Energieeffizienz dient nicht der Energiewende
Energieeffizienz und EEG-Umlage: Zweiter Teil der Serie über Energieeffizienz. Nach dem ersten Teil, der sich zunächst dem Begriff und seinen Assoziationen gewidmet hatte, greifen wir uns nun einen Aspekt aus dem Strombereich heraus. Stärken wir die Energiewende, wenn wir als Verbraucher effizient mit der Energie bzw. mit dem Strom umgehen? Oder anders ausgedrückt: ist Energieeffizienz wirklich die wirksamste Waffe der Energiewende, welche Auswirkungen auf Klimagase und Klimawandel hat dies tatsächlich?
Natürlich ist die Feststellung im Titel theoretisch vollkommen falsch, nicht aber in der Praxis und zumindest nicht in Deutschland. Das liegt daran, dass zwar auch in Deutschland die physikalischen Gesetze für den Stromfluss gelten, wie überall sonst, dass aber die wirtschaftlichen Regeln, nach denen er berechnet und finanziert wird, entsprechend dem Einfluss der Energieversorgungsunternehmen (EVU) aufgestellt sind. Was also läuft hier in Deutschland falsch, das die Überschrift berechtigt?
Wir sind umringt von Effizienzlabels und Ratgebern für das Einsparen beim Strom. Einmal abgesehen davon, dass der vernünftige und bewusste Umgang mit Energie den eigenen Geldbeutel schont, ist es aber so, dass von der Bundesregierung bis hin zu den EVUs Energieeffizienz zur Zeit als die primäre Methode der Energiewende ausgegeben wird.
Nehmen wir an, es gelingt hierzulande tatsächlich, Energie einzusparen, den Stromverbrauch erheblich zu senken. Was passiert dann? Dann brauchte nicht mehr so viel Strom produziert zu werden - so die banale Schlussfolgerung. Tatsächlich geht der Primärenergieverbrauch in Deutschland laut Monitoringbericht des Wirtschaftsministeriums um 37 TWh/a zurück. Der Nettostromverbrauch reduzierte sich 2014 um 2,7% gegenüber dem Vorjahr. Das bedeutet, dass 14 Mrd. Euro weniger für Kohle und Öl ausgegeben wurden. Soweit die Erfolgsmeldung.
Ziel: Substitution oder Export?
Im Prozess der Energiewende ist es die Zielsetzung, den aus fossilen Ressourcen gewonnen Strom durch erneuerbaren Strom zu ersetzen. Daher wäre es logisch, die Stromproduktion aus Kern- und Kohlekraftwerken entsprechend der Effizienzerfolge zurückzufahren und sie durch Strom aus Sonne und Wind zu ersetzen. Doch wir erleben, dass das nur partiell passiert. Der Strom aus Braunkohlekraftwerken wird mitnichten reduziert, sondern exportiert und im Ausland verkauft. Der wachsende Stromexport aus Deutschland belegt dies. Im Jahre 2015 wurde einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zufolge ein Exportüberschuss von ca. 48 TWh erzielt. Dies stellt nach 2012, 2013 und 2014 wieder einen neuen Rekord dar und liegt um 40% über dem Niveau von 2014. Der Großteil der Exporte floss in die Niederlande, die einen Teil auch nach Belgien und Großbritannien weiterleitet. Dafür wurden die Kuppelstellen zu Stromleitungen an den Grenzen Deutschlands massiv ausgebaut.
Die Braunkohle-Milchmädchen-Rechnung
Wenn sich die produzierte Strommenge durch Energieeinsparung also nicht im gleichen Maße verändert, dann ersetzt der erneuerbare Strom nicht automatisch den fossilen Strom, insbesondere nicht den Strom aus der Braunkohle (BK). Denn vor allem letzterer wird ins Ausland geliefert. Laut der Agora "Jahresauswertung 2015" erreichte der Kohlestromexport ein Allzeithoch: "Trotz der stark gestiegenen Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien blieb die Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle weitgehend konstant. Sie ging aber zunehmend in den Export und erreichte ca. 50 TWh, das sind 50 Prozent mehr als 2014 oder etwa zehn Prozent der Stromproduktion." Wenn sich also die produzierte Strommenge nicht grundsätzlich am nationalen Markt orientiert, dann ändert sich auch mit einer Erhöhung der Energieeffizienz am Anteil des Erneuerbaren Energie (EE)-Stroms nichts oder wenig. Es steht dann lediglich eine höhere Strommenge zur Verfügung als der Inlandsbedarf erfordert. Der Überschussstrom wird ins Ausland exportiert.
Ein fiktives Rechenbeispiel:
- ohne Effizienz verbraucht Deutschland angenommen 600 TWh/a Strom. Der Einfachheit halber wird vorausgesetzt, er bestünde zu 50% EE- und zu 50% BK-Strom; also aus je 300 TWh.
- mit Effizienz verbraucht Deutschland nur noch 500 TWh/a Strom. Bei Ersatz des BK-Stroms durch die Erneuerbaren wären das: 300 TWh EE-Strom und 200 TWh BK-Strom also 60% EE- und 40% BK-Strom.
Wenn aber die produzierte Strommenge gleich bleibt, weil die Atom- und Kohlekraftwerke trotz verringertem Bedarf genauso viel Strom produzieren wie vorher, dann bliebe es bei einem Produktionsvolumen von 300 TWh/a EE-Strom und 300 TWh/a fossilem Strom, also weiterhin beim Verhältnis 50% EE und 50% BK, aber nun inklusive 100 TWh Überschussstrom, der exportiert wird, d.h. der Effizienzgewinn wird exportiert und löst sich für die Klimabilanz Deutschlands in Nichts auf. Denn der exportierte Strom beinhaltet nicht etwa 60% erneuerbaren Strom sondern nach wie vor nur 50%. Frage: Erhöht Energieeffizienz in Deutschland nur die Gewinne der EVU? Oder anders gefragt: würden die alten EVU wie RWE, die nicht zufällig ein wichtiger Akteur in den Niederlanden sind, ohne die Erlöse aus dem Stromexport noch schlechter dastehen, wären sie vielleicht längst pleite?
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Klaus Oberzig, Dr. Gerd Stadermann