Mit Solarthermie den Stau umfahren
Wie leben in einer Zeit, in der sich viele machtlos fühlen und die Politik große Energieziele postuliert ohne konkrete Antworten zu geben, wie sie zu erreichen sind. Obwohl Solarwärme besonders geeignet ist, fossile Energiequellen zu ersetzen, und damit einen Beitrag gegen die Klimakatastrophe zu leisten, steht sie deutlich weniger im Rampenlicht als die Photovoltaik zur Stromproduktion. Dabei gibt es gerade im politisch verwaisten Bereich der Wärme sehr viele Menschen, die bereits gehandelt haben und ihr Leben mit Sonnenkollektoren unabhängiger, umweltfreundlicher und glücklicher gestalten.
Mehr politische Unterstützung gefordert
Zur Nutzung des Solarwärmepotenzials braucht es geeignete politische Rahmenbedingungen. Und nicht nur das, es gilt sie auch nach außen zu tragen. Solange sich Entscheidungsträger jedoch hinter der BAFA verstecken und deren Außenwahrnehmung nur stiefmütterlich unterstützen, wird nichts vorangehen. Sich allein in den Erfolgen der erneuerbaren Stromerzeugung zu sonnen, ist zu kurz gedacht. „Die Solarthermie braucht wesentlich größere staatliche Unterstützung“, schreibt deshalb auch Hans-Josef Fell auf der diesjährigen Solar-Welt-Konferenz von ISES in Abu-Dhabi und stellt weiter fest: „Die stagnierende Nutzung der Erneuerbaren Energien im Wärmesektor seit 2010 ist eine der Hauptursachen für das zunehmend dramatische Versagen Deutschlands beim Klimaschutz“.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin: Das Interesse der deutschen Politik für die solare Fernwärme steigt allmählich. So soll das vom Bundeswirtschaftsministerium initiierte Programm „Fernwärmenetz 4.0“ Solar-, Biomasse- oder Abwärmenetze fördern. Einzig der Begriff der Abwärme ist hier noch umstritten. Denn nur wenn fossile Brennstoffe grundsätzlich nicht in erneuerbare Wärmequellen umgelabelt werden können, ist für die Solarthermie ausreichend Platz im Fernwärmenetz der Zukunft. Solange Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen die Anforderungen erfüllen, wenn sie Wärmerückgewinnung nutzen, ist das nicht der Fall.
Solarthermie und/oder Wärmepumpe
Wärmepumpen sind in allen Gebäudekategorien auf dem Vormarsch, oft in Kombination mit Erdsonden. Fachleute warnen jedoch davor, dass deren steigende Dichte zur raschen Abkühlung des Erdreichs und damit zu steigendem Stromverbrauch führen wird. Inzwischen gibt es vielfältige Erfahrungen mit der solaren Regeneration von Erdsonden mittels thermischer Solaranlagen.
Das sieht auch der Solarexperte Axel Horn ähnlich. Auf Basis des Energieverbrauchs eines energiewendetauglichen Einfamilienhauses kommt er zu dem Ergebnis, dass sich die Strombilanz mit Solarthermie aber ohne elektrische Wärmepumpe vor allem in den Wintermonaten dramatisch verbessert, selbst wenn die Photovoltaik zugunsten der Sonnenkollektoren etwas kleiner wird. Weil die Solarthermie dazu beiträgt, den Jahresverlauf des Ökostromanteils im Strommix zu verstetigen, charakterisiert Horn die klassische Solarwärme als Schlüsseltechnologie und „Stauumfahrung der Energiewende“. Sein Plädoyer lautet, zuerst die thermischen Kollektoren für wenigstens ein Viertel des Gesamtwärmebedarfs eines Hauses auszulegen und alle weiteren Dachflächen mit Photovoltaik zu füllen.
„Heat Changer“ Kampagne
Die Initiative Sonnenheizung wird Anfang nächsten Jahres zusammen mit der DGS und anderen Organisationen proaktive Menschen ins Rampenlicht ihrer Kampagne „Heat Changers“ stellen. Diese „Heat Changers“ sind die wahren Veränderer, die unsere Erde solarisieren und auf den Weg in eine lebenswerte Zukunft führen. Die Kampagne bringt „Heat Changers“ und solche, die es werden wollen, zusammen. Mit modernen Kommunikationsmitteln werden die persönlichen Erfahrungen geteilt, verbreitet und die unbezahlbare Lebensqualität der Solarwärme einer breiten Öffentlichkeit praktisch nahegebracht. Unter den Lesern der Sonnenenergie gibt es überproportional viele „Heat Changers“, die wir bald als Botschafter der Solarwärme gewinnen wollen. Lassen Sie sich überraschen – wir halten Sie auf dem Laufenden. In dieser Ausgabe der SONNENENERGIE finden Sie zahlreiche Artikel zur erneuerbaren Wärme, wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Bernhard Weyres-Borchert und Matthias Hüttmann