Energiewende 2016
Politische Auseinandersetzungen und Innovationen: Die Marktmacht der größten Stromerzeugungsunternehmen hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen", ist im Monitoringbericht Energie 2015 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts zu lesen. Das war Ende November des vergangenen Jahres. Eine erstaunliche Feststellung, wird mancher angesichts der realen Zubauraten, aber auch der bereits durchgeführten bzw. geplanten Gesetzesänderungen der letzten Monate sagen. Hat sich doch die Bundesregierung von eben diesen Stromerzeugungsunternehmen so weit instrumentalisieren lassen, dass die rechtlichen Bedingungen, allen voran das einstmals fortschrittliche EEG, zum Fallbeil für die erneuerbare Stromerzeugung geworden sind. Die EEG-Novelle 2016 ist dabei gewissermaßen das Highlight, weil am bekanntesten; hinzu kommen das Strommarktgesetz, das Gesetz zur "Digitalisierung der Energiewende", aber auch Änderungen am Energiewirtschaftsgesetz.

Windpower ersetzt Kohlekraftwerke - jede Generation hat mit ihren neuen Technologien das Bild des Landes verändert, Bild: Oberzig/scienzz communication

Neuerbaute Kohlekraftwerke von RWE, EON oder der MVV symbolisieren den ungezügelten Machtanspruch der Kohle-, Öl- und Gasmonopole, Bild: Oberzig/scienzz communication
Transformation oder: Wer passt sich an?
Bereits in den vorangegangenen Novellierungen des EEG waren Stück für Stück, gewissermaßen in homöopathischen Dosen, einzelne Restriktionen eingeführt worden. Verbesserungen zu Gunsten der Erneuerbaren gab es nirgends, auch im Wärmebereich oder bei der Mobilität nicht, wie auch deren Zubauzahlen verraten. Im Strombereich lief das unter der raffinierten Camouflage, für eine "Transformation" des gesamten Energieversorgungssystems müssten die Erneuerbaren Energien immer stärker in die Strommärkte und in das Elektrizitätsversorgungssystem integriert werden. Das haben auf Seiten der Energiewende- bzw. Bürgerenergiebewegung manche missverstanden. Nicht die Erneuerbaren als Zukunftstechnologien müssen an das alte Energiesystem angepasst werden, sondern umgekehrt. Wobei es nur noch darum gehen kann, wie schnell den fossilen Erzeugungstechnologien der Schritt ins Grab - oder freundlicher ausgedrückt - ins Technikmuseum bereitet werden kann. So war das immer mit dem technischen Fortschritt und so ist das auch heute.
Erreichen der Klimaziele durch Einschränkung der Erneuerbaren?
Dass dies auf Basis eines historischen Kompromisses abgewickelt werden müsse, ist auf Seiten der Energiewendefreunde unumstritten. Ganz anders auf Seiten der Stromerzeugungsunternehmen und der Öl- und Gasmultis. Diese scheinen kompromisslos, auch nach dem Pariser Klimagipfel - Klimawandel hin oder her. Noch ist die Tinte unter den Pariser Papieren nicht getrocknet, arbeitet die Bundesregierung unter der Federführung von Kohlefreund Sigmar Gabriel an weiteren Einschränkungen für Strom aus Sonne, Wind und Biomasse. So soll der Zubau durch einen neuen pauschalen Deckel begrenzt werden, nach dem bis zum Jahr 2025 nur 40 bis maximal 45 Prozent der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen stammen dürfen. Das würde den Zubau für das kommende Jahrzehnt praktisch auf ein Minimum nahe Null reduzieren, denn schon Ende 2015 stammten bekanntlich rund 33 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen.
Da ist es schlüssig, wenn mit dem neuen EEG 2016 der Windkraft ab 2017 per Ausschreibung ein ähnliches Schicksal bereitet werden soll, wie der Freiflächen-PV. Die bisherigen Ausbaukorridore für Windkraft wären hinfällig. Mit Ausnahme der Offshore-Windkraft, die betreiben vor allem Großkonzerne. Selbst wenn die aktuelle Entwicklung, die ja eh durch das EEG 2014 stark abgebremst wurde, im Tempo des Jahres 2015 weiter gehen sollte, wäre die anvisierte Demarkationslinie bereits Ende 2019 erreicht. Rein rechnerisch dürften bis 2025 jährlich höchstens 1,2 Prozent Ökostrom hinzu kommen. Das würde übrigens gut zu dem von Agora vorgelegten "Ausstiegsplan aus der Kohle" passen, der einen Zubau beim Ökostrom auch nicht vorsieht. Schließlich soll das in Kohlekraftwerken angelegte Kapital so lange wie möglich profitbringend am Laufen gehalten werden, nach Agora bis 2040 - erstaunlich, wie das alles zusammen passt1). Und das obwohl Windräder an Land und PV-Anlagen mittlerweile am kostengünstigsten Energie liefern.
Die Marktmacht soll bleiben
Diese Kompromisslosigkeit zielt auf die Wiederherstellung der alten Macht und Herrlichkeit der Energiemonopolisten. Erstaunlich ist die Offenheit, mit der im Referentenentwurf vom 29. Februar 2016 die Zielrichtung der EEG-Novelle beschrieben wird: "Dies ermöglicht zugleich eine bessere Steuerung des Ausbaus und eine Abstimmung mit der Netzausbauplanung, verbessert die Planungssicherheit für die anderen Akteure der Stromwirtschaft und entspricht dem Ansatz der Europäischen Kommission für eine marktnähere Förderung der Erneuerbaren Energien." Mit Marktnähe oder gar einem freien Markt hat dies alles nichts zu tun, sondern mit einer bis in Detail durchdeklinierten Planung für ein Rollback.
Nach dieser Regie, die der staatlichen Plankommission der DDR alle Ehre machen würde, sollen die Akteure der Energiewende, die stromproduzierenden Bürgerinnen und Bürger, die sich individuell oder in Genossenschaften und Energiekommunen engagiert haben, aber auch kleine und mittlere Unternehmen und Stadtwerke, aus dem Energiegeschäft gedrängt werden. Gerade bei den Ausschreibungsregeln ist deren Benachteiligung offensichtlich. Sie können nicht wie die großen Konzerne Kosten und Risiken der Ausschreibungen auf eine Vielzahl von Projekten verteilen. Das Wort von der Akteursvielfalt erweist sich als hohle Phrase, für die Großunternehmen soll das Feld geräumt werden. Deutlich wird das auch am Thema Eigenverbrauch. Dieser soll so klein wie möglich gehalten werden. Ein Beispiel sind die ab März 2016 veränderten Bedingungen für die Speicherförderung, die nur noch 50 Prozent Eigenanteil vorsehen. Und warum werden Speicher nach dem Strommarktgesetz bisher beim Strombezug als Verbraucher und bei der Stromrückspeisung als Erzeuger behandelt und zweimal zur Kasse gebeten?
Die Kompromisslosigkeit, mit der die Bundesregierung vorgeht, scheint ein Bild der Stärke zu vermitteln. Also die geschwundene Marktmacht der Energiekonzerne soll durch politische Macht korrigiert werden? So lässt sich dies durchaus interpretieren. Mit der Aufspaltung in einen Ökostrom-Konzern und einen, der die alten Kohle- und Gaskraftwerke betreibt, hat Eon ein Konzept, das die Übernahme der Erneuerbaren anstrebt. Dies gilt aber nicht nur für Eon. Allerdings basieren diese Pläne, neben einer Bundesregierung, die Gewehr bei Fuß steht, auf drei weiteren Voraussetzungen.
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Klaus Oberzig