"Schwarze Schafe" besser erkennen
BÜNDNIS GEGEN SOLARBETRUG SEIT 2008 AKTIV: Die weit überwiegende Anzahl der Betriebe und Akteure der Solarbranche arbeitet fair und nach den gängigen kaufmännischen Grundsätzen. Durch den anhaltenden Boom treten aber auch im Photovoltaik-Markt zunehmend Personen und Unternehmen mit betrügerischer Absicht in Erscheinung. So führte u. a. der starke Nachfragedruck im Frühjahr/Sommer 2008 insbesondere im Business-to-Business-Handel dazu, geschäftsübliche Vorsichtsmaßnahmen zu missachten und unkalkulierbare Risiken einzugehen. Der allgemeine Handelsdruck hat den mutmaßlichen Betrügern die Arbeit erleichtert, so dass zum Beispiel in zwei offenbar zusammenhängenden Betrugsserien insgesamt rund zwanzig Installationsbetriebe geschädigt wurden. Die Betrüger hatten den Betrieben Module angeboten, die sie gar nicht besaßen und folglich auch nicht liefern konnten. Eine hohe Vorkasse wurde aber kassiert.
Bündnisgründung erfolgreich
Vor diesem Hintergrund wurde im Juli 2008 das „Aktionsbündnis gegen Solarbetrug“ mit Unterstützung von neun namhaften Akteuren aus der Solarbranche gegründet. Das Bündnis, an dem sich auch die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie von Beginn an als Partner beteiligt hat, agiert über die Internetplattform www.solarbetrug.net und eine Telefonhotline. Das Angebot wurde seitdem gut angenommen: Im Schnitt erfolgen monatlich rund 1000 Kontakte (Betriebe und Endkunden) zur Internetplattform und ca. 50 Anrufe/Mails. Durch die Arbeit des Bündnisses konnte der Schaden minimiert werden, weil etliche Akteure vorab vor Betrugsmaschen gewarnt werden konnten.
Die wenigen „schwarzen Schafe“ dürfen nicht den guten Ruf der Solarbranche und der Solartechnik nachhaltig schädigen, deswegen sollte jeder Branchenakteur einige Punkte beachten, um „schwarze Schafe“ auszugrenzen und den Branchenschaden zu minimieren.
Tipps für den Business-to-Business-Handel
Als Installationsbetrieb haben Sie zum Beispiel unverhofft ein sehr attraktives Angebot einer Ihnen noch unbekannten Firma per Mail oder Fax bekommen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen fallen einige der folgenden Besonderheiten auf:
- Gesuchte Markenmodule werden deutlich unter den aktuell üblichen Marktpreisen angeboten.
- Die anbietende Firma wurde erst vor einigen Monaten gegründet oder ist erst seit kurzem im Photovoltaik-Bereich aktiv und weist keine bzw. fragwürdige Referenzen vor.
- Der Ansprechpartner beim Lieferanten ist telefonisch schwer erreichbar bzw. es existiert nur eine Handynummer oder ein offenbar ausgelagerter Sekretariatsservice. Ein Treffen in den Geschäftsräumen des Händlers wird abgelehnt.
- Der Lieferant kann wenig zu technischen Warendetails sagen bzw. kann Datenblätter erst nach Rücksprache mit seinem Vorlieferanten zur Verfügung stellen.
- In der Auftragsbestätigung finden sich falsche Fachbegriffe oder Modulbezeichnungen, die ein Branchenprofi kaum verwenden würde. Schreibfehler können ein Zeichen mangelnder Sorgfalt und fehlenden Sachverstandes sein.
- Die Ware ist angeblich bereits am Ort XY gelagert, darf aber nicht besichtigt werden.
- Der Lieferant sträubt sich gegen den Versand der Lieferpapiere oder deren Kopien.
- Die Zahlungsbedingungen erscheinen nicht sicher, da z.B. die Vorkasse lange vor Lieferung der Ware verlangt wird oder ein verkürzter Zahlungsweg direkt an den ersten Lieferanten in der Kette verweigert wird.
- Der Händler weist darauf hin, dass die Seriennummern eines Markenherstellers nicht an die europäische Niederlassung des Herstellers gegeben werden dürfen (Vorsicht: Graumarktware!).
- Die Zahlungsabwicklung über ein unabhängiges Treuhandkonto ist nicht möglich.
Besonders bei scheinbar lukrativen Geschäften, bei denen es in der Regel um viel Geld geht, ist Sicherheit besonders wichtig. Schützen kann man sich, indem man einige Vorkehrungen trifft:
- Nutzen Sie Wirtschaftsinformationsdienste (z.B. Bürgel Wirtschaftsinformationen oder Creditreform) zur präventiven Überprüfung der Kreditwürdigkeit Ihres Geschäftspartners.
- Bei größeren Geschäften sollten Sie vorher auf jeden Fall den potenziellen Geschäftspartner kennen lernen.
- Leisten Sie keine Vorkasse, ohne entsprechende Sicherheiten (z. B. Dokumente) oder vorherige positive persönliche Erfahrungen mit dem Lieferanten.
- Bestehen Sie auf der Herausgabe von Dokumenten, die die Echtheit bzw. Existenz der Ware nachweisen können (Ladepapiere, Flasherliste, Zertifikate).
- Überprüfen Sie ein Zertifikat z.B. auf folgenden Seiten:
http://www.tuv-pv-cert.de/pv-cert/index.htm (TÜV-Zertifikat)
http://www.vde.com/VDE_PI/ Zertifizierungsregister/VDE_Online_Katalog.htm (VDE-Zertifikat)
http://re.jrc.ec.europa.eu/solarec/esti/certific/aaindex.htm (englisch, IEC-Standards) - Nutzen Sie als Käufer eine der folgenden, als weitestgehend „sicher“ geltenden Formen der Zahlungsabwicklung:
- Abwicklung über ein unabhängiges Treuhandkonto oder Anderkonto
- Übertragbares oder nicht-übertragbares Bank-Akkreditiv (Letter of Credit)
- Zahlung bei Abholung der Ware
- Zahlung gegen Übergabe der Original-Lieferpapiere (Bill of Lading)
Tipps für Endkunden
Bei einer anvisierten Betriebsdauer der Photovoltaikanlagen von mindestens 20 Jahren ist die Qualität der Komponenten und der Installationsarbeiten ein wichtiger Faktor. Für einen erfahrenen Solarteur, ist die gelungene Zusammenstellung längst Alltagsgeschäft. Bei einer sieben kWp-Anlage sollten Sie z.B. grundsätzlich 2—3 Kostenvoranschläge bei verschiedenen Fachbetrieben einholen. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind:
- Eine 20—30%ige Vorkasse unmittelbar vor Lieferung und weitere Abschlagszahlungen bei Lieferung und nach erfolgreicher Installation ist in der Solarbranche bei Endkunden keine Seltenheit mehr. Leisten Sie grundsätzlich keine Vorkasse ohne entsprechende Sicherheiten (Dokumente etc.) bzw. ohne fundierte persönliche Erfahrungen mit diesem Installationsbetrieb.
- Holen Sie unabhängige Referenzen ein: Informieren Sie sich über die Erfahrungen mit den vom Installationsbetrieb aufgestellten Solaranlagen und sprechen Sie ruhig auch mit den Betreibern.
- Seien Sie vorsichtig bei angeblich brandneuen, innovativen Produkten von marktunbekannten Herstellern, die extrem viel leisten sollen, ohne dass Erfahrungen in der Praxis oder überprüfbare Referenzanlagen vorliegen.
- Nutzen Sie das Internet für die Beschaffung von Informationen zu Produkten und Anbietern — oft gibt es zu unseriösen Angeboten und Anbietern bereits rege Diskussionen in einschlägigen Foren (z. B. www.photovoltaikforum.com)
- Lassen Sie sich bei Ihrer Entscheidung für eine Anlage grundsätzlich nicht unter (Zeit-)Druck setzen und schauen Sie sich den Vertrag mit der Leistungsbeschreibung der Solaranlage genau an.
- Stellen Sie sicher, dass im Betrieb eine Funktionskontrolle der Anlage erfolgt: Sollte eine Minderleistung bestehen (z.B. durch Ausfall von Komponenten), so ist dies dann schnell feststellbar.
- Der Installationsbetrieb sollte Sie in den Betrieb der Anlage einweisen. Relevante Betriebszustände müssen erläutert werden, von Ihnen als Anlageneigentümer durchzuführende Prüfungen (z.B. monatliche Ertragsdatenerfassung etc.) sollten erklärt werden. Ein umfassendes Abnahmeprotokoll der PV-Anlage sollte standardmäßig durchgeführt werden (Informationen dazu gibt es u.a. unter www.gueteschutz-solar.de/uploads/media/
- RAL-P3-Abnahmeprotokoll_01.pdf oder
www.photovoltaik-anlagenpass.de/der-anlagenpass/anlage-4
Hohe Gewinnversprechen machen misstrauisch
Im Sommer 2009 hat sich die Marktsituation deutlich verändert: Derzeit gibt es am Solarmarkt erstmals deutlich mehr Module als nachgefragt werden und die Preise haben sich erheblich reduziert. In Einzelfällen werden Endkunden Solarmodule überteuert und mit unseriösen Vertriebsmethoden angeboten. Als Endkunde sollten Sie grundsätzlich wachsam bei übertriebenen Versprechungen sein. Beispielsweise sind Betriebe, die Ihnen (selbst bei einer guten Dachausrichtung und hochwertigen Solarmodulen) für weite Teile Deutschlands einen Ertrag von jährlich über 1200 kWh pro installiertem kWp in Aussicht stellen, mit extremer Vorsicht zu genießen. Pauschale Aussagen zum Ertrag sind ohne Kenntnisse der Rahmenbedingungen ohnehin nicht seriös. Als Faustregel gilt: Auch in „Bestlagen“ und bei optimalen Rahmenbedingungen (gute Dachausrichtung, eine hochwertige und bewährte Komponentenauswahl mit guter Abstimmung zwischen Modul und Wechselrichter, Anlage in sonniger Lage etc.) sollte in Deutschland nicht mit Prognosen von deutlich über 1000 kWh pro Jahr und kWp kalkuliert werden. Sie können zum Beispiel unter http://re.jrc.ec.europa.eu/pvgis/apps3/pvest.php eine sehr grobe Einschätzung erhalten, welchen Solarertrag Sie bei Ihrem Standort erwarten können.
Weitere hilfreiche Links
- Aktuelle Informationen und Hinweise zum Schutz vor Betrugsmaschen finden Sie unter www.solarbetrug.net.
- Der Weg zu einer guten PV-Anlage:
http://www.solid.de/uploads/media/Infoflyer11-Gute_Solarstromanlage_2te_Auflage.pdf.
Matthias Hinnecke