Besorgte (Welten) Bürger
In einem unserer Newsletter haben wir kürzlich darüber berichtet, dass trotz Klimaschutzkonferenzen und Abkommen, eine besorgniserregende Entwicklung stattfindet. Bekanntlich gibt es keinen Rückgang bei den in der Atmosphäre gemessenen Klimagasen und somit keinem Stillstand der menschengemachten Klimamanipulation. Bei CO2 und CH4 gibt es eine Zunahme der Zunahme! Lediglich das klimaschädliche N2O nahm in der Atmosphäre nur so viel zu wie in den Jahren zuvor.
Dass sich in 24 Jahren, 1992 wurde auf dem Weltgipfel von Rio die Klimaschutz-Konvention beschlossen, so wenig bis gar nichts getan hat, ist katastrophal. Schließlich weiß man, dass die bereits in die Luft geblasenen Treibhausgase allein schon problematisch sind. Die Spätfolgen der überhöhten CO2-Konzentration werden erst noch kommen. Mit 400 ppm wurde mehr als nur ein rein symbolischer Wert überschritten. Es ist so viel wie seit mindestens 800.000 Jahren nicht, in vorindustrieller Zeit lag der Wert bei rund 280 ppm.
Erschreckende Reaktion
Der Newslettertext war ausführlich. Wir hatten uns die Mühe gemacht aus dem Greenhouse Gas Bulletin der World Meteorological Organisation (WMO) zu zitieren und auch auf die Datenbank des World Data Centre for Greenhouse Gases (WDCGG) zu verweisen. Das hat einen unserer Leser jedoch nicht davon abgehalten, unsere Ausführungen als Volksverdummungslügen und uns als so glaubwürdig wie ein IS-Kämpfer mit einer Friedensbotschaft zu bezeichnen. Seiner Ansicht nach sei ein solcher Artikel für jeden naturwissenschaftlich gebildeten Menschen eine Zumutung. Wir würden schlicht Ursache und Wirkung verwechseln.
Um zu begreifen, wie das zu verstehen ist, haben wir nachgefragt. Die Antwort war interessant, aber leider nicht viel mehr als eine pseudowissenschaftliche These: Analysen an Stalagmiten und Eis der Antarktis würden erklären, dass erst die Wärme und dann das CO2 anstieg. Der menschengemachte Anteil an der Erderwärmung, die immer gut für die Erde war, betrüge je nach Ideologie zwischen „0,006 Grad und Alles“.
Sicher ist Wissenschaft nicht neutral, das ist ganz menschlich. Aber es ist allgemeiner Konsens, dass der Mensch der Hauptverursacher der Erwärmung ist. Die Umkehrthese, dass CO2 der Temperatur folgt, wird immer wieder angeführt. Jedoch bezieht sich dies nach heutiger Kenntnis nur auf die Eiszeitzyklen und den Übergang von Kaltzeiten zu Warmzeiten. Dies wurde und wird durch die periodischen Schwankungen von Erdbahn bzw. Rotationsachse ausgelöst. Die Folge ist eine Veränderung der Sonneneinstrahlung. Dass in diesem Fall das CO2 der Temperatur folgt, heißt ja nicht, dass umgekehrt auf einen CO2-Anstieg keine Erwärmung folgen kann. Was wir momentan tun, verstärkt die ursprüngliche Erwärmung noch.
Internet, die glaubwürdige Institution
In der Recherche für diesen Text haben wir im Netz weitere abstruse Theorien gefunden. Gerne wird dort behauptet, der Klimawandel sei nur eine Erfindung der Politik. Um das Klima besorgte Bürger werden als Lobbygruppe, die das Volksvermögen umverteilen wollten, diffamiert oder auch als edle Gutmenschen bezeichnet, die nur vorgeben die Welt retten zu wollen. Oft wird auch mit Halbwissen geprahlt. Wie beispielsweise, dass CO2 bekanntlich schwerer als Luft sei und es sich bei zunehmender Konzentration in der Atmosphäre über dem Erdboden sammeln müsste. Wäre dies der Fall, würden alle nahe dem Boden lebenden Tiere längst große Probleme haben. Nun, googeln kann man viel, Klimaskeptiker sind im www leichte Beute für Klimaleugner.
Wahrheit ist unerreichbar
Sich als Mensch zu hinterfragen ist keine angenehme Angelegenheit. Aber sollte man deshalb allen glauben die einfache Lösungen parat haben? Wie schrieb schon der Gegenwartsphilosoph Trump: „Klimawandel ist eine Erfindung der Chinesen, Warm – Kalt, ... das nennt man einfach Wetter!“ Mit dieser Wahrheit lässt sich viel bequemer leben. Vielen unter uns ist es einfach zu kompliziert, sich durch Literatur und Dokumentationen zu kämpfen. Überwältigt von der Komplexität der Dinge wissen sie nicht, was zu tun sei. Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Auch ohne großen wissenschaftlichen Background sollte jeder verstehen, dass das Verschwenden von Ressourcen, die Ausbeutung von Flora und Fauna, sprich der Raubzug des Menschen auf dem Planeten, unwiederbringliche Schäden verursacht. Sorgsames wie verantwortungsbewusstes Handeln ist keine Frage des Intellekts, sondern vielmehr des gesunden Menschenverstandes. Man muss deshalb vor verkürzten Darstellungen warnen, aus einer postfaktischen Schwarz-Weiß-Malerei ist der Übergang zur Manipulation fließend. Schnell wird Wesentliches unter den Tisch gekehrt. Auch mit Worten muss sorgsam umgegangen werden. Oder wie sagte schon der französische Literaturnobelpreisträger André Gide: „Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.“
Sorgen und Sorgen
Carolin Emcke schrieb erst kürzlich, dass die Sorge zur Zeit eine erstaunliche Aufwertung erlebt. Rhetorisch aufgewertet wird suggeriert, alles Unbehagen müsse politisch ernst genommen werden. Unabhängig aller berechtigter Sorgen fungiere der Begriff des „besorgten Bürgers“ mittlerweile als ein diskursiver Schild, der Fragen nach rationalen Gründen für Sorgen abwehren soll.
Das macht die Unterscheidung zwischen diffusen Ängsten und konkreter Bedrohung schwierig. Es wertet gar Menschen, die sich konkret sorgen müssen, ab. Denn besorgte Bürger sollten wir alle sein. Nämlich besorgte Weltenbürger, die sich vor allem um die Existenz der Menschheit und der Umwelt sorgen.
Matthias Hüttmann