schön und die Bezugssysteme schlecht rechnen oder gar nicht erst erwähnen. Die Studie berücksichtigt nämlich keine gleichwertigen oder klimafreundlicheren Heiztechniken und deren potentiellen Energieeffizienzsteigerungen über die nächsten zwei Dekaden. Dazu gehören Brennwertkessel und Solar, Biomasse, Blockheiz-Kraftwerke und natürlich auch erdgasbetriebene Wärmepumpen.
- Annahme einer CO2-Abscheidung bei Kohlekraftwerken ab 2020: Die ist technisch noch nicht erprobt, es gibt keine Lösung für die Endlagerung und es entstehen Wirkungsgradverluste bei den Kohlekraftwerken von mehr als 10%-Punkten; von all dem ist in der Studie keine Rede. Das ist jetzt ein Anfang ohne Ende, der fatal an die auch nach 40 Jahren immer noch fehlende Endlagerung für den Atommüll erinnert.
Bei den etwa 15 in den nächsten Jahren eventuell zu bauenden Kohlekraftwerken ist es außerdem fraglich, ob die Nachrüstung einer CO2-Abscheidung technisch überhaupt möglich und darüber hinaus auch wirtschaftlich darstellbar ist.
Energieprobleme müssen jetzt gelöst werden
Aber was sollen all die Szenarien für das Jahr 2030? Die Energieprobleme müssen wir jetzt lösen und nicht erst in 20 Jahren, wenn keine der heute arbeitenden Wärmepumpen mehr in Betrieb sein wird. Ein Energieexperte hat einen Plenarvortrag einmal wie folgt angefangen: „Keine der Energieprognosen aus der Vergangenheit ist eingetroffen. Ich werde Ihnen deshalb heute keine neue präsentieren.“ Ein Beispiel gefällig? Der Verband der Elektrizitätswerke VDEW sagte anlässlich der ersten Wärmepumpen-Euphorie im Jahre 1980 für das Jahr 2000 4,2 Mio. Wärmepumpen voraus – tatsächlich sind es heute nur 0,3 Mio. Jetzt korrigiert die TUM-Studie den Wert für das Jahr 2030 auf 1 Mio. herunter!
Bevor man aber bereits heute mit möglichen Energieffizienzen im Jahre 2030 wirbt, sollten Hersteller, Planer und Handwerker erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Dazu gehören:
- Technische Verbesserungen der Wärmepumpen mit dem Ziel einer System-Jahresarbeitszahl von mehr als 4,0 auch in der Praxis;
- Systemoptimierung: Abstimmung der einzelnen Komponenten Wärmequelle, Wärmepumpe und Wärmesenke aufeinander und deren fachgerechte Planung, Einbau und Betrieb;
- Bundesweite Qualifizierungskampagne für Planer und Handwerker.
Nur mit solchen Maßnahmen kann es gelingen, Elektro-Wärmepumpen einen deutlichen Umweltvorteil gegenüber fossilbasierten Heizwärmesystemen zu verschaffen.
Dr. Falk Auer