Es wird eng bei der Eigenversorgung
EE-Strom-Direktverbrauch - Von der Förderung zur Verhinderung: Mit Einführung des EEG 2014 wurde die frühere Förderung des EE-Strom-Direktverbrauchs vor Ort durch eine Belastung mit EEG-Umlage ersetzt, Eigenversorger zahlen aber nur eine verminderte Umlage. Schon das ist oft unbekannt. Noch weniger bekannt ist, dass Eigenversorgungen nur einen kleinen Ausschnitt der dezentralen, örtlichen Erzeugung ausmachen. Wer nämlich den Strom vor Ort an Dritte liefert, ist voll umlagepflichtig. Wo die Grenze zwischen Eigenversorgung und Stromlieferung verläuft, ist überraschend häufig unklar. Die Bundesnetzagentur vertritt eine extrem enge Auslegung, die durch erste Urteile bestätigt wird. Mit den dabei verwendeten unklaren und ungerechten Abgrenzungsformeln werden viele Betreiber überrascht und Investoren abgeschreckt. Die Energiewende wird weiter abgewürgt.
Die Senkung der Vergütungen in Bereiche um 10 ct. und die zum 01.01.2016 auf 100 kWp gesunkene Grenze für „kleine Anlagen“) machen den wirtschaftlichen Betrieb von PV-Anlagen so schwierig, dass vom vorgesehenen Ausbaukorridor im Jahr 2015 nur wenig mehr als 50 % umgesetzt wurde. Ein Gigawatt mehr beim Neuausbau wäre erforderlich gewesen, um den ohnehin reduzierten Plan zu erfüllen. Diese Lücke geht auch darauf zurück, dass sich die Hoffnung, mit Versorgungskonzepten vor Ort über die Einsparung von Netzstrom die nötigen Renditen zu erreichen, nicht erfüllt. Nicht weil dies technisch oder wirtschaftlich unmöglich wäre, sondern weil das EEG selbst dies verhindert: Die – wenn auch auf 35 bzw. 40 % reduzierte – EEG-Umlage auf den EE-Strom und der mit ihr verbundene Beratungs- und Verwaltungsaufwand schrecken Investoren ab. Dazu ist die Höhe der Umlage für die Zukunft ungewiss. Das damit verbundene Risiko tritt zu den sonstigen Mehrkosten und Unwägbarkeiten örtlicher Versorgung hinzu (kleinere Anlagen, deren notwendige genaue Anpassung an den örtlichen Bedarf bei dessen Änderung hinfällig wird). Wegen der höheren Risiken müssten die Renditen höher sein, als sie es selbst unter Inanspruchnahme des Rabattes auf die Umlage sind.
Schlimmer jedoch: Der Verbrauch von EE-Strom vor Ort ist voll umlagepflichtig, wenn keine „Eigenversorgung“ im Sinne des EEG vorliegt. Deren Definition jedoch wird von Netzbetreibern und Bundesnetzagentur immer enger gezogen und die Abgrenzung immer unsicherer und schwieriger.
Was ist Eigenversorgung?
Eigenversorgung ist nach § 5 Nr. 12 EEG „der Verbrauch von Strom, den eine natürliche oder juristische Person im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht, wenn der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird und diese Person die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt“.
Eigenversorgung ist also (relativ) unzweifelhaft nur die Erzeugung direkt auf dem Dach und der Verbrauch direkt im Hausverteilnetz, durch den Anlagenbetreiber selbst.
Konzepte für die dezentrale Versorgung von Gewerbe- oder Wohngebieten über Objektnetze sind damit per se aus der Eigenversorgung ausgeschlossen. Aber auch bei Zweifelsfällen wie dem aus Lärmschutzgründen hinter ein Wäldchen gesetzte BHKW, der Freiflächenanlage auf dem Nachbargrundstück oder den links und rechts der Landebahn liegenden PV-Dachanlagen eines Luftfahrtbetriebes springen die Investoren wegen der Rechtsunsicherheit ab.
Der derzeit als Entwurf vorliegende „Leitfaden zur Eigenversorgung“) der Bundesnetzagentur wird selbst für diese keine Hilfe bringen: Es soll je nach örtlicher Situation von Fall zu Fall abgewogen und entscheiden werden. Das aber ist für Investoren nicht tolerierbar, die nicht einmal einen bestandskräftig werdenden Bescheid einer Behörde über die Bewertung einholen können, sondern jederzeit damit rechnen müssen, dass der zuständige Netzbetreiber die Situation umbewertet und höhere Forderungen stellt, als bisher.
In einem noch größeren Dilemma steckt jedoch das Thema der Übereinstimmung von Erzeuger und Verbraucher des Stroms: Dort, wo der Letztverbraucher die Anlage nicht „selbst“ – personenidentisch – betreibt und den Strom verbraucht, liegt nämlich keine Eigenversorgung vor. Das führt – je nach Definition der Begriffe „Anlagenbetreiber“ und „Letztverbraucher“ zu überraschenden Ergebnissen. Ein Problem für große und kleine Konzerne, aber auch für kleine oder große Familien im Ein- oder Mehrfamilienhaus mit PV-Anlage auf dem Dach. Hierzu habe ich schon in der SONNENENERGIE 5|2015 geschrieben. Inzwischen ist bekannt wie die Bundesnetzagentur die Begriffe sehen will und welche Kritik daran besteht.
Wer ist Anlagenbetreiber?
In § 5 Nr. 2 EEG 2014 ist definiert, Anlagenbetreiber sei, wer „unabhängig vom Eigentum die Anlage für die Erzeugung von Strom … nutzt“.
Dass hiermit ein berechtigtes „Nutzen“ im wirtschaftlichen Sinne gemeint ist, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung und der Tatsache, dass der Anlagenbetreiber die Vergütung oder Förderung für den eingespeisten Strom erhält, um seine Investition und den Aufwand des Anlagenbetriebes zu amortisieren. Wenn die Förderung zu diesem Zweck an die Stromeinspeisung anknüpft, muss sie an denjenigen geleistet werden, der den Strom im wirtschaftlichen Sinne einspeist, dem er also rechtlich zusteht. Auf den Betriebsführer im technischen Sinn kann es daher nicht ankommen. Der „Nutzer“ ist der Nutzungsberechtigte, der diese Berechtigung dazu einsetzt, Strom zu erzeugen. Zu unterstellen ist, dass der Nutzungsberechtigte über die Beschaffung seiner Berechtigung zum Anlagenbetrieb, sei es als Eigentümer, Mieter oder in sonstiger Weise, auch die Investition auslöst und den Investor vergütet.
„Sobald bei einem selbsterzeugten Letztverbrauch ein Tatbestandsmerkmal der Legaldefinition nach § 5 Nr. 12 EEG nicht erfüllt ist (z.B. wegen einer Netznutzung oder eines fehlenden unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs), liegt keine ‚Eigenversorgung‘, sondern ein ‚selbsterzeugter Letztverbrauch ohne Eigenversorgung‘ vor.“ (aus dem Leitfaden-Entwurf der Bundenetzagentur)
Die Bundesnetzagentur jedoch sieht die Betreiberstellung ganz anders und wendet die oben wiedergegebene Definition des „Anlagenbetreibers“ einer Anlage nach dem EEG nicht an, ja erwähnt diese Definition – bisher – nicht einmal im Entwurf ihres Leitfadens.
„In Anlehnung an das Verständnis des Bundesgerichtshofs zum Begriff des Betreibers einer KWK – Anlage“) komme es stattdessen darauf an, „wer
- die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage ausübt,
- ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und
- das wirtschaftliche Risiko trägt.“
Es gelte, so ein Autor des Entwurfs bei dessen Vorstellung wörtlich, „das Highlander-Prinzip“: „Es kann nur einen geben“. Das ergebe sich daraus, dass in der Definition der Eigenversorgung „eine natürliche oder juristische Person“ bezeichnet sei. Diese müsse Betreiber sein, und auch Letztverbraucher. Betreibergemeinschaften (wie unter anderem im Modell PV-Teilmiete) seien damit von der Eigenversorgung ausgeschlossen.
Auch auf die Nutzungsberechtigung an der Anlage, wie sie im Wohnungseigentumsgesetz zum Beispiel für Gemeinschaftsanlagen eines Mehrfamilienhauses mit Eigentumswohnungen ausdrücklich geregelt ist, kommt es hiernach (angeblich) nicht an. Ein mietrechtlicher Mitgebrauch, also das Nutzen ein und derselben Sache durch Mehrere, kommt nicht in Betracht.
Stattdessen soll nach den oben genannten Kriterien ein Betreiber zu bestimmen sein, der eine einzelne natürliche oder juristische Person sein müsse und vielleicht noch (dies wurde auf einem Workshop der Bundesnetzagentur im Dezember diskutiert) eine Personengesellschaft sein könne. Eigentümer- oder Betreibergemeinschaften oder deren – nutzungsberechtigte – Mitglieder kämen nicht in Betracht.
Die Nutzung selbst einer Kleinanlage auf dem Einfamilienhaus durch die Hausgemeinschaft, laut Gutachten einer renommierten Anwaltskanzlei für das (damalige) Bundesumweltministerium der „klassische Fall des Eigenverbrauchs“4), wird damit zum Problemfall: Nach den oben genannten Kriterien den Anlagenbetreiber zu bestimmten, wenn die Anschaffung aus einer Erbschaft des Familienvaters erfolgte, Reparaturen aber von den Eltern gemeinsam bezahlt werden, die Mutter als einzig Fachkundige schließlich die Anlagenfahrweise allein bestimmt, ist ein juristischer Albtraum. Lassen sich nicht alle Kriterien zur Bestimmung des Betreibers auf eine Person vereinigen, gilt nach Auffassung der Bundesnetzagentur: Es kann auch keinen geben.
Wer ist Letztverbraucher?
Zum Familiendrama wird auch die Betrachtung des Stromverbrauchs im Mehrgenerationenhaus: Wer ist Letztverbraucher? Eltern, Kinder und Großmutter im Altenteil je einzeln, oder alle gemeinschaftlich (als Personengesellschaft?)? Geht es danach, wer als Anschlussnutzer gilt, oder ist der Anschlusseigentümer (Hausbesitzer) Letztverbraucher, muss zwischen Einlieger- und Hauptwohnung unterschieden werden oder danach, wer seinen Haushalt hinter welchen (Unter-) Zählern hat?
Nach Ansicht der Bundesnetzagentur geht es danach, wer den Strom „selbst“, also „in eigener Person“ (sic!) verbraucht. Gemeint ist, über die jeweils „selbst“ betriebenen Verbrauchsgeräte. Wer aber betreibt die jeweiligen Geräte? Geht es auch hier danach, wer
- die tatsächliche Sachherrschaft über diese ausübt,
- deren Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und
- das wirtschaftliche Risiko trägt?
Leicht wäre es, wenn man die im selben Haus und unter demselben Stromanschluss lebende Familie auch hier als „Betreibergemeinschaft“ sehen würde. Dies ist nach kritischen Nachfragen zu dieser Konstellation bei einem Vertreter des Ministeriums wohl auch so gedacht – nur: Wie geht es mit der Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur im o.g. Sinn zusammen? Und welche Auswirkungen haben die Erwägungen für den Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen in ähnlicher Konstellation auf einem Gewerbegrundstück?
Fragen, die die Bundesnetzagentur nicht beantwortet.
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Peter Nümann